Freudloser Maskenball
Die Corona-Hysterie hat eine Wahndynamik in Gang gesetzt, die sich als zunehmend unkontrollierbar erweist.
Die Angst hat uns fest im Griff. Fleißig geschürt wird sie vor allem von einer Berufsgruppe, die sich sonst gern ihrer Vernunft und Objektivität rühmt: den Wissenschaftlern. Wie gebannt warten wir auf eine zweite Welle, auf immer neu aufflammende Infektionsherde, auf den erneuten Lockdown. Niemand vermag sich mehr auf den kommenden Herbst zu freuen. Denn viele wissen: Ein weiterer Lockdown wird unsere materielle Existenzgrundlage endgültig zerstören. Keine schönen Aussichten! Deshalb verstärken die Regierenden ihre moralischen Appelle: Seid jetzt im Sommer nicht leichtsinnig, haltet Abstand und tragt die Maske überall, wo sie verpflichtend ist! Die Gefahr scheint allgegenwärtig, die Angst ebenso. Wie wird unsere Zukunft aussehen? Dort wo sich viele versammeln, in den Konsumtempeln etwa, können wir eine Ahnung von ihr erhaschen: von einer feindseligen, furchtsamen, freudlosen, entleerten Menschheit.
Wir, die gesamte Menschheit vereint, befinden uns im Kampf, nein, im Krieg gegen das Virus, das wir in unserem Land durch unsere Maßnahmen erfolgreich niedergerungen haben. Um dem Feind nicht die Gelegenheit zu geben, verlorenes Terrain zurückzuerobern, befolgen wir die angeordneten Maßnahmen, schützen wir unsere Mitmenschen und uns selbst im solidarischen Kampf, denn sonst war alles umsonst, was wir die letzten Monate ertragen haben. Alternativlos ist der eingeschlagene Weg der Kontrolle des Virus, das uns bisher den Gefallen erweist, die nötige Bestätigung zu geben. Viele Landkreise sind infektionsfrei. Und dennoch: Eine Entwarnung ist nicht in Sicht, die Pandemie nach wie vor gegeben.
Wer anderes denkt, outet sich als Verschwörungstheoretiker. Das sind die, die hinter dem Geschehen die unsichtbare Hand einer Macht vermuten, die entweder das Virus in die Welt setzt, um zum Ziel ihres Bestrebens — der Weltherrschaft — zu kommen, oder die das Virus als willkommenen Anlass und Gehilfen benutzt, um durch die passenden Maßnahmen das Weltgeschehen unter ihre Kontrolle zu bringen. Dafür sind alle Mittel recht, die zum Ziel führen.
Die Rechtschaffenen bemühen sich, durch eine globale Strategie, der möglichst alle Staaten folgen, die Menschheit aus den Fesseln der Todesbedrohung zu befreien: die Ausbreitung des Virus durch geeignete Maßnahmen einzudämmen und das Virus zu besiegen. Nichts anderes ist das Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO), deren vor Jahren ausgearbeitete Pandemiepläne zur Richtschnur nationalen Handelns wurden. Für diese Pläne gibt es also tatsächlich ein zentral agierendes Organ der Vereinten Nationen (UNO) mit Sitz in Genf.
Was unterscheidet die Rechtschaffenen von den Verschwörungstheoretikern? Die zentral agierenden Mächte oder Organisationen verfolgen unterschiedliche Ziele: einmal die Rettung der Menschheit und — dem entgegengesetzt — die Weltherrschaft.
So weit, so klar! Das können wir kommentarlos so stehen lassen. Beide Seiten hantieren mit Argumenten, die ihre Vorgehensweise rechtfertigen sollen. Die einen sind wissenschaftlich fundiert, die anderen arbeiten mit unbewiesenen Fakten, also sogenannten Fakes. Hier stehen die Erkenntnisse der Naturwissenschaft, dort unbewiesene Konstruktionen von Zusammenhängen. Hier die Ratio, dort ein fehlgeleitetes, irrationales Denken.
An dieser Stelle ist es sinnvoll, sich dem Thema der Wahnvorstellung zuzuwenden. Das Verständnis des Wahns bezieht sich exakt auf diese Gegenüberstellung.
Es gibt ein Verständnis der Welt, wie sie sich als objektive Tatsache zeigt und als solche verstanden wird. Diese Sicht findet die allgemeine Zustimmung einer Kultur, der Gemeinschaft der Gesunden. Ein solches Verständnis basiert auf den Erkenntnissen aus der rationalen Aneignung dieser Welt, wie sie sich dem Vernunftwesen Mensch erschließt, und bezieht sich immer auf eindeutig bestimmbare Fakten, die in einem vielfältigen Netz von Zusammenhängen verbunden sind.
