Kriegerinnen und Krieger
Olaf Scholz hat mit der Berufung von Boris Pistorius zum Verteidigungsminister die Geschlechterparität im Kabinett aufgegeben — ein ohnehin überholtes Konzept.
Letzte Woche entzündete sich ein wegweisender Streit im deutschen Debattenraum: Wollen wir mit einem Mann oder einer Frau in den Krieg ziehen? Der Bundeskanzler entschied sich für einen Herrn, Boris Pistorius mit Namen, bis neulich Innenminister in Niedersachsen. Prompt gab es einen Aufschrei der SPD-Frauen: Jetzt gäbe es mehr Männer als Frauen im Kabinett. Das Geschlecht ist für manche im Lande offensichtlich schon eine Kompetenz. Wenn es um aggressive Außenpolitik geht, blasen die Damen und Herren der politischen Elite ohnehin ins gleiche Horn, besser gesagt: in die Kriegstrompete.
Viele Jahre hat man wirklich mit dem Geschlecht als vermeintlicher Qualität geworben. Nämlich damals, als es recht wenige Frauen in der Politik gab. Was hat man nicht alles über die Chancen gesprochen, die zum Beispiel ein weiblicher Bundeskanzler berge. Gerne sprach man vom Mütterlichen, das dann Einzug in die Politik fände: Auch und insbesondere Frauen wucherten mit diesem Pfund. Weibliche Qualitäten, Empathie etwa, würden dann eine größere Betonung erhalten. Das Kriegerische des Mannes müsste dem weichen, eine neue politische Kultur würde entstehen. Wenn man allerdings auf Marie-Agnes Strack-Zimmermann zu sprechen kommt, die übrigens auch Verteidigungsministerin werden wollte, muss man festhalten: Macht das Geschlecht wirklich irgendeinen Unterschied im politischen Amt?
Männer, Frauen und andere schlechte Menschen
Nun haben wir ja mittlerweile eine Bundeskanzlerin gehabt — 16 Jahre lang regierte sie durch. Ist diese Republik in irgendeiner Weise besser, ist sie sozialer und gerechter geworden? Einige Optimisten äußerten damals die Hoffnung, dass sich im politischen Betrieb der Republik etwas ändern würde, wenn nun eine Frau ins Kanzleramt einziehe. Das war ein frommer Wunsch, in den Merkel-Jahren wuchs die Armut, während das Vermögen der Reichen zunahm.
Sämtliche Entwicklungen zeigten: Besonders empathisch verhielt sich die Frau nie.
Das hätte man ahnen können, denn das Großbritannien unter Margaret Thatcher galt auch nicht gerade als besonders warmherziges Königreich, weil weibliche Impulse von der Premierministerin ausgegangen wären. Man frage mal die streikenden Bergleute, die zu ihrer Zeit ausgehungert wurden. Mit der Zerschlagung von Lebenswerken konnte es der Eisernen Lady gar nicht schnell genug gehen.
Überhaupt war die Aussicht auf mehr weibliche Werte, auf das vermeintlich Mütterliche ja nie besonders überzeugend. Vor unserer Zeit gab es immer wieder mal mächtige Frauen — es waren zugegeben nicht viele, aber bekannte Namen sind darunter: Nehmen wir nur etwa Katharina, die man heute noch die Große nennt. Verwandelte sie Russland während ihrer Regentschaft in ein Paradies? Beendete sie Kriege, hob sie die Leibeigenschaft auf oder wenigstens die Todesstrafe? Leider nein, sie bestellte ihr Reich wie die Männer vor und die Männer nach ihr. Sie unterbrach das Destruktive nicht, sondern stand in dessen Kontinuität.
Das Geschlecht hat sich in der Historie der Menschheit eigentlich nie als Garant dafür erwiesen, Macht unter völlig anderen Vorzeichen auszuleben. Macht scheint gewissermaßen geschlechtsneutral zu sein: Kaum hält man sie in Händen, fallen etwaige geschlechterspezifische Werte oder Vorlieben unter den Tisch. Die Macht ist die Gleichmacherin schlechthin: Sie korrumpiert Männer wie Frauen und macht sie gleichermaßen zu schlechten oder sogar gefährlichen Menschen. Daher war die Vorstellung, mehr Frauen in der Politik oder gar in wichtigen Positionen würden einer Kulturrevolution gleichkommen, niemals etwas anderes als ein Hirngespinst.
Unsere Empathischen: Von Baerbock bis Strack-Zimmermann
Belege finden sich nicht nur in der historischen Abhandlung, die aktuellen Zeiten — die Zeitenwende, wie man sie nennt — geben beredt Zeugnis davon, dass Frauen in der Politik ganz sicher keinen anderen Kurs angeschoben haben. Wer dachte, dass die erste Außenministerin dieses Landes eine neue Kultur im bi- oder multilateralen Agieren bewirken würde, erlag einer naiven Einschätzung der Lage. Darüber täuscht das Label von der „feministischen Außenpolitik“ vielleicht manchen hinweg. Aber erstens hat Außenpolitik nicht feministisch zu sein, sondern zweckmäßig — und, zweitens, seit wann ist militante Aufrüstung ein Wesensmerkmal des Feminismus?
