Gesundes Umdenken

Was muss passieren, wenn das vermeintliche Gesundheitssystem eigentlich ein Krankheitssystem ist? Interview mit Rüdiger Dahlke.

Die Gesundheit ist das höchste Gut eines jeden Menschen. Bei einem Blick auf aktuelle Zahlen offenbart sich jedoch, dass das reiche Deutschland – gerade im Hinblick auf dieses höchste aller Güter – trotz Milliardenausgaben relativ arm dran ist. Höchste Zeit also, Gesundheit besser zu verstehen. Jugendredakteur Laurent Stein im Interview mit Dr. Rüdiger Dahlke.

Deutschland leistet sich eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt. Im Jahr 2017 lagen die Gesundheitsausgaben hierzulande bei 375,6 Milliarden Euro. Das ist mehr als eine Milliarde Euro pro Tag. Nur die Schweizer und Amerikaner geben – prozentual gesehen – noch mehr Geld für das Gesundheitswesen aus. Doch was bedeutet es eigentlich, Geld für Gesundheit auszugeben? Kann man Gesundheit kaufen, so wie man sich ein neues Smartphone kauft, in der Hoffnung, dass dieses Update das Leben ein bisschen smoother gestalten wird?

Wer sich noch 2007 zu den stolzen iPhone-Käufern der ersten Stunde zählen durfte, muss heute, keine 13 Jahre später, unweigerlich feststellen, dass er für einen ähnlichen Betrag ein ungleich leistungsstärkeres Produkt erwerben kann. Große Summen hatte man in der entsprechenden Branche in die Forschung und Entwicklung gesteckt, um letztlich einen bemerkenswerten technischen Fortschritt zu erzielen.

In der Gesundheitsbranche sind noch weitaus größere Geldsummen geflossen. Noch um die Jahrtausendwende lagen die jährlichen Gesundheitsausgaben in Deutschland bei 214,3 Milliarden Euro. Im Vergleich zu den Zahlen von 2017 ist das gleichbedeutend mit einem Ausgabenplus von 75 Prozent. Das allein besitzt allerdings noch keine große Aussagekraft. Man kann hieraus lediglich ableiten, dass es offenkundig einen großen Markt für das Produkt „Gesundheit“ gibt. Ein Produkt, zu dessen Verbesserung man – etwa in der Krebsforschung – bereit ist, jährlich steigende (Milliarden-)Beträge zu investieren.

Die entscheidende Frage lautet jedoch: Inwieweit hat sich das angebotene Produkt verbessert? Bekommt der Kunde – in diesem Fall der Kranke – im Jahr 2020 für sein Geld ein iPhone 11 Pro geboten oder muss er sich, aller steigenden Kosten zum Trotz, weiterhin mit dem inzwischen doch recht altmodisch daherkommenden iPhone der ersten Generation begnügen? Und ist das iPhone – also ein Plus an Gesundheit – tatsächlich das angebotene Produkt oder handelt es sich hierbei vielmehr um eine billige Fälschung?

Diese Aussage lässt sich natürlich nur schwer allgemein beantworten, und es wäre an dieser Stelle vermessen, den Fortschritt in der Medizin generell infrage zu stellen. Allerdings muss folgender Gedankengang erlaubt sein:

Wenn das Produkt des Gesundheitssystems tatsächlich „mehr Gesundheit“ wäre, so wie es von allen Seiten propagiert wird, wie kann es dann sein, dass die Menschen – zumindest den nackten Zahlen zufolge – immer kränker werden?

Denn würden sie gesünder, müssten sie doch nicht jedes Jahr aufs Neue mehr Geld für Gesundheit ausgeben.

