In bedenklicher Verfassung
In der Plandemie kann man bei der Verteidigung von Grundrechten auf das oberste deutsche Gericht nicht zählen.
Von 880 Verfahren, die 2020 beim Bundesverfassungsgericht eingingen und die sich gegen die mutmaßlich grundgesetzwidrigen Corona-Maßnahmen der Bundesregierung richteten, gaben die Karlsruher Verfassungsrichter genau 3 — in Worten: drei! — Anträgen statt. Das höchste deutsche Gericht legte vor wenigen Tagen seine Jahresstatistik für 2020 vor. Und die sollte Demokraten, aber auch Menschen, die auf ihre verfassungsmäßigen Grundrechte noch Wert legen, gleichermaßen beunruhigen. Beim Versuch, das Phänomen eines offenbar an den Bürgerrechten uninteressierten Bundesverfassungsgerichts zu erklären, stößt man immer wieder auf einen Namen: Stephan Harbarth. Der ist ein im wahrsten Sinne des Wortes parteiischer Richter.
Schon mal von Stephan Harbarth gehört? Harbarth war Bundestagsabgeordneter der CDU. Als solcher also ein im wahrsten Sinne des Wortes „parteiischer“ Bürger. Seit Frühjahr 2020 ist Harbarth Chef des Bundesverfassungsgerichts und damit oberster Richter der Bundesrepublik Deutschland. Also seit dem Inkrafttreten der — zumindest verfassungsrechtlich fragwürdigen — Corona-Maßnahmen der deutschen Regierung.
Den Posten bekam er nicht zufällig. Selbst der deutsche Mainstream bezeichnete Harbarth frei raus als „Merkels Mann für Karlsruhe“. Angela Merkel machte sich persönlich dafür stark, das völlig unabhängige und objektive „Pöstchen“ in Karlsruhe an einen Vasallen zu vergeben. Merkels Mann war nämlich nicht irgendwer, sondern stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU im Bundestag. So viel zum Thema Gewaltentrennung, Kids!
Stephan Harbarth saß zuvor noch als CDUler im Bundestag, kommt aus Schriesheim, also Heidelberg, ist Honorarprofessor an der Uni Heidelberg und: Stephan Harbarth demonstriert uns allen ganz wunderbar, was in diesem Land faulig riecht.
Harbarth verdiente — während er den CDU-Volksvertreter im Bundestag gab — neben seinen horrenden Diäten Nebeneinkünfte in der Stufe 10. Wozu auch immer ein Bundestagsabgeordneter mit Bezügen in Höhe von 10.000 Euro monatlich plus Spesen Nebeneinkünfte benötigt — oder vielmehr wann auch immer er diese erwirtschaftet. Denn in meiner bescheidenen Gedankenwelt ist Bundestagsabgeordneter ja eigentlich ein Fulltimejob. Und deswegen wird dieser auch bestens bezahlt: um in der Gänze seiner Arbeitszeit als Volksvertreter genau das zu tun, nämlich das Volk zu vertreten.
Wer also 8, 9, 10 Stunden am Tag gut bezahlter Parlamentarier ist — der macht noch mal was genau, um Millionen nebenher zu verdienen? Nachtschichten? Es soll ja Leute geben, die genau deswegen diese „Nebeneinkünfte“ eher als Schmiergeld und Korruption betiteln würden. Ich lasse das im Interesse der ohnehin gefährdeten fortlaufenden Existenz meiner Facebookpage mal offen.
Nun werden besagte Nebeneinkünfte von „Volksvertretern“ in Stufen eingeteilt. Ihr ratet richtig: Die erwähnte „Stufe 10“ ist die höchste Nebenverdienststufe von Abgeordneten, die alle Nebeneinkünfte über eine Viertelmillion Euro beinhaltet. Die Welt schätzte schon im Jahr 2015 die Nebeneinkünfte von Harbarth auf über 650.000 Euro jährlich, zuzüglich 120.000 Euro Diäten selbstverständlich. Die Aussage von „Nebeneinkünfte Stufe 10“ ist quasi alles, was astronomisch und nicht mehr zählbar ist.
Stephan Harbarth hat also während seiner Zeit als gewählter Bundestagsabgeordneter durchaus Millionen nebenher erwirtschaftet. Womit? Nun, ein Beispiel: Seit 2000 ist Harbarth als wirtschaftsrechtlich beratender Anwalt in Mannheim tätig. Von 2006 bis 2008 war er Partner der internationalen Anwaltssozietät Shearman & Sterling. Ab Mai 2008 wurde er Vorstandsmitglied der Schilling, Zutt & Anschütz Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, kurz SZA. Harbarth war in seiner Funktion als Mitglied des Bundestagsausschusses für Recht und Verbraucherschutz an der offenen Aufarbeitung des VW-Dieselabgasskandals beteiligt. Gleichzeitig beauftragte niemand Geringeres als die Volkswagen AG seine Firma, also die genannte SZA, den VW-Konzern im Abgasskandal zu unterstützen.
