Pandemische Spezialitäten
In Österreich sind alle Corona-Maßnahmen nun offiziell beendet, während die dadurch zutage getretene Gesellschaftskrise weitergeht. Exklusivabdruck aus „3 Jahre Corona-Schlagzeilen“.
Exakt am 30. Juni 2023, an dem formell die Pandemie in Österreich endete, veröffentlichte „Zahlenfreak“ Oliver Lerch sein Corona-Aufarbeitungsbuch „3 Jahre Corona-Schlagzeilen“, damit das in der Zeit geschehene Unrecht nicht hinter neuen Schlagzeilen in Vergessenheit gerät. Gastautoren sind unter anderem Schauspielerin Eva Herzig, Leiterin der Kinder- und Jugendpsychiatrie des AKH Wien Katrin Skala, Neurowissenschaftler Manuel Schabus, Public-Health-Experte Martin Sprenger und unser Autor Gerald Ehegartner, dessen Beitrag „Pandemische Spezialitäten aus Österreich“ hier exklusiv bei Manova veröffentlicht wird.
„Sie können sich nun ebenso im Stephansdom, in der Impfburg beim Präsidenten, in einem Impfbus oder aber auch in einem Puff impfen lassen. Wien ist anders. Wir sind ein richtiges Impferium!“, erklärte mir ein älterer Herr.
Die enorme Schar an Gläubigen vor dem Stephansdom war beeindruckend. Einen so großen Andrang hatte man schon lange nicht mehr gesehen.
Zuerst reinigten sich die Gläubigen mit dem Desinfektionsmittel von ihren neuen Sünden, den Viren, um danach mittels Spritze in die neue Kirche des Transhumanismus getauft zu werden. Die sogenannte Impfung war wohl nur die Spritze des Eisbergs, der Beginn einer Herden- statt einer Heldenreise.
Der wahnhafte Kult nahm immer groteskere Züge an. Auch Kirchenväter waren davor nicht gefeit. „Ich habe kein Mitleid mit Ungeimpften“, sprach der verhaltensoriginelle Dompfarrer in einem Anflug von Nächstenliebe. „Lieber Gott, lass Hirn regnen!“, flehte der schön geborene Kardinal, während der Vatikan eine Sondermünze mit einem impfbereiten Jüngling prägen ließ.
Die Gemeinschaft der Geimpften war sich sicher: Impfen ist Nächstenliebe. Ich war mir sicher: Es war nicht Liebe, es war Angst. Ich jedenfalls war der Häretiker, der Heide, der Ketzer, ein Schwurbler und Wissenschaftsleugner. Als ich mich an meiner Schule zuerst als Nasentestleugner und später als vehementer Kritiker deklarierte, bekam ich die ersten Probleme. Die Schule war ja endgültig zu einem Testkompetenzzentrum mutiert.
Die Wiedereinführung der schwarzen Pädagogik machte nun zusätzlich die Suche nach körperlichen Fehlern möglich. Wir Lehrer waren dafür zwar nicht ausgebildet, aber das störte den Wahn keineswegs.
Dreimal die Woche testen, Sticker in ein Album einkleben und Tonnen an Plastik entsorgen. Den goldenen Sticker erhielt, wer die moderne Kindstaufe durchgezogen hatte.
„Tu felix Austria, impfe und teste!“
5 Milliarden Euro alleine für Tests, das ist deutlich mehr als das aktuelle Jahresbudget aller 22 Unis.
Als man mich zum Impfen aufforderte, erklärte ich mich als transgeimpft. Die Biologie wäre ja nicht so wesentlich. Bald war mir klar, dass die Diskriminierungsverbote um den Impfstatus erweitert werden müssten. So entwickelte ich mit einem Freund einen Sticker, der noch schöner und größer als der „Impfsticker“ war — und auf welchem „gesund“ geschrieben stand.
Ich hatte es schon satt, ständig infantilisiert zu werden.
Ein afrikanischer Babyelefant, ein japanischer Ninja-Kämpfer mit Stäbchen und ein Gecko im Tarnanzug traten mitten in Österreich gegen ein chinesisches Virus an. Schüler, die bei all dem brav mitmachten, erhielten den passenden Sticker. Es gab Phasen, da mussten die Schüler auf dem Weg zur Toilette Maske tragen. Gut, auf der Toilette selbst hatte sie wenigstens einen olfaktorischen Sinn.
