Helfer im Hetzmodus
Die Caritas befestigte an ihrem Düsseldorfer Sitz ein Banner, wonach sie Querdenkern „die rote Karte“ zeigen will.
„Caritas“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „Nächstenliebe“. Von dieser scheint die gleichnamige Wohlfahrtsorganisation nicht viel übrig zu haben, wenn es um querdenkende Menschen geht. An dem Gebäude des Sitzes in Düsseldorf hängt ein Banner herunter: „Rote Karte für Querdenker“. Dazu veröffentlichte die Organisation einen offenen Text, der die Maßnahmenkritiker nicht nur — teils unberechtigterweise — der Querdenkenbewegung zuordnete, sondern diesen auch noch allerlei Unerhörtes andichtete. Eine Autorin brachte in einem offenen Brief an die Caritas ihre Empörung zum Ausdruck und erinnerte an die christlichen Grundsätze, von denen sich die Organisation losgelöst zu haben scheint.
Sehr geehrter Herr Peeters,
an Ihrer Geschäftsstelle in Düsseldorf hängt ein Banner, auf dem Sie den sogenannten Querdenkern die „Rote Karte“ zeigen.
Ich bin dankbar, dass Sie einen erklärenden Text (1) dazu geschrieben und somit einen Dialog eröffnet haben, in den ich gerne einsteige.
Sie geben selbst zu, nicht zu wissen, wer die Querdenker sind. Der Begriff ist auf die von Michael Ballweg gegründete Bewegung zurückzuführen, in der die Verhältnismäßigkeit der Coronamaßnahmen infrage gestellt und bereits im Frühjahr/Sommer 2020 auf die durch den Lockdown zu erwartenden Kollateralschäden hingewiesen wurde. Mittlerweile ist die Protestbewegung stark angewachsen, und es gibt unzählige Gruppierungen, die sich mit den anfänglichen Inhalten, aber auch mit neuen Gesichtspunkten des Umgangs mit der Pandemie auseinandersetzen. Und wenngleich nun viele protestierende Menschen mit der Querdenker-Bewegung, wie sie anfangs wirkte, gar nichts zu tun haben, wird die gesamte Protestbewegung nun als „Querdenker“ bezeichnet.
Was auch nicht schlimm ist — „quer“ zu denken, also sich, wenn nötig, auch weitab von der Mehrheitsmeinung zu bewegen, ist an sich nicht verwerflich, sondern eine Fähigkeit, die zu Innovationen im gesellschaftlichen, philosophischen, medizinischen und technischen Bereich geführt hat.
Nehmen wir zum Beispiel die Friedensbewegung. In einer Zeit, in der mehrheitlich die Meinung vertreten wurde, dass immerwährende atomare Aufrüstung einen Krieg zwischen den damaligen Großmächten verhindern könne, erhoben die Friedensaktivisten ihre Stimmen dagegen. Steter Tropfen höhlte den Stein, und es kam zu Abrüstungsverträgen und einer Zeit relativer Ruhe, zumindest in Europa. Der Impuls hierzu kam nicht von jenen Menschen, die „geradeaus“ oder entsprechend der Mehrheitsmeinung gedacht haben, sondern von denen, die „quer“ dazu dachten.
Oder schauen wir uns an, was die „Öko“-Bewegung alles auf den Weg gebracht hat. Während ihrer Anfänge wurden ihre Vertreter als Spinner, Hippies, Kommunisten beschimpft. Als noch alles Mögliche ungefiltert ins Grundwasser gekippt, Pestizide gallonenweise über die Felder versprüht und die Menschheit von einem Medizin- und Lebensmittelskandal in den nächsten stolperte, fingen die „Hippies“ damit an, gesunde Lebensmittel zu produzieren. Sie dachten „quer“ — und heute gibt es in jedem Lebensmittelgeschäft eine Bio-Linie. Ich würde mal sagen, der Welt und uns geht es dadurch um einiges besser.
Und heute? Heute gibt es Menschen, die quer denken, was die Pandemie und ihre Bekämpfung anbelangt. Die sich von Anfang an gefragt haben, warum alle paar Wochen ein anderer Wert zum Maßstab aller Dinge wurde. Warum jeder, der einen positiven Test hatte, als Coronatoter in die Sterbestatistik einging, obwohl er an einem Autounfall, einem Herzinfarkt, einem Messer im Rücken oder an „Alter“ gestorben war; irgendwann sagte man dann wenigstens „an oder mit Corona gestorben“, was aber trotzdem eine Manipulation darstellt. Warum ein „Panikpapier“ vom Innenministerium herausgegeben wurde — man könnte doch meinen, dass eine Panik schon von selbst entsteht, wenn ein Krankheitserreger entsprechend gefährlich ist …, und dass die Regierung dann eigentlich die Bevölkerung beruhigen müsste, anstatt mithilfe der Medien Angst und Panik erst zu schüren.
