Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
Zum Beweis ihrer moralischen Überlegenheit gehen „Antifaschisten“ verbal und sogar körperlich immer brutaler gegen „Rechte“ vor.
Da wird ein Parteiverbot gegen Andersdenkende gefordert und gar der Entzug von Grundrechten gegen Einzelpersonen. Da werden Menschen beschimpft, bedrängt, am Weitergehen gehindert, in einige Fällen sogar körperlich verletzt — wie auch Polizisten, die diese zu schützen versuchen. Da wird eine Partei als „ekelhaft“, werden ihre Anhänger als „Nazis“ abqualifiziert, also mit Massenmördern in einen Topf geworfen. Beim geringsten Anzeichen von Patriotismus — selbst in harmloser Fußball-Variante — erheben sich mahnende Zeigefinger, dieser könne in Rassismus ausarten. Angehörige einer bestimmten Personengruppe sind von Jobverlust bedroht, finden keine öffentlichen Räume mehr, wo sie sich treffen können. Selbst Morddrohungen werden nicht selten gegen sie ins Feld geführt. In Deutschland sind sämtliche Hemmungen gefallen, wenn es um den Umgang mit der AfD und mit anderen konservativen, rechtsgerichteten Menschen geht. Schaut man sich die Kampfmittel an, die „gegen rechts“ angewandt werden, so entsprechen sie eher der Klischeevorstellung, die über Rechte selbst in Umlauf sind: grobschlächtiges Vokabular, Straßenkämpfe, autoritäre Verbotspolitik. Dabei ist Deutschland selbst in seiner Mehrheit nach rechts gerückt. Wir haben es also mit dem seltenen Fall der Diskriminierung einer Mehrheit durch eine lautstarke Minderheit zu tun, die die Leitmedien und die Regierung auf ihrer Seite weiß. Selbst wer gegen Höcke & Co. berechtigte Einwände erhebt, wer linken und mittigen Parteien von den Denkgrundlagen her nähersteht, muss sich nun die Frage stellen, ob die Methoden dieses „Kampfes“ der Demokratie nicht größeren Schaden zufügen als die, gegen die gekämpft wird.
„Wenn Politiker schwächeln“, weiß der Sänger Herbert Grönemeyer, „dann liegt es an uns zu diktieren, wie ’ne Gesellschaft auszusehen hat.“ Er klingt bei diesem Auftritt im September 2019 tatsächlich ein bisschen wie ein Diktator. Seine Stimme schwillt kehlig an, während er sich gegen „Ausgrenzung, Rassismus und Hetze“ wendet. „Diese Gesellschaft ist offen und humanistisch“ brüllt er in einem Tonfall, bei dem einem angst und bange wird. Mit sich überschlagender Stimme kommt Grönemeyer zum Höhepunkt seines Statements: „Keinen Millimeter nach rechts! Keinen einzigen Millimeter nach rechts! Und das ist so. Und das bleibt so.“
Dieser Auftritt erntete zu Recht viel Kritik — kann er doch als Musterbeispiel dienen für das Auseinanderklaffen von Inhalt und Form. Die Art, wie Grönemeyer sprach, schien zu widerlegen, was er sagte. Der Deutschrocker bekämpfte Hetze — mit Hetze. Er bekämpfte Ausgrenzung — mit Ausgrenzung. Er wollte sich als Linker positionieren und klang doch so, als hätte er sich nicht millimeter-, sondern kilometerweit nach rechts begeben. Was lernen wir daraus? Dass Antifaschismus das Aufwiegeln einer Menschenmenge in aggressivem, hasserfülltem Tonfall ist? Es ist das in der Psychologie schon lange bekannte Phänomen der Manifestation des Verdrängten. Der Schatten bricht gerade dort durch, wo der Anspruch, dem Licht anzugehören, am lautesten vertreten wird.
