Geistige Zwangsfütterung
Der „Internationale Tag der Bildungsfreiheit“ am 15. September gerät zur Farce, solange Bildung zur Normierung junger Menschen im Sinne der herrschenden Agenda missbraucht wird.
Bildung — was ist das eigentlich? Vielfach ist es etwas, was man in bürgerlichen Kreisen „hat“, was man vorzeigen kann, was einem Privilegien sichert. Aus staatlicher Sicht dient Bildung zugleich der Normierung und Formung des Geistes der ihr Unterworfenen. Der Staat als Inhaber eines Monopols auf organisierte und erzwungene Bildungsvermittler nützt seine Machtstellung, um den sich Bildenden die von ihm favorisierten Weltbild-Bruchstücke aufzudrängen. Bei dieser Form der Zwangsfütterung werden junge Menschen zu Objekten gemacht, anstatt über das Wann, Wie und Was der Wissensvermittlung selbst bestimmen zu können. Dass dabei das selbstständige Denken zu kurz kommt, dass vielmehr fast nur von Autoritäten Vorgedachtes verabreicht wird, wird am derzeitigen Zustand der Gesellschaft sichtbar. An und für sich ist das Entdecken bei jungen Menschen ein Grundbedürfnis. Wird etwas, das man normalerweise freiwillig und gern ergreift, als Zwang organisiert, sollten sämtliche Alarmglocken läuten. Die Organisatoren einer solchen Bildung wollen vielleicht damit die mangelnde Attraktivität ihres Angebots kompensieren und den erwartbaren berechtigten Widerstand brechen. Sie wollen die zutiefst inhumane Prämisse ihres Handelns verschleiern, die man zusammenfassen könnte in dem Satz „Nicht für das Leben, für die Wirtschaft lernen wir“. Die menschenfeindliche Annahme, ohne die Schule blieben Menschen dumm und untüchtig, führt zu einer peinlichen Form der Selbstbeweihräucherung des Schulsystems. Der Bildungsrebell Bertrand Stern fordert vor diesem Hintergrund vehement ein Grundrecht, frei sich zu bilden.
Der 15. September gilt als der „Internationale Tag der Bildungsfreiheit“. Bildungsfrei scheint mir eine seltsam anmutende, zumal zweideutige Bezeichnung: Könnte bildungsfrei nicht auch interpretiert werden als „frei von Bildung“, so wie ein schadstofffreies Produkt nun mal keine Schadstoffe enthält? Doch auch in anderer Hinsicht sollte diese Bezeichnung kritisch beleuchtet werden: Selbst da, wo es um die — sicherlich gemeinte — Freiheit der Bildung gehen sollte, muss geklärt werden, was mit „Bildung“ gemeint ist und wer sie definiert. Für mein Dafürhalten verstehen viele Menschen unter Bildung ein Ding, eine Sache, also ein Gut, etwas, das einen monetären Wert hat und käuflich erworben werden kann. Wie alle Güter in einem auf maximalen Profit orientierten kapitalistischen System kann und wird auch dieses Gut künstlich verknappt, zumal Bildung angeblich ein Schlüssel zum Erfolg ist, der in einer pyramidalen Gestaltung der Institution nur den wenigen Erfolgreichen, ja gar als Privileg gewährt wird.
Folglich ist unter Bildung keine geistige oder materielle Konkretion des menschlichen Geistes, des im Grunde allen Menschen geschenkten Genies zu verstehen, sondern etwas, das voller Stolz nach außen hin gezeigt werden kann. Um dieses von mir etwas despektierlich als „spießbürgerliche Allgemeinbildung“ bezeichnete Zeichen der Wohlerzogenheit zu karikieren, verweise ich gerne auf die zwanzigbändige Brockhaus-Enzyklopädie im Bücherregal. Wer meint, etwas darstellen zu müssen, wird dieses Gut besitzen und vorzeigen. Allgemeiner: Bei Bildung geht es einigen nicht darum, die vielfältige kulturelle Dynamik zu erfahren, zu erleben, zu genießen, sondern darum, sie nicht ohne Arroganz nach außen zu tragen.