Zugegeben: Nicht jeder sieht hierin einen Widerspruch, auch nicht das Bundesgesundheitsministerium. In einem aktuellen Bericht auf dessen Homepage ist im Zusammenhang mit der Gesundheitswirtschaft von einer „Wachstumsbranche auf Expansionskurs“ die Rede. Mit Wachstumsraten von jährlich 4,1 Prozent sei der Sektor ein „Beschäftigungsmotor“, der für eine „konjunkturunabhängige und damit wirtschaftlich stabilisierende Nachfrage“ sorgt. Klingt ganz so, als müsse man sich wirklich keine Sorgen machen. Und vermutlich muss man das auch nicht, solange man der Auffassung ist, dass ein Wirtschaftssystem, welches auf permanentes Wachstum angewiesen ist, ein gesundes Wirtschaftssystem ist.

Doch was, wenn man diese Merkelsche Prämisse mal beiseitelegt? Was, wenn man bei einem Waldspaziergang von der Erkenntnis beseelt wird, dass die Bäume eben nicht bis in den Himmel wachsen?

In einem solchen Fall käme man wohl nicht umhin zu konstatieren, dass ein System, welches auf endloses Wachstum angewiesen ist, auch davon abhängig ist, dass diejenigen, die das System am Laufen halten, für eine immer längere Zeitspanne in einem Zustand zwischen „nicht ganz tot“ und „nicht wirklich gesund“ gehalten werden, den es dann mit entsprechenden Pharmazeutika zu behandeln gilt. Und man würde vielleicht auch auf den Gedanken kommen, dass es womöglich einen Zusammenhang gäbe zwischen dem endlosen Wachstum im Äußeren und dem endlosen Wachstum im Inneren, das wir dann Krebs nennen. Und vermutlich würde man sich auch denken, dass ein solcher Zustand nicht nur skandalös, sondern auch vollkommen inakzeptabel ist und dass man doch etwas dagegen unternehmen müsse. Nur was?

Fragen wir einen Mann, der sich wie kaum ein anderer mit den Schattenseiten seiner Branche, der Gesundheitsbranche, auseinandergesetzt hat: Dr. Rüdiger Dahlke, studierter Mediziner und Experte für Psychosomatik. In seinen Büchern und Vorträgen plädiert Dahlke immer wieder für einen umfassenderen, also ganzheitlichen Blick auf das Thema Gesundheit und kritisiert die (auch) im Gesundheitssektor weitverbreitete Praxis, dem Streben nach Gewinn alles unterzuordnen, selbst wenn es sich dabei um das Wohlergehen des Patienten handelt.

Im Gespräch mit Rubikon berichtet Dahlke von den Vorurteilen, mit denen er als ganzheitlich arbeitender Arzt zu kämpfen hat, von seinem Verständnis von Gesundheit sowie von seiner Sicht auf die aktuellen Probleme in der Schulmedizin und wie man effektiv an diese herantreten könnte. Es ist ein Gespräch, das auch die Problematik streift, warum dem eigentlich positiven Willen, ein funktionierendes Gesundheitssystem zu schaffen, von Anfang an die Gefahr der Etablierung seines Gegenpols, eines Krankheitssystems, innewohnt.

RUBIKON: Herr Dr. Dahlke, ich würde zu Anfang des Gesprächs gerne klären, warum sich beim Thema Gesundheit ein Umdenken lohnen könnte. Mediziner wie Sie, die sich tiefgehend mit den Wechselwirkungen zwischen Körper und Geist, Naturheilkunde und derlei Dingen auseinandersetzen, haben ja bekanntlich oftmals mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass das alles „spiritueller Nonsens“ und „total unwissenschaftlich“ sei. Ist das wirklich so?

Dr. Rüdiger Dahlke: Überhaupt nicht. Meine Arbeit, wie sie sich etwa in „Krebs – Wachstum auf Abwegen“ ausdrückt, erweitert vielmehr die schulmedizinische Sicht, die sich mit ihrem einseitigen Weg der Analyse und Ursachensuche im Grunde genommen selber kastriert hat.

Wie meinen Sie das?

