Historischer Fehlalarm
Wenn wir etwas über den heutigen Umgang mit Covid-19 lernen wollen, empfiehlt es sich, die SARS-Epidemie näher zu betrachten.
Wer erinnert sich noch an die Ansage von Christian Drosten bei einem seiner ersten Corona-Auftritte in der Tagesschau, glücklicherweise handle es sich nicht um einen Influenza-Virus, der sei nämlich viel gefährlicher? Andererseits gut für den Chef der Virologie an der Berliner Charité. Schließlich hatte der sich 2003 als Entdecker des SARS-Coronavirus profiliert und gilt seitdem als Experte für Coronaviren, die sich im Allgemeinen deutlich geringerer virologischer Aufmerksamkeit erfreuen als die Influenzaerreger. Aus verschiedenen Gründen ist es aufschlussreich, an die SARS-Pandemie 2002/03 zu erinnern, die seit Beginn der Corona-Welle als „die erste Pandemie des 21. Jahrhunderts“ durch die Medien geistert. Konsequent unterschlagen wird dabei, dass es sich auch um den ersten pandemischen Fehlalarm des 21. Jahrhunderts gehandelt hat.
Weltweit wurden 8.000 Infizierte festgestellt. Die allermeisten Erkrankten und Toten wurden in China und Hongkong gezählt, dann folgten mit großem Abstand Singapur, Taiwan und Kanada. In Europa starb ein Franzose. Unter allen Infektionskrankheiten, die zur Pandemie hochgestuft wurden, war sie die mit Abstand harmloseste.
Beispielhaft wurde sie allerdings durch die enormen wirtschaftlichen und sozialen Folgekosten. Zu einer „der gefährlichsten Epidemien der letzten Zeit“ wurde sie ausschließlich durch eine bis dahin beispiellose mediale Aufregung. In den USA erkrankten zwar nur 27 Personen an dem Virus, keiner starb, doch die Harvard University ermittelte in einer Studie, dass 93 Prozent der Amerikaner SARS ein Begriff war. Seit SARS nehmen Medien in jedem Pandemieereignis eine zentrale, um nicht zu sagen führende Rolle ein.
Nicht zu vergessen: Epidemiologen und Virologen. Ich zitiere nur das Epidemiologische Bulletin des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Februar 2004:
„Die heutige weltweite enge Vernetzung ermöglichte einerseits die schnelle Ausbreitung des SARS im Jahr 2003, andererseits aber auch die rasche Aufklärung epidemiologischer Zusammenhänge. Der Umgang mit SARS ist ein auf dem Gebiet des Infektionsschutzes bisher einmaliges Beispiel effektiver internationaler Zusammenarbeit. Als Ergebnis der weltweit gemeinsamen Aktivitäten konnte die Krankheit zunächst vollständig zurückgedrängt werden.“
Die „weltweit gemeinsamen Aktivitäten“ entsprachen wahrscheinlich nicht einmal einem Tausendstel der weltweiten Anti-Corona-Aktivitäten 2019/20. Umgekehrt war die Letalität des SARS-1-Virus, das mittlerweile als SARS-CoV-1 bezeichnet wird, fast 100-fach höher als von SARS-CoV-2 — 10 Prozent der Infizierten starben. Es ist bis heute völlig ungeklärt, warum SARS-CoV-1 fast so schnell verschwunden wie gekommen ist. Mit einiger Sicherheit nicht aus Angst vor den „Infektionsschützern“.
Was man seinerzeit aber hätte studieren können, war die geradezu erschreckende „Unordentlichkeit“ des Virus. Es gab eine Reihe von Fällen, in der die Infizierten offenbar eine gewisse Grundimmunität aufwiesen und die in heutiger Diktion als „asymptomatisch Erkrankte“ bezeichnet würden. Dann wurde ein Superspreader ermittelt, auf den — wie die WHO später glaubte, errechnen zu können — die Hälfte aller weltweit Infizierten sich zurückverfolgen ließ, die ihrerseits kaum infektiös wurden.