Die Eigenblindheit der „Antifaschisten“
Dieses drastische Ereignis steht für mich stellvertretend für die blinden Flecken des zeitgenössischen „Antifaschismus“. Ich schreibe das Wort in Anführungszeichen, denn Antifaschisten im nicht-ironischen Sinn können, ja sollten wir ja unbedingt sein. Ich will, dass Faschismus nie wiederkehrt und dass die schon jetzt erkennbaren gefährlichen Anzeichen des Autoritarismus, der Meinungseinschränkung und der Kriegshetze zurückgedrängt werden können. Ich will keinen Faschismus mehr, deshalb kritisiere ich „Antifaschismus“ in seiner oberflächlichen, eigenblinden, als gelenkte Massenbewegung auftretenden Form.
Rechtsextremismus ist potenziell gefährlich und sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Meist wird aber übersehen, dass wir es in Deutschland nicht mit nur einem, sondern mit mindestes vier demokratiegefährdenden Phänomen zu tun haben: Das erste heißt Rechtsextremismus, das zweite Linksextremismus, das dritte Islamismus, das vierte Nancy Faeser.
Wobei ich Letztere hier stellvertretend für eine bestimmte Richtung der etablierten Politik nenne: einen Extremismus der selbsternannten Mitte, der die Demokratie auf dem Weg ihres Abbaus zu „schützen“ versucht.
Der Aktionskünstler „Captain Future“ wurde am 23. Juni 2024 von der Polizei abgeführt, weil er im Umfeld eines Fußball-EM-Spiels — eine Deutschlandfahne schwenkend — zu einschlägiger Melodie den Hit „Döp-dödö-döp“ grölte. Zugegeben wirken die „Rebellen“ in dem Video so, als seien sie nicht die Allerhellsten, Vertreter einer „Spaßgesellschaft“, die es lustig finden, die Zeile „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ zu evozieren.
Erst mal fühlte ich mich beim Anschauen des Videos von den Provokateuren abgestoßen. Bis die Polizei kam und der Geschichte eine noch abstoßendere Wendung gab: Machtanwendung hochgerüsteter Vertreter des Staatsapparats gegen friedliche Bürger. Ja, es ist falsch, nicht ursprünglich deutsche Menschen des Landes verweisen zu wollen. Aber eine Melodie zu verbieten und Menschen, die sie singen, in einen Polizeiwagen zu zerren …!? Wie im Fall der Rede Herbert Grönemeyers scheint hier die Absicht „links“ gewesen zu sein, während die Mittel der Umsetzung dezidiert rechts sind.
Mit dem Digital Service Act gegen „Landesverräter“
Überall findet sich die Heuchelei und Doppelmoral, die für das politische Personal heutzutage typisch geworden ist. In einem Kommentar zur aktuellen Wahl in Frankreich bezeichnete der Grünen-Politiker Anton Hofreiter die AfD als eine „Truppe von Landesverrätern“. Dies bezieht sich auf die AfD-Europakandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron, denen Kontakte zu China beziehungsweise Russland vorgeworfen werden.
Nun war es sicher falsch, wie sich die beiden Politiker verhalten haben; Hofreiter „übersieht“ aber, dass seine Partei schon lange die Interessen des eigenen Landes hinter die der USA oder der Ukraine zurückstellt, so dass man die Frage stellen muss, in wessen Diensten sie wirklich steht. Es ist ja noch nicht mal Patriotismus, wenn ich auf die Eidesformel der Staatsdiener hinweise, die ihre „Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen“ sollen.
Noch schlimmer ist das „Gegenmittel“, das Anton Hofreiter vorschlägt, um die „Verräterpartei“ zurückzudrängen:
„Wir müssen in den sozialen Netzwerken besser werden. Wir müssen den sogenannten Digital Service Act, der auf europäischer Ebene bereits Gesetz ist, umsetzen, dass nicht Hass und Hetze und insbesondere Propaganda aus Russland eine zehnmal höhere Verbreitungswahrscheinlichkeit hat wie nüchterne Informationen von seriösen Medien.“
Man kann sich denken, worauf das hinausläuft: „Nüchterne“ Medien wie Welt, Spiegel oder Süddeutsche Zeitung dürfen weiter als Sprachrohr der Regierung fungieren, „hassende“ und „hetzende“ Medien dagegen dürfen nicht einmal mehr um des Friedens willen die Position Russlands mit Verständnis betrachten.
Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es mehr Bespitzelung, mediale Spielraumeinengung, Denunziation, Behinderung der Berichterstattung von „Unliebsamen“. Auch hier: Die Selbstdarstellung ist „links“, die Vorgehensweise dagegen so „rechts“, dass Erinnerungen an sehr dunkle Kapitel der Weltgeschichte wachgerufen werden.
Gewalt und Nötigung für „unsere Demokratie“
Beim Parteitag der AfD in Essen am 29. und 30. Juni 2024 protestierten Zehntausende gegen besagte Partei. So weit, so legitim. Vorher aber hatte der Essener Stadtrat versucht, die Veranstaltung in der Grugahalle zu verhindern. Ein Gericht gab der Partei schließlich Recht. Eine Aversion gegen die AfD ist menschlich und politisch nachvollziehbar, aber soll sich Versammlungsfreiheit in der Demokratie künftig auf jene beschränken, die regierungsnahe Kreise mögen? Wenn man diese Entwicklung zu Ende denkt, bedeutet dies, dass Anhänger einer demokratisch legitimierten, nicht verbotenen Partei nirgendwo mehr einen Platz hätten, um sich zu treffen. Parteitage wären zwar nicht verboten, könnten aber nicht stattfinden, weil jeder potenzielle Veranstaltungsort sich zu fein wäre, die unliebsamen „Alternativen“ aufzunehmen. Die rund 16 oder 17 Prozent der Deutschen, die AfD wählen wollen, müssten somit ebenfalls symbolisch wie Hunde „draußen bleiben“.
Schlimmer war jedoch, was sich am Rande des Parteitags zutrug. 28 Polizisten wurden bei ihrem Einsatz im Zusammenhang mit der Großdemonstration verletzt. Zwei von ihnen wurden durch Tritte an den Kopf so schwer verletzt, dass sie auf Intensivstationen behandelt werden mussten. AfD-Politiker wurden von Demonstranten in einer Bäckerei faktisch eingeschlossen, so dass sie zunächst nicht an den Veranstaltungsort gelangen konnten und von der Polizei „befreit“ werden mussten. Auf einem Plakat, das „Antifaschisten“ aufgehängt hatten, las man:
„Ein Baum, ein Strick, ein AfD-Genick. Wenn ihr sie nicht verbietet, knüpfen wir sie auf.“
Vulgäre Formulierungen wie „Fck AfD“, „Verpisst euch“ und „Wir wollen hier keine Nazis“ waren ohnehin allgegenwärtig. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst bezeichnete die Vorfälle später als ein „starkes Zeichen für unsere Demokratie“ und sprach von „Herz statt Hetze“. Freilich wurden auch schon Grünen- und andere Politiker von Gegnern blockiert. Auch dies hatte mit demokratischem Protest nichts mehr zu tun.
Vieldeutige Statistiken
Einige Statistiken sehen, wenn es um Angriffe auf Politiker geht, die Grünen als häufigste Opfer. Andere argumentieren jedoch, nur bei „Äußerungsdelikten“ treffe dies zu. Vereinfacht gesagt: Grüne werden häufiger beleidigt beziehungsweise fühlen sich wohl häufiger beleidigt. Sie bringen verbale Angriffe mit zur Anzeige. Bei körperlicher Gewalt seien AfD-Mitglieder am häufigsten Opfer (86 Fälle 2023 gegenüber 62 Fällen, von denen Grüne betroffen waren) so die Plattform „Über Medien“. Andere Parteien liegen deutlich darunter. Ein drastischer Fall ist der von Andreas Jurca aus Augsburg, dessen Gesicht bei einem Angriff von AfD-Gegnern blau geschlagen worden war.