Nun, unser modernes analytisches Denken hat seine Wurzeln in der Antike. Von daher lohnt es sich, sich zu vergegenwärtigen, wie zum Beispiel Aristoteles Kausalität definiert hat. Er schlug nicht nur eine, sondern vier Causae – Kausalitäten – vor. Als erstes wäre hier die Causa efficiens zu nennen. Sie wirkt von der Vergangenheit in die Gegenwart. Die Naturwissenschaften im Allgemeinen und die Schulmedizin im Besonderen haben sich hierauf festgebissen. Zudem gibt es aber eine Causa finalis, die von der Zukunft auf die Gegenwart zurückwirkt und erklärt, worauf etwas hinzielt. Dazu gesellen sich noch eine Causa formalis – die Musterursache – und eine Causa materialis – die Materialursache.

Ich möchte das beispielhaft am Fußball erläutern. Angenommen, der Ball liegt auf dem Elfmeterpunkt. Jetzt stellt sich die Frage, warum der Spieler losrennt und gegen den Ball drischt. Die Causa efficiens, die aus der Vergangenheit wirkt und immer reproduzierbar sein muss, ist in diesem Fall der Pfiff des Schiedsrichters. Aber erklärt der Pfiff des Schiedsrichters, warum sich jemand jahrzehntelang im Umgang mit einem Lederball übt? Nein, natürlich nicht. Der will ein Tor schießen und Weltmeister werden – Causa finalis. Denken wir nur an Andi Brehme in Rom 1990. Daran sehen wir schon, dass die Causa finalis oft sogar stärker wirkt als die Causa efficiens.

In meiner Arbeit übertrage ich diesen Gedanken auf die Krankheitsdeutung. Natürlich spielen hier Bakterien und Viren als Auslöser einer Krankheit – Causa efficiens – eine wichtige Rolle. Die alleinige Ursachensuche in der Vergangenheit greift jedoch einfach zu kurz. Viel wichtiger ist es, sich – wie in jedem anderen Lebensbereich auch – zu fragen, worauf das Ganze hinausläuft. Dazu könnte man dann noch die Causa formalis und Causa materialis mit einbeziehen. Dann würde man sich Fragen stellen wie: Warum gerade das? Warum gerade so? Warum gerade jetzt? Wozu zwingt es mich und woran hindert es mich? Diese Art der ganzheitlichen Krankheitsbetrachtung vervollständigt das Bild. Vier Ursachen verraten mehr als eine!

Ein Problem der Schulmedizin ist also die übermäßige Betonung der Causa efficiens?

Ja. Die Schulmedizin beschäftigt sich ausschließlich mit Pathogenese, das heißt mit der Entstehung und Entwicklung einer Krankheit. Sie ist also immer nur mit der Vergangenheit beschäftigt. Jetzt ist es aber so, dass man an der Vergangenheit nichts mehr ändern kann. Bringt man hingegen die Causa finalis mit ins Spiel, öffnet sich ein viel größerer Handlungsspielraum. Da geht es auf einmal um die Zukunft und an der lässt sich noch etwas machen.

Verstehen Sie mich jetzt nicht falsch. Die Pathogenese ist super, ich habe nichts gegen sie. Sie hilft dem Arzt bei der Deutung von Krankheitsbildern. Aber: Wir sollten auch der Salutogenese – der Fragestellung über die Entstehung und Entwicklung von Gesundheit – den Raum einräumen, den sie verdient. Und das geht nur, indem man sich auf die Zukunft richtet.

Inwiefern schlägt sich die einseitige Fokussierung auf die Vergangenheit in der täglichen Praxis nieder?

Sie manifestiert sich beispielsweise in dem großen Irrglauben der Schulmedizin, dass man Dinge einfach so – zum Beispiel, indem man eine Tablette schluckt – aus der Welt schaffen könnte. Was dabei eigentlich passiert, ist, dass ein Problem beseitigt, sprich „auf die Seite“ gedrängt wird. Das Problem ist dann aber noch da. Es wurde nur auf Eis gelegt. Und was auf Eis gelegt wird, bleibt frisch.

Mit dieser Herangehensweise steht die Schulmedizin ziemlich alleine da. Die Erhaltungsgesetze der Physik lehren uns ganz eindeutig, dass man nichts einfach so aus der Welt schaffen kann.