Das Virus verbreitete sich sehr zögerlich in der Welt, ohne annähernd denselben Eifer an den Tag zu legen wie in China. Und selbst dort lag die Zahl der Betroffenen lediglich bei 7.000. Das Einzige, was unsere Infektionsschützer bei „der gefährlichsten Pandemie der letzten Zeit“ vermutlich gelernt haben, ist der Glaube an sich und ihre Maßnahmen.
In den letzten Jahren gab es in Deutschland vier Influenza-Wellen mit jeweils 20.000 bis 25.000 Toten pro Grippesaison. Von Epidemiealarm war in der Öffentlichkeit allerdings nie die Rede, irgendeinem Pandemieverdacht scheint kein Mensch nachgegangen zu sein.
Infektionsschützer mit Astronautenanzügen und Gasmaske wurden nirgends gesichtet. Kurzum, medial wurde die sehr hohe Zahl an Influenzatoten als „Peanuts“ behandelt und ist nicht annähernd zu vergleichen mit dem gegenwärtigen medialen Corona-Dauerfeuer speziell der Öffentlich-Rechtlichen im permanent schrillen Panikmodus.
Ganz offensichtlich sind Pandemien oder auch „nur“ Epidemien eine Sache der Wahrnehmung. Entweder es gibt sie nicht oder es gibt nur sie. Den Anteil der Medien daran habe ich anderenorts beschrieben (1). Und wie steht es mit den sogenannten Experten? Ich zitiere eine „Verschwörungstheorie“, die 2010 im Spiegel, Ausgabe 10, 2010 unter dem Titel „Schweinegrippe — die Pandemie, die keine war“ erschien:
„Der Infekt des mexikanischen Jungen verlief glimpflich — ebenso wie bei den allermeisten der Millionen Menschen weltweit, die sich in den folgenden Monaten anstecken sollten. Und deshalb wäre das neue Virus wohl unbeachtet geblieben, gäbe es die moderne molekulare Medizin nicht, mit ihren Genanalysen, Antikörpertests und Referenzlabors. Die Schweinegrippe hätte die Welt erobert, und kein Arzt hätte etwas davon gemerkt. Doch es kam anders. Denn es gibt sie, die Hightechmedizin und die Impfstoffindustrie.
Ebola, Sars, Vogelgrippe: Systematisch haben Seuchenwächter, Medien, Ärzte und Pharmalobby die Welt mit düsteren Katastrophenszenarien eingestimmt auf die Gefahr neuer, bedrohlicher Infektionskrankheiten. Und keiner von diesen wird mehr Aufmerksamkeit gewidmet als der Influenza: Verteilt auf 102 Länder lauern Forscher in mehr als 130 Labors weltweit auf neue Grippe-Erreger. Karrieren, ganze Institutionen und sehr viel Geld hängen daran. ‚Manchmal kommt es mir vor, als hätten manche geradezu Sehnsucht nach einer Pandemie‘, konstatiert der Grippe-Experte Tom Jefferson von der internationalen Cochrane Collaboration. ‚Alles, was es jetzt brauchte, um diese Maschinerie in Gang zu bringen, war ein kleines mutiertes Virus.‘“
Influenzaviren genießen hohe Aufmerksamkeit seitens der Infektionsschützer. Sie arbeiten vor allem an ihrer Sichtbarkeit. So hat die Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) in Deutschland eine aufwändige Influenzaverwaltung installiert. Die AGI wurde 1992 von vier pharmazeutischen Unternehmen gegründet.
„Im Jahr 2001 übernahm — im Kontext der Umsetzung des damals in Kraft tretenden neuen Infektionsschutzgesetzes — das Robert Koch-Institut die wissenschaftliche Federführung der AGI unter Beibehaltung der bisherigen Partner“ (2).