Es gibt Menschen in diesem gesellschaftlichen Konsensraum, die sich allein auf Grund ihres nur sie betreffenden Verständnisses dieser Welt in eine soziale Isolation gebracht haben, in der sich die positiven Anbindungen an das Ganze der Gemeinschaft aufgelöst haben. Diese bedauernswerten Menschen beharren so unumstößlich auf ihrer Sicht, die eigene Wahrnehmung oder Überzeugung betreffend, dass sie von der gesunden Allgemeinheit nur noch als Wahn-Kranke gesehen werden können. Der vermeintlich kleine Kreis dieser als krank Diagnostizierten ist in Wirklichkeit sehr viel größer, denn viele von ihnen getrauen sich nicht — weil sie um die Konsequenzen wissen —, über ihre nicht konsensfähigen Wahrnehmungen oder Überzeugungen zu sprechen.
Wer kennt sie nicht, die Geschichten von den armen Irren, die sich als göttlich Auserwählte oder bedeutende Persönlichkeiten der Geschichte präsentieren, die sich von dubiosen Mächten oder Dämonen verfolgt fühlen, nachts von dunklen Gestalten heimgesucht werden oder in der Angst leben, vergiftet zu werden oder an einer unheilbaren Krankheit zu leiden! Was ist das Besondere dieses weiten Feldes mit seiner Vielzahl von Themen, Formen und Ausprägungen, sodass eine vollständige Aufzählung und Beschreibung utopisch erscheint?
Dass eine wahnhafte Überzeugung nicht im Zusammenhang des Rechthabens durch den Austausch konkurrierender Argumente auftritt, wird sofort klar, wenn an ihr alle gutgemeinten Argumente sinnlos abgeprallt sind. Der Wahn ist eine Endreaktion, eine Überlebensstrategie, Teil eines psychischen Dramas, in dem Verletzung, Lieblosigkeit, Gewalt jeglicher Art, nicht mehr zu verkraftende Lebensumstände und -ereignisse, der Zusammenbruch von Lebensentwürfen und nicht zu ertragende Ungerechtigkeit den gesunden Anteil der Persönlichkeit stillgelegt und an seiner Statt die Erlebensführung übernommen haben. Mitunter tritt er auch still und leise auf, entzieht er sich der Erkenntnis wie im Falle des Kontrollwahns, in dem ganze Kulturen unterwegs sein können.
Der Wahn hat eine andere Sicht der Welt! Doch wer glaubt, diese Sicht sei allein das Symptom einer Krankheit, der irrt. Der andere Blick auf die Welt und all ihre Erscheinungen, denen auch Geistwesen, tierische Ungeheuer oder die Verwandlung in andere Lebewesen zuzuordnen sind, in der unsere Gefühle eine rationale Sicht dominieren, in der schon nur Gedachtes so real ist wie das tatsächlich Geschehene, gehört zu der Erlebenswelt, die wir alle durchlaufen haben, nämlich die Kindheit, aber auch zu der eines Großteils der Menschheit, der sich nicht unserem rational-materialistischen Weltbild verschrieben hat.
Der vom Wahn besetzte Mensch und das Kind haben noch mehr gemeinsam: die außergewöhnliche Ausprägung der sozialen Wahrnehmung, der nichts entgeht, die feinste Schwingungen erfasst und beantwortet, sowie die Verletzlichkeit ihres abhängigen Daseins, in dem die Angst zur zentralen Emotion des Bedrohtseins dann in den Mittelpunkt rückt, wenn die Erlebnisse nicht mehr zu bewältigen sind.
Seitdem der Wahn zum diagnostizierten Krankheitsbild der Psychiatrie avancierte, wird er auch, ob unterschwellig oder offen, zur Bedrohung für den gesunden Behandler. Im Wahn wurde am deutlichsten, wo der Gesunde steht und wo der Kranke: hier das Licht der Vernunft, dort der Abstieg auf die tierhafte, ganz den Trieben ausgelieferte Existenz. Die Bedrohung gilt also für beide Seiten: die gesunde wie die kranke.
Angst und Bedrohung sind im unverhüllten Gesicht des den Wahn lebenden Menschen deutlich sichtbar mit allen Nuancen von Erschrecken, Panik, Furcht, Trauer, Wut, gar der Raserei; der Wahn kann sich aber auch hinter emotionslosen und durch und durch rationalen Zuständen verbergen. Wie so oft ist immer alles möglich!
