Gegen alle Widerstände

Nach seinem Tod hinterlässt der Journalist John Pilger eine große Lücke unter linken Intellektuellen. Sein kritischer Geist wurde durch das südafrikanische Apartheidregime geschärft.

John Pilger verstarb am 30. Dezember 2023 im Alter von 84 Jahren in seiner Heimatstadt Sydney. Der einzigartige Journalist war aufgrund einer Kombination aus moralischer Empörung, unerbittlicher Detektivarbeit und unvergleichlichen Fähigkeiten als Interviewer in der Lage, Südafrikas tief greifende strukturelle Ungerechtigkeit zu verstehen. Abgesehen von all den Exklusivberichten und Auszeichnungen, die er anderswo erhalten hat, wäre es keinem anderen zuzutrauen gewesen, regelmäßig mit dem Fallschirm in diesem Land landen zu können. Zum ersten Mal geschah dies 1967, als Pilger die Einreise von der Apartheid-Regierung verboten wurde, und zuletzt 2017. Kein anderer hätte anschließend die dramatischen Turbulenzen eines halben Jahrhunderts in einem knallharten Film, „Apartheid did not die“ („Die Apartheid ist nicht tot“), darstellen und ein Dutzend einflussreicher Artikel und Buchkapitel schreiben können. Vor allem war John jedoch ein Exponent dessen, was man als unabhängige linke Kritik bezeichnen kann — einer, der leidenschaftlich und sprachgewandt den Bogen vom Imperialismus über lokale Machtverhältnisse bis hin zum leidenden Menschen spannte.

von Patrick Bond

Im Jahr 2013 schrieb John Pilger:

„2001 erzählte George Soros dem Weltwirtschaftsforum: ‚Südafrika befindet sich in den Händen des internationalen Kapitals‘ … Dies führte direkt zu Staatsverbrechen wie dem Massaker von 34 Minenarbeitern in Marikana im Jahr 2012, das an das infame Massaker in Sharpeville mehr als ein halbes Jahrhundert zuvor erinnerte. Beide waren Proteste gegen Ungerechtigkeit gewesen. Auch Nelson Mandela unterhielt enge Beziehungen zu reichen Weißen aus der Unternehmerwelt, darunter auch zu denen, die von der Apartheid profitiert hatten.“

In seiner Arbeit gab es drei unterschiedliche Phasen, was dazu führte, dass er viele seiner anderen internationalen Beobachtungen durch Unmengen an Verweisen zur Ungerechtigkeit in Südafrika ergänzte – darunter auch zu Israels Version von Apartheid in seinem Film Palestine is still the Issue von 2022.

In der ersten Phase, während der Apartheid, enthält sein Buch Heroes von 1986 ein langes Kapitel über die düstere Realität, die er 1967 erlebte, bevor Pretoria ihm ein Besuchsverbot auferlegte.

Nachdem er 1995 zurückgekehrt war, in der zweiten Phase, war Pilger entsetzt über den Post-Apartheid-Triumphalismus, weswegen sein Film Apartheid Did Not Die von 1998 bei der alten wie der neuen Elite gleichermaßen für Empörung sorgte. Pilger stellte Mandela wohl die schwierigsten ethischen und praktischen Fragen über das neue System, die dem Präsidenten je gestellt wurden.

Ähnlich direkt verhielt sich Pilger in der Debatte um F. W. de Klerk:

„Haben Sie und Ihre Kollegen, die weißen Rassisten, nicht doch gewonnen?“

Es war, als sei ihm eine geheime Wahrheit offenbart worden. Er wischte den Rauch der allgegenwärtigen Zigarette fort und sagte: „Es stimmt, dass unsere Leben sich nicht grundlegend verändert haben. Wir können noch immer zum Cricket in Newlands gehen und uns Rugbyspiele ansehen. Es geht uns gut.“

„Für die Mehrheit hat sich an der Armut nichts geändert, oder?“ sagte ich.

Durch diese implizierte Kritik am ANC ermutigt, bestätigte er, seine nachhaltigste Errungenschaft sei es, dass er die Wirtschaftspolitik seines Regimes, einschließlich derselben Unternehmensbruderschaft, weitergegeben habe … „Sie müssen verstehen, dass wir in vielen Fragen einen breiten Konsens erreicht haben.“

Pilgers Mischung aus Einschüchterung und Charme brachte Menschen wie den anglo-amerikanischen Sprecher Michael Spicer, die Immobilienmogulin Pam Golding und die Modetrendsetterin Edith Venter dazu, ähnliche Wahrheiten über die weiße Gier zu enthüllen.

