Kneipenlos kriegstüchtig
Wirtshäuser waren Trinkstätten, menschelnde Treffpunkte und Widerstandsnester zugleich — dass ihnen jetzt ein Massensterben droht, ist kulturell wie politisch eine Katastrophe.
Einem System, das seine Bürger jetzt zunehmend auf Krieg und Konformismus trimmen will, sind Kneipen, Spelunken und Wirtshäuser ein Dorn im Auge. Warum? Nur der isoliert in seiner Wohnblockzelle vegetierende Staatsbürger glaubt den ganzen Krampf, den ihm die Medien weismachen wollen. Oder er fühlt sich allein zu schwach, um aufzubegehren. Nur der nüchterne Geist berechnet bei allem, was er sagt und tut, die möglichen Folgen und lässt sich einschüchtern. In gemütlichen Lokalitäten dagegen kann man aus erster Hand erfahren, wie diese Welt beschaffen ist. Schnell kocht Unmut gegen die Regierenden hoch, die im Kern anarchische Mentalität des Volkes kann sich ausagieren, Pläne werden geschmiedet, Menschen schenken einander Wärme und stärken sich den Rücken. Da können einem schon Verschwörungstheorien in den Sinn kommen, wenn man beobachtet, wie viele Kneipen derzeit sterben oder auch gentrifiziert und stromlinienförmig gemacht werden. Der Autor gibt an, große Teile seines Daseins in Wirtshäusern verbracht zu haben. Sicher ist viel Mineralwasser geflossen. Alles, was im Artikel zu lesen ist, berichtet er also aus erster Hand.
Ich habe die Hälfte meines Lebens in Wirtshäusern verbracht. Wenn man von jemandem sagt, er habe die Hälfte seines Lebens in Wirtshäusern verbracht, schwingt ein despektierlicher Unterton mit: Der geregelten Arbeit und einem anständigen Familienleben war der wohl eher abhold, meint man damit implizit.
Darin mag ein wahrer Kern stecken, je nachdem was man unter „geregelt“, „anständig“ und „abhold“ versteht. Worauf ich hinaus will, ist aber etwas anderes: nämlich dass es heute kaum noch möglich ist, die Hälfte eines menschlichen Lebens im Wirtshaus zu verbringen, und dass das Gründe und Ursachen hat, die möglicherweise eine ganze Menge mit einer umfassenden Regelung, Steuerung und Kontrolle des Lebens zu tun haben, die weit über Arbeit und Familie hinausgeht.
Man mag es sich heute nicht mehr vorstellen können, aber vor vierzig, fünfzig Jahren und zum Teil auch später noch war München oder wenigstens das Milieu, in dem ich aufwuchs, angemessen widerständig sozialisiert wurde und dann halt lebte, ein einziges Wirtshaus.
Im Wirtshaus wurde gefeiert und getrauert, proklamiert und deklamiert, gespielt und gestritten, wurden Parteien, Initiativgruppen, Terrorbanden, Bands, Wohngemeinschaften, Kommunen und Familien gegründet. Im Wirtshaus studierte man Literatur und Geschichte, ließ sich von Kabarettisten, Volkssängern und rebellischen Rednern aufwiegeln, redete sich die Köpfe heiß und zog bei überkochender Empörung oder Begeisterung bisweilen auch mal hinaus, um die unhaltbaren Zustände zu Klump zu schlagen.
Ohne Wirtshäuser hätte es keine Revolution und keine Räterepublik gegeben, wäre vielleicht sogar der erste Weltkrieg bis zu einem noch schlimmeren Ende weitergegangen. Das weiß ich zum Beispiel deswegen, weil mein eigener Urgroßvater, zum Broterwerb als sogenannter Schweizer in Kuhställen tätig, hauptberuflich aber einer der erwähnten Volkssänger, damals durch die Haderner, Pasinger und Aubinger Spelunken und Bierkeller zog, dabei an die Rätesozialisten geriet und von SPD-Noskes Faschistentrupps in einer Kiesgrube standrechtlich erschossen wurde.
Ohne Wirtshäuser hätte es aber auch keine Halbstarken, keine Studentenrevolte, keine Aufstände und Bewegungen gegen Atomtod, Notstandsgesetze, Nachrüstung, Neutronenbomben, Wackersdorf, einen Bundeskanzler Strauß, den Kapitalismus ganz allgemein und auch nicht gegen die Neonazis der Achtziger und Neunziger gegeben.