Der Amtsvorgänger von Annalena Baerbock wurde von Linken-Politiker Diether Dehm vor etlichen Jahren mal als „NATO-Strichjunge“ bezeichnet. Wie genau gendert man das nun eigentlich? Gibt es zum NATO-Strichjungen eine weibliche Entsprechung? Ist „Young Global Leader“ nicht die passende Übersetzung? Natürlich hat sich mit dem Wechsel von Maas zu Baerbock etwas in der außenpolitischen Kultur im Lande verändert: Sie wurde noch unterwürfiger, noch frecher und unversöhnlicher. Wo sind da die angeblich weiblichen Werte der Empathie, des Zuhörens geblieben?
Oder nehmen wir an dieser Stelle doch nur mal Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Die Frau ist Lobbyistin der Rüstungsindustrie, wurde in der letzten Woche sogar als Verteidigungsministerin gehandelt. Offenbar stören sich in diesem besten Deutschland aller Zeiten immer weniger an der Verquickung öffentlicher Ämter mit privaten Engagements.
Was genau kann diese Frau denn bitte besser als so ein kriegerischer, gewaltbereiter, toxischer Mann?
Galt nicht über Jahrzehnte hinweg der männliche Einfluss auf die Politik als destruktiv, ja zerstörerisch geradezu? Man hat den Mann als jemanden vom Mars bezeichnet, nach dem alten Kriegsgott der Römer, während Frauen von der Venus stammen sollten: Vom Grund und Boden der römischen Liebesgöttin also. Bei Strack-Zimmermann steht im Büro, dort wo andere Bilder ihrer Kinder oder wenigstens Haustiere stehen haben, ein kleines Panzermodell hinter Glas — das konnte man neulich bei Twitter sehen. Modelle von Kriegsgerät: Macht man das so auf der Venus? Zuletzt warf diese Frau dem ganzen Land Versagen vor: Weil es nicht geliefert habe — ausreichend Kriegsgerät nämlich. In den Netzwerken applaudieren ihr nicht nur tumbe Kerle, sondern auch toughe Frauen aus Politik und Medien.
Parität wäre bei Unterschieden spannend
Unter dieser Betrachtung sollten wir nochmals über dieses vermeintlich hohe Gut der Geschlechterparität in Parteien oder Regierungen sprechen. Sie spielt ja mit jener romantischen Geschichte, dass ein Remis bei der Ämtervergabe nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit sei, sondern eben auch eine befruchtende Konstellation für alle: Denn man bilde quasi eine Melange zwischen männlicher und weiblicher Weltbetrachtung und —empfindung. So komme gewissermaßen jedes Gefühl und jede Qualität zu ihrem Recht.
Wenn aber dieser Romantizismus offenbar gar nicht zutrifft, wenn Frauen im Kriegshandwerk so gut sind, wie Männer es stets waren: Welchen höheren Stellenwert hat denn eigentlich eine Bundesregierung, die auf Parität achtet? Ist sie dann eigentlich von gesellschaftlicher Bedeutung oder nicht einfach nur ein symbolischer Trick, der etwas wie Gerechtigkeit simulieren soll?
Bei wirklichen Unterschieden wäre die Parität ja spannend. Aber doch nicht, wenn Frauen und Männer dieselben Verhaltensmuster an den Tag legen. Unter diesen Umständen ist eine hälftige Verteilung der Posten doch lässlich. Es macht schier keinen Unterschied, ob da acht Ministerinnen acht Ministern, zwölf Minister vier Ministerinnen oder fünf Minister elf Ministerinnen gegenüberstehen. Vor diesem Kontext ist es auch völlig einerlei, ob man „Ministerinnen und Minister“ sagt oder gar MinisterInnen schreibt: Mit dem Label Minister, männlich, vom Mars und damit kriegerisch, ist doch eigentlich alles abgedeckt.
Mir ist klar, dass das für viele ein heikles Thema ist. Aber mit einer Gleichstellungspolitik, die an sich aufzeigt, dass das Geschlecht völlig gleichgültig ist, weil sich männliche und weibliche Qualitäten aufs Haar gleichen, möchte ich mich nicht aufhalten. Sie verändert ja nichts am Resultat, macht das Land nicht besser, sorgt nicht für Frieden und schafft auch nicht die Armut ab. Nein, sie wirkt nur als Simulation, dient der Verschleierung — als ob es so viel besser wäre, wenn eine Außenministerin statt eines Außenministers das Land in einen Weltkrieg hineinprovoziert.
Was können wir uns dereinst, wenn das Land in Schutt und Asche liegt, von dem Wissen kaufen, dass auch Frauen gute Marsianer sein können?
Man verstehe mich nicht falsch, ich will Frauen nicht aus der Politik raushalten — was ich sagen möchte: Es ist total egal, wie der Schritt eines Menschen beschaffen ist, wenn dieser Mensch einen in die Katastrophe schickt.