Rufmord auf dem Campus

Ein „Zeit Campus“-Artikel fordert die berufliche Existenzvernichtung des unbequemen Kommunikationswissenschaftlers Michael Meyen.

Meinungsfreiheit, ja selbstverständlich. Aber wer sich als Universitätsprofessor über Claus Kleber mokiert, der muss von der Uni entfernt werden. So lässt sich pointiert ein Artikel zusammenfassen, der vor Kurzem im Magazin Zeit Campus erschienen ist. Der Journalist Paul Hildebrandt möchte, dass der Münchner Kommunikationswissenschaftler Michel Meyen seine berufliche Existenz verliert. Genau diese Absicht lässt sich beim Lesen des Beitrags erkennen: „Ein Münchner Professor verbreitet Verschwörungsmythen. Warum darf er immer noch lehren?“, heißt es laut raunend in der Überschrift des Artikels, der auch auf Zeit Online hinter einer Bezahlschranke abrufbar ist. Mit diesem Artikel hat Hildebrandt einen der härtesten denkbaren Angriffe gegen eine Person gefahren, der im Journalismus möglich ist. Wer als Journalist so weit geht, muss gute Gründe ins Feld führen. Was Hildebrandt jedoch hier liefert, ist ein Beitrag, geprägt von journalistischen Unzulänglichkeiten und einem absoluten Wahrheitsanspruch, in dem für Zweifel am eigenen Realitätsverständnis kein Platz ist. Der Artikel erinnert an ein Standgericht. Richter und Henker stehen bereit, das Fallbeil ist scharf, und das Urteil kann nur lauten: schuldig! So geht Zombie-Journalismus. Ein Kommentar von Marcus Klöckner, dem Autor des gleichnamigen Buchs.

Um es vorweg zu sagen: Der Beitrag von Paul Hildebrandt ist journalistisch untragbar. Einseitigkeit, Stimmungsmache und eine vorgegaukelte Objektivität sind die tragenden Pfeiler, auf denen der Artikel ruht. Satz für Satz, Abschnitt für Abschnitt zeichnet Hildebrandt das Bild eines Professors, der angeblich „abdriftet“ und der aufgrund seiner politischen Haltung, ja, aufgrund seiner Äußerungen zum Zustand der Medien längst seine berufliche Existenz verloren haben müsste. Dass Meyen noch immer an der Ludwig-Maximilians-Universität lehrt, scheint ein Skandal zu sein. So legt es der Artikel nahe. Nichts könnte weiter entfernt von der Realität liegen.

Aber der Reihe nach.

Verantwortungsbewusstsein? Fehlanzeige!

Es gibt Berufe, die setzen Verantwortungsbewusstsein voraus. Der Beruf des Journalisten gehört in diese Kategorie.

Wer als Journalist Beiträge der Öffentlichkeit zugänglich macht, muss sich im Klaren darüber sein, dass seine Arbeit weitreichende Folgen haben kann. Insbesondere dann, wenn sich der Fokus auf einzelne Personen konzentriert, sind Journalisten gefragt, die sich dem journalistischen Ethos verpflichtet fühlen. Der Pressecodex des deutschen Presserates bietet ein solides Fundament, was ethische Standards im Journalismus betrifft. Wohl jeder Journalist in Deutschland dürfte den Pressecodex kennen — auch Paul Hildebrandt. Gleich in Ziffer 1 heißt es:

„Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.“

„Die Achtung vor der Wahrheit“ und „die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit“ — welch eine wunderbare Ausrichtung. Doch bereits in der ersten Ziffer des Pressecodex türmt sich ein erkenntnistheoretischer Tsunami auf.

Wer sich als Journalist „der Wahrheit“ verpflichtet fühlt oder die Öffentlichkeit „wahrhaftig“ unterrichten möchte, hat keine einfache Aufgabe. Wer kann schon allen Ernstes und mit letzter Gewissheit sagen, was „die“ Wahrheit ist?

Hildebrandt hat diese grundsätzlichen Frage im Hinblick auf sein „Erkenntnisobjekt“ Meyen offensichtlich für sich beantwortet.

