Krieg, ja bitte!

Das Europäische Parlament hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, dem Einsatz von NATO-Waffen auf russischem Territorium nicht länger im Weg zu stehen.

„Stell dir vor, es ist Krieg, und jeder geht hin!“ Sobald sich irgendwo ein Brandherd zeigt, schreien gerade deutsche Politiker eifrig „Hier!“ Wo was los ist, will man doch nur allzu gern dabei sein. Dabei hatte Deutschland furchtbare Erfahrungen gemacht mit Kriegen, die es selbst ausgelöst oder mitverursacht hatte. Ist es zu glauben, dass das politische Establishment in vielen Staaten Europas, einschließlich der verblendeten Staatsvölker, wieder in eine gigantische Katastrophe taumelt? Ein Grund dafür, dass das so gut funktioniert, liegt vermutlich in der Suggestion, Russland sei wohl ein bellender Hund, der nie wirklich beißen würde. Die westlichen Führungseliten glauben allen Ernstes, sie könnten Russlands Kriegsgegner moralisch, mit Waffen und Geld unterstützen, könnten gegen Putins Land einen Handels- und Propagandakrieg lostreten und der Ukraine noch erlauben, dass NATO-Waffen auf russischem Territorium eingesetzt werden, ohne dass die russische Führung auf die Idee käme, der Westen führe jetzt Krieg gegen ihr Land. Und wenn sich der Wahnsinn in den Einzelstaaten noch in Grenzen hält, sorgt die Europäische Union dafür, dass er eskaliert. Nur ein großes Erwachen und mutiges Handeln aller, die den Frieden lieben, kann jetzt noch das Schlimmste verhindern.

Das EU-Parlament stimmt für Eskalation in Richtung Krieg, ja vielleicht direkt für Krieg. Wer noch irgendwie an die repräsentative Demokratie glaubt, der schaue, was „unsere“ Volksvertreter in der EU beschlossen haben:

Ihre Abstimmung vom 19. September 2024 geht klar in Richtung Krieg.

Das Europäische Parlament

„fordert die Mitgliedstaaten auf, Einschränkungen des Einsatzes westlicher Waffen gegen legitime militärische Ziele im Hoheitsgebiet Russlands unverzüglich aufzuheben“. (1)

Das kommt ohne Zweifel einer Aufforderung an die Mitgliedstaaten gleich, mit Russland in den Krieg einzutreten und den NATO-Bündnisfall auszulösen.

Das Europäische Parlament fordert die Ukraine auf, mit vom NATO-Westen gesteuerten Langstrecken-Raketen Russland tief im Landesinneren anzugreifen. Wladimir Putin hat mit deutlichen Worten angekündigt, dass die NATO dann mit Russland im Krieg steht. (2)

Die breite Öffentlichkeit bekommt die historische Dramatik dieser Entscheidungen gar nicht mit, weil die westlichen Propagandamedien die Informationen, die sie zu den Menschen durchlassen, in der Hand haben und andere Informationsquellen unter Zensur gestellt haben.

Die große Mehrheit der Menschen ist in Europa, wie überall auf der Welt, für Frieden und nicht für Krieg. Wer etwas anderes erzählt, der lügt – zweckgebunden. Entweder er oder sie sind direkt mit Kriegsgewinnlern verbandelt, oder sie wollen um jeden Preis den Vorteil der Bereicherungskaste sichern. Selbst unter dem steten Trommelfeuer extremer Manipulation zeigten sich bei einer europaweiten Umfrage 52 Prozent der Befragten standhaft und erklärten, „dass sie es vorziehen würden, dass Kiew zu einer Einigung gedrängt wird“. (3) Würde man die Menschen hier, im ach so sauberen, demokratischen, ehrlichen Westen nicht ständig belügen und aufhetzen und würde man sie stattdessen ehrlich über Hintergründe informieren, so wären gewiss so gut wie alle Menschen auch mit klaren und offenen Worten gegen Krieg. Was auch sonst!

Und dann kommen die „Volksvertreter“ und stimmen mit großer Mehrheit für Krieg! So muss man das bewerten. Wenn es eventuell nicht zum Krieg kommt, so nur deshalb, weil die russische Führung die Nerven behält, was aber auch bedeutet, dass sie ihrer eigenen Bevölkerung Unzumutbares zumutet, vergleichbar mit der ukrainischen Führung, als sie den Krieg im Namen des Westens provozierte. Aber wie lange wird das gut gehen?

