Intensivpatient Demokratie

Im Rubikon-Exklusivinterview erläutern der Jurist Alexander Christ und der Publizist Matthias Burchardt, wie die Demokratie und der Rechtsstaat präventiv außer Kraft gesetzt werden.

„Das Gesundheitssystem darf nicht überlastet werden!“, lautet das Mantra, mit welchem die „vorübergehend-dauerhafte“ Beurlaubung von Demokratie und Rechtsstaat legitimiert wird. Am lautesten tragen das Mantra ausgerechnet jene vor, die das Gesundheitssystem schon lange vor Corona an seine Belastungsgrenzen gebracht haben. Im Zentrum der hypothetischen Annahme, das Gesundheitssystem wäre bald überlastet, stehen die Intensivbetten. Diese würden immer knapper werden. Doch der kürzlich erschienene Spiegel-Bestseller „Die Intensiv-Mafia“ wirft einen genaueren Blick auf die Zahlen und Statistiken und enthüllt, dass sich die Belegungszahl seit Anfang der „Pandemie“ auf einem konstanten Niveau hielt, während immer mehr Betten abgebaut wurden. Mehr noch: Die neuesten Bestimmungen des Gesetzgebers lieferten sogar Anreize, bestimmte Belastungsgrenzen zu überschreiten beziehungsweise Reservekapazitäten zu unterschreiten. Selbsterklärend entsteht dadurch der Eindruck, dass die gefürchtete Triage immer näher kommt. Äußerst kritisch wird die ganze Sache, wenn mit dieser offensichtlich künstlich herbeigeführten Knappheit der Demokratieabbau legitimiert werden soll.

Um die Demokratie in Deutschland ist es 2022 wahrlich nicht gut bestellt. Sie leidet unter multiplem Organversagen. Manche Organe schließen sich zu einem nie vorhergesehenen Organ zusammen — Ministerpräsidentenkonferenz — oder versagen komplett in ihrer Aufgabe. Ein mustergültiges Beispiel ist die Hörigkeit der Gerichte unterschiedlichster Instanzen gegenüber den Verlautbarungen des Robert Koch-Instituts (RKI), welches nicht anderes als eine Bundesbehörde und damit Teil der Exekutive ist.

Wenn nun die Gewaltenteilung über weite Strecken ausfällt und die Rechtsauslegung auf den Kopf gestellt wird, dann zeigt das demokratische EKG nur noch einen sehr schwachen Puls. Denn nun können bürgerliche Grund- und Freiheitsrechte auf „Grundlage“ einer vage vermuteten Gefahr eingeschränkt werden. Ganz besonders pikant, wenn die Gefahr auch noch künstlich herbeigeredet wurde und wird.

Datenanalyst Tom Lausen und Publizist Walter van Rossum veröffentlichten vor kurzem ihr im Rubikon-Verlag erschienenes Buch „Die Intensiv-Mafia“. Mit diesem erklommen sie trotz Amazon-Sabotage nicht nur die Spiegel-Bestseller-Liste. Sie zogen damit auch dem Schreckgespenst der Intensivbetten-Knappheit das weiße Bettlacken vom Leib und entlarvten es als einen Mythos. Ein Mythos, der aus unlauteren Statistik-Tricksereien erwachsen ist.

Eingebettet ist ihr Meisterwerk in ein Vorwort des Juristen Alexander Christ und ein Nachwort des Bildungsphilosophen Matthias Burchardt. Diese ordnen die Daten- und Statistik-Dechiffrierung in einen juristischen sowie philosophischen Kontext ein. Inwieweit ist ein sich lange bewährtes Rechtsverständnis erodiert, wenn Freiheitsrechte zur Abwehr einer angenommenen Gefahr einkassiert werden? Welchen Wahrheitsgehalt und welches Irreführungspotenzial besitzen Worte, Bilder und Zahlen? Und wohin bewegen wir uns, wenn sich Entscheidungsträger mehr um Zahlen, denn um Menschen „sorgen“? Über diese und weitere Themen sprach Jens Lehrich mit Alexander Christ und Matthias Burchardt.


Alexander Christ und Matthias Burchardt im Gespräch mit Jens Lehrich


Hier können Sie das Buch bestellen: als Taschenbuch, E-Book oder Hörbuch.


Zitate aus dem Buch:

„Das Zentralargument für die Politik der Lockdowns, die Überlastung des Gesundheitssystems und insbesondere die Überlastung der Intensivstationen, beruht auf komplett invaliden Zahlen. Laut Bundesrechnungshof ist das Gesundheitsministerium bis heute nicht in der Lage, die Zahl der tatsächlich aufgestellten Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit verlässlich zu beziffern.“ — Walter van Rossum

„Wie ist es möglich, dass der Gesamtbestand der unmittelbar zur Verfügung stehenden Intensivbetten von etwa 34.000 im Mai letzten Jahres zwölf Monate später auf unter 24.000 sinkt – und das bei angestimmten Triage-Gesängen?“ — Walter van Rossum