Die Wahrheit in der Sinnprovinz des Hildebrandtschen Artikels ist: Meyen „driftet ab“, er ist „ein gutes Beispiel dafür, wie Verschwörungsmythen funktionieren“, Meyen „gibt sich als Linker“, er hat einen „kommunistischen Doktoranden an den Lehrstuhl [geholt], der vom Verfassungsschutz überprüft wird“, etwas habe „an seinem Selbstwertgefühl gekratzt, er „äußert sich immer öfter politisch“, „mokiert sich über den ZDF-Journalisten Claus Kleber“, beim Nachlesen auf Meyens Blog „kann man das Gefühl bekommen, dass Meyens Thesen immer steiler werden“ und so weiter und so fort.

In diesem Stil geht es durch den gesamten Artikel, Schlag auf Schlag.

Meyen driftet ab, er „radikalisiert“ sich …: Der Text ist gespickt von Aussagen, die keinen Raum für Zweifel lassen. Die Wahrheit, die Realität, also das, was ist, stehen unverrückbar fest.

In dem Text zeigt sich, wie wichtig es ist, dass Journalisten Raum für Zweifel lassen — und zwar am besten bevor sie in die Tasten hauen.

Kein Raum für Zweifel

Hildebrandt scheint an die Leserschaft von Zeit Campus mit dem Anspruch heranzutreten, zu „sagen, was ist“ - zumindest schallt dieser Anspruch vor und zurück durch den Artikel.

„Sagen, was ist“ — dieses von Rudolf Augstein geprägte Journalistenmotto findet sich in großen Buchstaben an der Wand des Spiegel-Gebäudes in Hamburg. Sagen, was ist — das ist der Anspruch, den Journalisten sich eigentlich auf die Fahnen schreiben sollten. Mit ihm ist auch der Anspruch verbunden, sich an der Wahrheit auszurichten, so wie er in Ziffer 1 des Pressecodex zu finden ist.

Allerdings:

Im Weltbild- und Zombiejournalismus unserer Zeit sagen Journalisten vor lauter Voreingenommenheit und persönlicher Überzeugung nicht mehr, was „ist“, sondern was „sein soll“.

Und aus dem, was „sein soll“, wird dann, mit viel Eifer und Elan, das, „was ist“. Also natürlich nicht wirklich. Nicht in jener echten Realität, die der Pseudo-Medienrealität unbeeindruckt gegenübersteht.

Der Skandal um den Kreativreporter des Spiegels Claas Relotius hat, beispielsweise, gezeigt: Selbst wenn ein Star-Journalist eine Geschichte über die amerikanische Kleinstadt Fergus Falls schreibt, in der quasi alle Trumpwähler einfach gestrickte, waffenvernarrte, unkultivierte Sonderlinge sind, dann ist dem in der echten Realität natürlich nicht so — da mag diese „Wahrheit“ noch so schön und sauber gezeichnet in einem der reputiertesten Medien der Welt erscheinen.

In seine fabrizierten Geschichten ging es Relotius um Weltanschauung, das heißt: Um die „richtige“ Weltanschauung. Im Beitrag von Hildebrandt, der einen Objektivitätsanspruch erhebt, geht es auch um: Weltanschauung! Und, natürlich, wer hätte es gedacht: Um die richtige Weltanschauung! Hildebrandt schürt Stimmung gegen einen Professor, dessen wissenschaftliche, weltanschauliche und politische Ansichten einigen Leuten nicht schmecken. Darunter befinden sich auch Kollegen von Meyen.

Wer als Journalist einen Artikel verfasst, der mit der vollen Wucht der publizistischen Gewalt gegen eine Person gerichtet ist, hat ein scharfes Schwert in die Hand genommen. Wer dieses Schwert in seinen Händen hält, muss es auch führen können. Hildebrandt kann das nicht — nicht einmal ansatzweise.

Die Fragen, die zu stellen sind, lauten: Besteht die Möglichkeit, dass „die“ Wahrheit, die Hildebrandt erzählt, falsch ist?