Die Statistiken sind umstritten und auch nicht mehr ganz neu, beziehen die Folgen des in diesem Jahr gestarteten verstärkten „Kampfes gegen rechts“ also noch nicht mit ein. Sicher ist: Die Vorfälle fügen sich jedoch in ein Gesamtbild ein, das mit „Hass gegen die AfD“ umschrieben werden kann. Saskia Esken und auch Lars Klingbeil, beide SPD, bezeichneten AfD-Mitglieder in Talkrunden unverblümt als „Nazis“ — ein Begriff, der ja nicht nur darauf verweist, dass jemand ein bisschen rechts ist, sondern der mit Völkermord und einem großen Krieg assoziiert wird.
Der Ekel vor Andersdenkenden
Nicht selten verwenden Gegner auch das Wort „Ekel“, wenn sie ihre Gefühle gegenüber der AfD zum Ausdruck bringen wollen („ekelhAFD“, „Fenster auf, es stinkt nach Pup, raus mit dem Nazi-Bub“). Ekel ist eine Gemütsregung, die dem Schutz vor Kontakt mit etwas Unsauberem und somit potenziell Ansteckendem und Gesundheitsgefährdendem dient. Ein Beispiel ist die Abscheu davor, Fäkalien oder verdorbene Lebensmittel in den Mund zu nehmen. Tatsächlich wird „Scheiße“ beziehungsweise werden grafische Darstellung davon von Kämpfern „gegen rechts“ nicht selten im Zusammenhang mit der AfD verwendet.
Die Ethikerin Martha Nussbaum setzt sich, wie ein Artikel für „Krautreporter“ dokumentiert, kritisch mit dem Gefühl des Ekels vor Andersdenkenden auseinander. Sie sieht darin „magische Vorstellungen über Kontaminierung und ein unerreichbares Streben nach Reinheit, das einfach nicht zum tatsächlichen menschlichen Leben passt“. Nussbaum stellt in dem Aufsatz einen Zusammenhang zwischen der Feindseligkeit gegenüber der AfD und jenem Ekel her, den offenbar viele Amerikaner gegenüber Homosexuellen empfinden. Auch hier zeigt sich wieder:
Die zur Schau getragene Absicht der „Antifaschisten“ ist links, Methoden und Ausdrucksweise verweisen dagegen weit nach rechts.
Eingebettet ist der AfD-Hass in eine allgemeine Kampagne gegen konservative Wertvorstellungen, die ich hier nicht idealisieren will, die jedoch als Teil eines humanen Meinungsspektrums erlaubt sein und vor überbordender Diffamierung geschützt werden müssen. Dies wurde vor allem auch während der laufenden Fußball-EM in Deutschland in Form einer kampagnenartigen Delegitimierung von „Fußball-Patriotismus“ deutlich. Die Videobloggerin Sarah Bosetti, die schon durch menschenverachtende Äußerungen gegenüber Impfgegnern aufgefallen war, agiert nun in Fußball-Zeiten als woke Spaßbremse:
„Ich weiß nicht, wieso man in einer Zeit wie dieser Nationalflagggen schwenken und ‚Deutschland‘ brüllen sollte. Wenn man dabei doch genauso klingt wie die, die Ausländer hassen und unsere Demokratie verachten.“
Der Sportsoziologe Michael Munz sagte auf ntv:
„Das kann gerade in großen Gruppen ganz schnell passieren, weil Menschen da ein bisschen in der Masse aufgehen. Dann werden aus einer Anfeuerung für die deutsche Mannschaft schnell Schmähgesänge gegen andere, die die Grenzen zum Rassismus oder Nationalismus überschreiten.“
Ist aber wirklich zu erwarten, dass Fans, die auf den Sieg der deutschen Mannschaft hoffen, beispielsweise dunkelhäutige Menschen verachten? Eher entsteht hier der Eindruck, Bürger sollten in einer Situation, die sonst zu lustvoller emotionaler Entladung einlädt, künstlich in einem Gefängnis aus Schuldgefühlen und unfroher Affektkontrolle festgehalten werden.
