Kreative Wut

Junge Menschen fühlen sich um ihre Zukunft betrogen, kaum dass diese begonnen hat — ein internationales Netzwerk von Erdwächtern will die vielleicht letzte Chance nutzen.

Das Klima ist zu einer Art Religion für viele geworden, ein „zweites Corona“. Ähnlich wie in der Pandemie-Hysterie wird die Angst vor dem ökologischen Kollaps genutzt, um Menschen gefügig zu machen und sie zur Preisgabe ihrer Rechte zu bewegen. Auch wird die These von der menschengemachten Klimaerwärmung als allgemeiner Konsens „der Wissenschaft“ verkauft, obwohl sie so unumstritten nicht ist. Ungeachtet der ideologischen Frontlinien, die zu diesem Thema in Deutschland aufgebrochen sind, zeigen sich an vielen Orten der Erde jedoch verheerende Katastrophen — ob menschengemacht oder nicht. Dürre, Brände, das Artensterben, Überschwemmungen und Ernteausfälle sind nur einige davon. Darüber hinaus stehen viele indigene Kulturen kurz vor ihrer Auslöschung, wodurch die Weisheit ihrer Vorfahren und ihre Liebe zur Erde für immer aus dem Gedächtnis der Menschheit gelöscht werden könnten. Gerade junge Menschen, von denen man normalerweise sagt, sie hätten ihr Leben noch vor sich, die sich jedoch gezwungen fühlen, seit sie denken können, in eine düstere Zukunft zu blicken, reagieren auf das anschwellende Desaster teils mit Verzweiflung, teils mit einem Gefühl hilfloser Wut. Überall auf der Welt erheben sich aber Persönlichkeiten und Organisationen, die sich mit der angeblichen Unausweichlichkeit des Untergangs nicht abfinden wollen, die versuchen Auswege und Lösungen aufzuzeigen. Der slowenische Autor besuchte in der Gemeinschaft Findhorn eine internationale Konferenz „Klimawandel und Bewusstsein“. Er kam mit vielen Eindrücken von dort zurück — und mit ein bisschen Hoffnung. Dieser Artikel wurde vor vier Jahren verfasst, an Aktualität hat er nichts eingebüßt.

22. Mai 2019. Es war das wärmste Ostern in der Geschichte der Messungen in Schottland. Gänseschwärme flogen bis zur Dunkelheit über unsere Köpfe hinweg und betrauerten den Tod von Polly Higgins, einer großen Verfechterin der Rechte der Erde. Ein schwerer Geruch drang aus dem Süden zu uns, während in der Ferne schummrige Feuer loderten.

In der Gemeinschaft Findhorn hörten wir auf der Konferenz „Climate Change & Consciousness“ (deutsch: Klimawandel und Bewusstsein) sowohl erschreckende Geschichten über das Klima-Unheil als auch Geschichten von phänomenalem Aktivismus. Die vollkommen berechtigte Hoffnungslosigkeit fühlte sich schwer an, aber dann sahen wir die unnachgiebige Entschlossenheit in den Augen der auf der Konferenz anwesenden Jugendlichen. Junge Menschen haben keine andere Wahl, als zu handeln.

Natürlich sprachen wir über die Wirbelstürme Idai und Kenneth in Afrika, die Brände in Kalifornien, das Abschmelzen der Gletscher, die extremen Temperaturen ... Aber auch über Greta Thunberg, Alexandria Ocasio-Cortez, Extinction Rebellion, Juliana vs. the U.S., Earth Guardians und andere mutige Aktionen.

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So viele Nachrichten, die nicht den Weg in unsere Zeitungen finden ...

Mugove W. Nyika aus Sambia berichtete, dass der Wirbelsturm Idai in der Tat schrecklich war, aber viel schlimmer für Südostafrika war die lange Dürre in den Monaten vor dem Wirbelsturm; viele Bauern verloren ihre gesamte Ernte, einschließlich Saatgut für die nächste Saison. Aber darüber haben die Medien nicht berichtet. Verständlicherweise, denn die Nachrichten waren nicht dramatisch genug.

Andere Redner stimmten dem zu. Eine von ihnen war Christiana Figueres, eine costaricanische Diplomatin, die zwischen 2010 und 2015 die Erneuerung des globalen Klimaabkommens koordinierte, was zu dem historischen Erfolg der COP-21-Verhandlungen führte.