Deren geistige Großväter übrigens verdankten dem gastronomischen Sumpf ihrer „Hauptstadt der Bewegung“ dem Mythos zufolge auch so einiges, weil ihr Führer in seiner Frühzeit gerne in großen Hallen vor vielen Schnaps- und Bierbedröhnten seine Massenverblödungsreden schwang. Es war zweifellos ein solcher Saal, der Bürgerbräukeller, in dem der völlig idiotische Putschversuch von November 1923 begann, der dann vor einem weiteren Wirtshaus, dem „Tambosi“ am Hofgarten, schmählich endete, wobei ein zufällig erschossener Kellner der Symmetrie zuliebe zum „Blutzeugen“ ernannt und gegen den Widerstand seiner Hinterbliebenen im Ehrentempel bestattet wurde. Es war aber derselbe Bürgerbräukeller, in dem exakt sechzehn Jahre später Georg Elser den heldenhaften Versuch unternahm, Hitler und seine engste Clique ins Walhalla-Jenseits zu sprengen, und zwischen den beiden Ereignissen verlagerte sich die nationalsozialistische Massenformierung eher in Kasernen, Ferienlager und andere eigens eingeführte Anlagen sowie letztlich aufs sogenannte Schlachtfeld, wo es aus nachvollziehbaren Gründen keinen Zapfhahn gibt.
Ob nach dem sonntagnachmittäglichen Fußballspiel oder vor dem geplanten anarchistischen Umsturz, ob zu Kommunion oder Firmung, zur Leich oder zur Meisterschaftsfeier, ob zur Gewerkschaftsgründung oder einfach so zum Ratschen, zum Kritteln und zur sprachfreien Kommunikation mittels Spielkarten — das „Volk“, vor dem deutsche Herrschende in ständiger Furcht leben, weil es sich vor allem in Krisen und nach Kriegen einfach nicht komplett zum Untertanen-Ameisenstaat schurigeln lässt, versammelt sich im Wirtshaus. Das hat damit zu tun, dass es andere Räume für mehr als drei oder fünf insbesondere Proletarier aufgrund der Wohnverhältnisse in Herbergen und Glasscherbenvierteln ja nicht gab, zumindest keine, in denen man vor Überwachung, Abhörung und Umzingelung einigermaßen sicher war.
Es hat auch damit zu tun, dass Bier (in Maßen) bekanntermaßen die Zunge lockert und den Geist sprudeln lässt, vor allem wenn man sich — zumal in angemessener Menge und Solidarität — einigermaßen sicher fühlt.
Selbst in harmlosen Kleinkneipen wie dem Haderner Ausschank „Am Ziel“ wurde nach Spielen des VfB Laim und drei Halben die Diskussion gerne mal wild politisch; was hingegen an den Anarchistenstammtischen in Untergiesing, am Gärtnerplatz und im gesamten Schwabinger Burgfrieden beziehungsweise Viertel zusammenschwadroniert wurde, hätte bei detailliertem Bekanntwerden der CSU-Führung begründeten Anlass zur sofortigen Einführung einer Militärdiktatur geliefert. In Clubs wie dem „Rigan“, „Domicile“, „Marienkäfer“ und vielen anderen lärmten teuflische Rockgruppen und Avantgardisten und erfanden Musikstile und -richtungen, an die sich kaum noch wer erinnert, die aber zeitweise als so aufregend und gefährlich galten, dass Eltern, Lehrer und Volkserzieher schon beim Nennen einiger Namen erbleichten.
Die „Schwabinger Krawalle“, eine Art Ursuppe aller Revolten und Mainstream-Verweigerungen der sechziger und siebziger Jahre, begannen zwar ausdrücklich nicht in einer Kneipe, wären aber ohne die Grantler- und Grattlernester zwischen „Mutti-Bräu“ und „Schwabinger Sieben“ spätestens nach einer halben Stunde zu Ende gegangen, möglicherweise unbemerkt. Selbst ein volkstümlicher Machthaber und Repräsentant wie der Prinzregent Luitpold begab sich, wenn er wissen wollte, was die Leute so dachten und wollten — doch, das gab es mal, dass so jemand so etwas wissen wollte! — halbwegs inkognito und in Zivil in die Biergärten am Isarufer und hörte zu, was da so geschimpft wurde. In Wirtshäusern wurde Geschichte geplant, entworfen, gemacht und geschrieben — und dann auch wieder zerredet.
