In die Heilung kommen
Gesundheit ist nicht nur das Gegenteil von Krankheit, sondern eine Art zu leben.
Wie geht Heilung? Oft beschränken wir uns darauf, regelmäßig zur Vorsorge zu gehen, im Problemfall Spezialisten aufzusuchen, Nahrungsergänzungsmittel zu uns zu nehmen oder Sport zu treiben. Doch Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Symptomen. Sie betrifft unser gesamtes Sein — und damit auch unsere Umgebung und das, womit wir in Kontakt sind. Wenn ein Teil in die Heilung kommt, so hat das Auswirkungen auf das Ganze. Eine Ermutigung, sich auf den Weg zu machen.
Wir kennen sie alle: die Geschichten von Menschen, die bis ins hohe Alter trinken oder rauchen — oder beides — und dabei kerngesund sind, und von denjenigen, die nach einem Leben voller Sport und gesunder Ernährung bereits vor der Rente das Zeitliche segnen. Die Besten holt das Leben zuerst, sagt der Volksmund. Offensichtlich gibt es keine Garantie für ein längeres Leben. Es gibt Mönche, die sich fast ausschließlich von Kichererbsen ernähren und dabei in Topform sind, während die wohlgenährten Menschen in den Industrienationen eine chronische Erkrankung nach der anderen entwickeln.
In den USA — und somit sicher auch bald bei uns — gibt es heute bereits mehr Menschen, die an schlechter Ernährung sterben als am Rauchen (1). So können wir uns einmal ganz frei machen und uns die Frage erlauben, was eigentlich wirklich unsere Gesundheit ausmacht. Hier begeben wir uns auf rutschiges Terrain. Das einzig Sichere ist: Wir werden sterben. Früher oder später ist es für jeden von uns so weit. Auch wenn wir die Mittel haben, uns nach unserem Tod — beziehungsweise während des Sterbeprozesses — in flüssigem Stickstoff einfrieren zu lassen, sind unsere Tage gezählt.
Eine Frage der Haltung
Die Bestsellerautorin Anita Moorjani zeugt davon, wie sie trotz einer peniblen Gesundheitsvorsorge und der gewissenhaften Einnahme von allen möglichen Nahrungsergänzungsmitteln und Vitaminpräparaten dennoch Krebs bekommen hat (2). In einer aktuellen Ausgabe des belgischen Gesundheitsmagazins Néosanté schreibt der Herausgeber Yves Rasir von seinem Onkel Ludwig, der, nachdem er lange geraucht hat, 150 Kilo wog, alles aß, was die Ernährungslehre verbietet, hektoliterweise zuckerhaltige Limonaden trank, sich den ganzen Tag vor dem Fernseher räkelte und keinen Sport trieb, im hohen Alter von 79 Jahren verschied (3).
Onkel Ludwig war unverheiratet, kinderlos und geizte mit sozialen Kontakten. Nach einer von Rückschlägen geprägten Karriere war er komplett ruiniert und beendete seinen Aufenthalt auf der Erde in größter Bescheidenheit. Dennoch hatte er bis zu seinem Tod keine größeren gesundheitlichen Probleme. Er war kein Diabetiker, sein Blutdruck lag im Normbereich, sein Cholesterinspiegel war unter Kontrolle und seine medizinischen Tests waren stets beruhigend. Der unverbesserliche Genießer war eine ständige Beleidigung für die Gebote des gesunden Lebens. Dennoch schrammte er an der durchschnittlichen Lebenserwartung von 80,2 Jahren für Männer in Belgien nur knapp vorbei.
Die Macht der Gefühle
Offensichtlich hat Gesundheit etwas mit unserer inneren Haltung zu den Lebensereignissen zu tun. Onkel Ludwig war trotz einiger Schicksalsschläge mit seinem Leben zufrieden. Er bereute nichts von dem, was ihm widerfahren war. Zum Glück.
Denn das Grübeln über Vergangenes, so Yves Rasir, ist der beste Weg, die Gesundheit zu verlieren. Wer gleichzeitig nicht in die Zukunft blickt, der torpediert geradezu seine Chancen auf Heilung.
Für Jean-Philippe Brébion, Mitarbeiter der Zeitschrift Néosanté, bedeutet Heilen, kein anderes Leben zu wollen als das, was man gelebt hat. Wer das tut, befreit sich von der krankmachenden Schuld, die sich hinter jeder Somatisierung verbirgt — und die es letztlich immer zu finden und zu entschlüsseln gilt. Ab dem Moment wird die Heilung eingeleitet, in dem man sich nicht mehr für etwas schuldig fühlt, das ohnehin nicht mehr geändert werden kann, da es der Vergangenheit angehört.