„Wenn Leute behaupten: ‚Alle sagen ...‘, stoppen Sie sie und fragen Sie: Nennen Sie mir die Namen von ‚allen‘!“, sagte Christiana. Wenn die Medien sagen, dass die politische Führungskraft abnimmt, müssen wir vorsichtig sein, wie wir das verstehen. Die Mainstream-Medien neigen dazu, zu dramatisieren, anstatt die tatsächliche Realität darzustellen.

Tatsächlich findet die Dekarbonisierung statt. 195 Länder haben sich dazu verpflichtet, und sogar die USA werden das Pariser Abkommen erst im November 2020 offiziell verlassen, während Brasilien noch überlegt, was es tun soll. Mindestens 14 Länder sind auf einem guten Weg, ebenso wie Tausende von Unternehmen, die verstehen, warum die Dekarbonisierung gut für sie und für die Umwelt ist.

Christiana führte sechs Schlüsselsektoren auf, die von der Klimaanalysegemeinschaft identifiziert wurden (die ersten drei Sektoren sind gut, die letzten drei nicht):

  1. Strom (23 Prozent stammen bereits aus erneuerbaren Energiequellen, wobei der derzeitige Anstieg exponentiell verläuft);
  2. Elektromobilität (der exponentielle Wandel beginnt; bis 2020 werden wir Kostengleichheit zwischen Elektro- und Benzinfahrzeugen erreicht haben);
  3. Finanzen (Investoren ziehen sich aus zunehmend riskanten Kohlenstoffinvestitionen zurück);
  4. Land- und Forstwirtschaft (folgt sehr langsam, da die Abholzung der Wälder und die industrielle Landwirtschaft eine sehr starke Dynamik aufweisen);
  5. Schwerindustrie (wir sind immer noch auf der Suche nach Alternativen zur Zement- und Stahlindustrie);
  6. Baugewerbe und Infrastruktur (es ist immer noch nicht klar, wie eine signifikante Verlagerung überhaupt erreicht werden kann).

Es gibt also einen positiven Fortschritt! Der indische Energieminister ist beispielsweise entschlossen, aus der Kohlekraft auszusteigen, weil Solarenergie bereits billiger ist als die alte, schmutzige Technologie. Indien plant außerdem, bis 2020 alle zweirädrigen Kraftfahrzeuge zu elektrifizieren, das heißt 80 Prozent aller Kraftfahrzeuge. Leider fänden solche Nachrichten aus Indien nicht so viel Beachtung wie jeder Tweet aus dem „Dunklen Haus“, schloss Christiana scharfsinnig.

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Eine positive Sichtweise ist natürlich wichtig, aber wir sollten auch die blinden Flecken im Auge behalten. Vandana Shiva wies darauf hin, dass die industrielle Landwirtschaft in der Debatte über den Klimawandel nicht oft erwähnt wird, obwohl sie zu 50 Prozent aller Treibhausgase beiträgt, wenn man sämtliche indirekten Emissionen der Produktion berücksichtigt, einschließlich Bodendegradation, Transport, Auswirkungen von Maschinen, Kunstdünger, Pestiziden, Insektiziden et cetera.

Die Landwirtschaft basiert auf der Prämisse, dass der Boden tot ist, dass er keinen Eigenwert hat und dass die Arbeit mit der Erde Gewalt und Dominanz erfordert.

Die Industrialisierung der Landwirtschaft bedeutet, die Menschen loszuwerden und sie durch immer größere Traktoren, Roboter und Drohnen mit einem immer größeren Arsenal an Chemikalien zu ersetzen, die den Boden wie ein totes Substrat behandeln. Die industrielle Landwirtschaft verbraucht zehnmal mehr Wasser als traditionelle Methoden. Die Zerstörung des Bodens ist der Hauptgrund für erzwungene Migration. Flüchtlinge sind also eine direkte Folge der Aktivitäten der fossilen Brennstoffindustrie.

Das Gleiche gilt für den dramatischen Rückgang der Insektenpopulationen. Das sollte uns nicht überraschen. Ursprünglich haben wir Chemikalien entwickelt, um Menschen in Kriegen zu töten, und dann haben wir eine ganze Familie von Chemikalien entwickelt, die „Insektizide“ genannt werden. Wir haben unsere Häuser, Felder und Gärten mit diesen Chemikalien besprüht, und jetzt wundern wir uns, warum die Schmetterlinge nicht mehr so fröhlich herumfliegen. Diese Folgen sind das Ergebnis eines militarisierten Vorgehens gegen Insekten.