Ist es möglich, dass es neben der Hildebrandtschen Wahrheit noch eine oder vielleicht sogar mehrere andere Wahrheiten im „Fall Meyen“ gibt?

Könnte es sein, dass das, was Hildebrandt seiner Leserschaft als „Realität“ verkauft, nicht die Wahrheit und die Realität ist?

Ist das, was Hildebrandt als Realität präsentiert, vielleicht nur eine Interpretation von Realität, die in einer Wahrheit“ mündet, die gar keine Wahrheit ist, sondern schlicht eine höchst subjektive Deutung von mehr oder weniger miteinander in Verbindung stehenden „Ereignissen“ und Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Meyen?

Und: Kann es sein, dass der Journalist Hildebrandt diese für einen derartigen Artikel, den man als Rufmord bezeichnen darf, zwingend anzustellenden Überlegungen nicht oder zumindest nicht ausreichend sauber ausgeführt hat?

Journalistisch untragbar

Die Antwort lautet: Selbstverständlich unterliegt das angebliche „Fehlverhalten“ von Meyen der Interpretation! Hildebrandt hätte gut daran getan, das deutlich zu machen. Er hat es nicht. Der Absolutheitsanspruch, der in dem Artikel fest verankert ist, ist journalistisch nicht tragbar.

Das Objekt der Erkenntnis ist immer auch mit dem Blick des Betrachters zu verstehen. Ein ganzes Bündel an Wertungen, Zuschreibungen und Interpretationen, die von dem Betrachter selbst ausgehen, gilt es zu berücksichtigen. Anders gesagt: Erkenntnistheoretische Grundlagen. Erlernbar irgendwann, irgendwo im ersten Semester. Hildebrandt hat Politikwissenschaften studiert, ist Absolvent der Evangelischen Journalistenschule. Irgendwo, irgendwann, sollte er zumindest über erkenntnistheoretische Grundzüge gestolpert sein.

„Driftet“ Meyen also objektiv und ohne jeden Zweifel ab?

Nein. Meyen ist allenfalls jemand, von dem ein Journalist offensichtlich denkt, dass er abdriftet.

„Gibt sich Meyen als Linker“?

Nein, Meyen ist jemand, von dem ein Journalist der Auffassung ist, er gebe sich als Linker und kommuniziert damit im Subtext, dass Meyen möglicherweise nur so tut, als sei er ein Linker. Wer weiß: Vielleicht ist er ja ein Rechter? Oder gar gleich ein Nazi? Schlimme, ganz schlimme Gedankenketten ergeben sich aus der von Hildebrandt gewählten Formulierung, die den Weg zum Infamen bereitet.

Geht es wirklich um den „Ruf“ der Ludwig-Maximilians-Universität, wie Hildebrandt behauptet?

Nein, es geht darum, dass Hildebrandt und einige Personen, denen die medienkritischen Ansichten von Meyen offensichtlich gegen den Strich gehen, der Auffassung sind, es gehe um den Ruf der Universität.

Und so könnte man Schritt für Schritt zahlreiche Kernaussagen des Artikels durchgehen.

Natürlich lässt sich Meyens Verhalten auch ganz anders interpretieren.

Zum Beispiel so: Meyen zeigt eindrucksvoll auf, dass auch in der Kommunikationswissenschaft fundierte Macht- und Herrschaftskritik möglich ist. Er verdeutlicht, viel klarer als andere Kommunikationswissenschaftler, dass sich die Kommunikationswissenschaft medienkritisch positionieren kann. Er bringt in seiner Arbeit zum Ausdruck, dass Wissenschaft ihren vorauseilenden Gehorsam gegenüber den Machtverhältnissen im eigenen Feld ablegen kann. Meyen zeigt genau das, wozu ein guter Wissenschaftler in der Lage sein sollte: Mit der Orthodoxie zu brechen, wenn es angebracht ist. In seinen über 200 Blogbeiträgen führt er seinen Studenten vor Augen, wie eine kluge und fundierte Medienkritik geht, etwa wenn er sich mit der Süddeutschen Zeitung auseinandersetzt.