Praktisch alles, was seit dem Ende des dreißigjährigen Krieges an wirklich spannendem Neuen politisch und künstlerisch erdacht und ersponnen wurde, entstand zwischen Krügen und Gläsern, Tresen und Schwemme.
Freilich: Im dumpfen Mulm zwischen Bierdunst, Klogestank und Zigarrenqualm wurde auch manch ein epochaler Blödsinn zusammengequasselt, aber deutschnationale Studentencorps und andere unerfreuliche Vereinigungen wussten und wissen bis heute sehr genau, weshalb sie die gastronomische Öffentlichkeit scheuen und in ihren Verbindungshäusern lieber streng unter sich bleiben. Das gilt übrigens auch für die selbsternannten Erben echter Antifaschisten, die sich heutzutage mühen, nicht nur durch Übernahme der Reichsflaggenfarben Schwarz-Weiß-Rot das Vermächtnis der SA anzutreten, und die sprichwörtlichen „Bullenschweine“ nicht mehr „nicht wollen“, sondern deren Einsatz gegen Kritiker des „Unsere Demokratie“-Regimes tatkräftig unterstützen.
So „unregierbar“ wüst und lustig, wirr und spannend das mal war, heute ist alles ganz anders: Statt in dampfigen Spelunken grimmige Pläne zum Sturz von Kaiser, System und Bonzenherrschaft zu schmieden, hockt das Proletariat im inszenierten und durchstrukturierten Eventraum, vereinzelt sogar in unwirtlich-technokratischen „Stadtteiltreffs“, lässt sich berieseln mit dem vorgekauten Salm einer restlos entschärften Scheinkultur, und die Bonzenherrschaft plakatiert derweil die gesamte Landschaft zu mit Beschwörungen der Volksgemeinschaft der Volksgenossen: „Zusammen:halt!“ brüllen die Ständer und Litfaßsäulen in bester Goebbels-Manier, „zamanand“ „zammreißen“ im „Zusammenland“ solle man sich, „united by football“! „WIR“ blökt der Hetzmeier per kostenlos verteiltem „Bestseller“ dazwischen.
Aber wer braucht den noch, wo es milliardenschwere regierungsamtliche NGOs und Werbeagenturen gibt, die in diesem „WIR“ und aus diesem „WIR“ heraus ein „Gemeinsam!“ und „Zusammen!“ nach dem anderen ins Land eventen — Hauptsache irgendwas mit „zusam“ und „gemeinsammen“ oder umgekehrt, und gegen die „anderen“, die unbedingt abgespalten werden müssen, damit sie „UNS“ nicht „spalten“. Und immer soll er „aufstehen“, der deutsche Vorgartenzwerg, aufmarschieren und mitmarschieren, zusam und gemeinsammen gegen den Volksfeind, den Querkopf, der nicht mitmachen will, der die Herrschenden kritisiert, womöglich gegen Krieg, Zwang, Ausbeutung und Verblödung aufbegehrt und deswegen neuerdings nicht mehr „Anarchist“ oder „Rebell“ oder „linksradikales Gammlerpack“ ist, sondern „rechts“ — das also, was früher Franz Josef Strauß war, als er gegen die Linksradikalen anbrüllte und sie „rotlackierte Faschisten“ nannte.
Da soll sich noch einer auskennen! Da kann man sich nicht mehr auskennen bei so viel absichtlich herbeigeführter Verwirrung, bei so viel Angst auch vor „Corona“, vor Viren, Pandemien, Klimakatastrophen, dem je nachdem mal überschwappenden, mal austrocknenden Gardasee und der brennenden Erde, vor islamistischen Messerstechern, dem bösen Russen, dem fiesen Chinesen und den volkszersetzenden Querdenkern; es ist ein einziges Elend oder, um Bert Brecht zu ironisieren: „Furcht und Elend des Vierten Reichs“.
