Gelenkter Widerstand
Die liberale Tradition in der Schweiz könnte Schaden nehmen, wenn undurchsichtige Kräfte auf den Straßen mobilmachen.
Wer immer sich mit dem möglichen Ausgang des verbrecherischen — so Klaus von Dohnany — Krieges Russland/Ukraine befasst, sollte sich ausmalen, welche Folgen für die Schweiz zu erwarten wären, würde Russland respektive die Ukraine gewinnen. Das gesellschaftliche Gefüge würde sicher direkt davon beeinträchtigt, neben allen anderen Aspekten. Wird die direkte Demokratie, wird die Neutralität betroffen sein? Oder das Wirken des Roten Kreuzes? Wie steht es um die liberale Tradition? Welche Folgen ergeben sich für das Individuum, den Bürger? Für die Wirtschaft und die Bildung?
Schon bevor dieser Krieg sein Ende findet, ist jeder Bürger dazu aufgerufen, rosa Wolken beiseite zu schieben. Träumen ist nicht mehr gestattet, größtmögliche Transparenz ist angesagt, und zu wünschen ist eine lebhafte Diskussion.
Schauen wir ins Ausland, beispielhaft Serbien und Georgien, wo die notwendige gesellschaftliche Diskussion auf der Straße stattfindet. Das Miteinander ist dem Gegeneinander gewichen. Georgien und Serbien erleben wieder einmal große Demonstrationen, die sich gegen die Regierungen richten. In Georgien wird das Wahlergebnis angezweifelt, in Serbien entstanden die Unruhen, vor geraumer Zeit, wegen eines Lithiumabbauprojektes, in neuerer Zeit wegen eines eingestürzten Bahnhofsdaches in Novi Sad. Es gab etliche Tote.
Der politisch Orientierte erkennt in beiden Ländern eine Ähnlichkeit zu den von Otpor geschürten Unruhen. Nicht zuletzt auch zu dem Maidan in Kiew, in 2014, der durch Scharfschützen in einem Blutbad endete. Hat jemand dafür die Verantwortung übernommen? Ist diese Untat aufgeklärt? Meines Wissens nicht.
Sowohl in Serbien wie in Georgien finden wir chinesische Firmen, zum Beispiel beim Straßenbau. Von Baku ans schwarze Meer wird eine neue Autobahntrasse geführt, gebaut durch China. In Serbien und Montenegro sind etliche Straßenprojekte zum Teil durchgeführt, zum Teil warten sie auf Vollendung. Die EU finanziert ebenfalls. Der Hafen Bar in Montenegro wartet auf den Ausbau durch China. Im Moment hat Vucic einen wirklichen Reichtum des Landes an Deutschland verscherbelt: Rechte für den Abbau von Lithium aus dem Jadartal. Dahinter verbirgt sich eine Tragödie für die bäuerliche Bevölkerung.
Genug Stoff, die Stimme der Bevölkerung zu hören.
Demonstrationen gegen wen immer, auch gegen Regierungen, sind ein Teil des westlichen Demokratieverständnisses. In Russland würden sie kaum in dem Umfang und der Dauer geduldet. Der Gegensatz könnte kaum größer sein: In der Schweiz, Deutschland, Serbien, Georgien et cetera darf demonstriert werden, von rechter wie von linker Seite, von Seiten der Querdenker oder Vereinigungen, die sich ein Kaiserreich wünschen. Halten sie sich an gewisse Auflagen, sind die Demonstrationen gestattet. Lohnen würde sich in jedem Fall, die Veranstalter und ihre Finanzierung klar zu benennen, ebenso wie die jeweiligen Netzwerke, in denen sie eingebunden sind. Der Bürger hat ein Recht auf Transparenz. Er soll erfahren können, mit wem er mitläuft und wen er sponsert. Propaganda darf das Denken nicht vernebeln oder lahmlegen.
Die liberale Tradition der Schweiz darf nicht wegen undurchsichtiger Vorgänge geopfert werden. Wir brauchen keine Otporveranstaltungen. Ebenso wenig brauchen wir eine Kapitulation vor finanzstarken Propagandamedien.