Wie kann man also allen Ernstes glauben, dass man Krebs, alleine durch unterdrückende Medikamente oder die Entfernung des Tumors, aus der Welt schaffen kann. Alles was Form und Gestalt hat, hat auch einen Inhalt und Bedeutung.

Es ist vollkommen naiv zu glauben, dass ein Magengeschwür, das sich wie ein Krater in die Tiefe der Magenschleimhaut frisst, keinen Inhalt, keinen Sinn und keine Bedeutung hat. Selbiges gilt für einen Tumor, der wächst wie ein Blumenkohl. Diese Denkweise der Schulmedizin ist absurd und unwissenschaftlich.

Über die Bedeutung von Krankheit haben Sie zahlreiche Bücher geschrieben. Zwei der bekanntesten – Krankheit als Symbol und Krankheit als Weg – haben sich inzwischen millionenfach verkauft und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Nichtsdestotrotz ist die Ansicht, dass Krankheit auch eine Botschaft ist, noch immer nicht wirklich in der Gesellschaft angekommen. Ich möchte Sie deswegen bitten, anhand von zwei konkreten Beispielen, in die sich jeder hineinversetzen kann, verständlich zu machen, was Sie eigentlich meinen, wenn Sie sagen, dass Krankheit ein Symbol sei. Das erste Beispiel wäre die Erkältung, mit der sich vermutlich jeder schon einmal herumplagen musste. Man neigt da ja gerne dazu, zu sagen: „Na, ist halt eine Erkältung – ganz normal im Winter“. Ich schätze, Sie sehen das ein wenig anders.

Ganz allgemein gilt: Die Psychosomatik trägt ihren Namen nicht ohne Grund. An erster Stelle steht die Seele – ‚psycho‘ – und an zweiter der Körper – ‚soma‘. Wir müssen verstehen, dass beide Dinge nicht voneinander zu trennen sind. Wenn sie Hand in Hand gehen, sind wunderbare Dinge möglich.

Auch die Erkältung hat natürlich einen Sinn. Man könnte sie auch ‚Renovierung‘ nennen. Du hast eine Erkältung nur, wenn du die Nase voll hast. Tief in dir weißt du das auch. Ich meine, es gibt Menschen, die nehmen nie an einer Grippewelle teil. Und dann gibt es welche, die keine auslassen. Das ist eine Frage der Haltung zum Leben: Leute, die begeistert sind, werden sich nicht erkälten. Verliebte können im Pulverschnee kugeln, wenn die heiß aufeinander sind, bleiben sie gesund. Da brauchen sie nicht einmal was anzuhaben. Wenn du aber die Nase voll hast, dann bist du anfällig. Du hast dich den erregenden Themen des Lebens verschlossen und bist nun offen für Erreger.

Es heißt ja schon so schön: „Ich habe mir etwas eingefangen“. Das ist in vielen Sprachen so. „To catch a cold“, sagt der Amerikaner, „prendere un raffredore“, der Italiener. Man sollte sich also fragen, warum man sich eine Erkältung „einfängt“. Eine Antwort könnte lauten: Der Körper muss dieses Thema inszenieren, da es hier eine offene Baustelle gibt, also „fängt er sich die notwendigen Erreger ein“. Bei der Erkältung ist das dahinterliegende Symbol schon sehr deutlich.

Eine andere Volkskrankheit, zu der es neuerlich wieder einen Bestseller gab, ist der Rücken. Was wäre – als zweites Beispiel – ein Deutungsansatz für den Rücken?

Die Wirbelsäule ist unsere Weltachse. Du kannst am Rücken einer Person sehen, wie viele Jahre sie auf dem Buckel hat. Du kannst sehen, wie aufrecht, wie aufrichtig jemand ist. Oder was er an Lasten aufgebürdet bekommen hat, die er mit sich herumschleppt. Das läuft natürlich auf unterbewusster Ebene. Macht man sich diese Dinge erst einmal bewusst, kann man den eigenen Ballast über Bord werfen.