Oder aber: Wenn er — angeblich — Ken Jebsen als Quelle angibt, was für Hildebrandt ein Stein des Anstoßes ist, zeigt Meyen auf, was viele Journalisten nicht verstehen wollen, nämlich: Dass die Quelle noch nicht zwingend eine umfassende Aussage bezüglich der Qualität ihrer Informationen zulässt. Eine Quelle mag vielleicht „dubios“ sein, das heißt aber nicht immer, zwingend und grundsätzlich, dass ihre Informationen falsch sind. Und umgekehrt: Eine Quelle mag „seriös“ sein, das heißt aber nicht, dass die von ihr ausgehenden Informationen immer zwingend und grundsätzlich „wahr“ sind. Und darüber, was nun eine „seriöse“ und eine „unseriöse“ Quelle ist, ja, darüber, welche Quelle man in einem Seminar anführen darf und welche nicht, darüber darf man auch geteilter Meinung sein.

Anders gesagt, auch hier: Grundlagenwissen.

Und: Ja, die Realität ist eben oft komplex.

Leider bildet Hildebrandt die komplexe Realität nicht ab.

Die Realität, die Wahrheit in Hildebrandts „Stück“ ist so beschnitten, so zurechtgestutzt, dass sie zum perfekten Spiegelbild der Projektionen jener Leute wird, die Meyen aufgrund seiner „Andersartigkeit“ von der Universität vertreiben wollen.

Das Gute ist: Jeder Leser kann sich selbst davon überzeugen, welche Interpretation der Realität tragfähig ist. Die von Hildebrandt oder die in diesem Beitrag beschriebene. Dazu muss man nur — unvoreingenommen! — Meyens Arbeit lesen.

Aber hat Meyen überhaupt auf Ken Jebsen als Quelle verwiesen?
Stimmt das, was Hildebrandt sagt beziehungsweise behauptet?

Nun gilt es sich zu konzentrieren.

Im Juli 2021 hat die BR-Journalistin Sandra Demmelhuber einen „Stimmungstext“ in Sachen Meyen verfasst. In der Überschrift heißt es: „Ken Jebsen als Quelle — Wie soll Wissenschaft sein?“ Demmelhuber kolportiert in dem Beitrag auch, dass Meyen Ken Jebsen als Quelle verwendet habe.

Und jetzt wird es interessant.

Meyen veröffentlicht eine Woche später einen „Offenen Brief“ auf seinem Blog, der an den Bayerischen Rundfunk, BR, gerichtet ist. Dort sind folgende erhellende Ausführungen zu finden:

„Die Überschrift lautet: ‚Ken Jebsen als Quelle‘. Richtig wäre gewesen: Markus Fiedler als Quelle. Wie man auf dem Ausschnitt meiner Folie, für die der BR ‚Bildrechte‘ reklamiert, leicht erkennen kann, geht es um den Film ‚Die dunkle Seite der Wikipedia‘, erschienen im Herbst 2015. Darf ich Wikipedia-Einträge zitieren: Es gibt kaum eine Frage, die in den ersten Wochen eines Studiums häufiger gestellt wird. Eine meiner Antworten ist dieser Film von Markus Fiedler, den man kennen sollte, bevor man diskutiert.

Wie all meine Veranstaltungen zielt auch die Methodenvorlesung im ersten Semester auf Reflexion. Wenn das Studium vorbei ist, sage ich dort sinngemäß, möchte ich, dass niemand mehr einen Text oder eine andere Quelle zur Hand nimmt, ohne nach den Interessen und dem Hintergrund der Urheber zu fragen. Woher kommt die Information, mit welcher Lebensgeschichte ist sie verknüpft, wer profitiert davon möglicherweise?

Sandra Demmelhuber und ihre Vorgesetzten haben dieses Handwerk offensichtlich nicht gelernt. Sie reißen eine Vorlesungsfolie aus dem Kontext und verzichten auf die Tonspur — auf das, was der Dozent dazu gesagt hat. Frau Demmelhuber kennt diese Tonspur nicht, woher auch. Sie kann nicht einmal jemanden zitieren, der in der Vorlesung war (auch keinen ihrer Tippgeber), und behauptet trotzdem, ich hätte den Film ‚als unkommentierte Quelle‘ verlinkt.