Keine Lust auf Parteienkonkurrenz
Ich will nicht verschweigen, dass man ebenso eine lange Liste von Fehlleistungen aufstellen könnte, die sich AfD-Politiker selbst geleistet haben. Was ich an der AfD nicht mag, ist unter anderem eine neoliberale Wirtschaftsideologie, Härte gegen Menschen in schweren Lebenssituationen — wie Flüchtlinge und prekär Lebende —, die Treue zur israelischen Rechten, ein Bekenntnis zur NATO, zu militärischer Stärke und einer hierarchischen Gesellschaftsstruktur, eine Verharmlosung des Nationalsozialismus in einigen Fällen und vielfach eine zu große Nähe zu Kräften „noch weiter rechts“. Aber wer die Moral für sich gepachtet zu haben meint, wie es Regierungsparteien und Union häufig tun, muss sich fragen lassen, ob sein eigenes Verhalten seinen Ansprüchen überhaupt genügt.
Es ist in sich widersprüchlich, gegen Menschen, die man für Hetzer hält, zu hetzen, vermeintlich Hassende abgrundtief zu hassen, oder „Rechte“ mit dem Vokabular und dem Methoden-Werkzeugkasten rechter Bewegungen zu bekämpfen.
Der Begriff, mit dem Fremdenfeindlichkeit, Islamo-, Trans- und Homophobie sowie andere Formen der Aversion gegen Minderheiten zusammengefasst werden, lautet häufig „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“. Was aber ist aggressive Ausgrenzung, wie ich sie anhand einiger Beispiele beschrieben habe, anderes als eben dies: gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.
Es gibt wirklich fragwürdige, rechtsextreme Tendenzen bei der AfD, und es gibt bei vielen Gegnern der Partei ehrliche Absichten, vor einem Abdriften Deutschlands in eine neue Rechts-Diktatur zu warnen. Es wäre jedoch naiv, anzunehmen, dass es nur Edelmut ist, was Links-Mitte-Parteien und Leitmedien bewegt, scharf gegen die AfD zu schießen.
Diese fordert unter anderem mehr direkte Demokratie, eine gründliche Aufklärung der Coronajahre und die Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in seiner jetzigen Form. Die erwartbaren Wahlergebnisse für die AfD werden vielen Abgeordneten „guter“ Parteien ihre Jobs und Pfründe streitig machen. Im Fall einer Regierungsbeteiligung — zunächst in ostdeutschen Bundesländern — beträfe der Verlust noch mehr und höhere solcher Pöstchen.
Der Eindruck drängt sich auf, dass die etablierten Parteien schlicht keine Lust haben auf den ihnen drohenden Macht-, Geld- und Bedeutungsverlust. Diese höchst egoistische Regung verbrämen sie jedoch als Sorge um „unsere Demokratie“.
Medien ihrerseits haben keine Lust darauf, finanziell zurechtgestutzt und dazu verpflichtet zu werden, mehr „rechte“ Meinungen zuzulassen, obwohl sie damit nur ihrer Pflicht nachkämen, das gesamte demokratische Meinungsspektrum in der Bevölkerung abzubilden. Die „repräsentative Demokratie“ repräsentiert heute nur noch jenen Anteil der Bevölkerung, mit welchem die Repräsentanten zufrieden sind. Die anderen werden systematisch ausgegrenzt.
Gehässiger „Kampf gegen den Hass“
Betrachtet man den „Kampf gegen Hass und Hetze“ genauer, so stößt man auf: Hass und Hetze. „Ganz Berlin hasst die AfD“ heißt die Parole, die kaum ernsthaft den Anspruch erheben kann, die Wahrheit abzubilden. Dafür wirkt dieser Spruch, wenn er in verschiedenen Varianten im öffentlichen Raum präsent ist, einschüchternd. Der größte Effekt der Kampagne ist nicht, dass Menschen aufhören, die AfD gut zu finden, sondern dass sie sich nirgendwo mehr trauen, dies zuzugeben. Das läuft auf eine Gesellschaft voller Heuchelei und unterdrückter Wut hinaus. Denn die Probleme, die durch die AfD auf die Tagesordnung kommen, sind nicht deshalb verschwunden, weil „alle“ ihren Hass gegen die Überbringer der Botschaft ausagieren.