Und wie gehen wir mit Flüssen um? Mehr als 500 Staudämme sind allein an den Flüssen des Himalaya geplant. Beim Bau von Staudämmen geht es nicht so sehr um Strom und die Kontrolle der Flüsse, sondern um das Geschäft der Zementlobby. Je mehr Beton sie gießen können, desto besser ist es für die Wirtschaft.

Dann gibt es noch die Gentechnik, bei der große Konzerne Saatgut aus öffentlichen Saatgutbanken nehmen, zum Beispiel 200 Sorten von dürreresistentem Mais, und sie einer genomischen Analyse unterziehen. Dann „schneiden“ sie mithilfe von Screening-Programmen das Genom aus und setzen es wieder zusammen, um neue Maissorten zu schaffen, und am Ende deklarieren sie es als ihr geistiges Eigentum. Doch niemand zahlt der Natur und den früheren Generationen, die das Saatgut mit dem ursprünglichen Genom gezüchtet haben, Urheberrechte.

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Das Industriezeitalter hat diesen Ansatz geprägt, und das Konsumzeitalter hat ihn verstärkt. Um die Bewältigung unserer globalen Probleme, die sich aus diesem Ansatz ergeben, zu vereinfachen, haben wir ihn nun auf die Messung von Treibhausgasen reduziert. „Deshalb verstehen wir die Zusammenhänge zwischen den Elementen des Ökosystems nicht“, sagte Charles Eisenstein. Wir erlauben uns nicht zu sehen, wie die Zerstörung einer Art oder einer menschlichen Kultur oder einer Sprache mit dem Klimawandel zusammenhängt. „In was für einer Welt wollen wir leben? Welche Art von Erde entspricht der Art von Menschen, die wir werden wollen?“, fragte er.

Für einen trockenen Wissenschaftler ist es am einfachsten, auf solche Fragen mit Zynismus zu reagieren. Aber unter uns waren viele indigene Völker aus der ganzen Welt, die Charles‘ Ruf nach tiefer Menschlichkeit und einer neuen Geschichte unterstützten, in der die Erde lebendig ist und nicht nur ein Substrat für unsere schlechten Gewohnheiten.

Der Klang der Sprachen indigener Völker aus Namibia, dem Amazonas, Neuseeland, Grönland ... untermauerte Charles‘ Behauptung, dass die Erhaltung der verschwindenden Sprachen für die Aufrechterhaltung eines gesunden Klimas — geologisch, politisch, sozial und psychologisch — entscheidend ist. Wir können dies nicht in der „Kohlenstoffmatrix“ registrieren. Die Sprache ist eine Emanation des Landes und wird Teil des Landes, sie ist die Lebendigkeit des Ortes; sie kann von Menschen wiedergeboren werden, die von diesem Ort sind, die mit diesem Ort vertraut sind. Die Zerstörung der Sprache bedeutet die Zerstörung dieser Verbindung.

Charles stellte eine Neuordnung der Prioritäten auf der Grundlage der Sichtweise der lebendigen Erde vor:

  1. Schutz aller noch intakten Ökosysteme, einschließlich der Menschen, die sich gemeinsam mit diesen Ökosystemen entwickeln (Amazonas, Kongo-Tal et cetera).
  2. Regenerierung und Heilung geschädigter Ökosysteme durch Pflege der Beziehung zum Ort und Einsatz regenerativer Landwirtschaft.
  3. Die Welt nicht länger mit giftigen Chemikalien überschwemmen.
  4. Verringerung der Treibhausgasemissionen (als Nebeneffekt der ersten drei Prioritäten).

Angaangaq Angakkorsuq aus Grönland berührte uns mit seiner Rede. Der Inuit-Älteste erzählte uns die Geschichte, wie im Januar 1963 das „Große Eis“ zum ersten Mal weinte. Bei -30 °C begann Wasser aus einem 1,5 Kilometer dicken „Finger“ des Großen Eises zu tropfen. Die Wissenschaftler hielten dies nicht für möglich, denn bei -30 °C kann Wasser nicht fließen. Angaangaq sagte zu ihnen: „Ich habe die Geschichte nicht erzählt, damit ihr mir glaubt; ich habe sie erzählt, weil sie passiert ist.“ Er bezeichnet dieses Ereignis als den Beginn der globalen Erwärmung.

