#ReleaseTheMemo
Wer ist hier der Boss? Diese Frage stellt sich Thomas Knapp angesichts der Geheimniskrämerei um das Memo des amerikanischen Geheimdienstausschusses zur „Russiagate“-Untersuchung.
Offensichtlich haben die Staatsdiener vergessen, in wessen Dienst sie eigentlich stehen.
Am 29. Januar stimmte der amerikanische Geheimdienstausschuss United States House Intelligence Committee für die Veröffentlichung eines vierseitigen Memos über die „Russiagate“-Untersuchung, das vom Vorsitzenden des Ausschusses Devin Nunes, Vertreter des Bundesstaats Kalifornien im Repräsentantenhaus, verfasst wurde. Republikanische Quellen berichteten der Zeitung The Hill, das Memo unterstelle dem Justizministerium „schockierende Überwachungsverstöße“. Wenn Sie dies lesen, werden wir alle bereits viele Inhalte des Memos kennen, da Präsident Trump Berichten zufolge der Entscheidung zustimmte, es mit Schwärzungen zu veröffentlichen.
Das Memo könnte wie eine Bombe einschlagen. Doch noch interessanter ist das ganze Hickhack um seine Veröffentlichung und die Nicht-Veröffentlichung eines konkurrierenden Memos von der demokratischen Minderheit des Ausschusses.
Dank Helden und Märtyrern wie Chelsea Manning, Edward Snowden und Julian Assange leben wir in einem Zeitalter unübertroffener Transparenz. Für Regierungen – und politische Parteien sowie Politiker – wird es immer schwieriger Geheimnisse zu wahren. Das ist gut. Je mehr wir wissen, desto effektiver können wir versuchen, die politische Klasse zumindest ein wenig zur Rechenschaft zu ziehen.
Doch die Spaßvögel im Kongress setzen arrogant voraus, sie hätten das Recht, dem Rest von uns ihre Angelegenheiten vorzuenthalten, wann immer sie entscheiden, wir müssten das nicht wissen.
Auf ihrer Wahlkampftour erzählen sie uns noch, dass wir ihre Arbeitgeber und sie nur demütige „Staatsdiener“ seien. Doch sobald sie gewählt sind, verrichten sie ihre Arbeit hinter verschlossenen Türen und verbergen nach Belieben ihre Anhörungen, Besprechungen, Memos und andere Arbeitsergebnisse.
Welcher Angestellte würde seinem Chef sagen: „Sie müssen nicht wissen, was ich mache“? Im Privatsektor könnte sich so ein Angestellter schnell nach einem neuen Job umsehen.
Die Entwicklung der legislativen und exekutiven Tätigkeiten im 21. Jahrhundert geht bisher in die entgegengesetzte Richtung. Heutzutage geben Politiker sich selbst immer mehr Macht, um in unserem Privatleben zu schnüffeln, während sie ihre eigenen Angelegenheiten vor uns verbergen, sobald nur jemand die Worte „nationale Sicherheit“ ausspricht. Der vierte Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung zum Schutz vor willkürlicher Durchsuchung, Festnahme und Beschlagnahmung ist zu einem Schatten seiner selbst geworden. Die Gesetzgebung zu Überwachung und Nationaler Sicherheit wuchert wild, während der Kongress nur dazu dient, dies ungelesen abzunicken.
Es ist an der Zeit, zu der begründeten Annahme zurückzukehren, dass die Anhörungen und Arbeitsergebnisse des Kongresses von Haus aus in den öffentlichen Bereich gehören, für „die Chefs“ aufbewahrt und zur Einsicht verfügbar gemacht werden müssen und für schlechtes Benehmen Kriminalstrafen drohen. Alle legitimen Geheimnisse in Washington würden in einen einzigen Aktenschrank passen.
Der Kongress wird sich nicht leicht überzeugen lassen, sich selbst eine solche Beschränkung aufzuerlegen. Doch jedes Mitglied des US-amerikanischen Repräsentantenhauses und ein Drittel des Senats können dieses Jahr im November wiedergewählt oder ersetzt werden. Vielleicht ist es an der Zeit, ein Wörtchen mit Ihren „Angestellten“ darüber zu reden, was Sie von ihnen erwarten.
Thomas L. Knapp ist Direktor und Senior-Nachrichtenanalyst beim William Lloyd Garrison Center for Libertarian Advocacy Journalism (thegarrisoncenter.org). Er lebt und arbeitet in der Region North Central Florida.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Release the Memo and then Some“. Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.