Natürlich liefert die Resolution vorneweg alles Mögliche an Erklärung, wie einseitig böse und gefährlich der Feind sei. Aber die Darstellung ist nicht annähernd realistisch. Vielmehr werden die eigenen Interessen, Russland doch noch zu ruinieren in ein unausweichliches Korsett geschnürt, was vielfach klar ausgesprochen wurde. (13) Oder, im Fall der eigenen Niederlage will der Westen die Vormachtpositionen nicht ganz verlieren. Doch bei alledem kann nichts anderes als Krieg herauskommen.

Es ist fast wie 1914, vor dem Ersten Weltkrieg, mit dem Unterschied, dass es diesmal im Wesentlichen kein Krieg zwischen imperialistischen Konkurrenten ist, sondern wie im Zweiten Weltkrieg mehr ein Verteidigungskrieg Russlands gegen die seit Jahrzehnten wild mit Krieg und Sanktionen gegen Irak, Afghanistan, Syrien, Libyen et cetera eskalierende, aber untergehende goldene Milliarde des Westens, angeführt von wahnsinnig übermütigen und radikal bedenkenlosen „Eliten“, die aber in Wahrheit immer nur ihr exzeptionelles „Bereicherungsrecht“ retten wollen. Selbstverständlich hat Russland völkerrechtswidrig angegriffen – obwohl das Völkerrecht auch noch eine andere Interpretation ermöglichen würde. Aber ja, es war ein Angriff, der von Russland ausgegangen ist, und das ist erst mal mit dem Völkerrecht nicht zu vereinbaren.

Der eigentliche Aggressor

Aber davor gab es den bewaffneten Angriff der ukrainischen Regierung auf Teile der eigenen Bevölkerung im Osten. Und es gab die völlig arrogante und gezielt provozierende Haltung des Westens, einen neutralen Status der Ukraine nicht zu akzeptieren. Wer ein Land zwingt oder verleitet, seine Neutralität aufzugeben und dafür nachgewiesenermaßen einen Putsch gegen eine legitime Regierung organisiert (14), um seinen eigenen Militärblock und seine Einflusszone auszuweiten, der ist der eigentliche Aggressor. Der ist der Hauptverantwortliche für die hunderttausenden Toten und Verletzten, auch wenn er – nur in diesem Fall! – den Krieg nicht begonnen hat. Aber er war es, dem es gelang, die erste militärische Großhandlung dem erklärten Feind Russland abzuringen, jenem Land also, das man zu ruinieren beabsichtigte. Aber bei genauer Betrachtung stellt sich die Frage:

Wurde der Krieg nicht schon begonnen mit der staatlich organisierten Beschießung der eigenen ukrainischen Bevölkerung, die sich nicht ergeben wollte? Nicht ergeben wollte, den staatlich gedeckten faschistischen Terrorbanden, sowie dem Verbot ihrer russischen Sprache. Die Geschichte wird es klar erkennen, wer der Aggressor war.

Das EU-Parlament ist bezüglich der wahren Entscheidungsträger nur das Ketchup zur Aggressionswurst. Volksvertretung? Das Volk wird „vertreten“, indem die Volksvertretung für Krieg stimmt, was das Volk nie und nimmer will? Nein, was die „Volksvertreter“ zu bestimmen haben, wird ausgeklüngelt in Parteispitzengremien, die alle samt und sonders unter dem Einfluss der „heiligen Vernunft“ der Herrschaft der Bereicherungsgewinner stehen. Und in Europa kommt ja die EU-Kommission weit vor der parlamentarischen Abnick-Maschine, die sich so großartig selbstbewusst aufplustert und doch nur den Kotau vor der selbst errichteten Zensur-Dummheit und Manipulation macht. Und diese EU-Kommission ist erst recht ein schlichtes Organ von Mächtigen, die ihren Einfluss nicht aus Demokratie, sondern aus unvorstellbarem Reichtum beziehen. (4) Und dann geht es natürlich um den Fortbestand des US-Imperiums, als dem obersten Garanten dessen, dass der Reichtum der westlichen Milliardäre (15) und ihrer Einfluss-Klüngel niemals verloren gehen darf, koste es, was es wolle.

Das ist der Kern der Sache: Die Felle drohen davon zu schwimmen, wenn die NATO verliert. Der Verlust der Weltherrschaftsposition der westlichen goldenen Milliarde ist aber unaufhaltbar.