Weil der Mensch aber im Grunde seines Herzens (so er noch eines hat) ein soziales Wesen ist und die blöde Lüge von Maggie Thatcher, so etwas wie Gesellschaft gebe es gar nicht, zwar glaubt, weil er muss, aber doch irgendwo im Bauch fühlt, dass das nicht stimmt, und weil er ganz allein noch viel mehr Angst hat und ganz allein auch Querdenker, Migranten, Nazis, Russen und Verweigerer nicht so richtig hassen kann, lässt er sich halt ein auf den ganzen „Zusammen und gemeinsam“-Schmarrn und läuft mit, wie schon sein Opa oder Urgroßvater mitgelaufen ist, und am Ende landet er in der weltgeschichtlich wohl absurdesten Situation, die es je gegeben hat: Da hordet er sich massenweise vor Großleinwänden zusammen, schlürft warmes Lackbier für sieben Euro die Halbe und feuert in grölenden Chorälen irgendwelche Fußballschauspieler an, die gar nicht da sind, sondern zehn oder tausend Kilometer weiter oder auch mal im Stadion nebenan ihren lukrativen Beruf ausüben.
Es ist zum Haareausraufen, und mein Urgroßvater hätte wohl schon beim Anblick des Bierpreises den ganzen Laden zusammen(!)geschlagen, angesichts dieser Höchstform von ferngesteuerter Totaldummheit, jedoch sicherlich kapituliert und an der Menschheit verzweifelt.
Und das alles nur, weil es keine Wirtshäuser mehr gibt, in denen man mal ungestört über den Irrsinn sinnieren, diskutieren, spekulieren, ihn jedenfalls zerlegen und zerrupfen und mit Argumenten als das entlarven könnte, was er ist: ein Irrsinn eben.
Wahrscheinlich lässt sich so auch die suizidale Kriegsbegeisterung erklären, die derzeit oberhalb des Subproletariats grassiert wie eine kollektive Nervenlähmung nach einem Giftgasangriff: Der bessere Deutsche meint, auch der Krieg gegen den Russen lasse sich mit Avataren auf Großleinwänden ausfechten, im zusammengemeinsamen „Public Fighting“ oder so, und bluten und sich den Schädel oder andere Organe und Gliedmaßen wegsprengen lassen müssten ja bloß die Figuren auf dem Bildschirm, während er noch eine „Spritz“-Dose aufreißt und sich sagenhaft europäisch und solidarisch wähnt. Und irgendwann wird es plötzlich ganz hell, und danach kann sich der deutsche Mitläufer nicht mehr fragen, was das jetzt war, weil er nur noch als Schatten auf einem Betonrest existiert, wie man ihn aus Hiroshima und Nagasaki kennt.
Und das alles — wie gesagt — nur, weil er sich seine Wirtshäuser und Kneipen, seine Spelunken und Stüberl und Brettln und griechischen Krachgesangsküchen und türkischen Teehäuser, seine Lokale, Beizen und Beisln, seine Stammtische und Stammtischbrüder, seinen Untergrund und Nährboden wegnehmen hat lassen mit dem blöden Versprechen, all das brauche es nicht mehr, es sei sowieso ungesund, möglicherweise gar „rechts“ und mindere die Kriegstüchtigkeit; die Regierung sei jetzt wohlmeinend und menschenfreundlich und führe nur Gutes im Schilde, der auch nicht mehr der Schild sei, sondern das Schild, auf dem die aktuellen Verhaltensmaßregeln zum Wohle der Volksgemeinschaft und zur Abwehr von Schädlingen, Zersetzern und Feinden kundgetan werden. Das Wirtshaus als letzte Zuflucht der Mündigkeit des Bürgers — ruiniert, pleite, geschlossen und vergessen.
Man mag da eine weitgespannte Verschwörung wittern — schließlich begann die Umgestaltung der ehemaligen Szenen und Milieus zu konsumistisch entschärften „Erlebnisstätten“ schon Mitte der Achtziger, als die ersten Gentrifizierer ihren Krieg gegen Musikclubs, Kellertheater und Kabarettbühnen aufnahmen, von denen heute tatsächlich so gut wie absolut nichts mehr übrig ist — und wo in rudimentärer Form doch, zeigt man sich brav und unterwürfig, dreht um zehn das Mikro zu und gestaltet die Programme gehorsam dem Jugendschutz, der rassistischen Kriegsideologie und den aktuellen Seuchensanktionen entsprechend. Wer da noch etwas in sich rebellieren spürt, hat höchstens die Wurst oder den Kräuterlikör nicht vertragen.
