Fest der Friedenstüchtigen

Am Antikriegstag schlitzte die neue Friedensbewegung mitten in München einen Riss in die Matrix der Kriegspropaganda und läutete eine neue Zeitenwende in Richtung Deeskalation und Kooperation ein.

In Vorkriegszeiten hört beim Frieden der Spaß auf. Sowohl für Kriegsbefürworter als auch für Friedensbewegte. Erstere sehen ihre Ideologie und ihr Geschäft bedroht. Und Letztere finden den Gegenwind der Erstgenannten bei Friedensbemühungen überhaupt nicht spaßig. Wer ein öffentlichkeitswirksames Friedensfestival im neuen kalten Krieg veranstalten möchte, muss sich also warm anziehen. Ein Hagelschauer aus „Medialen Kugeln“ (Kilez More) prasselt zuverlässig auf alle jene ein, die es auch nur wagen, die Finger zu einem „Peace“ zu formen. Unter diesen Vorzeichen veranstaltete das Bündnis „München steht auf“ am 1. September 2024 ein Friedensfestival mitten auf dem Münchner Marienplatz. Neben bekannten Gesichtern der neuen Friedensbewegung erschienen Tausende Menschen aus dem ganzen Land, um für die Wahrung des Friedens Gesicht zu zeigen.

Der Friedensbewegung konnte an diesem spätsommerlichen Antikriegstag kaum jemand ausweichen. Wer die Münchner Innenstadt durchqueren wollte, kam unweigerlich an dem Friedensfestival vorbei, welches das Bündnis „München steht auf“ (MSA) bereits vor Monaten initiiert hatte. Der zentrale gelegene Münchner Marienplatz wurde nicht zufällig dür dieses Fest ausgewählt. Als das Herzstück der Stadt München ist dieser Ort selbst an einem Sonntag der Durchlaufsplatz für abertausende Menschen. Das Leuchtfeuer für Frieden in der dunklen Zeitenwende der Neo-Kriegseuphorie sollte unübersehbar sein.

Dem Festival wehte bereits im Vorfeld Gegenwind durch das Friedenstaubengefieder. Da gab es zum einen die Kontroverse um den geplanten Auftritt von Dieter Hallervorden. Dieser hatte vor wenigen Monaten mit seinem Gaza-Gedicht den Finger in die moralische Wunde des Westens gelegt. Nachdem er ursprünglich als Redner angekündigt war, sagte er seinen Auftritt Anfang Juli ab. Er wolle nicht mit Putin-Verstehern auftreten.

Leitmedial wurden zahlreiche, gleich lautende Geschütze aufgefahren, um das Festival im Vorfeld zu diskreditieren. So wurde die Veranstaltung mit der am Vortag stattfindenden Reichsbürger-Demo vermengt und wahrheitswidrig mit Querdenken in Verbindung gebracht, um den Eindruck zu erwecken, all das wäre aus dem gleichen Guss.

Davon unbeirrt kamen die bekanntesten Musiker und Publizisten der neuen Friedensbewegung in die bayerische Landeshauptstadt. Und obwohl sich an diesem Tag die Crème de la crème der sogenannten „Umstrittenen“ vor dem rot-grünen Rathaus versammelte, brachte dies keine nennenswerten Gegenproteste mit sich. Lediglich drei stadtbekannte Gegendemonstranten hielten am Rande der Veranstaltung Schilder hoch. Und die bei keiner MSA-Veranstaltung fehlenden Fotografen von einschlägigen Organisationen „gegen rechts“ dokumentierten das Festival mit ihren Kameras. Womöglich hatten die an diesem Tag stattfindenden Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen die volle Aufmerksamkeit der selbsternannten Demokratieschützer auf sich gezogen, weswegen das Festival weitestgehend unbehelligt und ungestört abgehalten werden konnte.

Angemeldet wurden 5.000 Teilnehmer. Nach Polizeiangaben nahmen zu Spitzenzeiten 3.500 Menschen an dem darauf folgenden Demozug teil. Dieser zog durch die Altstadt, die Isarvorstadt und das Glockenbachviertel; Stadtbezirke, in denen bei der Ausgelassenheit der Teilnehmer der Eindruck entstehen konnte, wir lebten gar nicht in Vorkriegszeiten. Mit Trommeln, Glocken und Skandierungen wurden die bedrohlich nahen Kriegsverwerfungen angemahnt.

Der Antikriegstag fiel auf einen Sonntag und dennoch harrten zahlreiche Menschen bis in die späten Abendstunden aus. Zum Ende der Veranstaltung zeigte sich zudem, dass die neue Friedensbewegung es sich keineswegs in einer sich gegenseitig bestätigenden Echokammer bequem gemacht hatte. Die Sprecherin Colette löste mit ihrer ungefilterten Art zu sprechen zuweilen Empörung und Gegenreaktionen im Publikum aus. Das habe auf einer Friedensdemo nichts verloren, wurde vielfach kritisiert. Am Ende bewies der Veranstalter einen souveränen Umgang mit Meinungsdifferenzen. Statt zu canceln wurde im Anschluss der Redebeitrag auf der Bühne gemeinsam mit dem Publikum reflektiert. Hier wurde gezeigt, dass es auch anders geht. Cancel Culture ist keine Kultur.

Alles in allem verlief das Festival in einer Friedlichkeit, die dem Motto auch gerecht wurde. Es soll auch nicht das letzte Festival gewesen sein.


„Fest der Friedenstüchtigen“

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