„Die Regierung hat zwar mit vielen Milliarden die Krankenhäuser unterstützt, aber von Plänen für die Aufstockung des Intensivpflegepersonals ist mir nichts bekannt, geschweige denn von konkreten Plänen für eine angemessenere Bezahlung. Stattdessen hat man fast das ganze Land wegen eines angeblichen Notstands, dessen Schein man mutwillig herbeigeführt hat, in kollektive Quarantäne gesteckt.“ — Walter van Rossum

„Es ist nicht auszuschließen, dass große Teile der Notfallreserve nur auf dem Papier bestehen, ein Rangierbahnhof, auf dem Tausende Betten einerseits ins Nebelgebiet der Krankenhausfinanzierung verschoben wurden, andererseits der reale Bettenabbau kaschiert werden konnte.“ — Walter van Rossum

„Die Regierung hat niemals auch nur ansatzweise angenommen, das Gesundheitssystem könne durch einen exponentiellen Anstieg von COVID-19-Patienten überfordert werden.“ — Tom Lausen

„Wer in einer Pandemie eine hohe Krankenhausauslastung befürchtet, finanziert nicht den Mangel an Betten, sondern setzt Anreize für eine Erhöhung der Versorgungsmöglichkeiten.“ — Tom Lausen

„Ob die Beantragungen und Inanspruchnahmen von Bonus- und Ausgleichszahlungen seitens der Krankenhausbetreiber strafbar gewesen sein könnten, wird die Geschichte zeigen.“ — Tom Lausen

„Das RKI und DIVI e.V. weigern sich, wichtige amtlich erhobene Daten, die keinerlei Patientenbezug haben, zeitnah oder überhaupt der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Es wird empfohlen, diese Verweigerungshaltung zu überwinden, damit mehr Menschenleben gerettet werden können.“ — Tom Lausen

„In diesem Buch wird detailliert nachgewiesen, dass zu keinem Zeitpunkt der Pandemie die stationäre Versorgung insgesamt einen kritischen Punkt erreicht hat. Hingegen hat die Politik spätestens seit Ende 2020 durch verschiedene Maßnahmen dafür gesorgt, dass der Eindruck entstehen konnte, insbesondere die intensivmedizinische Versorgung stehe vor dem Kollaps.“ — Alexander Christ

„Alle an diesem ungeheuerlichen Betrug Beteiligten werden sich vor den Bürgern und letztlich auch vor sich selbst zu einem späteren Zeitpunkt zu verantworten haben. Möglicherweise werden sie sich wegen etwaiger Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch vor einem Gericht zu verantworten haben.“ — Alexander Christ

„Mittels einer Werteverschiebung in der Betrachtung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit vollzieht sich ein politischer Programmwechsel. Auf diese Weise lassen sich seit 2020 elegant und locker Freiheitseinschränkungen jedweder Art beliebig rechtfertigen, denn: umso schlimmer die angekündigte mögliche Folge, umso niedriger die Schranke für Eingriffe und Beschränkungen. Es leuchtet ein, dass Grund-Rechte vor dem Hintergrund dieser Sichtweise nur noch als ‚Privilegien‘ angesehen werden.“ — Alexander Christ

„Das hohe Maß an Ungewissheit dient den Gerichten in einer spektakulären Verdrehung aller denklogischen Grundsätze geradezu als Legitimation für die Richtigkeit der Annahme des ‚Worst Case‘-Szenarios.“ — Alexander Christ

„Ist es nicht zynisch, wenn sich führende Politiker ‚Sorgen machen‘ wegen der ‚steigenden Zahlen‘? Wie wäre es, wenn sie sich zur Abwechslung mal um Menschen sorgen würden?“ — Matthias Burchardt

„Nicht die Zahl selbst oder der Versuch, die Welt zahlenförmig zu beschreiben, sind verwerflich, wohl aber die Verschleierung von Interessen und Ideologien durch das Gewand der Zahlen und die Transformation des Staates zur Rechen-, Kontroll- und Regelmaschine, dann nämlich braucht die Demokratie selbst ein Intensivbett.“ — Matthias Burchardt

„Der Vergleich der COVID-19-Risiken mit den Todeszahlen von anderen Erkrankungen (Grippe) oder Kulturphänomenen (Abtreibung, Hunger), der Hinweis auf ausgebliebene Übersterblichkeiten, die Öffnung der Perspektive durch internationale Vergleiche (Schweden, Thailand), all das blieb politisch weitgehend wirkungslos. Warum? Weil es die Macht ist, welche den Zahlen Relevanz verleiht und die Realität damit zum Verschwinden bringen kann.“ — Matthias Burchardt

„In der Summe zeigt sich, dass Sprache, Bild und Zahl trotz ihrer Verschiedenheit gleichermaßen politisch ausbeutbar sind. Auf der einen Seite fungieren Sie als Denk- und Darstellungsmittel im Sinne der Aufklärung, auf der anderen geraten sie als Herrschaftsmittel zu Instrumenten der weichen Lenkung und kommunikativen Unterwerfung von freien Bürgern durch Propaganda.“ — Matthias Burchardt