Es wurde ein ziemliches komplexes Sentinelsystem aufgebaut. Angeschlossen an dieses System waren eine repräsentative Reihe von Praxen niedergelassener Ärzte, Krankenhäuser und Gesundheitsämter, die alle Daten, die Influenza betreffen, an die AGI übermitteln. Die gesammelten Daten werden schließlich hochgerechnet auf die Gesamtheit aller medizinischer Institutionen und Praxen. So erhält man von (Grippe-)Woche zu Woche ein jeweils aktuelles Bild zur Anzahl der Influenza-bedingten Arztbesuche, über die Schwere der Erkrankungen und das Ausmaß der Hospitalisierungen, also der Krankhauseinweisungen.
Anders als bei Covid-19 heute, da jeder Verstorbene, der positiv getestet war, als Coronatoter in die Statistik eingeht, wird Influenza selten als Todesursache auf den entsprechenden Dokumenten eingetragen, sondern Organversagen oder Pneumonie. Deshalb verfährt die AGI nach einer bestimmten Methode, die erlaubt, die Zahl der Toten, bei denen Influenza im Spiel war, annähernd zu schätzen (3). Das Verfahren ermittelt die „Übersterblichkeit“ und misst — vereinfacht gesagt — die Überzahl der Toten in einem bestimmten Zeitraum im Vergleich zur Norm und im Zusammenhang mit den anderen erhobenen Daten. Methodische Erläuterungen finden sich in den jährlichen Saisonberichten des RKI (4).
Schauen wir uns die Zahlen des Saisonberichts 2017/18 (5) näher an. Zunächst die Anzahl der Arztbesuche:
„Die Gesamtzahl der geschätzten Influenza-bedingten Arztbesuche in der Saison 2017/18 liegt bei rund neun Millionen und damit etwa zwei Millionen höher als in den beiden zuvor stärksten Saisons 2012/13 und 2014/15.“
Zur Zahl der Krankschreibungen oder Arbeitsunfähigkeiten heißt es:
„In der Saison 2017/18 wurden insgesamt etwa 5,3 Millionen Arbeitsunfähigkeiten beziehungsweise Pflegebedürftigkeiten für alle Altersgruppen geschätzt.“
Die Grippewelle dauerte von der letzten Kalenderwoche 2017 bis zur 14. Kalenderwoche 2018. In diesem Zeitraum „wurden aus den Daten der AGI 45.000 Influenza-bedingte Hospitalisierungen geschätzt“ (6). Die Anzahl der Influenza-bedingten Todesfälle wird auf 25.100 geschätzt. Allein in Berlin starben in der Saison 2017/18 1.100 Menschen an Influenza. Insgesamt war die Influenza-Saison 2017/18 in Deutschland die heftigste der letzten Jahrzehnte.
Es kann schon beeindrucken, mit welcher Präzision das RKI Influenzaviren erfasst und unter allen erdenklichen Aspekten kartografiert. Nur eines bleibt dabei völlig verblüffend:
Sämtliche epidemiologischen Parameter jener Influenzawelle liegen deutlich höher, als sie es bei Coronaviren je waren. Vor allem wenn man bedenkt, dass bei einer Influenza die Infizierten nicht erst mit zweifelhaften Tests gejagt werden müssen, sondern deutlich Erkrankte sich zu Arztbesuchen genötigt sahen.
Um es nur an dem Beispiel Berlin klar zu machen: Bis jetzt wurden da 221 Tote im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 gezählt, die Influenzaviren rafften 2017/18 1.100 Menschen weg, was einer Mortalität von 32 pro 100.000 Einwohner entspricht, bei Covid-19 geht es 2020 um eine Mortalität von 5,9 pro 100.000 Einwohner. Man wird umgehend einwerfen, dass das den radikalen Maßnahmen gegen SARS-CoV-2 geschuldet sei. Darauf werde ich unten eingehen.
