Fest der einseitigen Freiheit
Am Pessach-Fest 2025 stellt sich die Frage, ob nicht heutzutage Palästinenser aus israelischer Gefangenschaft befreit werden müssten.
„When Israel was in Egypt’s Land — let my people go! Oppressed so hard, they could not stand — let my people go!“ Dieses Spiritual ist auch in Deutschland sehr bekannt. Am Pessach-Fest, das annähernd auf das christliche Ostern fällt, feiern Juden den Auszug ihrer Vorfahren aus Ägypten — angeführt von Moses. In diesem wie im letzten Jahr steht das Fest der Befreiung unter einem besonders ungünstigen Stern. Es stellt sich nämlich die Frage, wer heutzutage wen unterdrückt. Die Palästinenser im Westjordanland haben keine Freiheit, ihre Landsleute in Gaza wissen nicht einmal, ob sie den nächsten Tag überleben werden. Unter solchen Umständen betrachtet Evelyn Hecht-Galinski die Feierlichkeiten um das jüdische Hochfest — wie auch die einseitige Anteilnahme der nichtjüdischen deutschen Mehrheitsgesellschaft — als heuchlerisch.
Als am Samstag, dem 12. April 2025, viele Juden weltweit den ersten Sederabend des Pessach-Festes — die Befreiung aus der Sklaverei — feierten, das zweite, das inmitten des andauernden Völkermords stattfindet, den Israel an den Palästinensern in Gaza verübt, da musste selbstverständlich über Palästina gesprochen werden. Ich bin sicher, dass jeder antizionistische Jude, der einen Widerwillen verspürt, wenn wir zu der Zeile kommen, die jeden Pessach-Seder beschließt: „Nächstes Jahr in Jerusalem!“
Was bedeuten diese Worte im Zeitalter des Zionismus wirklich: Wenn ein Jude nicht erst nächstes Jahr, sondern schon morgen nach Jerusalem fliegen und bei seiner Ankunft sofort ein Bürger werden kann? Wie können diese Worte voller Freude gerufen werden, wenn wir wissen, dass Israel 1948 die ethnische Säuberung der einen Hälfte Jerusalems durchführte und 1967 die andere Hälfte militärisch eroberte und besetzte? Was bedeuten diese Worte, wenn es unzähligen Palästinensern, die seit Generationen tief mit dem Land verbunden sind, verboten ist, auch nur einen Fuß in diese Stadt zu setzen?
So sieht Entmenschlichung aus
Der „jüdische Staat“ wollte schon seit Staatsgründung Palästinenser vertreiben — jetzt aber ganz offen und mit unaufhaltsamer US-Unterstützung. Schließlich wurde der Plan zur ethnischen Säuberung Palästinas von Zionisten längst vor dem Holocaust erdacht, formuliert und im Plan Dalet genannt. Er nutzte verschiedene Daten des Jüdischen Nationalfonds, um alle palästinensischen Gemeinden zu identifizieren und dann festzustellen, wer vertrieben und wer getötet werden sollte. Natürlich wussten die jüdischen Siedler und Eindringlinge, dass Palästina mindestens 750.000 Einwohner hatte und keineswegs das „Land ohne Volk“ war. Diese Planung ermöglichte es den Zionisten, militärisch zu trainieren und ein großes Waffenarsenal anzulegen. (1)
Was sich daraus entwickelte, erleben wir heute immer präziser und erschreckender. Unverhohlen wird gezeigt, wie man die Stärke der Besatzer, die Verbrechen des Völkermords nicht verschleiert, sondern als notwendig darstellt, im Kampf gegen den „Terror“.
Regelmäßig gelangen sadistische Gräueltaten und Videos jüdischer Besatzungssoldaten an die Öffentlichkeit. Manche fühlten sich „wie Nazis“ nach Völkermord-Taten. (2)
Selbst im Tod mussten die ermordeten Sanitäter beweisen, dass sie humanitäre Helfer waren. Und dennoch berichteten viele westliche Medien zuerst über die Version Israels – „Israel sagt …“, „die IDF erklärt …“, „eine Militärquelle berichtet …“. Diese sorgfältig formulierten Zeilen haben mehr Gewicht als die blutbefleckten Uniformen des Roten Halbmonds. Mehr als die Beweise. Mehr als die Wahrheit. (3)
Das ist nichts Neues. Das ist kein Einzelfall. Das ist ein System. Ein System, in dem Palästinenser als schuldig gelten. Ein System, in dem Krankenhäuser beweisen müssen, dass sie Krankenhäuser sind, Schulen beweisen müssen, dass sie Schulen sind, und Kinder beweisen müssen, dass sie keine menschlichen Schutzschilde sind. Ein System, in dem ihre Existenz als Bedrohung behandelt wird — eine Bedrohung, die gerechtfertigt, erklärt und verifiziert werden muss —, bevor irgendjemand um sie trauert. So sieht Entmenschlichung aus.