Die Bedrohung, der wir durch Corona als Weltgemeinschaft ausgesetzt sind, ist so vielfältig, wie die Lebenssituation jedes einzelnen von uns verschieden ist. Hier die Bedrohung des Sterbens durch die virale Erkrankung oder durch Verhungern, dort die des Verlustes der materiellen Existenz, der persönlichen Freiheiten durch staatlich verordnete Beschränkungen und in deren Folge die soziale Vereinsamung mit Depression, Zwang und psychosomatischen Beschwerden. Alles in pandemischer Ausbreitung von geradezu erschreckendem Ausmaß, zu dem sich jetzt auch noch ein kollektiver Wahn hinzufügt. In die Gesichter vieler Menschen hat er sich schon eingeschlichen, unmerklich, aber sichtbar.
Ist der Wahn im ursprünglich klinischen Sinn gekennzeichnet durch eine Selbstisolation, die im Zusammenhang nicht konsensfähiger Überzeugungen steht und durch rationale Argumente nicht beeinflussbar ist, also ein durch und durch die Einzelperson betreffender Zustand, so erweitert sich durch Corona das Zustandsbild in ein globales Phänomen.
Dieses globale Zustandsbild ist kein zufälliges, nicht vorhersehbares Ereignis — es ist den Gremien der WHO als verantwortlicher Instanz für die Erstellung des zur Anwendung kommenden Pandemieplans natürlich bekannt. Deshalb ist auch die Reaktion darauf schon in den jetzt nationalstaatlich relevanten Pandemieplänen ausdrücklich formuliert.
Die Diskreditierung abweichender Auffassungen, auch wenn sie Teil des wissenschaftlichen Diskurses sind, wird im Begriff des Verschwörungstheoretikers Teil des Planes.
Damit wird der gesellschaftliche Diskurs als Grundbestandteil der demokratischen Kultur per obrigkeitsstaatlicher Verordnung nicht nur vergiftet, er wird für die Zeit der viralen Bedrohung außer Kraft gesetzt, und der Pandemieplan wird zum Kriegsrecht: Im Krieg gegen das Virus setzt der Staat nicht nur Grundrechte außer Kraft, er unterbindet auch den gesellschaftlichen Diskurs, in dem Menschen sich im Austausch ihrer Argumente begegnen, um zu einem Konsens mit praktikablen Lösungen zu gelangen.
Der weltweit zur Anwendung kommende Pandemieplan setzt seinerseits auf zweierlei Weise die Wahndynamik in Gang: mit Agitation gegen den Verschwörungstheoretiker und damit verknüpft die Vergiftung des gesellschaftlichen Diskurses, doch zuvor schon durch den kalkulierten Einsatz von Angstzahlen, Angstbildern, Angstaussagen und Angstmaßnahmen, die allesamt dem Ziel untergeordnet sind, die Bevölkerung für die getroffenen Maßnahmen zur Zustimmung und zu solidarischem Handeln zu bewegen.
Der Pandemieplan der WHO — wohl darum wissend — jongliert mit den seelischen Kräften der Depression, der Zwänge und des Wahns in globalen Dimensionen. Wer den Plan liest, muss den Eindruck gewinnen, es handele sich um ein durch und durch rationales Konstrukt, einzig und allein der epidemiologischen Logik verpflichtet, die nur das eine Ziel verfolgt: Leben retten.
Dieser Pandemieplan der WHO, national angepasst, ist schon heute grundsätzlich gescheitert!
Durch den global vollzogenen Lockdown, nicht endende „Schutzmaßnahmen“ wie die Maskenpflicht, die Spaltung der Menschen in Rechtgläubige und Rechtdenkende auf der einen Seite und asoziale Verschwörungstheoretiker auf der anderen setzt der Pandemieplan eine Wahndynamik in Gang, die niemand kontrollieren kann.
Angst, Isolation, die unsichtbare Bedrohung des Virus, die Erzeugung einer einzig gültigen Wahrheit, die Permanenz der Gefährdung durch den Erreger, der Entzug unserer Freiheiten, die Bedrohung durch Verlust der wirtschaftlichen Existenz und der Versorgung mit Nahrung, durch häusliche Gewalt und anderes mehr formen einen innerseelischen Zustand, aus dem nur noch ein globales Wahngebilde entstehen kann, das sich in den Menschen in unterschiedlichem Ausmaß ausbreitet und deutlich zu zeigen begonnen hat.