Das kam aber erst später raus: Da hatte Harbarth im Bundestag schon für die Absetzung des Tagesordnungspunkts „VW“ gestimmt. Übrigens ohne den Ausschuss darüber zu informieren, dass seine eigene Firma von VW bezahlt wird. Das hatte er sicher schlicht vergessen.
Als CDU-Bundestagsabgeordneter und Multimillionär beschloss Harbarth die unsozialen Hartz-IV-Gesetze mit und war einer ihrer glühendsten Verfechter.
Noch im Sommer 2018 stimmte er im Bundestag für härteste Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger, die Ärmsten der Armen. Ein Millionär machte sich dafür stark, Menschen, die mit wenigen hundert Euro auskommen müssen, noch härter zu drangsalieren.
Im November 2018 wurde Harbarth dann — ohne jegliche Erfahrung als Richter — zum allerhöchsten deutschen Gericht berufen: Der CDUler Stephan Harbarth wurde von der deutschen CDU-Spitze zum Richter des Bundesverfassungsgerichts gemacht. Und nicht nur das: Der gute Mann wurde umgehend auch Vizepräsident des höchsten deutschen Gerichts. Das hat nicht nur „Geschmäckle“, das stinkt zum Himmel.
In dieser neuen Position entschied Stephan Harbarth wenig später darüber, ob die von ihm mit verabschiedeten (!) Hartz-IV-Sanktionen mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar sind. Oh ...
Und, liebe Bildungsbürger, die ihr die Parteizugehörigkeit von Verfassungsrichtern nicht für Befangenheit haltet und nach diesem Artikel naturgemäß auf den „Übertreib doch nicht, alter Verschwörungstheoretiker“-Zug springt — es geht auch wissenschaftlich für euch:
Ein Forscherteam der Universität Mannheim, bestehend aus Politikwissenschaftlern, untersuchte bereits, bevor Harbarth auf seinen Richterstuhl gesetzt wurde, die Befangenheit der Bundesverfassungsrichter. Sie nahmen alle Entscheidungen unter die Lupe und prüften, ob die beteiligten Richter im Sinne der Parteien entschieden, von denen sie nominiert worden waren. Die Forscher analysierten die Entscheidungen aus über 10 Jahren Bundesverfassungsgericht (bis 2018). Das Ergebnis ist ernüchternd, aber logisch: Parteinähe spielt bei den Entscheidungen der Richter — die formal unabhängig agieren sollten — eine essenzielle Rolle.
Reicht noch nicht? Aufgepasst:
Schilling, Zutt & Anschütz— Harbarths letzte Berufsstation — hatte im Jahr 2000 mit Shearman & Sterling fusioniert und für die US-Kanzlei der großen Bosse sozusagen die deutsche Filiale gebildet. Im Mai 2008 machten sich die ehemaligen SZA-Partner wieder unter ihrem alten Kanzleinamen SZA selbstständig — Stephan Harbarth war mittlerweile Partner. Ein Partner ist die höchste erreichbare Stufe einer Anwaltskanzlei, gleichbedeutend mit Geschäftsführer. Spannend ist daran vor allem, dass bei Sherman & Sterling von 1999 bis 2004 auch Hanno Berger arbeitete. Berger gilt als der Erfinder der Cum-Ex-Geschäfte, mit denen der Staat — also wir — um Milliarden betrogen wurde. Gegen Berger wird strafrechtlich ermittelt.
Mit „Cum-Ex“ ergaunerten Superreiche aus ganz Europa Milliarden Euro Steuergeld. Sie betrogen damit uns alle: das Bildungssystem, das Gesundheitssystem, den Umweltschutz, die Forschung, das Sozialsystem und somit hungernde Kinder, Pfandflaschen sammelnde Rentner, alleinerziehende Mütter. Die verbrecherischen Cum-Ex-Geschäfte wurden in Stefan Harbarths Kanzlei möglich gemacht und zur juristischen Reife gebracht.
Seit Beginn der Coronakrise ist der ehemalige CDU-Abgeordnete Stefan Harbarth oberster Richter unseres Landes und entscheidet seitdem in letzter Instanz über die Verfassungsmäßigkeit der von der CDU-Regierung verkündeten Corona-Maßnahmen.
Und für all jene, die aufgrund des Totalausfalls der obersten verfassungsschützenden Institution unter Habarth immer mal wieder gedanklich mit dem berühmt-berüchtigten Artikel 20 Absatz 4 spielen, der da heißt
„Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist“,
hat der oberste deutsche Richter selbstredend die adäquate Antwort parat. Das Grundgesetz räume ein Recht auf Widerstand dann ein, wenn versucht werde, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen und andere Abhilfe nicht möglich wäre, sagte Harbarth im Februar 2021. „Dass dies heute der Fall sein soll, lässt sich nicht ernstlich vertreten.“
Keine weiteren Fragen, Euer Ehren!