Heute wissen Wissenschaftler, dass das Schmelzen der obersten Schicht des Großen Eises Pfützen und Seen entstehen lässt. Das Wasser findet Risse, vergrößert sie und bahnt sich in flüssiger Form seinen Weg nach unten, bis hin zum Grundgestein, manchmal Wochen oder Monate später, und bildet Bäche und Flüsse. Allzu oft haben die Wissenschaftler die frühen Warnungen der Vertreter der indigenen Völker ignoriert, sodass Jahrzehnte vergingen, ohne dass wir etwas unternahmen. Das Problem erlangte erst dann größere Aufmerksamkeit, als seine Symptome drastische Ausmaße annahmen.

„Wie könnten unsere Probleme nicht so drastische Ausmaße annehmen, wenn die zusätzliche Energie, die durch die Treibhausgasemissionen entsteht, der Explosion von sechs Atombomben pro Sekunde entspricht“, stellte Professor Jem Bendell fest. Er zeigte uns das Video seiner Rede „Unsere Mutter Erde sagt #MeToo“ am Oxford Square, wo er sich Extinction Rebellion anschloss. Professor Bendell hat eine Menge Staub aufgewirbelt, als er sein Papier „Tiefgreifende Anpassung: Eine Karte zur Navigation durch die Klimatragödie“ in der Zeitschrift IFLAS Ende Juli 2018 veröffentlichte. Der Artikel wurde eine halbe Million Mal heruntergeladen, was bei wissenschaftlichen Artikeln dieser Art nicht allzu oft vorkommt.

„Wie kann man angesichts des schrecklichen Zusammenbruchs radikale Hoffnung bewahren?“, fragte Jem. Heute ist es tabu zu sagen, dass es zu spät zum Handeln ist, dass der Zusammenbruch des Systems unvermeidlich ist. Was aber, wenn dies tatsächlich der Fall ist? Wie kann man sich darauf einstellen? Tiefgreifende Anpassung setzt voraus, dass die Konsumzivilisation zusammenbricht. Anpassung macht nicht einmal innerhalb des vorherrschenden kulturellen Paradigmas Sinn. Das Konzept der „Nachhaltigkeit“ ist als Idee schon lange tot. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir uns anpassen oder mit dem fertig werden, was kommt. Wir werden schnell lernen müssen, wie wir Wissen und Erfahrung teilen, wie wir uns gegenseitig helfen, wie wir mit der Nahrungsmittelkrise, der Ausbreitung des Protofaschismus et cetera umgehen.

Unter solchen Umständen ist die Hoffnung eine Notwendigkeit. Aber Hoffnung ist keine Vorhersage oder ein Glaube, sondern ein aktiver Wunsch, worauf wir hinarbeiten wollen, wie wir in Zukunft miteinander umgehen werden, während wir das Unglück ertragen.

Wir sollten uns wünschen, einen Weg zu finden, der eine Verringerung der Emissionen bei gleichzeitiger Schaffung eines robusten Systems und Respekt vor der Natur beinhaltet.

Leidenschaftliche, mutige Jugendliche haben uns den Weg gewiesen: Xiuhtezcatl Martinez, ein achtzehnjähriger Aktivist und Jugendleiter von Earth Guardians, forderte bereits mit fünfzehn Jahren dringende Klimaschutzmaßnahmen bei den Vereinten Nationen. Seine Rede auf der Konferenz begann in der Nahuatl-Sprache mit einem Gedicht, das mit den Worten endet: „Wenigstens haben wir Blumen zurückgelassen, wenigstens haben wir Lieder hinterlassen.“ Er erinnerte uns daran, dass Kunst für die Regeneration unerlässlich ist und dass es unsere Pflicht ist, Schönheit zu hinterlassen, nicht Zerstörung.

Die Earth Guardians tun viele großartige Dinge, aber im Moment sticht das Gerichtsverfahren Juliana gegen die USA hervor. Xiuhtezcatl ist eine von 21 jungen Klägern, die die US-Regierung wegen Verletzung ihrer Rechte auf Leben und Freiheit verklagen. Sie fordern, dass die USA ihre Verpflichtungen zur Reduzierung der Treibhausgase einhalten. Die nächste Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof findet am 4. Juni statt.