Wenn das Archiv der Tagesschau nicht trügt, dann hat sie 2018 exakt zwei Mal in ihrer Hauptausgabe um 20 Uhr die verheerende Grippe beiläufig erwähnt — und zwar im März, nachdem die Schlacht längst verloren war. Zum Vergleich: Ab 20. Januar 2020 nehmen Tagesschau und Tagesthemen Kurs auf Corona. Obwohl zu diesem Zeitpunkt „nur“ 382 Infizierte und zwei Tote in Fernost bekannt sind, machen die Tagesthemen Corona zum ausführlichen Aufmacher der Sendung. Ab diesem Tag hören wir auf beiden Formaten bis heute täglich und ausführlich von dem „neuartigen Virus“.
Bereits in diesem frühen Stadium wird Corona verblüffend oft zum Aufmacher. In Tagesschau und Tagesthemen am 22., 23., 28., 29. und 30. Januar. Am 29. Januar gibt es zusätzlich eine Ausgabe Tagesthemen extra. Und wenn SARS-CoV-2 nicht Schlagzeile ist, dann wird des Virus in jeder Sendung zumindest ausführlich gedacht. Am 26. Januar 2020 wird in Deutschland ein erster positiv Getesteter gemeldet, zwei Jahre zuvor liefen Millionen Kranker mit einem gefährlich ansteckenden Virus durchs Land. Es interessierte keinen.
Wo blieben 2017/18 eigentlich die Virologen? Keine Spur von Dr. Christian Drosten, kein Laut vom RKI. Nicht der kleinste Appell zum Händewaschen oder Abstand halten, von Quarantäne, Lockdown und Ähnlichem ganz zu schweigen.
Die Branche der Infektionsschützer arbeitet an einer sonderbaren Volte: Mit erheblicher Sorgfalt sorgt man bei den Influenzaviren für ihre Sichtbarkeit, um sie anschließend zu verbergen.
Bei dem gegenwärtigen Corona-Alarm geschah das Gegenteil. Der erste mediale Hinweis auf „eine mysteriöse Lungenkrankheit in der zentralchinesischen Metropole Wuhan“ findet sich am 31. Dezember 2019 auf Bild-online. Die Gesundheitsbehörden melden 27 Erkrankte. Warum aber ausgerechnet Bild sich für 27 Kranke in Wuhan interessieren könnte, verrät bereits der Titel: „SARS wieder da?“
Vermutlich hatte kein einziger Redakteur bei Bild auch nur einen Schimmer, wo Wuhan liegen mag, es wird auch kein einziger Journalist vor Ort gewesen sein. Am 31. Dezember 2019 hatten die chinesischen Behörden der WHO von diesen „mysteriösen Lungenkrankheiten“ Meldung gemacht (7).
„Following the report of the Provincial Health and Health Commission, since December [2019], Wuhan has continued to monitor influenza and related diseases, and 27 cases of viral pneumonia have been found, all of which were diagnosed with viral pneumonia / pulmonary infection. Of the 27 cases, 7 were critically ill, and the remaining cases were controllable. Two of them improved and were expected to be discharged soon. The investigation found that most of the cases were operated by South China Seafood City in Jianghan District, Wuhan. The National Health and Health Commission has decided to send an expert group to our province to guide the epidemic disposal on the morning of [31 Dec 2019]. At present, related virus typing, isolation treatment, public opinion control, and terminal disinfection are underway“ (8).
Es gab aber noch andere professionelle Virenbeobachter wie auch WHO international in ihrer Timeline bemerkt. Zum Beispiel: ProMED (9). ProMED ist ein Ableger der International Society for Infectious Diseases (ISID). Diese weltweit operierende Gesellschaft ist ein Zusammenschluss von Virologen, Epidemiologen und Infektiologen, die sich zum Ziel gesetzt hat, Seuchen aller Art zu erkennen und zu bekämpfen. ProMED ist gewissermaßen der globale Virenscanner, der 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche den viralen Weltgesundheitszustand beobachtet -selbstverständlich allein zum Wohl der Menschheit.