Wen wird es nun erstaunen, dass ein solches „Gut“ seine natürliche Dynamik einbüßt: Das eigentliche — mit Erich Fromm gesprochen — „Seinsmodale“ des Lebens verkommt zu einer „habensmodalen“ Mentalität.
Von der Bildung geradeaus zur Beschulung?
Meine kritische Distanz gegenüber dem Allgemeinverständnis von Bildung wurzelt auch in einer weiteren, wichtigen Überlegung. Das verknappte Gut „Bildung“ ist auch das Alibi für eine Institution, die für sich beansprucht, diese Bildung zu vermitteln: die Institution Schule. Zunächst: Institutionen, ob die Medizin, die Ehe, der Konsum, das Militär, der Verkehr oder eben die Schule, hegen bestimmte Eigenschaften, die ihr ewiges Weiterleben gewährleisten; Unter anderem sind sie normativ, erheben eine Monopolstellung, aus welcher heraus sie ausschließlich sein wollen. Und vor allem machen sie aus den Menschen, die subtil in ihre Abhängigkeit gebracht werden, Objekte, die sich wohlerzogen und freiwillig, also frei und willig, ihnen und ihren Mythen, Dogmen und Tabus unterwerfen, zum Teil wider besseres Wissen.
So entstehen Patientinnen und Patienten oder Konsumentinnen und Konsumenten, Soldatinnen und Soldaten oder Verkehrsteilnehmende — oder eben lebenslängliche Schülerinnen und Schüler.
Was jedoch eine Besonderheit der Institution Schule ist: Die zu Objekten gemachten „Klienten“ haben nicht aus freien Stücken über ihr Schicksal, ihre (Un-)Abhängigkeit entscheiden können. Ihnen wurde und wird gar nicht erst eingeräumt, das ihnen Angebotene oder Aufgedrängte abzulehnen; vielmehr sollen sie zwangsweise dazu verurteilt werden, die Produkte dieser Institution abzunehmen.
Diese zwar wohlmeinende, aber nicht wohltuende Zwangsfütterung ist umso skandalöser, als sie erstens Menschen trifft, die — verfassungswidrig — zu „Kindern“, sprich zu Minderjährigen, das heißt minderwertigen Objekten gemacht werden. Ihnen wird zweitens — auch dies rechtlich höchst anfechtbar, weil gegen juristische Grundsätze verstoßend — jede Möglichkeit der Abwehr vorenthalten und abgesprochen. Skandalös auch deshalb, weil drittens dieser Zwang — von vielen Betroffenen als Gewalt empfunden — ausgerechnet von einem Staat ausgeht, dessen allererste Verpflichtung darin bestünde, den Menschen vor Gewalt zu schützen und seine Selbstbestimmtheit, Würde, sozialen Fähigkeiten und Bedürfnisse, Kompetenzen und so weiter zu respektieren. Sprachlich symptomatisch scheint mir zur Beschreibung der dargestellten Umstände, dass landläufig davon gesprochen wird, seine Kinder in die Schule zu schicken: Drückt dieses wahrlich ungeschickte Schicken nicht aus, dass der Mensch hierbei nicht als Subjekt, sondern als Sache, als Ding behandelt wird? Was schicken wir üblicherweise? Einen Brief, ein Paket — aber Menschen?
Nebenbei bemerkt: Was macht diesen Zwang aus? Muss ein menschliches Grundbedürfnis, also ein natürliches Verlangen, wirklich in einen Zwang umgewandelt werden? Müsste uns der fürsorgliche Staat in diesem Sinne nicht auch zum Essen zwingen, aus der Sorge heraus, wir würden ansonsten verhungern? Ist indes der Zwang zur Schulanwesenheit keine Bankrotterklärung für ein System, das damit offenbart, dass es ohne Zwang nicht angenommen würde?