Als Arzt mit inzwischen schon mehr als 40 Jahren Berufserfahrung haben Sie ja schon die unterschiedlichsten Menschen mit den verschiedensten Symptomen kennengelernt. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann ist jede Krankheit eine ganz individuelle Botschaft an ihren Träger. Es ist also kein Zufall, dass der eine Bluthochdruck hat, der andere eine Depression und der nächste Krebs. Mich würde interessieren, ob Sie in all den Jahren, bei Leuten, die wieder gesund geworden sind, gemeinsame Muster erkennen konnten. Gab es Dinge, die all diese Leute unabhängig von ihrer Krankheit getan haben?

Ja, das kann man schon sagen. All diese Leute haben sich ihrer Aufgabe gestellt. Die ist aber ganz individuell. Der Bluthochdruckpatient muss sich seinem Autoritätsproblem stellen. Der muss den Kampf kämpfen, der in seinem Körper gelandet ist. Da geht es um Unterdrückung, die anschließend zu Druck auf der körperlichen Ebene führt. Bei den afrikanischen Sklaven in der Neuen Welt war das zum Beispiel ganz offenkundig. Die hatten die höchsten Bluthochdruckwerte überhaupt. Beim Krebspatienten geht es ganz offensichtlich um Wachstum – um expansives Wachstum, das auf der falschen Ebene stattfindet. Der Patient müsste, statt auf der körperlichen, auf der Bewusstseinsebene zu dem wachsen, was nur er sein kann. In „Krebs – Wachstum auf Abwegen“ habe ich das sehr deutlich gemacht. Der Depressive muss sich mit dem Tod auseinandersetzen. Er muss sich mit der Endlichkeit des Lebens beschäftigen, um sein eigenes Leben nicht zu verpassen. Wer wieder heil wird, ganz egal bei welcher Krankheit, der hat sich seinem Thema gestellt.

Gibt es Dinge, die jeder präventiv in sein Leben integrieren kann, um Krankheit gar nicht erst entstehen zu lassen?

Wie wir soeben im Zusammenhang mit „Krankheit als Symbol“ gesehen haben, ist die seelische Dimension, sprich der psychische Aspekt von Psychosomatik, immer individuell. Jeder hat seine eigene Baustelle. Bei Alzheimer müsste man zum Beispiel freiwillig wieder werden wie die Kinder: das innere Kind entwickeln, statt kindisch zu werden. Bei einer Herzinsuffizienz müsste man wieder ein großes, weites Herz entwickeln. Im übertragenen Sinne, nicht kardiologisch.

Auf der somatischen Ebene gibt es hingegen Dinge, die jeder jederzeit machen kann. Da wäre etwa das Fasten zu nennen. Dessen positive Effekte sind seit Jahrhunderten auf der ganzen Welt bekannt. Man müsste sich auch pflanzlich-vollwertig im Sinne von „Peacefood“ ernähren. Dann gäbe es keine Herzinfarkte mehr und Krebs hätte auch viel schlechtere Chancen zu wuchern. Wer sich pflanzlich-vollwertig ernährt, reduziert sein Dickdarmkrebs-Risiko – immerhin die zweittödlichste Krebserkrankung – um 90 Prozent, das Risiko an Brustkrebs zu erkranken um 50 Prozent.

Eine noch allgemeinere Regel wäre zudem, alle Symptome und alle Krankheitsbilder persönlich zu nehmen. Man sollte sich fragen: Was will mir das sagen? Wozu will mich das zwingen? Woran will es mich hindern?

Daraus ergibt sich schon ein erster Wegweiser. Wir sind nicht schuld an unseren Krankheiten, aber ver-antwort-lich, im Sinne von Antworten finden.

Was sich wie ein roter Faden durch Ihre Vorträge und Ihre Bücher zieht, sind die sogenannten Schicksalsgesetze. Können Sie für jemanden, der noch nie etwas davon gehört hat, erklären, worum es sich dabei handelt und wen sie betreffen?

Diese Spielregeln des Lebens betreffen uns alle – alles Leben, nicht nur, aber auch menschliches. Und es macht natürlich viel mehr Spaß, das kosmische Spiel – ‚Lila‘, wie es die Inder nennen – zu spielen, wenn man die Regeln kennt.

