Profitable Verweiblichung

In den USA erklären sich immer mehr junge Männer zu Frauen, um an ein Sportstipendium zu kommen und sich die teuren Collegegebühren zu sparen.

Uni-Sport ist in den USA eine große Sache. Riesige Stadien, viele Mannschaften, Begeisterung bei den Zuschauern — und damit auch große finanzielle Anreize. Fast jeder zehnte Student in den USA erhält ein Sportstipendium. Und obwohl Männersport deutlich populärer ist, mussten die Universitäten ihre Stipendien bislang fair zwischen männlichen und weiblichen Studenten aufteilen. Präsident Joe Biden hat dieses Gesetz jetzt von Fairness zwischen den Geschlechtern abgeändert auf Gleichheit zwischen Gender Identities. Damit kann jeder Mann, der sich durch Sprechakt zur Frau erklärt, ein Frauenstipendium beantragen. Das alleinige Auswahlkriterium ist dann die sportliche Leistung, nicht mehr das biologische Geschlecht. Bei durchschnittlichen Collegegebühren von 20.000 Dollar pro Jahr besteht nun ein großer Anreiz für mittelbegabte männliche Sportler, sich als trans zu erklären. Da kommen viele Fragen auf. Wer würde solch ein Gesetz befürworten — und warum?

Die Natur hat die Kraft ungleich verteilt. Ein Mensch mit XY-Chromosomensatz — also ein Mann — hat einen hohen Testosteronspiegel, beindruckende Muskelstrukturen und ist im Durchschnitt deutlich größer als solche mit einem XX-Chromosomensatz — Frauen. Zwar kann eine Spitzensportlerin eine männliche Couch-Potato im Armdrücken besiegen, doch das sind Ausnahmen. Würde die männliche Fußballnationalmannschaft gegen die weibliche antreten, wären die Wetten eher nicht auf Seiten des Frauenteams. Die Frage wäre eher, ob dieses ein- oder zweistellig verliert.

Männersport hat mehr Fans und ist für Universitäten prestigeträchtiger. Daher führte (und führt) Frauensport in Colleges auch eher ein Schattendasein. Doch zumindest die finanzielle Gleichheit wurde durch Titel 9 des Higher Education Acts sichergestellt: Diskriminierung aufgrund des Geschlechts war für Unis, die öffentliche Fördergelder erhielten, ab 1972 verboten: Frauen mussten gleichviele Stipendien erhalten wie Männer (1).

Fast jeder zehnte Student in den USA erhält ein Sportstipendium — das sind mehr als 150.000 Stipendien pro Jahr (2). Bei Studiengebühren von durchschnittlich 20.000 Dollar pro Jahr (3) ist es für manchen jungen Menschen sinnvoller, für die Univorbereitung Rudern zu trainieren statt Mathe. Nun eröffnen sich für männliche Studenten weitere Möglichkeiten: Denn seit 19. April 2024 gilt das Diskriminierungsverbot nicht mehr auf Grundlage des Geschlechts — sondern von Gender Identity.

Geschlecht und Genderidentität

Während man das Geschlecht leicht feststellen kann, ist Genderidentität eine vage Angelegenheit. Es geht darum, wie ein Mensch sich fühlt, unabhängig von den biologischen Tatsachen. Fühlt ein Mann sich weiblich — was auch immer das sein mag —, so ist er laut Gendertheorie tatsächlich eine Frau. Gefühle lassen sich aber schlecht überprüfen.

Alle Versuche von Gesetzgebern, nur Männer mit Genitaloperationen oder wenigstens Hormonumstellungen als Frauen zuzulassen, scheiterten an den jeweiligen Verfassungsgerichten. Keinesfalls darf man ein Recht — wie zum Beispiel den Zugang zur Frauenkabine — davon abhängig machen, ob sich ein Mensch kastrieren lässt, Medikamente einnimmt oder bestimmte Kleidung trägt.