Die Frage ist: Wird es passieren, ohne dass es zum Dritten Weltkrieg kommt? Und was wäre da die Aufgabe der „Volksvertreter“? Selbstverständlich, mit allen Mitteln die eigene Bevölkerung vor dem Inferno zu schützen. Aber was tun sie? Sie schütten Öl ins Feuer.

Wenn auch Selenskyi am Rande des UNO-Gipfels Ende September kein klares Ja seitens der US-Führung erhalten hat, so hat er doch erneut 8 Milliarden und Raketen mit einer Reichweite von 130 km, zugesichert bekommen. (10) Und seinen „Siegesplan“, der im Kern darauf hinausläuft, im eigenen Untergang, als letzte Hoffnung endlich Europa selbst und die ganze Welt mit in den großen Krieg zu ziehen, wird er am 12. Oktober beim 25. Nato-Treffen in Rammstein, das zum ersten Mal auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs stattfindet (11) gewiss „überzeugend“ vorbringen. Das EU-Parlament hat ja, wie wir gesehen haben, dem großen Krieg im Voraus schon zugestimmt, auch wenn die meisten der Parlamentarier wohl nicht gewusst haben durften, was sie taten. Soviel eben zum Funktionieren parlamentarischer Parteiendemokratie im Westen.

Pepe Escobar schrieb schon am 21. September auf seinem Telegram-Kanal:

„Es wurde grünes Licht gegeben. Jeder weiß es. Diese Soziopathen werden vor nichts zurückschrecken – vor allem, weil sie den Modus ‚Maximale Verzweiflung‘ erreicht haben. Das Einzige, was zählt, ist, wie Russland nach dem ersten Angriff reagieren wird.“

Und Stephen Bryen, der Stabsleiter des Ausschusses für Auswärtige Beziehungen des US-Senats und stellvertretender Staatssekretär für Verteidigungspolitik war, schrieb schon am 14. September in der Asia Times, einer Zeitung, die in der ganzen Groß-Region gelesen wird:

„Es gibt keine andere Möglichkeit, dies zu interpretieren: Washington und seine NATO-Mitgliedsstaaten, die von den USA abhängig sind, erklären Russland den Krieg. … Zelenskys Strategie besteht also darin, die NATO direkt in den Krieg zu ziehen. Und dummerweise und arrogant spielt Washington das gleiche Spiel mit. … Dies ist der gefährlichste Schritt, den die USA und die NATO unternehmen können – und er wird wahrscheinlich zum Dritten Weltkrieg führen.“ (5)(12)

In Kiew tagte Mitte September die „Yalta European Strategy“ Konferenz, organisiert von einem ukrainischen Milliardär, also Kriegsgewinnler. „Wolodymyr Selenskyj hat einen neuen Plan“, verkündeten die westlichen Medien. (6) Auf dieser Konferenz schleicht Boris Johnson herum, jener Mann, der persönlich hunderttausende ukrainische Tote verursacht hat, indem er einen Abbruch der Friedensverhandlungen von Ende März 2022 in Istanbul erzwang. (7) Jetzt tut er so, als wenn ihn Tote und Verletzte berühren würden, und will mit allen Mitteln den Dritten Weltkrieg riskieren, weil er an der Spitze jener steht, die die Felle des Westens davonschwimmen sehen. Er schrieb sich seinen Wahnsinn von der Seele. Es sei Zeit, die Ukraine auf der Stelle in die NATO aufzunehmen. (8)

Skrupelloses Vorgehen

Aber der Kern des Wahnsinns ist, dass er gar nicht sieht, was hier – durch ihn selbst angestoßen – abläuft! Hätte die NATO der Neutralität der Ukraine zugestimmt, so wäre es nie zu diesem Krieg gekommen, das ist ohne jeden Zweifel. Und er persönlich war es, der dies, wenn auch sicher nicht alleine, verhindert hat. Das Hauptziel war: Der glorreiche Westen wollte Russland ruinieren, ohne sich selber die Finger schmutzig zu machen. Wie immer sollten die anderen sterben. Die armen Ukrainer wurden skrupellos dafür ausgewählt. Nun fällt den auslösenden Verbrechern der Himmel auf den Kopf und sie tun so, als wäre es ohne Risiko, nun doch persönlich einzugreifen. „Persönlich“ soll heißen, nun auch im offenen Krieg NATO-Soldaten zu verheizen und jegliche Eskalation gut zu heißen.