„Dann gibt es nur eins: sag NEIN!“ (Wolfgang Borchert)
Doch was würde passieren — oh, welch ein Tabubruch! —, der betroffene junge Mensch würde — aus welchen subjektiven oder objektiven, emotionalen oder rationalen Gründen auch immer — diese seine Zwangsbeglückung ablehnen?
Werden liebende Mütter und Väter auf Befehl einer obsoleten Institution ihren Nachwuchs auf dem Altar einer ebenso obsoleten Ideologie opfern müssen, weil ihnen eingebläut wurde, die staatliche „Vergewohltätigung“ sei „alternativlos“?
Welche die in staatlichen oder Jugendämtern und Schulbehörden sowie vor Gerichten herrschenden normativen Vorstellungen auch immer sein mögen: Inzwischen „trauen“ sich zunehmend mehr junge Menschen entweder klar „Nein!“ zu sagen oder in anderer Gestalt ihre Ablehnung zum Ausdruck zu bringen.
Im Vergleich dazu, was in früheren Jahren, gar Jahrzehnten geschah, hat sich diesbezüglich die Lage inzwischen sehr verändert. Einst „besuchten“ — welch ein seltsamer Begriff für etwas, das zwangsweise auferlegt wird! Wir besuchen eine liebe Tante, vielleicht ein Museum — fast alle Menschen ab dem sechsten, siebten Lebensjahr eine der staatlichen Schulen oder deren staatlich genehmigten Ersatz; lediglich einige Familien haben sich — vor allem aus ideologischen, religiösen oder pädagogischen Gründen — nicht vor den Jahre dauernden Auseinandersetzungen mit dem Staat gescheut, um ein Recht auf familiäre Beschulung („Lernen am Küchentisch“) einzuklagen. Meines Wissens endete zwar kein einziger dieser Kämpfe erfolgreich, hinterließ aber viele negative, bis heute währende Spuren, die sich bei Schulbehörden und insbesondere in der deutschen Justiz als Vorurteile tief verankert haben. Zweifellos gab es auch wenige junge Menschen, denen ein Ausbruch aus der Institution Schule gelang, ohne dass die Behörden es bemerkten oder bemerken wollten!
Heutzutage ist die Lage eine andere: Auf die unsäglich gestiegene Zahl der ihre Beschulung ablehnenden jungen Menschen — die Zahl der sich ihrer Beschulung Verweigernden wird mehr oder weniger geheim gehalten! — reagieren viele Schulbehörden damit, dass sie diese Menschen psychiatrisieren, medikalisieren oder kriminalisieren. Um eine Idee der quantitativen Ablehnung zu erlangen, müssen ganz andere als die offiziellen statistischen Parameter herangezogen werden: etwa die Umsätze der eingesetzten Pharmazeutika wie Schlafmittel, Leistungssteigerern, Methylphenidate und so weiter oder der Nachhilfen, die Kosten von Förderunterricht und von Heimeinweisungen. Würden diese Zahlen zu dem addiert, was für die zwangsweise Beschulung ausgegeben wird, würde deutlich, welch unermesslich hoher Betrag aufgebracht wird, um unseren Nachwuchs auf dem Altar der allgemeinen Normen einer Normalität zu verraten. Ein nicht nur unmenschlicher, naturwidriger, widersinniger, sondern völlig unnötiger kontraproduktiver Missstand!
Von sorgsam gehegten Mythen und Lügen ...
Aufgrund ihrer eigenen Wohlerzogenheit glauben viele Zivilisierte offensichtlich, sie wären ohne Medizin in ihrem Leben und Überleben gefährdet. Dieser tragische Irrtum hat zur Folge, dass nicht mehr die potente Gesundheit im Mittelpunkt steht, sondern die den Menschen bevormundende medizinische Ideologie und ihr Diener: die der Maximierung der Profitinteressen dienende Pharmaindustrie. Klarer Fall von manipulativ induzierter Verwechslung, indem statt der Gesundheit die Krankheit und der heroische Kampf der Medizin gegen diesen Feind in den Fokus gerückt werden.