Das führt direkt zu der Absicht, die hinter diesem Beitrag steht. Inhalte sind egal. Was ich als Wissenschaftler und Dozent mache, ist egal. Ich soll nach dem Prinzip Kontaktschuld mundtot gemacht und möglicherweise sogar aus der Universität entfernt werden.“

Warum nur hat Hildebrandt diese Ausführungen Meyens zu einem seiner zentralen Stützpfeiler seines Artikels unterschlagen?

Oder kannte Hildebrandt diesen Beitrag von Meyen gar nicht?

Das wäre für einen Journalisten, der „recherchiert“, dessen Artikel einem knallharten Schuldspruch gegenüber Meyen gleichkommt, sehr schlecht.

Es fällt mir schwer zu glauben, dass Hildebrandt diese Ausführungen übersehen hat.
Wenn er sie gekannt haben sollte, also bewusst nicht angeführt hat, wäre das eine unerträgliche Grenzüberschreitung.

Weiter mit Hildebrandts Artikel.

Er führt ins Feld, dass Meyen sich über Claus Kleber „mokiere“, ganz so, als ob es eine Art Staatsverbrechen sei, sich über den ehemaligen Anchorman der ZDF-Nachrichten zu „mokieren“. Unter diesem Link lässt sich nachlesen, wie und warum sich Meyen über Kleber „mokiert“.

Meyen setzt sich mit dem Buch von Claus Kleber „Rettet die Wahrheit“ auseinander und schreibt:

„‘Rettet die Wahrheit‘ bringt aber auf den Punkt, was heute in vielen Gesprächen mit Journalistinnen und Journalisten durchscheint: Unverständnis. Was wollt ihr eigentlich, ihr Medienkritiker? Wir Redakteure, wie rackern uns ab, für euch da draußen, Tag für Tag. Glaubt ihr im Ernst, dass die Kanzlerin uns anruft oder irgendein Minister? Dass wir nicht senden oder schreiben dürfen, was wir wollen?“

Dann kommentiert Meyen:

„Nein, Claus Kleber. Das glaubt niemand. So einfach ist es nämlich nicht. (…) Man muss gar nicht den großen Noam Chomsky aufrufen und seine Propagandatheorie, die fünf Filter nennt für das, was an die Öffentlichkeit kommt (vgl. Wernicke 2017, Herman/Chomsky 1988). Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk am wichtigsten: die Quellen, die Ideologie (etwas neutraler: der Grundkonsens, der eine Gesellschaft trägt) und „Flak“, das Gegenfeuer. Woher kommt das, was am Ende im heute journal gesendet wird? Wer bezahlt die Expertinnen, die Claus Kleber interviewt? Wer produziert die Begriffe und die Deutungsmuster, mit denen die Medien zum Beispiel das Treffen der Staats- und Regierungschefs Anfang Juli in Hamburg beschrieben haben und die Demonstrationen, die es gegen dieses Treffen gab?“

Frage an die Leser: Ist es angebracht einen Professor, der derartig kluge, kritische und zentrale Fragen stellt, so durch den Dreck zu ziehen, wie Hildebrandt es tut?

Und Meyen weiter: „Claus Kleber hat seinen „Hajo Friedrichs“ gelesen, vor allem diesen einen Satz: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich mit keiner Sache gemein macht, auch nicht mit einer guten Sache.“ Schnee von gestern, dieser Grundsatz. „Er muss ins Gegenteil verkehrt werden, wenn Personen oder Gruppen Grundwerte von Freiheit und Menschenwürde angreifen oder auch nur zur Disposition stellen. Dann ist nicht ‚raushalten‘ gefordert, sondern Haltung und Engagement“ (S. 60). Der Nachrichtenmann im Dienst seiner eigenen Wahrheit.“

Könnte, ja müsste ein Journalist, der ein Interesse an einer echten Diskussion hat, nicht an dieser Stelle auch inhaltlich einsteigen? Lässt sich anhand der angeführten Zitate von Kleber tatsächlich sagen, dass der „Nachrichtenmann“ „im Dienst seiner eigenen Wahrheit ist“?
Wie meint Meyen das?

