Geiseln der Vergangenheit
Das „Land der Dichter und Denker“ ist unfähig geworden, einen respektvollen Raum für kritisches Denken zu gewährleisten. Vorwand ist ausgerechnet die deutsche Geschichte.
Die wütenden Unterbrechungen eines Antisemitismusbeauftragten während der Rede des eingeladenen slowenischen Philosophen Slavoj Žižek bei der Frankfurter Buchmesse und die Verschiebung der Preisverleihung an die palästinensische Autorin Adania Shibli waren ein Skandal. Genauso verwirrend und sogar furchterregend sind die Maßnahmen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, um Unruhe in Schulen und Gymnasien zu vermeiden. Einfach alles zu verbieten, was nicht Mainstream ist, bedeutet, Öl ins Feuer zu gießen. Auf Dauer wirksam ist nur, was die pädagogische Bildungsinitiative Ufuq vorschlägt, die in den Klassenräumen ein gegenseitiges Verständnis fordert, selbst wenn das mühsamer ist.
In Panik gefangen
Deutschland ist Geisel seiner Vergangenheit und deshalb der israelischen Regierungen. Trotz seiner Bemühungen über Generationen hinweg, Reue zu zeigen und alles Mögliche zu tun, damit sie nicht vergessen wird, lebt Deutschland in Panik gefangen, vor lauter Angst, als Antisemit bezeichnet zu werden. Oder von Israel, seinen Botschaftern und Sprechern beschuldigt zu werden, den Antisemitismus in Deutschland zu dulden.
Man hat es auf der Frankfurter Buchmesse gesehen. Man sieht es in den Medien. Und jetzt in den Schulen. Allein Israel entscheidet, wer als Antisemit gilt, und benutzt es schamlos als Erpressungsmaßnahme, besonders gegen Deutschland und gegen jeden, der es wagt, die Aktionen seiner Regierung, seiner Siedler oder seiner Armee in Frage zu stellen.
Die Last der Schuld ist ein schlechter Ratgeber und trübt das Denken. Nur aus Schuldgefühlen heraus zu agieren, ist krank. Man kann die Regierungen Israels kritisieren, ohne ein Antisemit zu sein. Man darf die Menschenrechte der Palästinenser verteidigen, ohne als Terrorist bezeichnet zu werden. Vor allem diese plumpe Art führt zu noch größerem Unglück und Ungerechtigkeit.
Die Veranstalter der Frankfurter Buchmesse haben bedauerlicherweise die Gelegenheit verpasst, die Kultur als Begegnungsort zu verteidigen. Damit haben sie dazu beigetragen, eine falsche und schräge Meinung zu verbreiten: die böswillige Identifizierung der Palästinenser mit Hamas und die Entmenschlichung einiger Opfer.
Im ehemaligen Land der Dichter und Denker ist das freie und kritische Denken untersagt, wenn es um Israel geht. Es gilt nur ein einziger Gedanke, kein anderer Blickwinkel und keine Dissidenz oder abweichende Äußerung wird duldet. Jegliche Kritik an den Regierungen von Israel und die Erwähnung seines jahrelangen Verstoßes gegen das Völkerrecht, die Genfer Konventionen, die UN-Resolutionen oder einfach die Menschenrechte wird sofort als Antisemitismus abgestempelt.
Doppelter Skandal hinter Büchern
Nur deshalb sorgte die Rede des slowenischen Philosophen und Autors Slavoj Žižek auf der Frankfurter Buchmesse für Skandal und für den wiederholten, verzweifelten und peinlichen Versuch des hessischen Antisemitismusbeauftragten, Uwe Becker, ihm zu widersprechen, ihn zu diskreditieren und zum Schweigen zu bringen.
Dieses Jahr war Slowenien und die slowenische Literatur Ehrengast der Buchmesse. Man hatte Žižek mit der Eröffnungsrede beauftragt. Kurz nach dem Angriff vom Hamas hat ihn Jürgen Boos, der Direktor der Frankfurter Buchmesse, darum gebeten, den Krieg in seinem Vortrag zu erwähnen. „Wahrscheinlich erwartete man von mir, mich einfach in den Chor all derer einzureihen, die das, was die Regierung Israels tut, nun bedingungslos unterstützen“, äußerte der Philosoph im Nachhinein.