Diesen „Querdenkern“ ist schon sehr früh bewusst geworden, dass die sogenannten Kollateralschäden der Maßnahmen immens sein würden: Tote durch aufgeschobene OPs — wie sich heute herausstellt, waren diese vermeidbar, weil zu keinem Zeitpunkt eine tatsächliche Überlastung des Gesundheitssystems bestand —, Depressionen, Angststörungen und Suizide bei Kindern und Jugendlichen, eine erschreckende Steigerung der Hungertoten sowie eine drastische Zunahme von Teenagerschwangerschaften im globalen Süden, zunehmende Gewalt in den Familien, die auf engstem Raum eingesperrt waren, und so weiter. Ganz zu schweigen von den vielen vernichteten Existenzen und dem An-die-Wand-Fahren des unternehmerischen Mittelstands.
Als die sogenannten Querdenker von einer drohenden Impfpflicht sprachen, gaben sich Politiker empört: „Niemals! Verleumdung! Gemeinheit!“, tönte es aus allen Rohren. Als die Querdenker auf die Langzeitfolgen und Nebenwirkungen der Impfungen hinwiesen, hieß es, diese gäbe es nicht. Nun, was die Langzeitfolgen anbelangt, wissen wir es tatsächlich noch nicht — dass die Impfungen jedoch schwerste bis tödliche Nebenwirkungen haben, ist mittlerweile sogar in den Abendnachrichten angekommen.
Ja, wir denken quer — weil wir wissen, dass es „die eine“ Wissenschaft, mit der man jede noch so abstruse Maßnahme zu rechtfertigen sucht, nicht gibt.
Wissenschaft lebt vom Diskurs, davon, dass man Dinge hinterfragt, dass man Hypothesen aufstellt und diese gegebenenfalls als falsch anerkennen muss; davon, dass jede Stimme gehört wird und nicht nur die, die dem herrschenden Narrativ das Wort reden. Zwei Jahre lang — zwei lange Jahre — wurden Wissenschaftler, die andere Meinungen vertraten, diffamiert, mundtot gemacht, ihrer Existenzen beraubt, wurden Hausdurchsuchungen bei Ärzten und Richtern durchgeführt, die es wagten, anderer Meinung zu sein.
Sie sprechen von Demokratiegefährdung. Die Demokratie wird nicht durch verschiedene Meinungen gefährdet, sondern durch das Verbot anderslautender Meinungen, durch die Beschränkung auf die „einzig richtige“ Meinung. Wir gefährden die Demokratie nicht, aber die derzeitige gesellschaftliche Entwicklung mit ihren Grundrechtseinschränkungen gefährdet uns — als Individuen und als Gesellschaft.
Sie sagen, wir glaubten, von der Mehrheitsgesellschaft ausgegrenzt zu werden — offensichtlich sind Sie da anderer Meinung. Es ist also keine Ausgrenzung, wenn wir monatelang kein Einzelhandelsgeschäft betreten dürfen? Es ist keine Ausgrenzung, wenn wir keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen dürfen? Wenn wir weder ins Restaurant noch ins Kino noch auf Konzerte dürfen? Wenn wir von Politikern wahlweise als „Verschwörungstheoretiker“, „Covidioten“ oder „Tyrannen“ öffentlich beschimpft werden und sich kein Schrei der Empörung erhebt? Wenn Politiker öffentlich darüber sinnieren dürfen, ob wir auf eine Behandlung verzichten oder mehr Krankenkassenbeiträge bezahlen müssen — im Gegensatz zu Rauchern zum Beispiel, wo man sich ganz solidarisch gibt?