Nun könnte es spannend werden.
Diskussion? Argument? Gegenargument?

Mehrwert schaffen? Für die Leser.

Meyen liefert Inhalt, Hildebrandt Stimmungsmache

Nichts davon liefert Hildebrandt.

Müsste Hildebrandt, wenn er sich schon darüber mokiert, dass sich Meyen über Kleber mokiert, nicht Argumente anführen, warum Meyens Kritik an Kleber unangebracht ist?

Ja, er müsste es. Aber er tut es eben nicht.

Und warum er das nicht tut, liegt auf der Hand: Eine inhaltliche Diskussion, die sachlich sauber journalistisch aufzubereiten wäre, würde Hildebrandts Wahrheit über einen Professor, der angeblich abdriftet, zusammenstürzen lassen wie ein Kartenhaus.

Meyen arbeitet auf seinem Blog mit Inhalt. Ja, Meyens Oeuvre als Wissenschaftler, als Professor ist — wer hätte es gedacht — geprägt von: Inhalt! Seine Medienkritik, seine Kritik an Macht- und Herrschaftsverhältnissen findet nicht im luftleeren Raum statt. Meyen liefert Argumente, Analysen.

Darüber könnte man, wenn man denn als Journalist ein Interesse an einer inhaltlichen Auseinandersetzung hätte, schreiben.

Doch Hildebrandt geht es stattdessen um Empörung.

Um Empörung in jener Gruppe auszulösen, für die eine heterodoxe Betrachtung der Realität Ketzerei ist, genügt es, Realitätsfetzen in Form von Schlagwörtern anzuführen und schon entsteht sie, die Lynchstimmung: „Ken FM“, „Verschwörungsmythen“, „#allesaufdentisch“, „Propagandamaschine“, „Regierungs-PR“, „Wahrheitsregime“, „große Verschwörung“ und so weiter und so fort.

Das ist das „Fundament“, auf dem das Fallbeil aufgestellt ist, das die berufliche Existenz eines kritischen Professors vernichten soll. Ein „Fundament“, das nicht mal so tragfähig ist wie ein Wackelpudding.

Seit über eineinhalb Jahren lassen bestimmte Akteure nicht locker. Die Süddeutsche Zeitung ist mit dabei, der BR, jetzt Zeit Campus: Skandal! Skandal! tönt es. Doch da ist nichts. Absolut nichts an Vorwürfen, was auch nur im Ansatz einer unvoreingenommenen, fairen Prüfung standhält.

Nichts, was auch nur im Ansatz einen derartigen Schmuddelartikel rechtfertigt. Nichts, was einen anständigen Journalisten, der sich der Tragweite seiner Arbeit bewusst ist, dazu veranlassen könnte, dazu beizutragen, dass ein Mensch in Gefahr gerät, seine berufliche Existenz zu verlieren.

Die Perspektive, die ein Journalist veranschlagt, ja: die Themen, die er sich aussucht, sagen immer auch etwas über ihn selbst aus.

Warum hat sich der Autor, der für Zeit Campus schreibt und offensichtlich im politischen Journalismus mitmischen will, kein Thema gesucht, das einem kritischen aufklärerischen journalistischen Anspruch gerechter wird? Zum Beispiel: die langjährigen Verbindungen zwischen der Wochenzeitung Die Zeit und der Bilderberg-Gruppe ? Wie kann es sein, dass viele Jahre führende Redakteure der Zeit an den überaus diskreten Treffen des Machtelitenzirkels Bilderberg teilgenommen haben, dabei im Lenkungsausschuss der Gruppe waren und sogar als „Player“ deutsche Politiker handverlesen eingeladen haben, wie etwa Mathias Naß, der Jürgen Trittin eingeladen hat?

Dabei hätte Hildebrandt gleich „seinen Meyen“ lesen und verstehen können: Gibt es da vielleicht doch ein klitzekleines Problem im Hinblick auf die Nähe zwischen Journalisten und Machteliten ?
Ist Meyens Perspektive womöglich gar nicht so falsch?