Vertreibungs- und Ausrottungspolitik
Leugnung kann viele Formen annehmen. Für einige wurzelt sie in der rassistischen Entmenschlichung des Anderen; andere sind vielleicht einfach zu überwältigt, um das massive Abschlachten von Kindern auf solch abscheuliche Weise zu begreifen; wieder andere verdrängen die Wahrheit und bezeichnen den Massenmord als „Kollateralschaden“ oder als den Einsatz von „menschlichen Schutzschildern“ durch die Hamas — eine zynische Behauptung, die von Menschenrechtsbeobachtern immer wieder widerlegt wurde. (4)
Besonders erschreckend: Nicht nur das rechtsextreme Regime von Benjamin Netanjahu, sondern auch der Großteil der jüdisch-israelischen Gesellschaft unterstützt diese Vertreibungs- und Ausrottungspolitik.
Machen wir uns nichts vor: es ist kein „Verteidigungskrieg“, sondern es ist Netanjahus Krieg als Garantie, sein Regime fortbestehen lassen zu können.
Auch die Demonstrationen gegen Netanjahu sind mehr als kritisch zu sehen, sie dienen dazu, jüdische Geiseln zu befreien, dafür den Krieg zu stoppen, danach aber weiterzumachen. Die Leiden der Palästinenser und deren Ausrottung sind für die wenigsten der Demonstrierenden ein Thema. Ja einige wollen Netanjahu weghaben, aber im Grunde nicht seine Politik. Es gibt weder eine noch politisch relevante Linke, noch eine echte Opposition, die etwas zu sagen hätte. Längst hat die Siedlerbewegung dank der Unterstützung dieses Regimes einen Großteil der Macht übernommen.
Fragen wir uns doch einmal, warum die westliche „Wertegemeinschaft“ die ethnische Säuberung Palästinas so schweigend hinnimmt? Von der Nakba bis heute ist das zionistische Regime seinen Ausrottungsplänen mit dem Endziel der „Endlösung“ auf dem Weg zu einem „Groß-Israel“ „vom Jordan bis zum Meer“ eines palästinenser-freien Palästina/Israel immer nähergekommen. Es sind trübe Aussichten, denen wir entgegensehen.
Völkermord ist die neue Realität
Deutschland beweist seine Liebe zu Israel, indem es Andersdenkenden einen Maulkorb verpasst. Deutschlands politische Führer kommen und gehen schließlich. Die Entscheidungen, die sie treffen, können noch lange nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt Konsequenzen haben. Deutschlands „Staatsräson“ — die Verpflichtung, die „Sicherheit“ Israels zu verteidigen — ist nun zu einem Instrument der Unterdrückung geworden. (D.C.) (5)(6)
Derzeit erleiden Palästinenser und ihre Verbündeten die Hauptrepressalien und leiden unter der Zensur und der gewaltsamen Unterdrückung der Staatsmacht. Was haben diese Maßnahmen noch mit der vielgepriesenen westlichen „Wertedemokratie“ zu tun?
Auch die geplante Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes, nach dem jeder Bürger einen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber Behörden des Bundes hat, ist zu kritisieren. Deutschland braucht ein starkes Transparenzgesetz im Namen der Meinungsfreiheit. (7)
Das zweite Schweigen der Deutschen
Die deutschen Behörden haben die Abschiebung von vier ausländischen Einwohnern angeordnet, weil sie an Protesten gegen den Völkermord im Gazastreifen teilgenommen haben. Die Staatsräson-Politik wird mit voller Härte übernommen, denken wir nur daran, dass es inzwischen dazugehört, dass wenn man den Wunsch hat, einen deutschen Pass zu erlangen, das Existenzrecht Israels anzuerkennen. Was für eine Forderung! (8)
Ganz anders wird es, wenn es um ukrainische Demonstrationen und Proteste gegen Russland geht. Schließlich sind es die ukrainischen Kämpfer, die „unsere Freiheit“ verteidigen. Während die Widerstandskämpfer und Palästinenser Terroristen sind, die das zionistische Regime in „Selbstverteidigung“ bekämpft. Gezielt nimmt das zionistische Regime Schulen, Krankenhäuser und medizinisches Personal, Sportler und Kinder ins Visier. Man nimmt Palästinenser als Schutzschilder. Auch das wird als „normal“ hingenommen und kommt kaum mehr in den Medien vor. Geht es aber um die Ukraine, dann wird jede Bombe, jeder getötete Zivilist oder jedes getötete Kind als Kriegsverbrechen in die Medien gebracht. Ein Großteil der Medien verschweigt die Gräuel in Gaza, während die Ukraine und Selenskyj „Stammgäste“ in der Tagesschau sind. (9)(10)
Nachdem der Zentralratsvorsitzende der Juden, Josef Schuster, sich erneut als Sprachrohr und Zweitvertretung des zionistischen Regime geoutet hat, ist es an der Zeit, nicht dem Palästinenserhilfswerk der UNO, UNRWA, die Gelder zu sperren, sondern dem Zentralrat der Juden in Deutschland. Nachdem Gaza nach Genozid, Krieg, völliger Blockade und Verweigerung von humanitären und medizinischen Hilfsgütern am Abgrund steht, ist es unsere Pflicht, das Palästinenserhilfswerk zu unterstützen. Ein Zentralratspräsident, der sich dermaßen äußert, ist untragbar.
