Mein Held

Beispiele von Tapferkeit finden wir nicht nur auf Podesten oder in Geschichtsbüchern, oft zeigt sie sich in der Kneipe um die Ecke oder sogar im heimischen Wohnzimmer.

Was zeichnet einen Helden aus? Sicher ist: Wer von den Mächtigen, gegen die es aufzustehen gilt, zu einem solchen erklärt wird, ist es in der Regel nicht. In der Corona-Zeit, der Blütezeit der Mitläufer, Denunzianten und inoffiziellen Regierungssprecher, gab es eine Menge Gelegenheiten, Mut zu beweisen. Immerhin waren es Szenarien, an denen man wachsen konnte, wenn man sich der Aufgabe stellte. Alexa Rodrian würdigt einige Helden von nebenan, über die niemand spricht, die dies aber absolut verdient haben. Einer steht ihr besonders nahe: ihr Mann.

Wir sollten uns öfter mal auf die Schulter klopfen und uns Helden nennen, so denke zumindest ich. Auch sollten wir sie täglich abfeiern und ihnen danken, unseren inneren Helden und Heldinnen, denn ich befürchte, wenn wir das nicht tun, dann könnten wir Gefahr laufen, die Kraft zu verlieren, auf diesem mühsamen Weg.

Gleich zu Anfang möchte ich hier ein persönliches Wort einfügen, auch wenn es mir in keinster Weise zusteht, über die Gründe für deinen Freitod zu spekulieren:

Lieber Clemens Arvay, so fühlt es sich trotzdem manchmal so an, als ob du vielleicht deine inneren Helden nicht genug würdigen konntest, denn sonst hätten sie dir vielleicht mehr Halt geben können … und wenn ich jetzt weiter schriebe, würde ich doch das Spekulieren beginnen, und deswegen lasse ich es besser – denn mehr als deiner Familie alle Heldenenergien und alle guten Frequenzen, die ich habe, zu schicken und zu hoffen, dass sie den großen Verlust deiner Person ertragen werden, bleibt mir nicht.

Für dich hoffe ich, dass du den Wald gefunden hast, der dir den Frieden schenkt.

Für mich bist du ein Held.

Zurück zu den Heldinnen und Helden, die ich hier auch feiern möchte – über euch will ich sprechen, euch Menschen, die wir auf unseren Wohnzimmer-Konzertreisen treffen dürfen.
Ihr, die ihr uns, meist höchst bescheiden, über euren Widerstand in den letzten drei Jahren erzählt.

Da ist die ungeimpfte Krankenschwester, die jetzt einen Burnout hat, weil sie permanent für ihre mehrfach geimpften Kollegen, die dauernd krank sind, einspringen musste und das für das Wohl der Patienten selbstredend tat, obwohl die Kollegen ihr gegenüber keinerlei Solidarität aufwiesen.

Da ist der Gynäkologe, der seine Praxisbeteiligung aufgeben musste, da er sich geweigert hat, schwangere Frauen zu boostern.

Da ist der Kaffeebesitzer, der den Angestellten, die sich nicht impfen lassen wollten, „besondere“ Hilfe leistete, damit sie weiter bei ihm arbeiten konnten, ohne in Schwierigkeiten zu geraten.

Da ist das Gaukler-Ehepaar, das von der Regionalpresse an den Pranger gestellt wurde, und die Dorfkneipe ihnen daraufhin den Zutritt verweigerte, die sich trotz all dem weiterhin freundlich und offen in der Dorfgemeinschaft bewegen.

Und dies sind nur ein paar von hunderten gleichartigen Geschichten, die alle eines gemeinsam haben: Meistens werden sie erzählt von Menschen mit viel Mut und Sinn für Gerechtigkeit. Menschen, die differenziert und eigenständig denken können.

Sensible und aufrichtige Menschen, denen die Freiheit der anderen genauso viel bedeutet wie die eigene. Menschen, die es aushalten können, dass das Gegenüber anders denkt und anders ist. Meist erzählen und spiegeln sie uns, was auch wir erlebt haben.

Nun ist es so, dass all diese Attribute selbstredend nicht von der Widerstandsbewegung gepachtet sind, und natürlich treffe ich auch andere und zuweilen auch mal Menschen, die wirklich mit äußerst kruden und unglaublichen Theorien auffahren und/oder die gegenteiligen Eigenschaften repräsentieren als die oben genannten, allerdings ist das merkwürdigerweise wirklich sehr selten.

Es scheint, dass das Teilen der ähnlichen Erfahrungen ein Energiefeld kreiert, in dem sich Gleichgesinnte leichter finden.

Und dafür und auch auf die Gefahr hin, dass das jetzt kitschig klingt, bin ich unglaublich dankbar, denn diese Treffen mit euch sind gefüllt mit Liebe, und das gibt viel Kraft und Hoffnung!

In diesem Sinne ist die Poesienote dieser Woche ein Liebesgedicht – mein Plädoyer an die Beziehung, das Miteinander, das Festhalten, das Loslassen, das Verständnis für dein Gegenüber, die Akzeptanz und vor allem an den Frieden, der in ihr ruht …

Gehabt euch wohl

Mit Liebe

Alexa

Mein Held

Du bist mein Held nicht immer aber meist
du riechst so gut wie keiner
und deine Küsse sind so heiß
dass ich mich manchmal nicht mehr zu benehmen weiß

Du bist mein Held nicht immer aber meist
wenn du nach Hause kommst
dann lächelst du seit Jahren immer gleich
sodass ich deiner Seite nicht mehr weich

Du bist mein Held nicht immer aber meist
du baust mein Leben um und auf
kaum zu ertragen aber wär es anders
würd ich mich sicherlich für lange Zeit beklagen

Du bist mein Held nicht immer aber meist
wir reden viel zu viel und lachen obendrein
die Menschen sehen uns und mögen‘s nicht
oder wollen ganz genauso sein

Du bist mein Held nicht immer aber meist
wir sind ja schon so weit gereist
unser Zug der ist nie stehen geblieben
wär er wären wir ausgestiegen
und hätten ihn gemeinsam angetrieben

Du bist mein Held
immer, immer mehr und meist
du bist so anders und doch so gleich
du bist so viel fast nie zu wenig
ich will dich lieben
für immer, immer mehr und immer meist

PS: Den passenden Song dazu gibt es hier auf Englisch zu hören:

Alexa Rodrian „Back up the Hill“