Nachdenken.
Verstehen.
Journalismus eben.
Nicht Ideologie.

Hildebrandt erzählt den Lesern von Zeit Campus lieber etwas von Menschen, die durch die Thesen Meyens „angefeuert“ würden und der Meinung seien, „Staat und Medien würden sie kontrollieren“. Hildebrandt schreibt, diese Menschen würden über Webseiten verfügen, auf denen sie gegen Journalisten und Politiker „hetzen“ würden.

Und wieder: Einseitigkeit.

Richtig ist, dass es Menschen gibt, die im Internet gegen Journalisten und Staat hetzen. Richtig ist aber auch: Nicht jede Webseite, auf denen die Verquickungen zwischen Staat und Medien thematisiert werden, „hetzt“ gegen Journalisten und Politiker. Und ob nun konkret ein Mensch aufgrund von Meyens Arbeit „angefeuert“ wurde, gegen Journalisten und Politiker zu hetzen, diesen Beweis bleibt Hildebrandt schuldig.

Wo war die verantwortliche Chefredakteurin Martina Kix?

Beim Lesen des Hildebrandtschen Artikels drängt sich auch folgende Frage auf: Wo war eigentlich die Qualitätskontrolle? Wo waren die Redakteure, die diesen Artikel redigiert haben? Wo war die Chefredakteurin Martina Kix, die letztlich in der Verantwortung steht?

Wo waren sie, als es galt, einen Journalisten, der Stimmung schürt, beiseite zu nehmen, ihm zu erklären, dass es so auf keinen Fall geht — zumindest nicht, wenn journalistische Standards berücksichtigt werden sollen.

Wo war die Chefredakteurin, als es galt, Hildebrandt darauf hinzuweisen, dass in dem gesamten Artikel niemand vorkommt, der Meyen verteidigt, ihm zur Seite steht?

Wie konnte sie einen derartig einseitig angelegten Artikel veröffentlichen?

Hat Meyen etwa keine Fürsprecher? Doch. Hat er.

Wo also waren die Chefredakteurin von Zeit Campus und die Redakteure, die nicht nur Meyen vor Hildebrandt, sondern auch Hildebrandt vor sich selbst hätten schützen müssen?

Ein Tweet von Hildebrandt, abgesetzt auf seinem Twitter-Account, lässt nichts Gutes erahnen.

„Danke fürs super Redigat @CathSchmiegel und @martinakix“, heißt es in dem Tweet.

Mit anderen Worten: Wie es aussieht, hat die Chefredakteurin selbst den Artikel mitredigiert — inklusive eine weiteren Redakteurin von Zeit Campus, Cathrin Schmiegel.

Mittlerweile wurde beim Deutschen Presserat mindestens eine umfangreiche Beschwerde gegen den Artikel eingereicht.

Während dieser Kommentar entsteht, ist ein neuer Artikel auf Zeit Campus erschienen, mit der Überschrift: „Selbstbefriedigung: Ich masturbiere, also bin ich.“

Politischer Journalismus und Selbstbefriedigung? Noch Fragen?


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Stimmen zum Buch

„In Klöckners Werk gibt es eine Menge origineller (sprachlicher) Einfälle; das Buch ist stilistisch glänzend geschrieben — wenngleich in der Form eines riesigen Leitartikels, den man sich härter und einseitiger kaum vorstellen kann. (...) Klöckner führt den Ball eng am Fuß und nimmt diverse Akteure und Institutionen gnadenlos aufs Korn, wobei er keinem Konflikt (und Wortspiel) aus dem Wege geht. Konsequent folgt er dem alten Luhmann-Bonmot ‚Der Gag heiligt die Mittel‘, wenn es darum geht, Medienkritik als Gesellschaftskritik zu üben und Nachweise für den Niedergang des Journalismus zu führen.“
Siegfried Weischenberg, Kommunikationswissenschaftler und Soziologe

