Ich wünsche mir die Welt
Auch während der Corona-Epidemie dürfen wir unsere Sehnsüchte und Bedürfnisse nicht aus dem Blick verlieren.
„Normale“ Menschen denken derzeit fast nur über Corona nach und haben Angst — überwiegend vor Ansteckung. Und besondere Menschen, die sich der „alternativen“ Szene zugehörig fühlen? Die denken auch fast nur über Corona nach und haben Angst. Nur dass sich ihre Angst eher auf eine drohende Diktatur und Zwangsimpfung richtet. Sie alle sind in einer Gedankenwelt gefangen, die dem Weg durch einen dunklen Tunnel gleicht. Vor lauter Angsthaben und aufgerieben vom Kampf gegen jene, die über Corona „falsch“ denken, verlieren die meisten aus dem Blick, was sie sich wünschen, wonach sie sich zutiefst sehnen. Kaum einer mehr sieht Licht. Und das ist traurig, denn auch wenn nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen — wer weiß wohin er will, kann beginnen, Schritte in die richtige Richtung zu gehen. Und so lange er noch nicht „dort“ ist, machen Träume und Visionen sein Leben ein bisschen heller.
von Marie-Josephine Schmidt
Sag mal, was wünschst du dir? Was wünschst du dir so sehr von ganzem Herzen, dass dein Gesicht ganz rot und weich wird, wenn du daran denkst? Also ich, ich wünsche mir den Weltfrieden. Ich wünsche mir die Verbundenheit zu anderen Menschen, zu mir selbst und zu der Quelle, die in jedem von uns fließt. Ich wünsche mir so sehr, dass wir Menschen zusammenkommen und uns wahrhaftig ansehen, mit allem was ist.
Und jetzt? Weißt du, was jetzt ist? Jetzt muss ich 1,5 Meter „Sicherheitsabstand“ wahren. Der Abstand, den alle Menschen am liebsten hätten, denn keiner möchte mehr verletzt werden. Keiner darf dir zu nah kommen, am besten auch nicht du selbst.
Und dann stehe ich im Supermarkt an und habe diese Mauer vor mir aufgebaut. Diese Mauer, von der die Regierung will, dass ich sie trage. Diese Mauer nennt sich Maske, oder auch von anderen „VerschwörungstheoretikerInnen“ Maulkorb genannt. Was nützt diese Maske eigentlich? Frag ich mich jeden Tag aufs Neue, wenn eine Verkäuferin mich anmeckert, weil ich sie im Supermarkt abgenommen habe. Mir fehlt die Luft und ich habe Angst. Ich fühle mich wie in einer Apokalypse — aber nur die Kranken dürfen raus. Diese Maske, die wir tagtäglich tragen müssen, symbolisiert so viel. So viel, was die Regierung nur nicht aussprechen will. Weißt du, was diese Maske bezweckt? Spaltung.
Ich bin gespalten von dir, und du bist gespalten von mir. Und auch der Mindestabstand hilft dabei nicht. So sehr, so sehr will ich dich berühren, will die Menschen, die mir wichtig sind, anfassen, umarmen und spüren. Aber das darf ich nicht, die Polizei hat schön öfter Bußgeld verteilt. Ja, vielleicht machen sie das nur in Bayern, dort wo ich wohne, dort wo ich nicht hingehöre.
Und wieder höre ich die Stimme. „Setzen Sie sofort Ihre Maske auf“. Die Maske, die uns alle so sehr spaltet.
Manchmal gehe ich durch die Wälder, durch die Städte, durch die Straßen und lächle einfach nur. Und weißt du warum? Weil das Leben so unglaublich wunderbar sein kann. Dann lache ich wildfremde Menschen an, singe und tanze herum. Aber jetzt, da sieht niemand mein Lächeln mehr, denn es ist hinter dieser kalten, schwachen Mauer versteckt.
Ich muss die älteren Menschen und die chronisch Kranken schützen, haben sie mir gesagt! Aber weißt du, was sie mir nicht gesagt haben: „Bitte geh viel an die frische Luft, das wird deiner Gesundheit helfen“. Oder: „Bitte iss jeden Tag genug Obst und Gemüse, damit du dich fitter fühlst“. Sie haben mir auch nicht gesagt, dass auch Sport und Bewegung zur Gesundheit führen kann.
Aber geht es hier wirklich um Gesundheit? Oder ist das nicht alles ein Machtspiel, das von Menschen gespielt wird, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe?