Ganz ähnlich ergeht es bei der hier behandelten Thematik: Aus der Annahme, ohne Beschulung bliebe der Mensch unwissend, dumm, asozial, ein fauler sozialer Schmarotzer und potentieller Schlecht-Tuer, wird die Schule heroisiert, als Schlüssel des Erfolgs, als Ort der erwünschten Sozialisation, als Garant von Freiheit und Demokratie. Wie viele solche Mythen müssen hier als kolportierte Lügen entlarvt werden, wohlwissend, dass eine Lüge durch unentwegte Wiederholung nicht wahrer wird!
Aus Anlass des „Internationalen Tages der Bildungsfreiheit“ sollte jedoch ein anderer Aspekt im Mittelpunkt stehen: Welche Möglichkeiten gibt es, durch Entlarven des Trugs und Betrugs aus dem ideologischen Gefängnis der Beschulung auszubrechen?
Der Schlüssel dürfte hier die Rückbesinnung auf das Eigentliche der menschlichen Gattung sein, darauf, was ich als „frei sich bilden“ umschreibe.
Was bedeutet frei sich bilden?
Frei sich bilden ist eine menschliche Grundeigenschaft wie atmen, essen, lieben oder sprechen. Menschliche Grundeigenschaften wirken als Bedürfnisse und als Fähigkeiten vom ersten bis zum letzten Atemzug, bedingungslos, weil an keine Bedingungen wie Herkunft, Geschlecht, Alter oder den soziokulturellen Kontext, kurz: an keine künstliche Normierungen gebunden. Die Erfahrung lehrt, dass trotz der Versuche, eine solche Eigenschaft durch einen Prozess der Zivilisierung einer fremdbestimmten Gewalt zu unterwerfen, dieses lebenslange Bedürfnis immerzu nach Befriedigung ruft.
Daher ist frei sich bilden ein Ausdruck der Würdigung des Menschen. Jedes Menschen wie jung oder alt auch immer.
An dieser Stelle sollten sieben mögliche Missverständnisse ausgeräumt werden:
Wenn von „lebenslang“ gesprochen wird, so sei angemerkt, dass das oftmals angeführte „Lebenslange Lernen“ („LLL“) eine zielorientierte, zweckgebundene Veranstaltung ist, mit der Menschen einer steten und endlosen Beschulung unterworfen werden; daher sollte es bitte nicht mit dem ein Leben lang stattfindenden frei sich bilden verwechselt werden!
Beim Anführen von „Lernen“ sollte bedacht werden, dass dieses Wort bei vielen Menschen eine Assoziation mit Schule weckt. Gebunden ist das ziel- und erfolgsorientierte Lernen zumeist an Orte, an Lehrpläne, an (Lehr-)Personen — und an eine Erfolgsprüfung mit Note und Rang oder Gehaltsstufe und entsprechendem Prestige. Und wohin mündet dieses fremdbestimmte Lernen? Zumeist in ein Vergessen als die naheliegende Selbstreinigung des Organismus, der sich gegen einen ungebetenen, unbrauchbaren Eindringling zur Wehr setzt.
Drittens: Bei den meisten unter uns war das schulische Lernen geprägt von Unlust und oft auch von Schmach — dies mündete nicht selten in das für die Institution Schule typische „11. Gebot: Du sollst dich nicht erwischen lassen“ — kennzeichnet frei sich bilden das Gelingen. Scheitern und Gelingen lassen sich kurz umschreiben mit den Begriffen Misstrauen oder Vertrauen als Ausdruck einer ethischen Haltung. Freilich beinhaltet das Gelingen auch ein mögliches Sich-Irren als die Voraussetzung für Evolution, Wandel und Erkenntnis.