„Diesen Totalausfall der Medien und Journalisten in der sogenannten Corona-Pandemie nimmt Klöckner zum Anlass, sich selbige ‚zur Brust‘ zu nehmen. Nach seinem Buch ‚Sabotierte Wirklichkeit: Wenn Journalismus zur Glaubenslehre wird‘ aus dem Jahr 2019 zerlegt Klöckner in seinem neuen Buch die gesamte Medienbranche und ihre journalistischen Zombies. Er präsentiert sie uns als bösartige Propaganda-Maschinerie wider Anstand und Fairness, bar jeder journalistischen Profession. (...) Ihre Hauptkompetenz liege darin, im Schulterschluss mit der Regierung Angst zu schüren. (...) Indem sie jede kritische Analyse scheuen wie der Teufel das Weihwasser seien sie selbst zu einer grundlegenden Gefahr für die Demokratie geworden. (...) Das Politik- und Medienkartell kann nur noch als integrale Verbrechensform begriffen werden, wobei die Medien nicht selten die Politik vor sich hertreiben beziehungsweise der Politik als Verstärker ihrer kriminellen Machenschaften zugunsten der Kapitalfraktionen dienen. Die Medien sind daher nichts anderes als Kombattanten im laufenden ‚information warfare‘ gegen die Zivilgesellschaften. Sie sind kriegführende Partei. Die gesamte Mainstream-Medienindustrie begreift Klöckner völlig richtig als nicht mehr reformierbar.“
Ullrich Mies, Autor und Publizist

„Der Kampf gegen das gleichgeschaltete, regierungskonforme Medienkartell hat gerade erst begonnen. Wer immer noch meint, es ginge um eine innergesellschaftliche Diskussion, hat nicht begriffen, dass es Regierung und angeschlossener Bewusstseinsindustrie ausschließlich darum geht, die Definitionshoheit mit allen perfiden Mitteln zu erhalten. Kollabiert die Definitionshoheit, kollabiert die Macht des herrschenden kriminellen politischen Regimes. Zombie-Journalisten sind mitverantwortlich dafür, dass wir in faschistische Verhältnisse abgleiten. Obwohl in weiten Teilen des Buches anklingt, wie sehr Klöckner die derzeitige Journaille verachtet, gelingt es ihm dennoch, Leserinnen und Leser immer wieder zum herzhaften Lachen zu bringen.“
Annette van Gessel, Pharmazeutin und Lektorin

„Marcus Klöckner liefert (...) jetzt all die Beweise, die bei meiner Draufsicht aus dem Blick geraten sind. Textanalyse vom Feinsten, geschöpft aus dem Fundus der Fehlleistungen, die wir seit anderthalb Jahren beobachtet haben. Nena und #allesdichtmachen. Das WDR-Interview mit Jan Josef Liefers. Die Kampagnen gegen ‚Impfvordrängler‘, ‚Schwurbler‘, ‚Maskenverweigerer‘.“
Michael Meyen, Professor für Kommunikationswissenschaft

„Der Unmut des Autors kommt deutlich zum Ausdruck, sorgt aber auch für große Unterhaltung. Klöckner versteht es, seine Kritik so zuzuspitzen, dass sie ins Schwarze trifft, ohne langweilig zu wirken. Stilistisch zieht er alle Register. (...) (Ein) Sachbuch (...), das zu den wohl besten der letzten Jahre gehört. Es ist scharfsinnig, argumentationsstark und anregend. Ein absoluter Lesegenuss.“
Magazin für demokratische Kultur

„Mit dieser Publikation geht es Klöckner nicht nur um eine Abrechnung mit einer Branche, die gerade vollständig versagt und deren schreibende Akteure sich — wenn auch jetzt noch feist lachend, da sich auf Seiten der ‚Siegermacht‘ wähnend — eine solch gewaltige Schuld aufladen, die kein Mensch zu tragen imstande sein wird, wenn er in Zukunft einmal ihr ganzes Ausmaß vor Augen geführt bekommt. Klöckner will dem Bürger mit seiner Analyse auch Waffen an die Hand geben, mit denen er sich gegen den Generalangriff auf seine innerste Integrität zur Wehr setzen kann (...).“
Der Nachrichtenspiegel