„ProMED staff, moderators, and team are located across 32 countries and are constantly scanning for, reviewing and posting information related to global health security. Over the last 25 years, ProMED has been the first to report on numerous major and minor disease outbreaks including SARS, MERS, Ebola, the early spread of Zika and many others. ProMED is an important and longstanding contributor to the global emerging and re-emerging infectious disease surveillance landscape.“
ProMED versteht sich als eine Art private WHO — nur schneller und schriller. Sie hat sämtliche Pandemien des 21. Jahrhunderts entbunden. Vermutlich hat die Organisation auch wesentlich bessere Verbindungen zur Presse als die Weltgesundheitsorganisation.
Es scheint ziemlich ausgeschlossen, dass die WHO Bild informiert hat. Mit einiger Sicherheit dürften es die Leute von ProMED beziehungsweise der Mutterorganisation der International Society for Infectious diseases gewesen sein, die für den globalen medialen Ausbruch des Virus verantwortlich waren, denn bereits in ihrer zweiten Meldung (10) vom 31. Dezember zu den „mysteriösen Lungenkrankheiten“ in Wuhan ist ausdrücklich von SARS die Rede. Sozusagen eine Ferndiagnose, erst 10 Tage später können chinesische Virologen den Urheber identifizieren.
Wie schrieb der Spiegel vor zehn Jahren so trefflich: Eine prächtig zusammenarbeitende Allianz aus Infektionsschützern, Impfstoffherstellern und Medien habe die Welt bereits seit Jahren auf verheerende Seuchenkatastrophen eingestimmt und lauere geradezu auf einen Ausbruch. Besonders den Influenzaviren gelte ihre Aufmerksamkeit.
Doch wie war es dann 2017/18? Keiner der Weltvirenschützer hat angesichts einer schlimmen Epidemie Alarm geschlagen, nicht einmal gebimmelt. Mindestens fünf Millionen Menschen litten an einer teilweise heftigen Grippe, noch weit mehr trugen das Virus in sich, ohne krank zu werden. Die sich anbahnende Epidemie war frühzeitig säuberlich dokumentiert, aber dann wollten die Scanner nichts finden, was unseren Gesundheitswächtern der Rede wert gewesen wäre. Vermutlich wissen Epidemiologen seit Langem, dass es gegen Epidemien kein berechenbar wirksames Kraut gibt — außer man sterilisiert eine ganze Gesellschaft auf unabsehbare Zeit.
Mittlerweile habe ich sogar den Eindruck, diese Berufsgruppe versteht ihren Gegenstand meistens erst im Nachhinein. Das würde das Achselzucken der Experten vor zwei Jahren erklären.
Damit hingegen SARS-CoV-2 zum Dämon des Jahrtausends werden konnte, bedurfte es einer kleinen, aber explosiven Mutation: neuartig. Was Experten nicht wirklich überraschen dürfte, denn Coronaviren genießen nicht annähernd die Aufmerksamkeit der Influenza-Konkurrenz.
Obwohl Coronaviren als typische Erreger von Erkältungskrankheiten jedes Jahr für Millionen von Infektionen verantwortlich sind und diese banalen Erkältungskrankheiten bei bis zu 8 Prozent älterer, multimorbider Menschen mit Komplikationen wie Pneumonien tödlich enden (11). Doch Coronavirus-Infektionsraten wurden bisher nie in der Bevölkerung gemessen. Vor diesem Hintergrund konnte SARS-CoV-2 von Anfang an alle Rekorde brechen: Es gab schlicht keine Vergleichszahlen für Coronaviren, und jetzt noch ein neues. Nur aus seiner angeblichen Neuartigkeit in Zusammenarbeit mit der „coronaren“ Ignoranz konnte man das größtmögliche Katastrophenkapital schlagen.
Während man bei den Influenzawellen der letzten Jahre so viel wusste, um bloß mit den Schultern zu zucken, hatte das „neuartige“ Coronavirus durch seine „Unsichtbarkeit“ das Potenzial, die ganze Welt in Panik zu versetzen.