Es ist faszinierend zu sehen, wie diese jungen Menschen, einige Teenager, andere Anfang zwanzig, den politischen und rechtlichen Kontext verstehen, den Jargon begreifen und intelligent reagieren. „Ich bin 16 und wurde in eine Welt hineingeboren, die bereits brennt“, sagte Finn aus Irland. Die Jugendlichen sagten: „Unsere Eltern werden nicht mehr hier sein, aber wir müssen uns etwas einfallen lassen, um das Chaos zu beseitigen.“

Es war schmerzhaft, den Jugendlichen zuzuhören, die sich schuldig fühlten, weil sie Musik machen, Kunst schaffen und tanzen wollten, während sie gleichzeitig hörten, wie die Erde sie zum Handeln aufforderte. Ein Junge sagte, es sei frustrierend, sich für Flugzeuge zu interessieren, da sie nicht umweltfreundlich seien; ein Mädchen fügte hinzu, sie würde gerne Schauspielerin werden, aber die Schauspieler würden mit Flugzeugen reisen und verschwenderisch leben, und das wolle sie nicht.

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Die jungen Leute haben es satt, dass die Erwachsenen ihnen auf die Schulter klopfen und sagen: „Ihr seid die Hoffnung, wir vertrauen auf euch“ und die Last auf sie abwälzen. Im Geiste von Extinction Rebellion forderten die Jugendlichen alle über 60-Jährigen auf, aufzustehen, wenn sie bereit sind, für die Erde zu riskieren, verhaftet zu werden. Etwa fünfzig Teilnehmer im Saal standen auf. Es ist falsch, dass junge Menschen ins Gefängnis gehen, wenn sie noch ein volles Leben vor sich haben; diejenigen, die ein volles Leben gelebt haben und so viele Jahre Teil des Problems waren, sollten sich der Gefahr aussetzen, für die Sache verhaftet zu werden.

Nur sehr wenige Erwachsene sind bereit, riskante Aufgaben zu übernehmen, indem sie mutig das sagen, was all jenen gesagt werden muss, die meinen, dass sie tun können, was sie wollen, nur weil sie Geld haben.

Eine dieser Personen war Polly Higgins, eine Anwältin, die beschloss, die Rechte der Erde zu vertreten und sich dafür einzusetzen, dass der Ökozid im Strafrecht anerkannt wird. Ökozid ist jedes Verbrechen gegen die Natur. Polly starb an Ostern, am zweiten Tag der Konferenz „Klimawandel und Bewusstsein“, im Alter von 50 Jahren an Krebs.

Sie wandte sich in einem Interview, das vor Beginn der Konferenz aufgezeichnet wurde, an uns Teilnehmer und erläuterte, warum die Menschenrechte nicht von sich aus rechtskräftig sind. Jedes Gesetz ist wie eine Münze, es hat zwei Seiten. Rechte sind wichtig, aber unzureichend; die Kriminalität erzwingt die gesetzliche Sorgfaltspflicht, sodass man Maßnahmen ergreifen und Gerechtigkeit herstellen kann. Pollys Arbeit gab der gesamten Erdrechtsbewegung eine rechtliche Grundlage.

Pollys Website ruft Einzelpersonen und Gruppen dazu auf, sich als Beschützer der Erde zu deklarieren und unser „Menschenrecht auszuüben, nach unserem Gewissen und unseren tief verwurzelten Überzeugungen zu handeln, solange wir dabei andere nicht verletzen oder gefährden. Im 21. Jahrhundert weigern sich Beschützer aus Gewissensgründen nicht nur, sich an dem Schaden zu beteiligen, der der natürlichen Welt zugefügt wird, sondern sie fühlen sich gezwungen, gewaltfrei und direkt zu handeln, um dies zu verhindern. Wenn unser Gewissen von solider wissenschaftlicher Forschung und dem Wunsch geprägt ist, die Menschheit und die Erde vor Schaden zu bewahren, dann ist die Ausübung dieses Rechts nicht nur gerechtfertigt, sondern eine moralische Notwendigkeit“.

Wie können wir die Natur respektieren, wenn wir bereits so viele Arten an den (Rand) des Aussterbens gebracht haben? Jonathon Porritt, ein Politiker, Aktivist, Professor und Autor, der seit den Siebzigerjahren in der grünen Bewegung aktiv ist, wies darauf hin, dass vor zehntausend Jahren das Verhältnis zwischen Wildtieren und Menschen 99:1 betrug. Heute gibt es nur noch 1 Prozent Wildtiere, 32 Prozent Menschen, und der Rest ist Vieh für den menschlichen Verzehr.