In manchen Ländern brauchen Menschen psychologische Gutachten für den offiziellen Geschlechtswechsel, doch für Studierende in den USA genügt — übrigens ebenso wie in Deutschland — die bloße Erklärung. Penis, Hoden oder Vollbart sind keine Hindernisse. Wer sagt, dass er eine Frau ist, wird dadurch rechtlich zu einer.

Nun stellt sich die Frage, warum Frauen im Titel 9 vor Diskriminierung geschützt wurden.

Bestehen die Nachteile gegenüber Männern aufgrund der weiblichen Seele oder aufgrund des weiblichen Körpers? Im Bereich des Sports ist die Antwort sehr offensichtlich — in gemischten Kategorien gewinnen die mit dem hohen Testosteronspiegel.

Riley Gaines hat das am eigenen Leib erfahren. Die hochdekorierte Schwimmerin stieß im nationalen Schwimmfinale überraschend auf einen völlig intakten, ein Meter fünfundneunzig großen nackten Mann in der Umkleide — der sich Lia Thomas nannte, als Frau starten durfte und sie und ihre Teamkolleginnen in den Wettkämpfen um Längen schlug.

Vor seinem Wechsel ins Frauenteam war Thomas mäßig erfolgreich für die Männermannschaft der Penn State University geschwommen, hatte es dort aber nie auch nur annähernd ins Finale geschafft. Danach brach er einen Frauenrekord nach dem anderen. Gaines protestierte und verklagte den Universitätssportverband NCAA — wegen Verstoßes gegen Titel 9 des Higher Education Acts. Einen Mann zu Frauenwettkämpfen zuzulassen diskriminiere Frauen.

Haben Männer jetzt freien Zugang zu Frauensport und Frauenstipendien?

Die Änderung des Titel 9 wird in verschiedenen Zeitungen sehr unterschiedlich dargestellt. Dies liegt möglicherweise auch an den sehr schwammigen Formulierungen in der Neufassung (5).

Die Regelung zum Sport wird im Anhang 2b beigefügt — tritt aber noch nicht in Kraft. Sie besagt, dass man Transleute nicht grundsätzlich aus den Sportveranstaltungen ihrer gewählten Genderidentität ausschließen darf. Man darf aber in einzelnen Situationen auf das biologische Geschlecht abstellen. Dies muss für jede Sportart, Liga und Altersgruppe jeweils eigens mit pädagogischen Erwägungen begründet werden und es muss sichergestellt werden, dass der Schaden, den transidentifizierte Studenten durch den Ausschluss erleiden, minimiert wird. Durch diese Formulierung kann eine Zeitung schreiben,

  • dass Titel 9 nicht auf Sport angewendet wird — solange sie hinzufügen, dass Transleute von Sportprogrammen ausgenommen werden dürfen, wenn dafür eine Begründung vorliegt,
  • oder dass Titel 9 auch für Sport gilt: Dass transidentifizierte Männer im Frauensport antreten dürfen, denn ein Ausschluss nur aus Gründen der Fairness ist unzulässig.

Gegensätzliche Aussagen, doch beides ist richtig — oder zumindest nicht falsch. Soweit es um die Stipendien geht, ist wohl klar, dass ein Minimieren des Schadens für transidentifizierte Studenten mindestens heißt, dass weiblich identifizierte Männer bei entsprechender Leistung in der Frauenkategorie ein Stipendium bekommen, selbst wenn sie aufgrund ihres männlichen Geschlechts nicht für ihre Uni antreten dürfen.

Die New York Times stellt in ihrem Artikel darauf ab, dass durch die Neuregelung Menschenrechte gestärkt werden, weil Transmenschen nun nicht mehr diskriminiert werden dürfen. Die Unter-Überschrift lautet:

„Die neuen Vorschriften erweitern den rechtlichen Schutz für LGBTQ-Studierende und heben mehrere unter der Trump-Regierung festgelegte Richtlinien auf“ (4).