Sie sagen Spielregeln. Kann ich mir das so vorstellen, wie das Abseits beim Fußball?

Genau so ist es. Wenn du beim Fußball nicht weißt, dass nach 45 Minuten Seitenwechsel ist, dann schießt du in der zweiten Halbzeit nur noch Eigentore. Im Fußball macht das keiner, im echten Leben aber die meisten. Die wechseln nicht, obwohl sie ‚Wechseljahre‘ als Ausdruck kennen und schießen in der zweiten Lebenshälfte lauter Eigentore. Schuld sind dann natürlich nicht sie, sondern der Partner oder der liebe Gott. Letzteres nennt man dann Projektion.

Das Beispiel lässt sich auch auf die Abseitsregel übertragen. Mal angenommen, du spielst Fußball und deine Tore werden nicht anerkannt. Die Tore der anderen zählen aber. Jetzt gäbe es folgende Möglichkeit: Du könntest dir zum Beispiel an die eigene Nase fassen. Dann würdest du darauf kommen, dass du die Regeln nicht kennst und ständig aus dem Abseits heraus spielst. Aber auch das machen – aufs echte Leben übertragen – nur die wenigsten. Stattdessen wird, man ahnt es schon, die Schuld auf den Schiedsrichter projiziert. Der kann wahlweise Chef, Journalist, Arzt, Politiker oder Partner heißen. Und das ist nur eine kleine Auswahl an beliebten Projektionsflächen. Wozu führt das? Zu Frust, Stress, Streit und Scheidung und Schattenerfahrungen. Stattdessen könnte man aber auch einfach die Regeln lernen. An die Stelle von Frustration würden dann Entwicklung und persönliches Wachstum treten. Der Schatten in Gestalt von Symptomen und Problemen ließe sich dann in einen Schatz wandeln. Davon handelt mein wichtigstes Buch „Schattenprinzip“.

Aber was sind das für Spielregeln?

Da gibt es beispielsweise an erster Stelle das Gesetz der Polarität. Es macht vor nichts Halt in dieser Welt und bestimmt unser tägliches Leben. Ein Beispiel wäre der Ausspruch: „Gegensätze ziehen sich an“. Umso verschiedener die Menschen, umso heißer ist die Liebe, wie bei Romeo und Julia. Und was in heißer Liebe beginnt, endet oft in kaltem Hass. Die Unkenntnis dieser Regel spiegelt sich ja auch in den Scheidungsraten. Über 80 Prozent der jungen Großstädter, die heute heiraten, lassen sich auch wieder scheiden, die meisten schon nach 3,5 Jahren. Das Gesetz der Polarität verbirgt sich wirklich überall. Auch in der Politik. All die großen Friedenspolitiker dieser Welt – Mahatma Gandhi, Martin Luther King, Olof Palme, Dag Hammarskjöld, die Brüder Kennedy, Anwar el Sadat und Itzhab Rabin – wurden kaltblütig umgebracht. Und durch wen? Durch eigene Leute. Es gibt über das Gesetz der Polarität hinaus noch einige weitere Spielregeln, wie zum Beispiel das Gesetz der Resonanz oder das Gesetz des Anfangs. Ich würde jedem empfehlen, sich mit ihnen vertraut zu machen.

Abschließend noch ein kleines Gedankenexperiment. Angenommen, ich bin die Schulmedizin und komme jetzt als Patient zu Ihnen. Irgendwie geht es mir nicht so gut, aber ich weiß nicht, warum. Wie würde Ihre Diagnose ausfallen und wie könnte ein möglicher Therapieansatz aussehen?

Ich würde sagen: Das, was Sie da machen, das stimmt schon, aber es ist halt nur ein Viertel. In Einzelleistungen ist das zum Teil großartig. Ich bin zum Beispiel sehr dankbar, dass begnadete Chirurgen das Herz meiner Tochter operiert haben, sodass sie inzwischen 27 Jahre alt werden konnte.