Und jetzt, jetzt bin ich eine Verschwörungstheoretikerin, denn wer kritisch nachfragt und denkt, ist gefährlich für die Demokratie. Und während ich diese Zeilen schreibe, schmerzt mein Herz so sehr.
Was für eine Welt wünschst du dir?
Ich, aber ich bin nur eine junge, unwissende Studentin, das wird mir jedenfalls von den Medien so suggeriert …
Ich wünsch mir die Welt, sodass ich offen und frei meine Meinung aussprechen darf. Ich wünsch mir, dass kritisches Fragen gefördert wird. Und damit meine ich nicht meine DozentInnen an der Uni, die das Hinterfragen nur so lange unterstützen, bis es ihnen reicht und dann doch zu viel wird.
Ich meine wahrhaftig zu hinterfragen. Was läuft hier eigentlich? In welchem Spiel bin ich gefangen?
Ich wünsch mir die Welt, sodass ich mich besser verstehen kann. Denn nur wenn ich mich verstehe, dann kann ich auch die Angst in dem anderen sehen und verstehen.
Ich wünsche mir Mitgefühl für mich und andere Menschen. Und vor allem für die Menschen, die ich überhaupt nicht verstehen kann. Aber ich will es, will sie wahrhaftig verstehen und ihren Schmerz sehen. Denn eigentlich sind wir alle in dieser Welt gefangen, die uns klein halten will.
Ich wünsche mir Zusammenhalt. Zusammenhalt zwischen Menschen, die sich vorher noch nie begegnet sind, die aus unterschiedlichen Ländern kommen, unterschiedlichen Hautfarben haben und doch eines gemeinsam haben: Wir sind alle Menschen — mit großen Herzen.
Wurdest du schon mal so richtig berührt? So richtig berührt von Worten anderer Menschen?
Ich wünsche mir, dass wir Fehler eingestehen dürfen: dass es nicht um Perfektion geht, dass auch PolitikerInnen lauthals sagen können: „Ich habe einen Fehler gemacht, und diesen Fehler bereue ich.“
Ich wünsche mir Dankbarkeit in der Welt, Dankbarkeit für Mutter Erde und meine Mitmenschen und mich selbst.
Und was ich mir noch wünsche, ist es berührt zu werden und berühren zu dürfen. Denn wie schön ist es, jemanden anzufassen und wahre Verbindung zu spüren.
Und so hast auch du schon mal die Berührung eines Menschen so sehr genossen. So sehr genossen, dass du nicht 1,5 Meter Abstand halten wolltest, obwohl ihr aus einem anderen Haushalt kommt.
Ich wünsche mir Ehrlichkeit. Ehrlichkeit mit den Menschen, mit denen ich agiere, und die, die ich niemals zu Gesicht kriege. Ich will morgens die Zeitung aufmachen und keinen Skandal lesen, sondern ein tolles Event voller Liebe und Frieden verlesen.
Und ich wünsche mir, dass wir uns gegenseitig zuhören, den anderen reden lassen, Raum schaffen. Ich wünsche mir Verständnis und keine Angst.
Aber weißt du, was ich mir doch am meisten wünsche: den Weltfrieden — den Frieden zwischen dir und mir, zwischen Schwarz und Weiß, Journalisten, PolitikerInnen, maskentragenden Menschen und mir selbst: den Frieden und die Liebe in der ganzen Welt.
Der Text ist auch in Videoform vorgetragen genießbar.
Marie-Josephine Schmidt, geboren 1996, ist Pädagogikstudentin. Sie ist wissbegierig, das Leben zu verstehen und dies an andere Menschen weiterzugeben. Durch ihre jahrelangen Aufenthalte im Ausland, wie den USA, Neuseeland, Myanmar und zuletzt in Indien, liegt ihre Begeisterung darin, Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zusammenzubringen und zu einem Miteinander zu inspirieren. Ihr großes Ziel ist es, Menschen emotional zu berühren und Impulse zu geben, nach Innen zu kehren und sich selbst immer wieder kritisch zu hinterfragen und zu reflektieren. Eine ihrer Leitfragen lautet: „Was kann ich heute tun, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen?“ In ihrer Freizeit engagiert sie sich ehrenamtlich als Betreuerin für Menschen mit Behinderung und sieht hierbei noch mehr Potential zur Inklusion.