Marsch des Friedens

In Berlin versammelten sich viele Menschen aus ganz Deutschland, um ein eindeutiges Zeichen für Dialog und Frieden zu setzen.

Kann man den „Geist von 2020“ so einfach wiederbeleben — jene einzigartige Aufbruchstimmung also, die die beiden großen Demonstrationen im August des ersten Coronajahres beseelte? Ja und nein. Man konnte auf das Comeback von Michael Ballweg gespannt sein, der sich durch neun Monate letztlich politisch motivierter Haft nicht hatte kleinkriegen lassen. Statt des einen großen Themas gibt es derzeit mehrere, die den Menschen auf den Nägeln brennen. Bei der Demo am 4. August in Berlin-Mitte dominierte der Einsatz für den Frieden. Aus der Sicht derer, die sich einen ganz großen Aufbruch erhofft hatten, waren sicher zu wenige Teilnehmer dort. Andererseits wissen Menschen, die dabei waren, dass die Presse wieder einmal gelogen hat, als sie den Eindruck erweckte, dass eigentlich so gut wie gar niemand demonstriert hätte. Der Impuls, den unser Autor als Mitdemonstrierender verspürte, ging mehr in die Tiefe. Es muss etwas geschehen. Viele Menschen haben mittlerweile verstanden. Und dies war erst der Anfang.

Entscheidung

Es ist Samstag, der 3. August 2024. Der Begründer der Querdenkenbewegung, Michael Ballweg, initiierte erneut eine Großdemonstration in Berlin, um damit ein Zeichen für Frieden zu setzen und der unsäglichen Kriegsrhetorik zu widersprechen. Noch am Abend zuvor war ich unentschlossen. Sollte ich wirklich in die Hauptstadt reisen und mir eine weitere Demonstration antun, von der ich doch insgeheim eh denke, dass sie nichts bewirken wird?

Die Politik, so scheint es, ist unerschütterlich in ihren Bahnen gefangen und geht sie auch unbeirrt weiter, unbeeinflusst von den Stimmen der Straße. Ich habe schon lange die Hoffnung aufgegeben, dass Ereignisse wie diese in dem großen Spiel Gehör finden könnten. Uns allen ist bewusst, was los ist, doch viele wollen nicht aufgeben, was ich gut verstehen kann. Nun denn — trotzdem meine Teilnahme nicht von Optimismus geprägt war, entschied ich mich spontan für einen Besuch.

Der Umzug bis zur Siegessäule sollte um 12 Uhr vom Ernst-Reuter-Platz starten, also machte ich mich zwei Stunden vorher auf den Weg.

Der Weg in die Hauptstadt

Die Fahrt nach Berlin verlief überraschend reibungslos. Der Verkehr war moderat, und mein Auto glitt fast mühelos über die Autobahn. Je näher ich kam, desto mehr wuchs die Spannung in mir. Währenddessen schweiften meine Gedanken zurück zur ersten großen (Corona-)Demonstration, über die ich vor vier Jahren berichtete.

Damals hatte ich das erste Mal den Entschluss gefasst, meine Kamera mitzunehmen und das Geschehen festzuhalten. Es war der Beginn meiner Reise als Beobachter gesellschaftlicher Bewegungen. Die Erinnerungen an diesen Tag sind noch lebendig, ein Mosaik aus Stimmen, Gesichtern und unvergesslichen Momenten. Heute fühlte es sich an, als ob ich an diesen Ursprungspunkt zurückkehren würde, allerdings weniger hoffnungsvoll Link zum Artikel.

Erste Eindrücke

Als ich ankam, erfuhr ich leichte Ernüchterung: Es waren kaum Leute zu sehen. Ich begann, an der Größe und Bedeutung der Veranstaltung zu zweifeln. Wie sich später herausstellen sollte, täuschte ich mich. Mit genügend Getränken im Rucksack und meiner Kamera bewaffnet, führte mich mein Weg zum Treffpunkt. Inzwischen strömten immer mehr Menschen zum Sammelpunkt. Sie kamen aus allen Straßen und Gassen.

Die Sonne brannte sich schon jetzt in meine Haut. Die Luft war erfüllt von Vorfreude und Spannung. Es war, als ob die Stadt selbst den Atem anhielt und auf das wartete, was kommen würde. Die Trommler heizten die Stimmung an. Dann ging es los. Die Masse setzte sich in Bewegung.

Ich lief von links nach rechts, von vorne nach hinten und drückte permanent den Auslöser. Die Stimmung war gigantisch. Sie war ansteckend und die Botschaften eindeutig.

Während ich durch die Menge ging, fiel mir auf, dass die Teilnehmer überwiegend älter waren. Die Jugend fehlte, ebenso wie Menschen mit Migrationshintergrund — ein bedauerliches Bild in Anbetracht der Themen, die uns alle betreffen.

Dennoch waren Präsenz und Entschlossenheit der Anwesenden überwältigend. Die Demonstration war nicht nur ein Marsch, sondern eine eindrucksvolle Marketingkampagne für Frieden und Freiheit. Die lauten Trommelschläge und beeindruckenden Transparente zogen die Blicke der Passanten auf sich, die am Straßenrand stehen blieben und das Ereignis mit Neugier verfolgten.

