Ganz in Weiß
Bei einer Gedenkdemo am Ort des Hambacher Fests von 1832 wurden Demokratiefreunde von Gegendemonstranten attackiert.
Unser Autor mag es bunt. Seit seiner Jugend interessiert er sich für Kunst und Kultur, für Musik, Skulpturen und Bilder. Die weiße Kleidung, die viele Anwesende des Hambacher Fests 2023 als Symbol für ihre demokratische und friedliche Gesinnung trugen, wurde jedoch von den Trendangepassten aus dem eher regierungsnahen Milieu als Passvorlage für ein naheliegendes Bekenntnis genutzt: „Bunt statt Weiß“. Womit die Fronten wieder mal klar waren, denn die Demonstrierenden waren als Feinde der Diversität und als rechts markiert. „Scheiß auf Weiß“ lautete denn auch ein noch subtileres Motto. Das Hambacher Fest 1832 war ein friedliches Bekenntnis zu den Bürgerrechten in Zeiten von schlimmer werdender Unterdrückung und Pressezensur gewesen, ein Bekenntnis auch zur deutschen Einheit. Der Vergleich zwischen damals und heute ist unbequem für jene, die sich als Mitläufer einer galoppierenden Entdemokratisierung ertappt fühlen. Gespalten ist das Land heute zwar nicht mehr in unzählige Kleinststaaten, jedoch in viele unduldsame Gesinnungsgemeinschaften, die einander belauern und mundtot zu machen suchen. Der Autor erzählt, wie Polizei und „Antifaschisten“ den Demonstrierenden das Leben schwer zu machen versuchten.
Ich mag es grün, seit ich denken kann, ich liebe es die wilde Natur zu genießen und darin einfach zu sein. Biophilie ist zu einem Lieblingswort für mich geworden. Auch Schwarz mag ich sehr, beispielsweise in die Nacht einzutauchen und den Sternenhimmel zu betrachten mit den unzähligen Sonnen, deren gleißendes weißes Licht nur noch ein kleines Funkeln ist, bis es auf unsere Netzhaut trifft. Auch Rot mag ich ganz besonders, wie etwa das Blutrot, das unseren Körper durchströmt, oder die Rosen für unsere Liebsten. Rosa Lippen, bunte Blumen, …
Als ich mit meiner Familie am Mittag des 28. Mai 2023 auf das Hambacher Schloss laufe, lese ich überall: „Hambach bleibt bunt“ und frage mich, was das „bleibt“ darin soll. Schnell wird klar, dass es mit der heutigen Demonstration am Hambacher Schloss zu tun hat.
Ich habe nicht viele Informationen darüber, seit den letzten Jahren hole ich meine Informationen am liebsten direkt aus dem Leben. Ich meide die „Leitmedien“ weitgehend. Zu sehr werden mir die Informationen „eingefärbt“. Diese besondere Zeit hat mich gelehrt, mehr meine eigenen Augen zu nutzen, anstatt in Röhren und Zeitungen „fern zu sehen“.
Freunde von uns sind schon am frühen Morgen mit einer großen Gruppe mit dem Zug nach Neustadt gefahren, um hierin für Frieden und einen Wandel in der Klimapolitik zu demonstrieren. Auch die 440 Milliarden an Steuergeldern, die für die Coronahysterie großteils in die Industrie gepumpt wurden, und die erfolgten grundrechtswidrigen umfassenden Freiheitsbeschränkungen des Lockdowns, die Nötigung zu Gentherapie mit mRNA-Impfung und Arbeitsverbote für „nicht systemrelevante“ Berufe, sind ihre Motivation, auf das Schloss zu laufen. Als Kulturschaffende waren wir selbst in dieser Zeit nicht systemrelevant.
Wir hatten nicht damit gerechnet, noch etwas von der Demo mitzubekommen und wollten eigentlich nur unserem Sohn in diesem Kontext das Hambacher Schloss zeigen, und ihm die grundlegende demokratische Geschichte dahinter näher bringen.
Überall ist die Straße mit zahlreichen Graffiti besprüht: „Kein RAL breit den Weißen“ etwa, oder „Scheiß auf Weiß“. Welches Problem haben die Leute hier mit der Farbe Weiß, beinhaltet sie doch im Spektrum alle Farben? In der Ferne vernehmen wir Trommeln und beschließen, statt direkt zum Schloss, dann doch dorthin zu laufen und Eindrücke zu sammeln.