Obwohl Žižek am Anfang seines Vortrages das Attentat von Hamas deutlich verurteilte, erhoben sich viele Stimmen gegen ihn, weil er nicht dabei blieb, sondern auf eine erweiterte Analyse der Fakten eingehen wollte. Der Antisemitismusbeauftragte warf ihm unter anderem vor, zu versuchen, die Grausamkeit der Hamas zu relativieren. Wer sich die Rede von Slavoj Žižek anhört, die auf YouTube zu finden ist, wird merken, wie fehl am Platz diese Anschuldigungen waren.
Wenn man sieht, wie sehr Deutschland auf die lückenlose Verteidigung Israels fixiert ist, kann man nur staunen. „Man muss in beide Richtungen denken, palästinensische Rechte verteidigen und Antisemitismus bekämpfen“, sagte Slavoj Žižek. So wie es der UN-Generalsekretär António Guterrez tat:
„Es ist wichtig zu erkennen, dass die Angriffe der Hamas nicht im luftleeren Raum stattfanden. Das palästinensische Volk war 56 Jahre lang einer erdrückenden Besatzung ausgesetzt. Sie haben miterlebt, wie sich ihr Land durch Siedlungen stetig entwickelte und von Gewalt heimgesucht wurde. Ihre Wirtschaft kam zum Stillstand; ihre Leute wurden vertrieben und ihre Häuser zerstört; ihre Hoffnungen auf eine politische Lösung ihrer Notlage sind geschwunden.“
Antisemitismusbeauftragte
Das Amt des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung wurde 2018 auf Beschluss des Deutschen Bundestags eingerichtet, mit der Aufgabe, die Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens in den Ländern durch eine ständige Bund-Länder-Kommission zu koordinieren.
Auch das Europäische Parlament forderte in seiner Resolution vom 1. Juni 2017 die Mitgliedstaaten unter anderem dazu auf, „alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, um einen aktiven Beitrag zur Gewährleistung der Sicherheit ihrer jüdischen Bürger und der jüdischen religiösen, Bildungs- und Kultureinrichtungen zu leisten, und zwar in enger Abstimmung und im Dialog mit den jüdischen Gemeinschaften, den Organisationen der Zivilgesellschaft und den nichtstaatlichen Organisationen, die sich im Kampf gegen Diskriminierungen engagieren; begrüßt die Ernennung des Koordinators der Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und fordert die Kommission nachdrücklich auf, alle erforderlichen Instrumente sowie die erforderliche Unterstützung bereitzustellen, damit diese Funktion möglichst wirksam ist“.
Trotzdem weisen die zornigen Unterbrechungen des Antisemitismusbeauftragten darauf hin, dass Slavoj Žižek Recht hatte, als er behauptete:
„Sobald man anfängt, den komplexen Hintergrund der Situation zu analysieren, wird man verdächtigt, den Terrorismus der Hamas zu unterstützen oder zu rechtfertigen. Ist uns klar, wie merkwürdig dieses Analyseverbot ist? In welche Gesellschaft gehört so ein Verbot?“
Gegen den Strom schwimmen
Besonders in Deutschland wird jeder, der in diesem heiklen Fall nicht die allgemeine offizielle Meinung vertritt und sich der hartnäckigen und schlichten Behauptung, „Israel hat das Recht sich zu verteidigen“, nicht blind und kritiklos anschließen will, stigmatisiert und an den Rand gedrängt.
Seit Jahrzehnten geschieht das Gleiche sowohl in Israel als auch in Palästina, wo andere Stimmen sich umsonst erheben. Die vielen stumm-geschalteten Bewegungen und Gruppen, auf beiden Seiten der Mauer, die für ein friedliches Miteinander kämpfen, bekommen keine Presse. Sie werden seit Jahrzehnten von den Eigenen verfolgt. Das stärkt nur die Radikalen auf beiden Seiten, die keinen Frieden wollen.