Ein Klima der Einschränkung

Die Veranstaltung war nicht frei von staatlichen Einschränkungen. An diesem heißen Tag war es den Teilnehmern untersagt, kostenlos Wasser zu erhalten — ein Zeichen der subtilen Barrieren, die überwunden werden mussten. Auch das Verbot, Symbole des undemokratisch untersagten Magazins Compact zu zeigen, war eine ständige Erinnerung an die Bedrohung der Meinungsfreiheit.

Treffpunkt Siegessäule

Der Marsch ging wirklich lang. Ich dachte an mein Parkticket, welches ich unbedingt erneuern musste. Bei den Preisen und der Möglichkeit, abgeschleppt zu werden, eine durchaus reale Gefahr. Also lief ich den Weg zurück, während die Demonstranten weiter durch die Stadt zogen, um gegen halb vier an der Siegessäule zu sein. Hier erschloss sich mir das erste Mal das ganze Ausmaß der Demo. Mein Rückweg dauerte etwa eine halbe Stunde, und permanent strömten mir die Massen entgegen. Es war unglaublich.

Schließlich erreichte ich meinen Wagen und fuhr an die Siegessäule. Ich hatte Glück und fand unmittelbar einen Parkplatz.

Kundgebung an der Siegessäule

Die Masse an Menschen dort haute mich um. Ich kann nicht einschätzen, wie viele es waren, aber sicher nicht nur um die 9.000, wie es die Medien kolportieren.

Viele Redner sprachen, die auf die Dringlichkeiten unserer Zeit hinwiesen. Dr. Schubert beispielsweise erläuterte mit eindringlicher Klarheit die Gefahren des Materialismus, der unsere Gesellschaft durchdringt. „Es ist eine Scheinrealität“, erklärte er, „die keinen Platz für Moral lässt.“ Seine Vision eines neuen Menschenbildes — das Seele, Geist, Kultur und Religion in den Mittelpunkt stellt — war eine Aufforderung zum Umdenken. „Frieden beginnt im Inneren“, betonte er, während die Menge aufmerksam lauschte.

Gabriele Gysi erinnerte mit Kraft an die Schrecken des Krieges. Sie sprach von den vielen Menschen, die im Treptower Park ihr Leben während des Zweiten Weltkrieges verloren hatten, und stellte die Machtstrukturen infrage, die immer neue Feinde schaffen, um ihren eigenen Machterhalt zu sichern. Ihre Worte hallten in der Menge wider, als sie forderte: „Die Waffen nieder, überall!“ Ein Applaus brach los, der die Straßen Berlins erzittern ließ.

Michael Ballweg stellte die Bedeutung der digitalen Freiheit in den Fokus. Er sprach über die Notwendigkeit, unabhängige Strukturen zu schaffen und sich von den Fesseln der digitalen Überwachung zu befreien. „Echter Wandel“, sagte er, „kann nur durch gewaltfreies Handeln erreicht werden.“ Seine Worte waren ein Weckruf an alle, die bereit sind, den Status quo herauszufordern.

Mir persönlich gefiel die Rede von Robert Stein am besten, der ich leider nicht mehr persönlich beiwohnte, aber gerne hier verlinke.

Die musikalischen Beiträge von Morgaine und Äon boten eine emotionale Flucht aus der Realität. Morgaine, mit einer Stimme, die Gänsehaut verursachte, sprach sich gegen die Parteienlandschaft aus. „Wir brauchen sie nicht“, rief sie. „Wir sind in der Lage, selbst Veränderungen zu schaffen.“ Die Zuschauer waren bewegt von der Authentizität und der Überzeugung, die in jedem ihrer Lieder lagen.

Die Macht der Bewegung

Diese Demonstration war wie eine eindrucksvolle Werbekampagne für den Frieden — laut, unübersehbar und unvergesslich. Man kann niemanden zu etwas überreden, aber man kann eine Idee präsentieren und hoffen, dass sie auf fruchtbaren Boden fällt. Sicher wird dieser Tag keinen unmittelbaren politischen Wandel bewirken, aber er hatte die Macht, einen einzelnen Menschen zu berühren und einen Keim des Nachdenkens zu säen, der später in seinem eigenen Umfeld gedeihen könnte.

Am Ende des Tages, nach acht intensiven Stunden, fühlte ich mich verändert. Ich hatte Momente eingefangen, die ich nie vergessen werde. Diese Demonstration war eine eindringliche Erinnerung daran, dass der Kampf für Frieden und Freiheit kein Ende kennt.

Es liegt in unserer Verantwortung, die Flamme des Widerstands am Brennen zu halten und weiterhin für eine gerechtere Zukunft für alle zu kämpfen. Möge der Geist dieses Tages uns anspornen, unermüdlich für das einzutreten, woran wir glauben.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst auf earlyhaver.com.


Fotos: Earlyhaver