Erst als wir die Demo auf einem Parkplatz erreichen, verstehe ich den Hintergrund der Schmiererei auf der Straße.
Mann und Frau haben sich auf der Kundgebung heute überwiegend weiß angezogen und auch viele Friedenstauben werden auf Bannern und T-Shirts getragen. Weiß als Farbe des Friedens also ist heute Stein des Anstoßes.
Da ist er wieder der Hass, direkt gefolgt von der Spaltung. Ich kann sie nicht mehr hören diese kriegerischen Parolen. Zu sehr vernehme ich noch das Echo der Plandemie „Gemeinsam im Kampf gegen Corona“. Heute heißt es „Kampf gegen den Klimawandel“ oder „Gemeinsam gegen Putin“. Hier in Hambach kämpft heute also jeder, der sich für politisch korrekt hält, gegen Weiß. Die Winzerhöfe sind nahezu alle demonstrativ geschlossen. Ein Mann sagt zu uns: Mit den Chaoten wolle er nichts zu tun haben. Ob er die Demo oder die Gegendemo meint, erschließt sich uns nicht. Das bunte demokratische Hambach verschließt sich anderen Meinungen …
Um auf die Demo zu kommen, müssen wir durch eine dichte Polizeisperre, die angeblich die Demonstranten vor der „Gegendemo“ schützen soll. Gegendemonstranten sind aber weit und breit nicht zu sehen, wenn man von deren Grafittis absieht. Es macht daher auf mich den Anschein, dass man eher Touristen davon abhalten möchte, mit Inhalten der Demo in Kontakt zu kommen. Wir müssen um Durchlass bitten. Mehrere hundert Menschen demonstrieren noch am Mittag in Neustadt im Stadtteil Hambach auf einem Platz mit Blick auf das Schloss. 1700 sollen derweil auf dem Schloss sein, dem eigentlichen Ziel der Demo.
Zugang bekommt man zum für heute extra bunt eingefärbten Schloss laut Infos aus der Menge keinen mehr. Wegen Überfüllung geschlossen, heißt es, und so stehen auch viele hundert Menschen davor.
Wie ich es auch schon von vergangenen Demos gegen die Coronamaßnahmen kenne, sind auch hier die Menschen ein äußerst bunter Schnitt quer durch die Gesellschaft und aus allen Alters- und Berufsgruppen, tatsächlich menschenfeindlich oder nationalistisch sind hier höchstens wenige Einzelpersonen.
„Würde man nach dieser Systemmedien-Logik von Einzelpersonen auf die gesamte Versammlung als nationalistisch schließen, so wäre auch der Deutsche Bundestag ein rechter, drogensüchtiger Haufen, …“, denke ich.
Wir beschließen dennoch, auf das Schloss zu laufen, unserem eigentlichen Ziel des Tages. Vielleicht haben wir später am Mittag noch die Gelegenheit, nach dem Ende der Demo das Schloss zu besuchen, so hoffen wir. Auf dem Weg durch die idyllischen Weinberge überholt uns ein älterer, dunkel gekleideter Mann, er verwickelt uns in ein Gespräch und will offensichtlich mit uns gemeinsam laufen. Schnell wird uns aber klar, dass wir mit diesem Herren nichts teilen.
Wir sind tatsächlich auf einen dieser vereinzelten „Rechtsextremen“ gestoßen, die gerne in den Systemmedien interviewt und plakativ als „typisch“ für die „Querdenkenszene“ angeführt werden. Ich bin schockiert, wie er über die Zuwanderung und die Menschen spricht. Sicher kann man die Politik und die Maßnahmen hierzu kritisch hinterfragen, seine menschenverachtende Sichtweise ist mir jedoch äußerst fern. Ich versuche, milde auf ihn einzuwirken, dass wir eine Menschheitsfamilie sind und nicht „gegen“ etwas, sondern für Frieden unter den Menschen sein sollten, … doch er hört überhaupt nicht zu. Es gibt leider solche Menschen in jeder Bewegung, mit denen ein Austausch an Argumenten fehlschlägt. Wir geben auf und täuschen vor, uns auf einer Bank ausruhen zu müssen, um Strecke zwischen ihn und uns zu bringen…
Wenn die Verständigung leidet und ein Konsens schon fast unmöglich wird, sind das die wahren Herausforderungen für eine Demokratie. Andere konträre Meinungen aushalten können, ohne sich zu bekriegen, ist kein Spaziergang.