Als Žižek die Straftaten israelischer Siedler im Westjordanland erwähnte und das Ziel des Zionismus, der die totale Kolonisierung des historischen Palästina, um das erträumte Eretz Israel zu erreichen, lag er nicht falsch. Es stimmt auch, dass Israel sich zu einem theokratischen, zionistischen Staat entwickelt. Ein jüdischer Staat nur für Juden, wo keine anderen, die Palästinenser sowieso, nichts zu suchen haben.
Auf beiden Seiten haben diejenigen, die das Verschwinden des jeweils Anderen anstreben, die Oberhand gewonnen. Mit Billigung der internationalen Gemeinschaft. Nachdem die Vereinten Nationen die vorgeplante Entstehung zweier benachbarter Staaten scheitern ließ, hat Israel ungestraft die Gebiete von Palästina besetzt und die palästinensische Bevölkerung vertrieben und umgesiedelt, unter anderem in den Gazastreifen. Das sind Fakten.
Der Teufelskreis des Konflikts
Die Tendenz aller Populisten, die Welt in Gute und Böse, Opfer und Henker aufzuteilen, hilft nicht weiter. Die neue Eskalation der Gewalt im Nahen Osten ist nicht neu. Niemand, seit den gescheiterten Osloer Abkommen, hat sich ernsthaft darum gekümmert, obwohl in diesem Fall viele Staaten und Institutionen mitverantwortlich sind. Niemand beschäftigt sich mit dem Tag danach.
Eigentlich laufen dort vier Kriege gleichzeitig nebeneinander, die sich gegenseitig beeinflussen und ernähren. Sowohl der Kampf der Palästinenser für das Ende der Besatzung und die Erlangung eines unabhängigen Landes, als auch der Kampf Israels um die Verteidigung seines Staates, gelten nach Völkerrecht als gerechte Kriege. Dazu jedoch kommt der Kampf, der darauf abzielt, den Staat Israel zu zerstören, der kein gerechter Krieg ist, genauso wie Israels Anspruch, die Palästinenser aus Palästina verschwinden zu lassen.
Sowohl Hamas als auch die Zionisten wollen das Verschwinden des Anderen. Sowohl Hamas als auch die Regierung Israels beziehen sich auf das sonst legitime Recht zur Verteidigung. So entsteht ein Teufelskreis, in dem Unterdrückung den Terrorismus und Terrorismus die Unterdrückung rechtfertigen. Sowohl in Israel als auch in Palästina muss der Kampf zunächst gegen den inneren Feind geführt werden. Gegen diejenigen, die in den eigenen Reihen nur die Zerstörung und das Verschwinden der anderen wollen.
Die verkrampfte einseitige Stellungnahme der Frankfurter Buchmesse
Die Messe solidarisierte sich mit Israel nach dem verwerflichen Attentat bei der Rave und dem Angriff auf die Kibbuzim, mit so vielen Toten und Entführten, meist Zivilisten. Nichts einzuwenden. Es fehlte leider ein Wort über die tausenden, auch unschuldigen Palästinenser, die unter Israels Bomben tagtäglich im Gazastreifen sterben.
Nicht nur das. Wie jedes Jahr war geplant, im Rahmen der Messe die Auszeichnung des Vereins Litprom an Autorinnen aus Schwellen- und Entwicklungsländern zu vergeben. Der Preis war für die palästinensische Autorin Adania Shibli für ihren Roman „Eine Nebensache“ vorgesehen. Ein Buch, das schon für den amerikanischen National Book Award und für den International Booker-Prize nominiert war. Aber aufgrund des neuen Gewaltausbruchs entschied der Verein Litprom, auf die Preisübergabe in Frankfurt zu verzichten.
Mehrere Autoren und Mitarbeiter aus der Literaturwelt kritisierten in einem offenen Brief diese Entscheidung. Als bedeutende internationale Buchmesse hätte die Frankfurter Buchmesse „die Verantwortung, Raum für palästinensische Schriftsteller:innen zu schaffen, in dem diese ihre Gedanken, Gefühle und Reflexionen zur Rolle von Literatur in diesen schrecklichen Zeiten mitteilen können — nicht, sie zum Schweigen zu bringen“.