Ja, die gute alte Solidarität. Wir wurden von Anfang der Krise an dazu angehalten, Solidarität mit den Alten und sonstigen Vulnerablen zu zeigen. Wer zeigte aber Solidarität mit den traumatisierten Kindern? Mit den Arbeitslosen, von Kurzarbeit Betroffenen, mit denen, deren Existenz vernichtet wurde? Mit den Opfern von Gewalt? Verdienten die alle keine Solidarität? Und warum sprechen Sie uns kurzerhand die Fähigkeit zur Solidarität ab? Viele von uns standen an Weihnachten in der Kälte vor Altenheimen und haben den Eingesperrten Weihnachtslieder vorgesungen. Viele von uns engagieren sich bei Suppenküchen. Bevor sie von Ordnungskräften verjagt wurden, organisierten viele „Querdenker“ Hilfsaktionen bei den katastrophalen Überschwemmungen im Ahrtal — noch bevor die Regierung aktiv wurde. Auch das ist gelebte Solidarität. Wollen Sie sich wirklich anmaßen, zu beurteilen, welche Solidarität die „bessere" ist?
Sie sagen, wir stellten unsere individuelle Freiheit über die Freiheit der Schutzbedürftigen. Dabei gehen Sie jedoch automatisch davon aus, dass Gesundheit für alle Menschen das höchste Gut ist. Seit wann ist das so? Bei jährlich 38 Millionen Toten durch Herzinfarkt und Diabetes und 3,3 Millionen an den Folgen von Alkohol- und 6 Millionen von Nikotinmissbrauch Verstorbenen mutet mich das etwas seltsam an. Seit wann ist Gesundheit das höchste Gut, und wer bestimmt das? Für die einen ist Freiheit — Freiheit für alle — das höchste Gut, für andere wiederum die Aufrechterhaltung unserer Grundrechte in ihrer Gesamtheit. Und wie viele alte Menschen in Pflegeheimen wurden gefragt, ob sie lieber einsam sind oder doch eher das Risiko einer Infektion auf sich nehmen, dafür aber ihre Liebsten sehen und umarmen können? DAS wäre Freiheit der Schutzbedürftigen. Wie viele alte Menschen mussten alleine sterben, ohne dass ihnen die Hand gehalten oder ein tröstendes Wort gesagt werden durfte?
Freiheit der Schutzbedürftigen wäre gewesen, selbst bestimmen zu dürfen, welche Risiken sie eingehen möchten und welche nicht. Diese Freiheit wurde ihnen genommen. Über welche Freiheit also haben wir uns angeblich gestellt?
Am Ende Ihrer Erklärung behaupten Sie, die Querdenker verunglimpften die Demokratie. Oh nein — wir kämpfen für die Demokratie, wir kämpfen für unsere Grundrechte, für Meinungsfreiheit, Selbstbestimmung, eine freie Presse, freie Berufsausübung. Wer all dies nicht verteidigt, verunglimpft die Demokratie, sind doch die Grundrechte die Grundpfeiler unserer Demokratie.
Und nun kommen wir zu des Pudels Kern: Sie beschweren sich über Menschen, „die uns (die Caritas) auf Social Media mit Nationalsozialisten in einen Topf werfen, die uns als Faschisten, Pädophile oder als einen Abzockerverein beschimpfen“. In einen Topf werfen geht natürlich gar nicht — und doch tun Sie genau das, indem Sie die Querdenker als Gesamtheit diffamieren. Sie spannen kein Transparent auf, auf dem steht „Rote Karte all denen, die uns als Abzockerverein verunglimpfen“ — nein, Sie zeigen den Querdenkern als Ganzes die „Rote Karte“.
Den Querdenkern, die laut Ihren Worten eine heterogene Gruppe sind, die einen Querschnitt der Gesellschaft bilden. Den Querdenkern, die Sie ja angeblich in einer Demokratie akzeptieren müssen. Sie haben Ihre Worte selbst als Lippenbekenntnis entlarvt, ebenso wie Ihre Behauptung, nicht spalten zu wollen. Ja, was glauben Sie denn, was Sie mit einem solche Transparent erreichen? Dass sich „Geradedenker“ und „Querdenker“ nun in die Arme fallen und merken, dass es alle ganz, ganz gut meinen? Dass nun beide Seiten gesprächsbereiter sind?
Ein solches Transparent spaltet und hat nichts mit Ihrer viel beschworenen Solidarität und Nächstenliebe zu tun. Ein solches Transparent führt nicht zueinander, sondern vertieft den Graben zwischen den Menschen, was für mich rein gar nichts mit Christsein zu tun hat.
Um des Friedens zwischen den Menschen willen bitte ich Sie, dieses Transparent sofort zu entfernen.
Mit freundlichen Grüßen
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.dasmachenwirgemeinsam.de/rote-karte-fuer-querdenker/