Kriegsminister in der Friedensfalle

Ein Waffenstillstand kommt für die Kriegstreiber in den Rüstungsministerien nicht infrage.

Am 14. November trat der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman von seinem Amt zurück. Seit Sonntag, den 11. November, hatte die Hamas mehrere hunderte Raketen aus Stellungen im Gaza-Streifen zusammen mit weiteren bewaffneten Gruppen auf südisraelisches Gebiet abgefeuert. Israel reagierte auf die Angriffe mit Luftangriffen auf den Gaza-Streifen. Nach diesen schlimmsten Kämpfen seit 2014 hat die Hamas einen Waffenstillstand ausgerufen. Und zum großen Entsetzen Liebermans befahl die israelische Regierung daraufhin den israelischen Streitkräften, die Kampfhandlungen ebenfalls einzustellen. Kriegsminister, die keine Kriege führen können, sind eigentlich Bullshit.

Zu der Gaza-Waffenruhe sagte Lieberman: „Wir kaufen uns Ruhe für eine kurze Zeit und schaden dabei der nationalen Sicherheit“ (1). Die Waffenruhe sei eine „Kapitulation vor dem Terror“. Alles klar. Wir haben es verstanden. Eine Waffenruhe kann sich Israel nicht leisten. Außerdem schaden Waffenruhen der Rüstungsindustrie, vor allem haben Kriegsminister ohne Dauerkonflikte ihre Bestimmung verloren.

Dass die Kämpfe zwischen der radikal-islamischen Hamas und Israel immer wieder aufflammen, liegt an der seit Jahrzehnten praktizierten Erniedrigung der Palästinenser als Bürger zweiter Klasse und des Gazastreifens als Freiluftgefängnis für circa 2 Millionen Eingepferchte und einer unerträglichen Bevölkerungsdichte von über 5000 Einwohnern pro Quadratkilometer. Damit ist diese etwa zehnmal so hoch wie die von Nordrhein-Westfalen.

Lieberman, der 60-jährige Vorsitzende der ultranationalen Partei Israel Beitenu („Unser Haus Israel“), hatte das Amt des Verteidigungsministers seit Mai 2016 inne. Mit seinem Rücktritt erklärte er zugleich den Rückzug seiner nationalistischen Partei aus der Regierungskoalition. Ein Regierungsvertreter sagte, Netanjahu werde nun das Kriegsressort vorübergehend selbst leiten.

Der ultrareaktionäre Scharfmacher ist also zurückgetreten, weil die Waffen nicht weiter sprechen. Sein Rücktritt war nur folgerichtig. Als Kriegsminister ist sein Gehirn nicht auf Ausgleich oder sogar Frieden programmiert, sondern auf Mord und Totschlag. Von Ursachenanalyse der Konflikte wollen wir hier gar nicht reden. Und dann ging seine Regierung auch noch so weit, vor den Terroristen zu kapitulieren.

Der Kriegsminister plädierte stattdessen für einen schweren Schlag gegen die Hamas im Gaza-Streifen und für ihre Absetzung. Und wenn Terroristen den selbst ausgerufenen Waffenstillstand feiern, der dann noch von der eigenen Regierung goutiert wird, dann ist aber Schluss mit lustig. Dass auch die eigene Bevölkerung von einer Waffenruhe profitieren könnte, kommt diesem Mann gar nicht in den Sinn.

Wie aus gut unterrichteten Kreisen soeben gemeldet wurde, erwägen auch die europäischen Kriegsminister, allen voran die deutsche Ministerin, ihren Rücktritt, weil die Waffen gegen das „aggressive Russland“ immer noch nicht sprechen.


Quelle:

(1) https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/israel-avigdor-lieberman-verteidigungsminister-ruecktritt-hamas