Auch wenn die industrielle und profitausgerichtete Medizin ihre Bedeutung immer wieder herunterspielt: Gefühle können krank oder gesund machen. Ein unverarbeiteter emotionaler Schock kann töten. Nach den fünf biologischen Naturgesetzen des „umstrittenen“ Arztes Ryke Geerd Hamer sind jedoch nicht die Gefühle an sich das Pathogene, sondern die Art und Weise, wie sie durchlebt werden. Weisen wir das Gefühlte von uns oder akzeptieren und integrieren wir es? Welche Krankheiten wir entwickeln, hängt davon ab, in welcher Weise wir uns zu unseren Gefühlen stellen.
Integration des Kranken
Für die Traumatherapeutin Verena König hängt Heilung von den Verbindungen ab, die wir eingehen (4). Heilen ist mehr als das Herstellen von Gesundheit und die Freiheit von Symptomen. Es ist ein komplexer und tiefer Prozess des Anerkennens und Loslassens, der Selbstliebe und Selbstermächtigung — und dem Wiederherstellen einer tiefen Verbundenheit mit uns selbst, mit einem Raum in unserem Inneren, in dem wir unversehrt sind.
Der Weg der Heilung, der unser ganzes Wesen betrifft, ist ein Weg zurück zu etwas Ursprünglichem in uns. Es ist ein Prozess der Integration.
Etwas in uns wurde einmal so schwer verletzt, dass es sich abgespalten hat. Um den Gesamtorganismus zu schützen und um weiterleben zu können, hat es sich gewissermaßen verkapselt und ist im Unterbewussten verschwunden. Von hier aus wirkt es auf unser Leben und unsere Gesundheit.
Heilen bedeutet, sich für das zu öffnen, was wir aus unserem Bewusstsein verdrängt haben. Hierfür braucht es Geduld und Vertrauen. Drängen wir uns nicht. Machen wir uns keine Vorwürfe, wenn das Resultat auf sich warten lässt. Geben wir uns dem Prozess hin, der von der eigenen tiefen inneren Weisheit begleitet wird. Hören wir uns zu und entdecken wir Teile von uns, die uns bisher unbekannt waren. In diesem Zuhören, im Anerkennen dessen, was ist, kann sich der Heilprozess vollziehen.
Verborgene Wurzeln
Auch die Schmerztherapeutin Gunhild Wodni spricht von der Wichtigkeit der Verbindung und der Vermeidung jeder Art von Forderungen oder Erwartungen (5). Der Weg der Heilung vollzieht sich jenseits unserer Kontrolle und ist für sie weiblich geprägt. Nicht mit Gewalt oder Überheblichkeit wird an das Problem herangegangen, sondern mit Fürsorge und Akzeptanz. Erst das Annehmen des Problems stößt den Heilprozess an. Ja, so ist es. So habe ich es erlebt. Das ist die aktuelle Situation. Ob psychisch, physisch oder seelisch: Aus diesem Anerkennen heraus kann sich etwas verändern.
Wer heilen will, muss an einen Satz heran, den sich viele von uns wie ein tröstliches Wiegenlied vorsingen: Ich hatte eine glückliche Kindheit. Ein Kind tut alles dafür, von den Eltern geliebt und anerkannt zu werden. Ohne die Zuneigung der Erwachsenen kann es nicht leben. Bekommt es nicht genug Liebe, glaubt es, einen Fehler gemacht zu haben und am Verhalten der Erwachsenen schuld zu sein. Auf jede nur erdenkliche Weise wird es versuchen, maximale Zuneigung zu bekommen, auch wenn der Preis dafür die eigene Integrität ist.
Im Erwachsenenalter merken wir oft nicht mehr, wie sehr wir uns für die Liebe der Eltern verdreht haben. Viele Ge-Schichten haben wir um uns herum gebaut, die wir wie Mantras wiederholen: Mama und Papa hatten mich doch lieb.
So unerträglich ist der Gedanke, von den Eltern nicht oder nicht genug geliebt worden zu sein, dass wir, so der Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz, bereit sind, dafür Kriege zu riskieren. Wenn die Bomben fallen und wir alles verlieren, spüren wir die Verletzungen der Kindheit nicht mehr. Mama kann die Gute bleiben und Papa der Starke (6).