Am Höhepunkt der Zeit, als das moderne Kinderopfer seinem absoluten Peak zusteuerte, verlangte der damalige Minister für Turnschuhe und Fettnäpfchen, dass Schüler mit der Maske turnen sollten. Nachdem einige der Schüler über Schwindel und Kopfschmerzen klagten und sogar kollabierten, musste ich neben dem Schreiben von Texten ein weiteres Mal auf die Bühne, um meine heilige Wut rauszulassen: Kinder müsse man doch aufrichten! Dies wurde von so manchen, die Kinder unterrichten, nicht sehr gerne gesehen. Auch ein Tribunal gegen meine Person sollte folgen.
Mir tat es weh, die Kinder und Jugendlichen in einer Art Stockholm-Syndrom vorzufinden. Und beinahe alle ließen sich nicht für die Gesundheit, sondern gegen die Maßnahmen impfen. Ein weltweites Novum und eine moderne, sinnlose und nicht ungefährliche Schutzgelderpressung.
So manch Politiker, besonders wenn beleibt und in Wien, liebäugelte schon mit dem Abzug des letzten Ungeimpften, der Ausrufung der „immerwährenden Impfung“ und einem neuen Staatsfeiertag.
Tja — „wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst adi-böse Zwerge einen langen Schatten.“
Zumindest aber waren wir vielfacher Welt- und Europameister:
- Einziges Land weltweit mit einem Lockdown für Ungeimpfte
- Insgesamt fünf Lockdowns (Schweden null, Schweiz einen)
- Einziges westlich-„demokratisches“ Land mit beschlossener Impfpflicht
- Das Land mit den meisten Tests pro Kopf
- Das Land mit den meisten bestellten Impfdosen pro Kopf
- Das Land mit den relativ höchsten Corona-Fördergeldern
- 15 Wochen Schulschließungen
- 24 Wochen eingeschränkter Unterricht.
„Wir ließen die Schulen offen, weil wir der Wissenschaft folgten“, erklärte die ehemalige schwedische Bildungsministerin. Warum schaffte es Schweden — zum Teil auch die Schweiz —, die Würde des Menschen zu bewahren?
Warum blieb man in Schweden ein Mensch, während das österreichische Einzelsubjekt mittels Angst zu einem Virenträger, zu einem Teil einer epidemiologischen Kurve, zu einer Fallzahl mutierte? Nur um am Ende mehr An-und-mit Corona-Tote zu zählen als die beiden Vergleichsländer. Gar nicht zu reden von der Übersterblichkeit.
Der Spuk scheint nun wieder vorbei. All die Diskriminierungen, Verurteilungen, Schuldzuweisungen und so weiter wollen vergessen sein. Die Traumata liegen am Wegesrand, die gemeinsamen Böden sind gespalten. Die Mehrheit aber läuft die empathielose Hauptstraße entlang, so als wäre nichts passiert. Nur: Die transparente Trennwand ist zwar unsichtbar, aber deutlich fühlbar.
Wir lesen an den Schulen wieder „Die Welle“, sehen, dass jederzeit — auch in Schulklassen — Faschismus möglich ist und nicht nur in der Zeit des Dritten Reichs. Und wir wundern uns erneut. Wir lesen über das Milgram-Experiment, so als wäre es ein punktuelles, längst vergangenes Ereignis. Faschistoide Strukturen in neuen, sogar bunten Kleidern erkennen wir nicht wieder.
Österreichs heimliche Hymne „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist“ aus der Operette „Die Fledermaus“ überschallt die Disharmonien der Gesellschaft. Hier schließt sich nun der Kreis. Alles begann mit einer Fledermaus und deren manipulierten Coronaviren.
Nun ist es „Die Fledermaus“, welche uns die „Pandemie der Angst“ und deren Folgen vergessen lassen sollte. „Wir konnten es nicht wissen, fuhren ja auch nur auf Sicht.“ Warum hatte Österreich dann einen der härtesten Maßnahmenkataloge der Welt?
Angst und Selbstgefälligkeit sind tatsächlich keine guten Ratgeber. Corona war ein Lackmus-Test darüber, ob wir faschistoides Gedankengut auch in neuen, international verbreiteten Uni-Sex-Kleidern erkennen können.
Tja, mit dem Blick in den Rückspiegel der Geschichte befanden wir uns schon immer auf einer Heldenreise. In der Gegenwart ist die Mehrheit aber wohl immer auf einer Herdenreise.
Zeit, aufzustehen und die Normopathie der alten und neuen Normalität zu verlassen. Wir brauchen einen dritten, empathisch-lebendigen Weg in die Freiheit.
Mit den Worten von George Bernard Shaw:
„Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute. Seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.“
Hier können Sie das Buch bestellen: „3 Jahre Corona-Schlagzeilen“ von Oliver Lerch.