Nur für die Jüngeren gibt es noch so etwas wie eine nennenswerte „Non-food“-Gastronomie: ein paar charakter- und gesichtslose Massenvernichtungsläden mit teilweise sogar noch klangvollen Namen aus der verwehten Vergangenheit, wo man sich zu dröhnender Spotify-Beschallung rückhaltlos zuschüttet und das nur noch zum Speichern von Sportergebnissen dienliche Resthirn überschwemmt, um hinterher draußen den üblichen After-fun-Salat aus Scherben und Kotze anzurichten.
Dass diese Generation widerstandslos der „Corona“-Lüge auf den Leim ging, sich andererseits für allmächtig genug hält, um mit Klebstoff und technischem Brimborium die Welt und ihr Klima zu steuern wie eine Modelleisenbahn, eine Aufwärmung des damals schon angesäuerten bunthaarigen Grunge-Punk-Karnevals der Neunziger als irgendwas mit Geschlecht missversteht und nicht davor zurückschreckt, der eigenen Abschlachtung im Krieg gegen Russland gleichgültig bis „kriegstüchtig“ entgegenzusehen, wundert einen nur noch ein bisschen.
Man mag das vorläufige Ende dieser Verschwörung in der gezielten Zerstörung der Gastronomie im Zuge der „Corona“-Kampagne sehen, als zuallererst eben die Kneipen zugesperrt wurden (oder seien wir ehrlich: freiwillig zusperrten), als mit allen möglichen Verboten, einem absurden Hygieneregime sowie kriminellen 2G/1G/3G/2Gplus-Ausgrenzungen alles ruiniert wurde, was nicht durch die Finanzkraft von Kettenkonzernen abgesichert war oder sich bedingungslos der akkordartigen Remmidemmi-Touri-Abfertigung anonymer Kundenhorden widmete. Das Ergebnis ist so oder so deprimierend: Im Umkreis von kaum dreihundert Metern um meine Wohnung wurden in den letzten Jahren mindestens sechs Kneipen in Büros und ähnliches verwandelt und sind somit für immer verschwunden; mindestens drei weitere stehen dauerhaft leer und dienen so wenigstens noch als traurige Denkmäler der Beseitigung einer Sub- und Gegenkultur, für die es im eskalierenden Totalitarismus keinen Platz mehr geben darf.
Mit einem gesunden Wirtshaus- und Spelunkenbiotop, meine ich, wäre es kaum vorstellbar, dass eine ultrarechtsextreme Regierung, in der mindestens die Innen-, Außen-, Kriegs- und Wirtschaftsminister so komplett besessen sind von wahnhaften Verschwörungsphantasien, dass man ihnen schon aus Mitgefühl eine Einweisung in geschlossene Anstalten wünscht, dass eine solche Bande von gemeingefährlichen Witzfiguren in hemmungslosem Größenwahn alles unternimmt, um so schnell wie nur möglich Faschismus, Krieg und den Untergang mindestens eines halben Kontinents heraufzubeschwören.
Man mag das — wie gesagt — als Verschwörung deuten: Wer eine Gesamtbevölkerung auf Krieg trimmen, jeglichen Widerstand, jede Verweigerung, jeden auch nur vorsichtig kritischen Gedanken im Keim ersticken will, der muss zuallererst die Wirtshäuser schließen und schleifen. Wer den aufgestachelten Unmut und den herbeigehetzten Hass der Menschen auf den Feind projizieren will, muss andere Ventile verstopfen und selbstverständlich verhindern, dass sich der Zorn der Menschen gegen die Verursacher des Unheils richtet, die immer die eigenen Herrscher sind.
Aber wer glaubt seit dem Ende der kritischen Geschichtswissenschaft, seit „Corona“, Klima und dem ganzen Quatsch schon noch an Verschwörungen? Stadtverwaltung, Staatsträger und Immobilienbranche führen doch bestimmt nur Gutes im Sinn: dass es uns Untertanen gut geht, dass wir sicher und ungestört arbeiten, konsumieren und ruhig schlafen können, ohne Belästigungen durch dröhnende Phantasten, Anarchisten, Umstürzler und Wehrkraftzersetzer, wunsch- und anspruchslos im besten Deutschland aller Zeiten, dessen Herrscher wissen, was wir brauchen, um weiterhin geregelt und zuverlässig zu erbringen, was sie brauchen: Leistung und Gehorsam. Gute Nacht, liebe Volksgenossen.