PEN Berlin äußerte sich auch: „Kein Buch wird anders, besser, schlechter oder gefährlicher, weil sich die Nachrichtenlage ändert. Entweder ist ein Buch preiswürdig oder nicht. Die schon vor Wochen getroffene Entscheidung der Jury für Shibli war nach meinem Dafürhalten eine sehr gute. Ihr den Preis zu entziehen, wäre politisch wie literarisch grundfalsch“, sagte Eva Menasse, die Schriftstellerin, die gemeinsam mit dem Journalisten Deniz Yücel, die Sprecherin von PEN Berlin ist.
Gleichzeitig lud der Direktor der Messe, Jürgen Boos, kurzfristig israelische und jüdische Stimmen ein, „um sie nun besonders sichtbar zu machen“. Palästinensische Stimmen wurden jedoch nicht eingeladen. Aus Protest gegen solche Maßnahmen sagten mehrere Verlage aus arabischen Ländern ihre Teilnahme an der Buchmesse ab. Die für sie vorgesehenen Räume und Regale in den Messehallen blieben leer.
Maßnahmen gegen Unruhe in Schulen und Gymnasien
Diese einseitige Stellungnahme betrifft in Deutschland in besorgniserregender Weise alle Bereiche. Aufgrund des unverbrüchlichen Willens der deutschen Regierung, Israel Deckung zu geben und ihm den Rücken bedingungslos freizuhalten, wurden auch Maßnahmen für Schulen verabschiedet.
Es hat sich herausgestellt, dass der Angriff der Hamas auf Israel und die israelischen Bombardierungen im Gazastreifen an Schulen zu Konflikten geführt hat. Was logisch ist, denn Schulen spiegeln die Welt der Erwachsenen wider. Wie vielfältig unsere Gesellschaft heutzutage ist, ist offensichtlich. Deshalb war auch zu erwarten, dass unterschiedliche Standpunkte und Meinungen, wie in so vielen anderen Ländern, in unserer Umgebung auftauchen würden.
Die Berliner Schulen erhielten dann einen Brief von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie mit Anweisungen:
„Jede demonstrative Handlungsweise oder Meinungsäußerung, die als Befürwortung oder Billigung der Angriffe gegen Israel oder Unterstützung der diese durchführenden Terrororganisationen wie Hamas oder Hisbollah verstanden werden kann, ist untersagt.“
Das muss man eigentlich niemandem mit einem gesunden Menschenverstand sagen.
Aber mit der üblichen übereifrigen und zwanghaften Parteinahme Deutschlands zugunsten Israels wurden im Namen des Schulfriedens das Tragen von Kleidungsstücken wie die Kufiya, das Palästinensertuch, palästinensischen Fahnen oder Aufklebern mit Aufschriften wie „Free Palestine“ verboten. Was offensichtlich eine unerhörte Einschränkung der Meinungsfreiheit ist, ebenso wie das Verbot von Demonstrationen, die nicht hundertprozentig für Israel sind. Die Schulen wurden sogar aufgefordert, Verdachtsfälle von Straftaten unmittelbar der Polizei zu melden. Polizeimaßnahmen gegen Minderjährige? Stur einseitig, hat der Bildungssenat in Berlin einen Krisenstab eingerichtet, aber nur für Opfer antisemitischer Aktionen.
Den Konflikt unter den Teppich kehren
Man hat festgestellt, dass jüdische Kinder und Jugendliche Angst haben, zur Schule zu gehen. Dass Synagogen und jüdische Anstalten verstärkt Polizeischutz bekommen haben, oder dass Gebäude, in denen jüdische Bürger wohnen, mit dem Davidstern markiert werden. Das ist doch furchterregend und besagt nichts Gutes über unsere über Generationen hinweg indoktrinierte Gesellschaft.
Gleichzeitig fühlen sich Schüler palästinensischer oder arabischer Abstammung zu wenig beachtet, weil die Massaker im Gazastreifen, wo sie vielleicht Verwandte haben, gar nicht beachtet werden. Sie sind auch Opfer dieses Krieges, aber in Deutschland trauert man nicht um sie. Ihr Leiden, das der Staatsanwalt am Internationalen Strafgerichtshof schon als Völkermord bezeichnet hat, wird in den deutschen Medien kaum erwähnt, weil das sofort als Antisemitismus gedeutet wird. Aber die Palästinenser und Araber und auch diejenigen, die nicht indoktriniert sind, kennen das Ausmaß der Tragödie dort aus Berichten in internationalen Kanälen.