Wie mir zuverlässig berichtet wurde, zeigte Spicers Team den Film später den Management-Trainees des Unternehmens – als bestes Beispiel dafür, was man in einem Interview nicht tun sollte.

Der berühmte Journalist Alister Sparks, der 1998 den Bereich „Zeitgeschehen“ bei SABC leitete, empörte sich über Pilgers vermeintliche Verzerrungen, die seiner Meinung nach daraus resultierten, dass Pilger sich hauptsächlich „auf Randquellen und unzufriedene Menschen stützte“ wie zum Beispiel auf den Gemeindeaktivisten Mzwanle Mayekiso und den Rechtsanwalt Richard Spoor.

Pilger wies dies im Mail and Guardian zurück: „Die Hauptquelle des Films ist Mandela selbst, der zeigt, wie sehr er seine Meinung geändert hat.“ Die nationale Rundfunkanstalt, so fährt er fort, „hat die südafrikanischen Rechte auf meinen Film gekauft und versucht, ihn erst zu verbieten und dann zu unterdrücken. Sparks Erklärung hierfür hat einen kafkaesken Ton, der an Traktate im Kalten Krieg erinnert, die Journalisten, Schriftsteller und Bühnenautoren denunzierten, die bezüglich des Regimes im Ostblock andere Meinungen vertraten. Er beschreibt mich als „einen Mann mit einer ideologischen Mission“.

Zuvor hatte Pilger bewundernd über den Mut von Sparks als journalistischem Reformer geschrieben, beklagte sich nun aber: „Unerklärlicher Weise wurden meine ideologischen Lehrmeister und die Farbe meines Parteibuchs nie benannt, zweifellos, weil es der Wahrheit zu nahe käme, darauf hinzuweisen, dass ich mich nie einer politischen Gruppe angeschlossen habe. Ich war in der Tat immer stolz auf meine Unabhängigkeit.“

In einer dritten Schaffensphase fuhr Pilger damit fort, die Elite zu provozieren – insbesondere, als die Veröffentlichung seines Buches Freedom Next Time von 2006 und der Abdruck von Auszügen Thabo Mbekis Finanzminister Trevor Manuel und den Präsidialamtsminister Joel Netshitenzhe erbosten. Der Sunday Independent wurde zum Schauplatz eines erbitterten Streites darüber, ob tatsächlich Fortschritte gemacht wurden.

In seinem Essay „Die Regierung des ANC muss die Bürger noch von ihrer Angst vor der Armut befreien“ schrieb Pilger über die „Arroganz, die einer unangefochtenen Macht entspringt — was das Dilemma des südafrikanischen politischen Lebens darstellt: In vielerlei Hinsicht hat die Wahl der Nation die Demokratie gegeben, der Preis dafür war jedoch praktisch ein Einparteienstaat.“

Pilgers letzte Veranstaltung hier war die Einführungsvorlesung zum Saloojee-Denkmal vor gut sechs Jahren: „Südafrika: Wie eine Nation in die Irre geführt wurde und ein Vorbild für die Welt wurde, und wie das Volk sich wieder erheben kann.“ Er erklärte: „Südafrika ist der Ort, an dem ein Großteil meiner politischen Bildung stattfand“, und schloss mit den Worten: „Was Südafrika so interessant und hoffnungsvoll und wahrscheinlich einzigartig macht, ist die Existenz so vieler Graswurzel-Bürgerbewegungen.“

Im Jahr 2008 empfingen der Dichter Dennis Brutus, der Journalist Ferial Haffajee und ich John kurz nach einem epischen John-Pilger-Filmfestival an der Universität von KwaZulu-Natal – all seine Filme sind online zu finden – bei der Time of the Writer-Konferenz in Durban. Innerhalb von 20 Monaten war Dennis verstorben und John klagte: „Es war mir eine große Ehre, Dennis letztes Jahr endlich zu begegnen. Er war ein Gigant von einem Menschen, der die Welt in vielerlei Hinsicht verändert hat. Seine hartnäckige Menschlichkeit inspirierte viele dazu, weiterzumachen und die Mistkerle auf lange Sicht nicht gewinnen zu lassen.“

Wie so viele bezeugen können, die ihm hier begegnet sind oder von ihm etwas über unsere Realitäten erfahren haben, verdient Pilger die gleiche Anerkennung, da seine Filme und Schriften unseren Sinn für Demütigung und unseren Instinkte für Gerechtigkeit erneuern.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „John Pilger on Apartheid and Post-Apartheid Injustices: ‚South Africa is Where Much of My Political Education Took Place‘“ bei counterpunch.org. Er wurde von Gabriele Herb ehrenamtlich übersetzt und vom ehrenamtlichen Manova-Korrektoratteam lektoriert.