Die Kundgebung auf dem Schloss ist offenbar zu Ende und so laufen wir quasi gegen den Strom. Wir haben noch eine lange Strecke vor uns, wir sind äußerst froh, auf dem Weg noch mit vielen friedlichen Menschen ins Gespräch zu kommen. Viele tragen weiße Kleidung, doch auch viele bunte Accessoires, es werden zwischendurch auch immer wieder Musikinstrumente gespielt und so macht der durchaus bunte Zug in keiner Weise den Eindruck einer Uniformierung.
Noch immer ist der gesamte Freiheitspfad, die Schloßstraße, mit wenigen Schritten Abstand dazwischen, mit Sprüchen besprüht. „Antifaschistische Aktion“ ist zu lesen, „Querdenken Fuck off“ oder „Wissenschaft statt Verschwörungstheorie“, …
Es ist offensichtlich, dass die selbsternannten Antifaschisten sich nicht wirklich die Mühe gemacht haben, auf die Thematik der Demo einzugehen. Dagegen zu sein, erfordert Trennung, „Divide et Impera“, teile und herrsche, wem nutzt es, denke ich.
In meiner Jugend hatte ich mit diesen Menschen zunächst sympathisiert, mich aber aufgrund der Aggressivität und ihrer Tendenz, immer generell „dagegen“ zu sein, davon abgewendet. „Legal, Illegal, Scheißegal“, war ein Motto davon. Auf einer Demo in Mainz konnte ich einmal erleben, wie diese Menschen „Wir impfen euch alle“ schrien.
Auf dem Parkplatz unterhalb des Schlosses stehen unzählige Polizeitransporter, und hinter einer Absperrung erkennen wir die Gegendemo von noch geschätzt 40 Personen. Man hat also die Menschen nach vermeintlich politischer Gesinnung und „Farbe” getrennt. Dahinter hängen die bereits erwähnten Plakate der „Initiative gegen Rechts” aus Ludwigshafen. Großformatige Banner der Grünen und der SPD werden gerade abgehängt. Die Gegendemo ist dabei, sich aufzulösen. Aus einem Megaphon tönt: „… heute gibt es Gutscheine von Frau Künast, die Sie sich gleich abholen dürfen …“ Die Gegendemo jubelt. So funktioniert Demokratie heute.
Was die Medien für die Menschen, die „fern sehen“ wohl daraus gemacht haben? Geschickte Schnitte hier, ein bisschen Framing dort, Besucherzahlen halbieren, … Ich bin froh es mit meinen eigenen Sinnen gesehen zu haben. Ich bin froh, dass die Berichterstattung bunter wird und alternative Presse, auch aus dem Volk, in den letzten Jahren vielfältiger und stärker geworden ist.
Ich bin schon erleichtert, dass die Polizeibeamten, viele aus Bayern, nicht wie zuletzt in Berlin als vollgepanzerte Sturmtruppen wie in Star Wars erschienen sind. Offensichtlich hat man verstanden, dass die Bewegung überwiegend friedlich ist. Heute wurden keine friedlichen Menschen geknüppelt oder mit Wasserwerfern vertrieben. Das Schloss aber ist für den restlichen Tag gesperrt und so können wir leider nicht den Siebenpfeiferweg zum Ziel gehen, an dem einst die Farben „schwarz, rot, gold“ gehisst wurden.
Wir werden wiederkommen und unserem Sohn die Geschichte erzählen, die sich 1832 hier abgespielt hat. Wir werden ihm erzählen, wie filigran die Freiheit und Demokratie ist, und dass es sich lohnt, dafür einzustehen. Ich hoffe, er wird verstehen, wie wichtig eine bunte Meinungskultur ist, wie unbequem so manche Wahrheit ist und wie sehr es sich lohnt, für Verständigung einzutreten.
Es ist so wichtig, sich seine Meinung frei zu bilden, anstatt Sprüchen hinterherzulaufen oder Kriege zwischen Farben loszutreten. Eine Farbe ist eine Farbe, nichts weiter.
Wirkliche Inhalte und Positionen oder einen Konsens mit Menschen im persönlichen Dialog zu erarbeiten, anstatt plakative Sprüche auf die Straße zu sprühen, dafür sollte es Gutscheine geben.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Beitrag erschien zuerst unter dem Titel „Die Wiege der Demokratie, so bunt wie noch nie ! Hambacher Schloss 28. Mai 2023“ auf dem Reiseflucht-Blog.