Viertens findet das unbedingte frei sich bilden just da statt, wo der Mensch ist; Forschen, Entdecken, Erkunden, Verstehen und viele andere Prozesse können dann und wann alleine für sich erfolgen oder zusammen mit anderen Menschen.
Manchmal braucht der Mensch für sein Erfahren von frei sich bilden die Begleitung durch die ersuchte und aufgesuchte Meisterschaft einer Autorität. Diese Autorität ist das Kennzeichen einer als wörtlich zu verstehenden Lehrperson, die sich von der an die Institution Schule gebundenen Lehrerschaft unterscheidet. Worauf ist zurückzuführen, dass ausgerechnet der Lehrberuf jener ist mit der höchsten Quote an Abbrechern, Burnout-Erkrankten und Frühpensionierungen? Statt der indoktriniert kämpfenden „Soldaten an der pädagogischen Front“ werden als Lehrende Meister ihres Fachs benötigt. Da wir indes potentiell alle Lehrende sind, bedürfen wir als eine selbstverständliche Autorität keines autoritären Gehabes!
Sechstens dürfte es wesentlich sein, eine klare formale Unterscheidung zu treffen und zu fällen, zwischen einerseits dem offenen frei sich bilden und andererseits der ziel- und zweckgebundenen Ausbildung. Die zumeist beruflich orientierte Ausbildung dürfte daher eine privilegierte Aufgabe der Berufskammern sein und unter ihrer Obhut organisiert werden.
Schließlich dürfte ein wichtiger grundlegender und qualitativer Gegensatz zur üblichen Beschulung sein, dass frei sich bildende Menschen sehr diszipliniert sind. Disziplin darf bitte nicht mit Gehorsam verwechselt werden!
Mögliche Missverständnisse
Ist dieses Plädoyer für frei sich bilden als Versuch zu verstehen, Lebensprozesse zu individualisieren und das Gemeinwesen, die öffentliche Hand von ihren Aufgaben und Verpflichtungen zu befreien? Keineswegs! Die uns allen Menschen dienende Organisation des Gemeinwohls hat jedenfalls drei Aufgaben zu erfüllen:
Zuallererst gesetzgeberisch ein bedingungsloses Grundrecht auf frei sich bilden zu verankern, sodass dem Menschen die öffentliche Garantie gegeben ist, dass er sich immer, überall, nach eigener Art und Weise, mit und von wem auch immer, mit welcher Absicht auch immer, in Prozesse von frei sich bilden einbringen kann und ihn niemand daran hindern darf!
Hieraus ergibt sich für die öffentliche Hand, dass sie die hierfür erforderlichen Infrastrukturen zur Verfügung stellt und bereit hält, beispielsweise die öffentlichen Büchereien. Diese infrastrukturelle Bedingung entspricht dem Grundgedanken des Subsidiaritätsprinzips.
Die Gestaltung eines offenen, öffentlich-rechtlich organisierten Prüfungswesens, das den Menschen nach ihrem Bedarf zur Verfügung steht. Ein sicherlich wichtiges Ergebnis eines solch offenen Prüfungswesens ist das Bescheinigen, dass Menschen, welche eine Prüfung erfolgreich absolviert haben, qualifiziert sind — und nicht bloß eine Qualifikation — in Gestalt eines Diploms — aufweisen können.
Ein wichtiger Aspekt sollte nicht unerwähnt bleiben: die Finanzierung! Während heutzutage Institutionen alimentiert und Menschen ihnen unterworfen werden, geht es auch hier nicht darum, dass die öffentliche Hand die jährlich vielen Milliarden für das Schulwesen einspart — und etwa in Waffen oder Verkehr umschichtet! —; vielmehr geht es darum, den größten Anteil der heute bestehenden Beträge den frei sich bildenden Subjekten zur Verfügung zu stellen und nur einen kleinen Anteil in die Infrastrukturen zu investieren. Dies würde für die öffentliche Hand bedeuten, dass bei bloßer Umverteilung der heutigen Ausgaben jeder Mensch in Deutschland — es sei wiederholt: altersunabhängig! — für sein frei sich bilden jährlich etwa 1.800 bis 2.000 Euro erhalten würde.