Der Ansatz der Bildungsinitiative Ufuq, deren Koordinator Götz Nordbruch ist, die zu Pädagogik, politischer Bildung und Prävention in der Migrationsgesellschaft arbeitet und die Lehrkräfte bei Gesprächen über den Nahostkonflikt unterstützen soll, klingt vernünftiger. In den Klassenräumen sollte ein gegenseitiges Verständnis gefördert werden. Das kann nur erreicht werden, wenn die Schüler sich mit verschiedenen Standpunkten und Stellungnahmen auseinandersetzen dürfen.
Drastische Gesetze und harte Polizeimaßnahmen haben nie zu einem friedlichen Zusammenleben geführt. Weder in Deutschland, noch woanders.
Das wissen auch die Erzieher: Es sei grundsätzlich falsch, bei Kindern und Jugendlichen mit Verboten zu arbeiten. Erziehen ist etwas anderes. Die Arbeit der Erzieher ist pädagogischer Natur und braucht Zeit. Kinder müssen darin heranwachsen. Man kann das Versäumte nicht mit einigen eiligen Verboten korrigieren, die nur einen kräftigeren Widerstand hervorrufen werden.
Die Realität im Nahen Osten zu verleugnen, wird die Polarisierung anfeuern. Gerade die heiklen Themen müssen angesprochen werden. Und keines ist in Deutschland heikler als der Konflikt im Nahen Osten. Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene müssen dringend lernen zu unterscheiden. Sonst werden immer wieder nur die verschiedenen am Konflikt Beteiligten dämonisiert und der Abgrund wird dadurch tiefer. Es gibt in Deutschland vieles nachzuholen.
Den Stier bei den Hörnern packen
Die nach dem Völkerrecht gesetzwidrigen Entscheidungen der Regierung Israels sollten nicht mit der israelischen Bevölkerung gleichgesetzt werden. Die Befreiung Palästinas zu verlangen, bedeutet keine Unterstützung des Terrorismus, sowie jegliche Kritik an den Regierungen, der Politik oder der Armee Israels, nichts mit Antisemitismus zu tun hat. Auch in Deutschland sollte es möglich sein, in den Schulen und Gymnasien Debatten mit den Schülern und auch für ihre Eltern zu organisieren und dabei unparteiische Informationen zu vermitteln, um Missverständnisse zu vermeiden.
Die legalen Symbole eines Landes wie Palästina und die legitimen Äußerungen zu diesem Land pauschal zu verbieten, die Palästinenser in Schulen, Gymnasien, auf Buchmessen, in Vorträgen und Fernsehdebatten hämisch mit Hamas gleichzustellen, ist eine irreführende Verfälschung, die genauso verfassungswidrig sein kann wie die Verherrlichung des Terrorismus oder des Antisemitismus. Es reicht nicht, sich jahrzehntelang nur mit dem Antisemitismus beschäftigt zu haben. Es ist bereits Zeit, als Staat und als Gesellschaft, den Blick zu erweitern, um nicht ständig in Panik zu geraten.
Die deutsche Bevölkerung ist heute nicht mehr dieselbe wie nach dem Zweiten Weltkrieg, vor drei oder vier Generationen. Heute stehen Deutschland und ihre vielfältige Bevölkerung vor einer ganz neuen und genauso wichtigen Herausforderung, um all seinen Bürgern gerecht zu werden. Wer soll aber daran arbeiten, wenn so viele in der Vorurteilsfalle gefangen sind und jede politische Kritik an der Regierung Israels als Antisemitismus bezeichnet wird?
Die Schule scheint bei der jetzigen Lage ein guter Ort, damit anzufangen. Es wäre schade, eine solche Gelegenheit mit fraglichen Verboten zu vermasseln, anstelle dort mit den richtigen pädagogischen Ansätzen, wie die von der Bildungsinitiative Ufuq, den Stier bei den Hörnern zu packen. Sonst wird das ernste Problem, das das ehemalige Land der Denker und Dichter bereits hat, immer schwerer zu lösen sein.