Auf Dauer ist es aber ein bisschen wenig, immer nur ein Viertel von der Ganzheit zu beachten. Man könnte so viel aus der Medizin machen, wenn man einmal, von den Ursachen her gesehen, das Ganze betrachten würde. Dazu müsste man verstehen, dass auf Zimmer 17 keine Niere liegt – auch wenn man selbst Nephrologe ist. Es gibt so viele Organe und so viele ‚-logen‘, die sich alle nur in ihrer eigenen Loge verschanzen. Man müsste sich unter den ‚-logen‘ zusammentun, statt miteinander in Konkurrenz zu treten. Dann würde man beginnen, zu verstehen, dass der Mensch ein Wesen von Körper, Geist und Seele ist.

Ich meine, es ist doch bezeichnend, dass wir erst kürzlich verstanden haben, dass Parkinson aus dem Darm kommt. Warum? Weil Neurologen und Gastroenterologen zu wenig miteinander gesprochen haben. Da musste erst so ein junges, charmantes Wesen wie Giulia Enders kommen, damit hier eine Verbindungslinie gezogen wird (1).

Den Schulmedizinern würde ich deswegen raten: Ihr habt einen Raum geöffnet. Es gibt aber noch so viele andere Räume. Da wäre zum Beispiel ein wundervoller Raum des Atems, und ein Riesenraum, der sich Seele nennt. Macht doch mal die Türen auf!

Herr Dr. Dahlke, abschließend eine letzte Frage: Was bedeutet für Sie eigentlich Gesundheit?

Zu Gesundheit gibt es von der Weltgesundheitsorganisation WHO eine interessante Definition. Sie ist demnach ein Zustand frei von körperlichem, seelischem und sozialem Leid. Also nicht von dieser Welt. Denn wenn man mal einen Blick in die Statistiken der Epidemiologie wirft, dann hat der durchschnittliche Deutsche in 20 Jahren 2 lebensbedrohliche, 20 mittelschwere und noch 200 leichtere Krankheitsbilder. So gesehen, gibt es den gesunden Menschen höchstens im Anatomieatlas.

Ich persönlich würde Gesundheit als den Gegenpol zu Krankheit sehen, als einen Zustand von Vollkommenheit, in dem jemand wirklich im Fluss ist. Keine Widerstände.

Ein Mitgehen mit den Dingen, die auf einen zukommen. Auch mit Krankheit. Eine Befreiung sozusagen.

Vielen Dank für das Gespräch!


Quellen und Anmerkungen:
(1) Anmerkung des Autors: Enders ist die Autorin des Bestsellers Darm mit Charme

Weiterführende Literatur von Rüdiger Dahlke zum Thema:

Basis: 1. „Schicksalsgesetze“, 2. „Schattenprinzip“, „Lebensprinzipien“ (alle Goldmann-Arkana)

Krankheitsbilder-Deutung: „Krankheit als Symbol“ (Bertelsmann), „Krankheit als Sprache der Seele“, „Krankheit als Weg“, „Frauen-Heil-Kunde“, „Das Alter als Geschenk“ „Herz(ens)probleme“ (alle Goldmann-Arkana); „Krebs – Wachstum auf Abwegen“ (Goldmann-Arkana),

Ernährung: „Peacefood“, „Vegan für Einsteiger“, „Peacefood – das vegane Kochbuch“, „Peacefood – vegan einfach schnell“, „Peacefood – Ketokur“, (alle GU), „Das Geheimnis der Lebensenergie“, „Das Lebensenergie-Kochbuch“ (beide Goldmann Arkana), „Vegan schlank“ (www.heilkundeinstitut.at),

Fasten: „Das große Buch vom Fasten“ (Goldmann Arkana), „Jetzt einfach Fasten“ (ZS), Bewusst Fasten (Urania)

Bücher, CDs (mit „geführten Meditationen“)

Nahrungsergänzung: www.heilkundeinstitut.at

Weitere Infos: www.dahlke.at - www.tamanga.atwww.Lebenswandelsschule.com