Machen wir die Airbase dicht!
Ohne die US-Airbase in Ramstein wäre ein Krieg der USA gegen den Iran nicht möglich.
Die Problematik rund um die größte US-Militärbasis außerhalb der Vereinigten Staaten gewinnt vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen den USA und dem Iran neue Brisanz. Rubikon war bei „Stopp Ramstein 2019!“ vor Ort mit dabei.
von Adriana Sprenger, Burak Erbasi und Nicolas Riedl
Der strahlend blaue Himmel über Ramstein ist am Tag der Protestkundgebung frei von den tonnenschweren, olivgrünen und ohrenbetäubend lauten Militärmaschinen der US Air Force. Nichtsdestotrotz dringt ein stetiges, unheilvolles Dröhnen von der Airbase zum Friedenscamp herüber. Im Zuge der derzeitigen Spannungen mit dem Iran wirkt das ganze Ambiente wie die Ruhe vor dem Sturm.
Im Friedenscamp selbst ist die Stimmung ausgelassen und friedlich. Der Bedrohungslage zum Trotz lassen sich die Friedensaktivisten nicht entmutigen und treffen mit Eifer und Zuversicht die Vorbereitungen für die sechste Protestkundgebung vor den Toren des Dreh- und Angelpunktes der US-Drohnenangriffe. Wie im letzten Jahr ist die Hitze schier unerträglich! Die unbarmherzig scheinende Sonne verwandelt die rheinland-pfälzischen Täler in brodelnde Kessel, in denen wir Friedensaktivisten uns mühselig auf den Weg zur Airbase machen.
Es haben sich wieder mehr Menschen als im Jahr zuvor zusammengefunden, obwohl die Bedingungen 2019 widriger sind als bisher. Die Auflagen der Stadt sind angesichts der hohen Temperaturen blanker Hohn. Zur Kundgebung dürfen die Besucher lediglich eine 0,33-Liter-Wasserflasche mitnehmen. Über diese Vorlage hat man sich jedoch kollektiv hinweggesetzt. Auch wurde der Bereich für die Kundgebung deutlich verkleinert. Die Zäune und die Bühne rückten deutlich weiter weg von den Toren der Airbase und hielten die Friedensbewegten so auf größerem Abstand als in den Jahren zuvor.
Neben der Hitze nahm auch die Polizeipräsenz zu — auf Anordnung der Airbase, wie es heißt. Die Menschen in Uniformen tragen schwere Geschütze — Schlagstöcke und andere Gerätschaften, um große Menschenmengen in die Flucht zu schlagen. „Warum?“, fragt man sich mit Blick auf die durch die Bank friedlichen Demonstranten, die nicht nach Konfrontation und Gewalt dürsten. Und selbst die von langer Hand geplante Blockade währt nicht lange. Denn die Polizei drohte der Sitzblockade mit einer sofortigen Auflösung mittels Tränengas und Schlagstöcken.
Stopp Ramstein 2019 lässt uns mit gemischten Gefühlen zurück. Neben den wunderbaren Vibes des Friedenscamps bleibt die Bedrohungslage und die Gewissheit, dass diese Form des Protests nicht annähernd ausreichend ist. Wir waren ein paar Tausend. Aber wir müssten Zehntausende, Hunderttausende, gar Millionen sein! In Zeiten, in denen Massenbewegungen wie Fridays for Future, Extinction Rebellion oder Ende Gelände es erkannt haben, den Nerv der Zeit zu treffen, ist es von existenzieller Wichtigkeit, diesen Protest auch nach Ramstein zu bringen. Das US-Militär ist neben der Braunkohle-Wirtschaft der Umweltsünder schlechthin (1).
Ramsteins Rolle in der angespannten Lage zwischen Iran und USA
„If Iran wants to fight, that will be the official end of Iran. Never threaten the United States again!” (2). Diesen Satz twitterte der US-Präsident Trump am 19. Mai dieses Jahres und sandte der Welt somit ein deutliches Signal, dass die nicht enden wollende Feindschaft zwischen den USA und dem Iran ernster ist als je zuvor.
Die ersten US-„Fake News“ lassen nicht lange auf sich warten: Die USA machten den Iran für die Angriffe auf zwei Öltanker im Golf von Oman verantwortlich, obwohl Zeugen in der Sendung einer japanischen Rundfunkanstalt einen ganz anderen Tathergang beschreiben (3).
Doch nun zurück zu Ramstein, der bedeutendsten und personell größten US-Airbase außerhalb US-amerikanischen Bodens: Ohne diese Einrichtung wären die grausamen Drohnenkriege, die bereits vor allem in Afrika stattfinden, gar nicht möglich (4).
Die Gefahr besteht, dass der bereits forcierte Wirtschaftskrieg nun auch noch einen militärischen Angriff der USA auf den Iran nach sich zieht. Sollte dies passieren, haben sich nun auch Russland und China und somit zwei der mächtigsten Länder der Welt hinter den Iran gestellt (5).
Dieser Krieg, der möglicherweise in den Startlöchern steht, würde mittels der Airbase Ramstein — und somit von deutschem Boden aus — geführt werden. Ein Drohnenkrieg ist eine der unmoralischsten und verheerendsten Kriegsmethoden, denn durch den Einsatz von Drohnen wird das Morden von Menschen unpersönlich und erschreckend zielgenau. Ein weiterer illegaler Krieg würde damit von einem Land unterstützt werden, das sich einst in seinem Grundgesetzt dem Frieden verpflichtet hat — von Deutschland. Es würde ein Krieg beginnen, dessen Ausmaß man sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen kann.
In spätestens einem Jahr werden wir wiederkommen. Doch sollte vorher ein Krieg mit dem Iran vom Zaun gebrochen werden, dann sind wir sofort wieder dort — und dann hoffentlich in noch größerer Zahl.
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.ramstein-kampagne.eu/the-u-s-military-is-poisoning-germany/
https://www.rubikon.news/artikel/rucksichtslose-besatzungsmacht
https://www.umwelt-militär.info/userfiles/downloads/Archiv/2008_Luftpost_Auswirkungen_von_Militaerbasen.pdf
(2) https://twitter.com/realdonaldtrump/status/1130207891049332737
(3) https://www.rubikon.news/artikel/fake-news-fur-den-krieg-2
(4) http://www.bundeswehr-journal.de/2019/air-base-ramstein-drohneneinsaetze-und-das-voelkerrecht/
(5) https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/iran-konflikt-moskau-warnt-usa-vor-entsendung-weiterer-truppen-nach-nahost-16242223.html