„Wir würden gemeinsam unsere technologische Zurückhaltung aufgeben und ihnen erlauben, die Waffen, die sie bereits besaßen – Storm Shadow und Scalp-EG, das französische Äquivalent, und die amerikanischen ATACMS-Systeme – so einzusetzen, wie sie funktionieren sollten,“ (8)

schwärmt Boris Johnson und muss wissen, dass seine Forderung, die Ukraine unverzüglich in die NATO aufzunehmen und Russland mit Langstreckenraketen anzugreifen, unzweifelhaft eine Kriegserklärung an Russland bedeutet.

Aber der Irre erklärt:

„Können wir bitte alle aufhören, diesen alten Müll über „Eskalation“ und die sogenannte Angst, Putin zu provozieren, zu schwätzen. Putins Getöse und Säbelrasseln stellte sich als Unsinn heraus, denn in Wirklichkeit ist er derjenige, der eine Eskalation fürchtet.“(8)

Ob er sich da nicht irrt. Ja, der Einmarsch Russlands in die Ukraine kam für jene, die ihn provozierten, nicht unerwartet, aber er zeigte doch sehr klar, dass auch für Russland irgendwann die Zurückhaltung endet. Die Russophobie des Westens ist zweckgerichtet paranoid, aber die Osterweiterung der NATO ist eine Tatsache, die niemand leugnen kann, und deshalb ist Russland keineswegs paranoid. Und jeder weiß, dass es die USA niemals akzeptieren würden, wenn in Mexiko russische Raketen stationiert würden.

Der gesamte Westen provoziert im Taumel der „maximalen Verzweiflung“ in historisch unvorstellbarer Dimension. Der Irrsinn zu glauben, dass schon nichts passieren wird, und wenn, dann ist es ja „nur“ der Dritte Weltkrieg, dieser Irrsinn ist nicht zu toppen.

Das EU-Parlament gibt sein Ketchup dazu, und alle begeben sich in ihrer unendlichen Blindheit erneut in die Hand Russlands! Denn Russland wird letztlich entscheiden, ob und wann es losgeht. Und nur absolute Naivlinge können glauben, dass der Westen dabei gewinnen könnte.

Stephen Bryen schließt seinen Artikel mit den Worten:

„Die einzige Hoffnung besteht darin, unsere derzeitigen Staats- und Regierungschefs, die bald abgelöst werden, davon zu überzeugen, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie ohne triftigen Grund einen Krieg vom Zaun brechen.

Eines der Merkmale der Regierung ist, dass Menschen Entscheidungen treffen, ohne Verantwortung zu übernehmen. Im Falle des Dritten Weltkriegs werden unsere Staats- und Regierungschefs, egal welche Seifenoper-Propaganda in die US-Zeitungen fließt, viel Blut an ihren Händen haben, wenn sie Russland bombardieren.“ (5)

Kann Europa noch aufwachen?

Man kann nur hoffen, dass wir hier in Europa noch irgendwie aufwachen und verstehen, was es bedeutet, Politiker zur Rechenschaft zu ziehen. „Hic Europa, hic salta“, schrieb ich schon am 15. April 2022 (9). Wenig an Aufstand gegen den Wahnsinn hat sich bisher getan, wenn auch nun mit der großen Friedensdemonstration am 3. Oktober in Berlin, ein langsam aufflammendes Zeichen gesetzt wurde. Jedenfalls aber ist es unwahrscheinlich, dass Putin und die russische Führung es hinnehmen, wenn die NATO Russland de facto den Krieg erklärt, auch wenn diese Kriegserklärung nicht mit einem schlagartigen Großangriff verbunden ist.

Wenn man den Menschen, und ja, auch vielen Politikern – ich erinnere nur an Olof Palme, Willy Brandt und Bruno Kreisky –, die in jahrelanger harter Überzeugungsarbeit versuchten, die Lehren aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg zu ziehen, die sich tatsächlich für Menschenrechte und Frieden einsetzten, und es mit einem Friedensprojekt Europa ernst meinten, gesagt hätte, es werde ein halbes Jahrhundert später wieder so sein, wie vor Beginn der großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts, oder wenn man Michail Gorbatschow gesagt hätte, ein Europäisches Parlament werde dereinst Russland mehr oder weniger den Krieg erklären und kaum jemand wird es überhaupt mitbekommen, bis es zu spät ist, wer hätte das damals, nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges, nach dem Ende des Eisernen Vorhangs und der Auflösung des Warschauer Paktes für möglich gehalten?

Unmögliches wird scheinbar möglich. Das müsste auch dringend für den Widerstand gelten!