Eine Störung wird nicht beseitigt, indem man die Warnlampe zerschlägt, welche sie anzeigt. Dies zeigt sich zum Beispiel beim Thema Flüchtlingskriminalität. Auch ich spreche das Thema im Grunde nicht gern an, weil es mir lieber wäre, wenn die Welt in dieser Frage noch wohlgeordnet wäre. Die Opfer: Flüchtlinge. Die Täter: „Rassisten“. Ihre selbstlosen Beschützer: Linke und Grüne. Leider ist das alles nicht so einfach.
Es gibt einen rationalen Kern in all dem Anti-AfD-Furor. Ausgerechnet Saskia Esken hat diesen Denkanstoß gegeben, in dem sie eine Aussage von Josef Goebbels aufgriff. Der freute sich in einem Statement 1935 darüber, dass man die Demokratie zerstören könne, indem man innerhalb demokratischer Institutionen aufsteige.
„Das wird immer einer der besten Witze der Demokratie bleiben, dass sie ihren Todfeinden die Mittel selber stellte, durch die sie vernichtet wurde. (…) Aus der demokratischen Dummheit ließ sich vortrefflich Kapital schlagen.“
Die Schlussfolgerung ist nun: Da die Nazis demokratisch gewählt waren und erst, als es zu spät war, ihr wahres Gesicht zeigten, könnten sich auch hinter anderen demokratisch auftretenden Parteien Nazis verbergen. Richtig ist: Wir können nicht unbedingt darauf vertrauen, dass die AfD „hinterher“ genauso handelt, wie sie „vorher“ geredet hat. Ist die Macht erst einmal in ihren Händen, könnte sie die Maske der Wohlanständigkeit ablegen. Aber gilt dies für andere Parteien nicht auch?
Wer hätte 2019 gedacht, dass biedere Politiker wie Angela Merkel und Jens Spahn einen Großangriff auf viele unserer Bürgerechte starten würden, also eine Art kalten Staatsstreich inszenieren würden, von dem wir uns bis heute nicht erholt haben? Wer hätte bis vor kurzem gedacht, dass die Meinungsfreiheit unter SPD und Grünen derart unter Beschuss geraten und dass sogar ein Krieg mit Russland unter der Partei Willy Brandts in greifbare Nähe rücken würde?
Etablierte Politiker: die besten Wahlhelfer der AfD
Der Akt des Wählens stellt für Bürger immer ein großes Risiko dar, denn jede Partei, die vor der Wahl demokratisch blinkt, könnte am Ende diktatorisch abbiegen. Das Problem sind Staatsstrukturen, die jeder noch so unsinnigen und gefährlichen Idee einer kleinen Machtclique mit Hilfe eines Heers von Beamten, Soldaten und Polizisten zur Realisierung verhelfen, so dass der Wähler den Taten der Gewählten bis auf Weiteres ziemlich hilflos zuschauen muss.
Man muss vor der AfD Angst haben, jedoch beileibe nicht nur vor ihr. Die AfD könnte autoritäre, gar diktatorische Maßnahmen ergreifen — die „guten“ Parteien haben es längst getan.
Steht man vor einem Rätsel, warum Menschen „Rechte“ wählen, so muss man sich nur deren jeweilige Gegenkandidaten anschauen. Wer wissen will, wie es möglich ist, dass ein Donald Trump schon wieder zum Favoriten für die nächste US-Präsidentschaftswahl avanciert ist, sollte sich den Auftritt von Amtsinhaber Joe Biden anschauen. Aber nicht nur dessen offensichtlich absackende geistige Präsenz gibt hier den Ausschlag; auch der Eindruck vieler US-Bürger, dass sich Probleme, die sie für zentral halten — wie vor allem Migration und der wirtschaftliche Niedergang — unter „Good Man“ Joe verschlimmert haben. Schaut man sich Annalena Baerbock an, deren Geistesklarheit und Sprachvermögen das von Biden nur unwesentlich überragt, so haben wir dasselbe Problem auch in Deutschland. Es entsteht der Eindruck: Die fahren unser Land an die Wand, und wer darauf hinweist, wird als rechts beschimpft.