Fatale Glaubenssätze
So ist Heilung weit mehr als ein individueller Prozess. Es geht um uns als Gemeinschaft. Heilung, so habe auch ich es während meiner Krebserkrankung erfahren, betrifft nicht nur den Einzelnen, sondern das Kollektiv. Jeder von uns, der sich auf den Weg macht, sich um die eigenen Wunden und Verletzungen zu kümmern, tut damit der Gemeinschaft einen Gefallen. Achten wir auf eine gesunde und ausgeglichene Ernährung, bewegen wir uns in der freien Natur, versuchen wir, Giftstoffe zu vermeiden — doch seien wir uns gewiss, dass unsere Gesundheit nicht allein davon abhängt.
Nach meiner Erfahrung sind es vor allem die tief verankerten und oft unbewusst ablaufenden Glaubenssätze, an die wir heranmüssen. Ich bin es nicht wert. Das schaffe ich nicht. Ich muss mich beeilen. Ich muss perfekt sein. Ich gehöre nicht dazu. Ich darf keine Umstände machen. Ich bin schuld. Ich muss es allen recht machen. Ich bin vom Pech verfolgt. Ich darf nicht um Hilfe bitten. Ich darf keine Fehler machen. Meine Gefühle und Wahrnehmungen sind falsch. Ich werde nur geliebt, wenn ich etwas leiste (7).
Hier liegen die Wurzeln des Übels. Hier frisst und nagt es an uns, so sehr, dass der Körper an bestimmten Stellen Masse auf- oder abbaut oder den Rhythmus verlangsamt oder beschleunigt. Es ist die Vorstellung von einem Zuviel oder Nicht-Genug, die uns krank macht. Wer hingegen wie Onkel Ludwig zu sich selber und seinen Fehlern steht und dabei — wenn auch beleibt — in seiner Mitte ist, der hat das Zeug dazu, alt zu werden.
Wer sucht, der findet
Ich kann nicht. Wer sagt das? Im Erwachsenenalter kann uns niemand mehr etwas vorschreiben. Niemand kann einem bewussten Menschen seinen Willen aufzwingen. Wer das glaubt, der weiß, dass er noch Bewusstseinsarbeit vor sich hat. Die negativen Leitsätze sind in uns — und damit dort, wo wir sie aufheben können.
Außerhalb von uns sind wir machtlos. Doch in uns sind wir Könige im eigenen Reich, die darüber bestimmen, welche Informationen in uns unterwegs sind.
Um die alten Glaubenssätze durch neue zu ersetzen, müssen wir uns zunächst der alten bewusstwerden. Das ist eigentlich ganz einfach. Wir müssen uns nur unser Leben anschauen. Haben wir das, das wir uns wünschen? Leben wir mit Menschen zusammen, die uns guttun? Leben wir im Mangel oder im Überfluss? Sind wir im Vertrauen? Sind wir glücklich? Sind wir gesund? Wenn nicht: Wunderbar. Denn dann wissen wir, wo es langgeht und was wir zu tun haben.
Wo ist etwas zu schnell oder zu langsam? Wo bildet sich oder fehlt Masse? Wo ist etwas brüchig oder verspannt geworden? Unser Körper zeigt uns ganz genau, wo es etwas zu lösen gibt. Mithilfe energetischer Heilmethoden wie der chinesischen und indischen Medizin oder dem biologischen Dekodieren und der integrativen Medizin können wir regelrecht in unserem Organismus lesen und an die alten Programmierungen herangehen. Auch wenn die industrielle Medizin sie massiv unterdrückt: Es mangelt nicht an Heilmethoden, die sich nicht nur auf das kranke Körperteil stürzen und dabei das Wesentliche außer Acht lassen, sondern die den ganzen Menschen im Blick haben.
Wer sich für Lösungen öffnet, dem werden sie begegnen. Dieses Öffnen ist nicht mit Gewalt herbeizuführen. Es wird sich vollziehen, wenn der Betroffene bereit dafür ist. Hierfür müssen wir nicht warten, bis der Leidensdruck so groß wird, dass wir überhaupt nicht mehr weiterkönnen. Wir müssen nicht erst ganz unten sein, um wieder nach oben zu kommen. Wir können direkt jetzt damit anfangen, uns um unsere Gesundheit und unser Lebensglück zu kümmern und ganz nebenbei die Welt zu heilen.