Es möge bedacht werden, welch hohe Ausgaben heutzutage Mütter und Väter für ihren Nachwuchs zusätzlich aufbringen, um dessen Beschulung sicherzustellen. Diese nun wegfallenden Beträge könnten nun in einen prospektiven und dynamischen Prozess eingebracht werden! Da diese Beträge zweckgebunden sind, fließen sie in den großen „Topf“ des frei sich Bildens. Sowohl Menschen wie Einrichtungen können dadurch von freien Subjekten finanziert werden. Wer aus welchen Gründen auch immer mehr Unterstützung benötigt, kann etwa ein Stipendium beantragen und großzügig erhalten.
Übrigens: Sollte es morgen oder übermorgen — nachdem der Schulanwesenheitszwang gekippt wurde und viele der bedauerlichen und obsoleten Kennzeichen der Beschulung weggefallen sind — immer noch Schulen geben, mit welcher Gestaltung und mit welchen Inhalten auch immer, so ist es selbstverständlich, dass, wer in die Schule gehen will, nicht daran gehindert wird. Ebenso wenig wie Menschen mit der Neigung zu Waffen — falls es künftig überhaupt noch der Bewaffneten bedarf! — davon abgehalten werden sollen, beispielsweise Soldatinnen und Soldaten oder Polizistinnen und Polizisten zu werden, wenn diese Tätigkeit jene ist, die ihren Neigungen am besten entspricht. Auch hierzu wird niemand gezwungen!
Der „Internationale Tag der Bildungsfreiheit“ wäre die willkommene Gelegenheit gewesen zu thematisieren, was den Ausbruch aus der obsoleten Beschulungsideologie ermöglichen, unterstützen, gegebenenfalls erzwingen kann und was dem Menschen in der Einzahl und den Menschen als Gesamtheit dienlich sein müsste.
Eine gute Gelegenheit, dem Prospektiven eine Chance zu schenken
Abschließend: Es dürfte naheliegend sein, dass die hier geschilderte und geforderte Maßnahme als eine unerhörte Befreiung und Würdigung des Menschen nicht solitär, sondern eingebettet in einen ganzen Kontext an ebenso radikalen und prospektiven Maßnahmen in anderen Bereichen zu betrachten ist. Denn das Leben ist nun mal nicht eindimensional und monokausal, sondern multidimensional, vielfältig und prospektiv. Sollte frei sich bilden nur ein Steinchen in einem gesamthaften Mosaik darstellen, so ist es dennoch wesentlich, weil sich das darin artikulierte Vertrauen wohltuend von der ideologischen Manipulation abhebt, welche die Beschulung unseres Nachwuchses kennzeichnet.
Immerhin beginnt diese subtile Unterwerfung — Stichwort: „Anpassung“ — im frühsten zärtlichen Alter, erstreckt sich über etwa eineinhalb Jahrzehnte und wirkt sich letztlich — oftmals negativ — ein Leben lang aus.
„Starker Tobak!“ werden nun einige denken oder einwerfen! Sind in der Geschichte der Menschheit nicht ganz andere Tabus dadurch gefallen, dass Menschen sie als Lügen entlarvten und ihnen schlicht die Gefolgschaft verweigerten? Tabus verlieren ihre (un)heimliche Wirkkraft, wenn sie als obsolet, widersinnig, kontraproduktiv und unmenschlich durchschaut und erkannt wurden. Möge der „Internationale Tag der Bildungsfreiheit“ dazu beitragen, Menschen über die tragische Wirkung der Schule aufzuklären und die heilsame oder gar wundersame Wirkung von frei sich bilden hervorzuheben. Dies hieße, neue, originelle, dynamische Horizonte zu öffnen.