Das größte Armutszeugnis
In Deutschland kommt noch ein weiteres Problem hinzu, das für die USA relativ gesehen „weit weg“ ist: Wir haben ernsthaften Grund zu der Befürchtung, unter dieser Regierung schon sehr bald in einen Krieg mit einer Atommacht verwickelt zu werden. Ist der Wunsch, als Einzelner und als Volk nicht in einem atomaren Inferno zu sterben, nicht das wichtigste Motiv, das viele Menschen an der Wahlurne antreibt — wichtiger noch als selbst der Schutz von Minderheiten und die Abmilderung der Klimaerwärmung, wichtiger sogar als Patriotismus-Bekämpfung und die sorgfältige Vermeidung aller mit der Nazi-Vergangenheit der Deutschen in Verbindung stehenden Fettnäpfchen? Auch wem all diese Punkte wichtig sind, der wird unter den jetzigen Umständen seine Prioritäten prüfen.
Die herrschende Politik demütigt die Menschen, macht sie ärmer und macht ihnen Angst. Ich kenne wenige, die die AfD so richtig gut finden, aber offenbar wächst die Zahl derer, die sie als das kleinere Übel betrachten. Angesichts von etablierten Parteien, die derart große Übel darstellen, ist das nicht sonderlich schwer.
Es ist ein Armutszeugnis, dass eine Partei wie die AfD, die schon in normalen Zeiten viel Angriffsfläche bietet, nicht einmal durch eine massive Gegenkampagne auf allen Kanälen und nicht einmal durch drastische, in den Medien ausschlachtbare Fehler von Politikern wie Björn Höcke und Maximilian Krah nennenswert dezimiert werden konnte. Der Garant dafür, dass es auch künftig Erfolge geben wird, ist die Fortsetzung der bisherigen Politik mit gleichem oder ähnlichem Personal.
Der beste Garant für das Fortbestehen des „Bösen“ sind schlechte „Gute“.
Es ist diese enervierende Mischung aus Dilettantismus und Arroganz, Wehleidigkeit und Brutalität, mit der die Herrschenden agieren. Bleibt, wie ihr seid, und klebt an euren Sesseln fest — dann blüht und gedeiht die AfD.
Die Angst der Demokraten vor dem Volk
Versetzen Sie sich in die Lage von Menschen, die zwar kein „geschlossenes“ rechtsradikales Weltbild haben, jedoch vor dem Hintergrund der momentanen desaströsen Entwicklungen unentschlossen sind. Sie sehen auf der einen Seite besonnene, kultiviert wirkende AfD-Politiker auf dem Parteitag, auf der anderen Seite keifende Krawallmacher und Talkshow-Demagogen, die nur noch mit unfairen Mitteln verhindern zu können glauben, dass ihnen die Felle wegschwimmen. „Antifaschisten“, denen zum Erfolg der Le Pen-Partei in Frankreich nur einfällt, wie froh sie sind, ihr Volk nach dem Desaster der Europawahl vom 9. Juni gar nicht erst nach seiner Meinung gefragt zu haben. Gut und Böse verschwimmen da doch merklich in den Augen derer, die überhaupt noch klarsehen können.
Ich wünsche mir sehr, dass die Zukunft der Politik in Deutschland eher Konzepten wie der sozialen Gerechtigkeit, dem Umweltschutz und der Weltoffenheit gehört. Mit Mitte-Links-Politikern, die ihre positiven Denkgrundlagen entweder verraten oder durch groteske Übersteigerung in Misskredit bringen, dürfte mein Wunsch jedoch unerfüllt bleiben.
Meine Aufforderung an die Etablierten ist also: Wenn ihr bei der Bevölkerung noch einen Blumentopf gewinnen wollt, beschämt die Rechten durch eure Fairness des Umgangs, durch Respekt vor Andersdenkenden, durch differenziert vorgebrachte und vor allem nachvollziehbare Argumente. Bringt Sein und Schein zur Deckung, so dass man eure Unaufrichtigkeit nicht schon aus zehn Metern Entfernung riechen kann. Und vor allem: Lernt erst mal, euch zu benehmen!