Übrigens will ich damit keineswegs behaupten, SARS-Cov-2 sei eine bösartige Erfindung oder die Folgen seines Auftauchens seien geplant gewesen. Es ist einfach etwas aus dem Ruder gelaufen. Die Interessen der Wachtürme haben sich gegenseitig infiziert, verstärkt und bis zur kalten Besessenheit verstiegen.
Es wäre Zeit aufzuwachen. Stattdessen verstricken sich die beteiligten Institutionen immer tiefer. Nehmen wir das Robert Koch-Institut. Ziemlich lange hat sich die Behörde bedeckt gehalten und bei den Katastrophenszenarien, die etwa die Tagesschau vor allem Anfang verbreitete, zur Ruhe gemahnt. Bis auch diese „Firma“ von den Ereignissen überrollt wurde und sich umgehend an die Spitze der Aufregung setzte.
Wer sich auf der Webseite des Instituts den „Corona-Steckbrief“ (12) anschaut, möchte fast lachen. Noch Ende Juli 2020 stehen auf der angeblich am 7. Juli zuletzt geupdateten Übersicht Daten, die eher von intensiver Ahnungslosigkeit zeugten, würden sie nicht alle in dieselbe Richtung weisen, nämlich: Albtraum.
Als Altersmedian wird da beispielsweise 49 Jahre angegeben. In Wahrheit liegt er bei über 80. Die berühmt-berüchtigte Basisreproduktionszahl „R“, das heißt, wie viele Menschen ein Infizierter infiziert, soll 2,4 bis 3,3 betragen. „Tatsächlich“ liegt sie längst bei weit unter 1, aber tatsächlich ist eigentlich in dem Zusammenhang gar nichts. Jede R-Zahl beruht auf wenig fundierten Schätzungen, weil das RKI sich beherzt dafür eingesetzt hat, nicht auf Basis solider Daten gegen das Virus vorzugehen.
Das RKI ist eine Bundesbehörde und hat die Bundesregierung in Sachen Corona-Pandemie federführend beraten. Sie hat letztlich auch alle Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Lockdown mitzuverantworten.
Etliche Virologen, die allerdings in der medial abgeschirmten Öffentlichkeit kaum eine Rolle spielen, haben die Maßnahmen von Anfang an als stark überzogen verurteilt. Man kann seit geraumer Zeit beobachten, wie das RKI versucht, diese Kritik zu entkräften. So wird bis heute die Gefahr systematisch übertrieben, und umgekehrt das Rettende der getroffenen Maßnahmen betont.
Ein aufschlussreiches Beispiel findet sich im Epidemiologisches Bulletin (13) vom 16. April dieses Jahres. Die Autoren werfen einen ersten Rückblick auf die letzte Grippesaison 2019/20 und berichten von geschätzten 4,2 Millionen influenza-bedingten Arztbesuchen. Zugleich stellen sie auch einen abrupten Abbruch der saisonalen Grippewelle fest:
„Insgesamt ist zu beobachten, dass die ARE-Raten seit der 10. KW (2.3. bis 8.3.2020) stark gesunken sind. Insbesondere bei den Erwachsenen ist ein so deutlicher Abfall der ARE-Raten über mehrere Wochen extrem ungewöhnlich und konnte in keiner der drei Vorsaisons verzeichnet werden“ (14).
Und ziehen daraus den Schluss:
„Diese Indikatoren geben einen klaren Hinweis darauf, dass die Distanzierungsmaßnahmen für die Verlangsamung der Ausbreitung von Atemwegserkrankungen wirksam sind.“
Erstaunlich bloß, dass die Verfasser noch ein paar Zeilen zuvor die Maßnahmen gegen die Pandemie ausdrücklich erst mit 11. Kalenderwoche (9. bis 15. März) beginnen lassen, und dabei handelte es sich lediglich um vereinzelte Einschränkungen einiger Bundesländer, während der Lockdown in der 13. Kalenderwoche am 23. März beginnt, wie das Epidemiologische Bulletin korrekt notiert.