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1990 war ein kritisches Jahr vor dem Weltgipfel von 1992. Hätten wir damals mit der schrittweisen Dekarbonisierung der Wirtschaft begonnen, bräuchten wir nur 2 Prozent Reduktion pro Jahr, um bis 2100 sicher zu sein. Im Jahr 2010 erreichten wir über 3 Prozent; aufgrund von Untätigkeit wird die Herausforderung der Dekarbonisierung nun bei 10 Prozent pro Jahr bis 2020 liegen. Wenn in den nächsten 10 Jahren nichts unternommen wird, liegt die Herausforderung bei 30 Prozent pro Jahr.

Die künftige Bedrohung besteht in der folgenden „Kaskade des Zusammenbruchs“:

  1. Störungen
  2. extreme Störungen
  3. teilweiser Zusammenbruch
  4. Systemzusammenbruch
  5. Apokalypse
  6. Aussterben

Viele Wissenschaftler haben dies seit den 1980er-Jahren begriffen. So wie James Hansen, der „wütende Wissenschaftler“. Er wettert immer noch gegen die Vernachlässigung aller wissenschaftlichen Warnungen. Was soll man tun, wenn man den Eisberg sieht und auf der Titanic schreit, die mit voller Geschwindigkeit auf den Untergang zusteuert, aber alle ignorieren einen? Wir würden die Kaskade in Richtung Aussterben gerne so schnell wie möglich stoppen, obwohl wir uns bereits in der Phase der extremen Störung befinden.

Heute ist klar, dass die Vorstandsvorsitzenden der Unternehmen, die fossile Brennstoffe herstellen, in den 1970er- und 1980er-Jahren wussten, welche Auswirkungen die Emissionen auf das Klima haben würden. Durch Irreführung, Verschleierung und gezielte Verwirrung sorgten sie dafür, dass „business as usual“ weitergehen würde. James Hansen sagt: Wenn wir darüber nicht wütend sind, stimmt etwas mit uns nicht.

Jonathon Porritt erwähnte das Buch „Die unbewohnbare Erde“ von David Walace-Wells, ein roher und unversöhnlicher Text, der den Leser an den Rand der Verzweiflung führt; an den Rand und darüber hinaus.

Wie Christiana Figueres betonte, wird die Entwicklung der Ereignisse völlig unumkehrbar sein. Es spielt keine Rolle, was das „Dunkle Haus“ beschließt, denn es ist unmöglich, eine weitere Destabilisierung des Wasserkreislaufs zu verhindern. Das ist offensichtlich, wir können es in allen Teilen der Welt sehen. Eine höhere Temperatur in der Atmosphäre bedeutet eine höhere Luftfeuchtigkeit, was zu stärkeren Stürmen und einem größeren Ungleichgewicht zwischen Niederschlag und Temperatur führt. Mehr Feuchtigkeit bedeutet nicht, dass es überall mehr regnet, sondern dass der Regen unregelmäßiger und heftiger ausfällt und es mehr Dürren geben wird.

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Also was ist jetzt zu tun?

Das globale System zeigt keine Anzeichen dafür, dass es seinen zerstörerischen Weg verlangsamen wird. Auf der anderen Seite gibt es keine Anzeichen dafür, dass mutige Menschen in die Knie gehen und bald aufgeben werden. Einige sterben, aber andere kommen nach. Die Wissenschaftler verbinden sich mit der Entschlossenheit und dem Optimismus von Jung und Alt.

Optimismus ist nicht das Ergebnis des Erfolgs, sondern der Ausgangspunkt für die Herausforderung. Wenn Sie mit Pessimismus kommen, werden Sie wahrscheinlich nichts ändern.

Wir haben keine andere Wahl, als das Problem des Klimawandels anzugehen, und Optimismus sollte unser erster Beitrag sein, nicht das Ergebnis des Erfolgs.

Die Ältesten sprachen die letzten Worte auf der Konferenz. Mugove aus Sambia ermutigte uns mit den Worten:

„Wir werden in der Welt leben, die wir wollen. Wenn wir sie wirklich wollen, werden wir in der Welt der Freude leben. Wenn wir glauben, dass wir sie erreichen können, werden wir sie auch erreichen.“


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst auf Englisch unter dem Titel „If you’re not angry, something is wrong with you“ auf der Website des slowenischen Autors. Er wurde von Elisa Gratias übersetzt und vom ehrenamtlichen Manova-Korrekoratsteam lektoriert.