Sport und Unterbringung würden in einer gesonderten Regelung beschlossen. Der Bildungsminister Miguel A. Cardona wird mit der Aussage zitiert, dass nun die Rechte sämtlicher Schüler und Studierender respektiert würden. Leser der New York Times werden dieser Änderung vermutlich vorbehaltlos zustimmen können.

Riley Gaines hingegen berichtet auf X:

„Die Biden-Administration hat gerade offiziell den ursprünglichen Titel 9 abgeschafft. Jetzt ist Geschlecht gleich Genderidentität. Kurz gesagt besagen die Änderungen:

  • Männer können Frauen akademische und sportbezogene Stipendien wegnehmen.
  • Männer haben umfänglichen Zugang zu Toiletten, Umkleiden etc.
  • Männer könnten gemeinsam mit Frauen in Wohnheimzimmern untergebracht werden.
  • Studenten und Fakultätsmitglieder müssen bevorzugte Pronomen verwenden.

Falls Sie die Leitlinien in Frage stellen oder ignorieren, können Sie verklagt werden.“

Riley Gaines allein hat eine Million Follower auf X. Sie nennt dieses Gesetz frauenfeindlich. Ihr Tweet wurde von zahlreichen bekannten Persönlichkeiten in den USA geteilt — unter anderem Elon Musk mit dem Kommentar: „Insane (‚Verrückt‘).“ Menschen, die von Gaines informiert werden, dürften die Änderung wohl vorbehaltlos ablehnen.

Entscheidung im Wahljahr

Die Änderung enthält Regelungen zum Sport, die formuliert und veröffentlicht sind, aber noch nicht in Kraft treten. Die Möglichkeit, Transathleten auszuschließen, ist gegeben, aber so formuliert, dass sie wohl nur unter großen Schwierigkeiten umsetzbar wäre.

Im Wahljahr zählen einerseits Mehrheiten in der Bevölkerung und andererseits große Wahlkampfspenden. Mit siebzig Prozent ist die deutliche Mehrheit in den USA dagegen, Männer im Frauensport zuzulassen (5). Dies ist vermutlich der Grund, warum die Sportregelung noch nicht in Kraft gesetzt wird, mutmaßt NBC News (6).

Aber wer hat ein Interesse daran, biologische Männer im Frauensport zuzulassen?

Warum würde Joe Biden kurz vor der Wahl ein Gesetz erlassen, das Männern nicht nur die Teilnahme am Frauensport, sondern auch den Zugang zu Frauenstipendien ermöglicht? Was haben er oder seine Administration davon? In einem Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem derzeit Donald Trump die Nase etwas vorne hat, ist es interessant, dass die Biden-Administration in den letzten Wochen mehrere gesetzliche Änderungen durchgedrückt hat, die Rechte von Transfrauen auf Kosten von biologischen Frauen stärken und nicht die mehrheitliche Zustimmung der Wähler finden.

In Artikeln werden normalerweise Fragen beantwortet. Doch das Verhalten der Biden-Regierung löst viele Fragen aus, auf die es keine offensichtlichen Antworten gibt.

In der Translobby gibt es viele Großspender, die ausschließlich an die Demokraten spenden. Glaubt Biden, ein größeres Wahlkampfbudget bringe mehr Stimmen als die Benachteiligung von Frauen im Uni-Sport letztlich koste?

So dass die Demokraten netto gewinnen? Warum würde die Translobby mit ihren Forderungen nicht bis nach der Wahl warten — für sie wäre die Wahl von Trump die größtmögliche Katastrophe, hat er doch wieder und wieder klargemacht, dass Männer für ihn keine Frauen sein können (9). Jetzt Biden zu unpopulären Schritten zu drängen, kann die Wahl kosten. Oder haben die Transverbände Biden schon abgeschrieben und versuchen, auf den letzten Metern durchzudrücken, was geht?

Oder glaubt die Biden Administration vielleicht, es sei einfach richtig, die eine Hälfte der Stipendien an Männer zu geben und die andere Hälfte an Männer, die sagen, dass sie sich als Frauen fühlen? Okay, okay, das war eine ziemlich alberne Frage.