Man fragt sich natürlich, wie einige wenige Maßnahmen, die ab dem 9. März in Kraft treten, so wirksam sein sollen, dass sie bereits in der Vorwoche abrupte Wirkung erzielen konnten.
Zu den ARE-Erkrankungen gehört natürlich auch Covid-19. Damit dürfte feststehen, dass bereits zwei Wochen vor Beginn des Lockdowns die Zahlen der tatsächlich also symptomatisch Corona-Kranken rapide sanken. Da konnte man noch so sehr die Zahl der Tests erhöhen. Noch absurder wird es, wenn man bedenkt, dass in der Regel mindestens zehn Tage von der Infektion mit SARS-CoV-2 bis zum Testergebnis vergehen.
Vielleicht das Schlimmste an solchen systematischen Verzerrungen oder grotesken Fehlinterpretationen besteht darin, dass auch mäßig begabte Zeitgenossen sie leicht durchschauen können.
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.rubikon.news/artikel/die-propaganda-pandemie
(2) https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Sentinel/Influenza/Influenza_node.html
(3) Genauere Erläuterungen zur Übersterblichkeitsberechnung finden sich in: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2015/Ausgaben/03_15.pdf?__blob=publicationFile
(4) Bericht zur Epidemiologie der Influenza in Deutschland
(5) https://influenza.rki.de/Saisonberichte/2017.pdf
(6) Im Jahr zuvor kam es sogar zu über 60.000 Hospitalisierungen, obwohl weniger Mensch an Influenza erkrankt waren.
(7) Es gibt übrigens zwei Versionen: WHO international schreibt in seiner Timeline zu Covid-19: „WHO’s Country Office in the People’s Republic of China picked up a media statement by the Wuhan Municipal Health Commission from their website on cases of ‘viral pneumonia’ in Wuhan, People’s Republic of China.
The Country Office notified the International Health Regulations (IHR) focal point in the WHO Western Pacific Regional Office about the Wuhan Municipal Health Commission media statement of the cases and provided a translation of it. WHO’s Epidemic Intelligence from Open Sources (EIOS) platform also picked up a media report on ProMED (a programme of the International Society for Infectious Diseases) about the same cluster of cases of “pneumonia of unknown cause”, in Wuhan. Several health authorities from around the world contacted WHO seeking additional information. https://www.who.int/news-room/detail/29-06-2020-covidtimeline. Während WHO Europe in ihrer Timeline schreibt: „On 31 December 2019, the WHO China Country Office was informed of cases of pneumonia of unknown etiology (unknown cause) detected in Wuhan City, Hubei Province of China.“ https://www.who.int/csr/don/05-january-2020-pneumonia-of-unkown-cause-china/en/
(8) https://promedmail.org/promed-post/?id=6864153%20#COVID19
(9) The Program for Monitoring Emerging Diseases (ProMED) is a program of the International Society for Infectious Diseases (ISID). ProMED was launched in 1994 as an Internet service to identify unusual health events related to emerging and reemerging infectious diseases and toxins affecting humans, animals and plants. ProMED is the largest publicly-available system conducting global reporting of infectious diseases outbreaks. It is used daily by international public health leaders, government officials at all levels, physicians, veterinarians and other healthcare workers, researchers, private companies, journalists and the general public. Reports are produced and commentary provided by a multidisciplinary global team of subject matter expert (SME) moderators in a variety of fields including virology, parasitology, epidemiology, entomology, veterinary and plant diseases. ProMED operates 24 hours a day, 7 days a week and has nearly 80,000 subscribers, representing almost every country in the world.
(10) https://promedmail.org/promed-post/?id=6864153%20#COVID19
(11) Ioannidis J. In the coronavirus pandemic, we’re making decisions without reliable data. https://www.statnews.com/2020/03/17/a-fiasco-in-the-making-as-the-coronavirus-pandemic-takes-hold-we-are-making-decisions-without-reliable-data/
(12) https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText14
(13) https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/16_20.pdf?__blob=publicationFile
(14) . 7f. ARE = Akute respiratorische Erkrankungen