Wie lange will sich Deutschland eigentlich noch die ständigen Einmischungen des langen Arms der israelischen Regierung gefallen lassen?
Brauchen deutsche Juden so einen Vertreter und Vertretung? (11) Ebenso ist endgültig der Posten des „Antisemitismusbeauftragten“ der Bundesregierung zu hinterfragen, da Felix Klein mit seinen Gaza-Aussagen zum „Genozidbeauftragten“ mutierte. (12)
Die Maske ist gefallen: Gaza und der Mythos der westlichen Moral
Der „jüdische Staat“ hat in Jahrzehnten Zwietracht zwischen den politischen Kräften in Palästina gesät. Mit der Korrumpierung der regierenden Fatah-Regierung im besetzten Westjordanland und der Bekämpfung, der versuchten Auslöschung der Hamas-Regierung in Gaza, gelang es Israel, den Palästinensern noch mehr zu schaden und sie in jeder Hinsicht noch mehr zu schwächen. Widerstand wurde sofort als Hamas-Terrorismus bekämpft. Wen wundert da eigentlich, dass der 7. Oktober 2023 kam, ein Aufschrei der Verzweiflung, der für Israel nicht unerwartet, sondern sich mit ignorierten Warnungen ankündigte und nicht ungelegen kam. (13)(14)
Endlich konnte die geplante „Endlösung“ beginnen. Mit allen schrecklichen Völkermord-Folgen bis heute: 51.000 getötete, 116.343 verwundete Palästinenser, inzwischen wurde die Zahl der getöteten allerdings auf 61.700 erhöht, da noch Tausende von Vermissten unter den Trümmern liegen. Was für eine unvorstellbare Zahl unschuldig getöteter Palästinenser. Das Versprechen „Nie wieder“ ist so verlogen wie Israels Propaganda und Einmischung, die es sogar schafft, auf die Wahl von Rednern Einfluss zu nehmen oder auf Ausladungen oder Abbruch von Veranstaltungen zu drängen.
Nein, der Holocaust rechtfertigt keine dieser Eingriffe und schon gar nicht durch ein zionistisches Regime, das weder vor Völkermord noch vor Verbrüderung mit rechtextremen Parteien oder Personen zurückschreckt.
Das sollte gerade der kommende „BlackRock-Kanzler“ Friedrich Merz verinnerlichen, wenn er den vom Internationalen Gerichtshof per Interpol-Haftbefehl gesuchten Netanjahu einlädt und ihm Straffreiheit garantiert. Was für ein Verständnis vom Völkerrecht! Spricht da vielleicht das „Blut“ und sein so verehrter Großvater Josef Paul Sauvigny aus ihm, der schon 1938 in die NSDAP eintrat? Diese deutsche Ukraine-Affinität: beruht sie auf alten Banden? Allerdings hatten auch die USA ein kleines „schmutziges“ Geheimnis mit der Ukraine. (15)(16)
Zionistischer Völkermord darf nicht zur neuen Realität werden
Nicht das „jüdische Haus“ muss von Brotresten befreit werden, sondern die Palästinenser von der Besatzung! Aus diesem Grund habe ich die Geschichte des Pessach-Festes — passend zum heutigen Palästina unter „jüdischer Besatzung“ — etwas „umgeschrieben“! Wenn am 12. April das jüdische Pessach-Fest begann, dann werden vorher traditionsgemäß bei gläubigen Juden das Haus, die Küche und die Schränke nach Brotresten durchsucht und gereinigt. Die Reste werden anschließend verbrannt. Auch alle Küchenutensilien werden von allen Brot (Chamez)-Resten befreit.
Aus diesem Anlass möchte ich dieses Pessach/jüdische „Osterfest“ allen Palästinensern widmen, die immer noch in Unfreiheit, Krieg, Vertreibung, Hunger sowie unter Besatzung leben müssen und auf eine Rückgabe ihres gestohlenen Eigentums warten — so wie die Millionen von Diaspora-Palästinensern auf eine legitime Rückkehr in ihr Heimatland.
Allen trauernden Palästinensern und den verletzten Palästinensern gilt meine Empathie – besonders den Kindern, die im Gaza-Krieg durch die israelische Besatzungsarmee schändlich gezielt ermordet wurden.
Diese gilt ebenso allen von jüdischer Besatzungsarmee und jüdischen Siedlern ermordeten, verletzten Palästinensern im illegal besetzten Westjordanland, alles unter Mithilfe der „jüdischen Verteidigungsarmee“ der „moralischsten aller Armeen“. (17)
Passt doch schließlich der Sinn dieses Festes genau auf den heutigen traurigen Zustand, in dem das palästinensische Volk auf seine Befreiung hofft und dafür kämpft. Während des „Festes der Freiheit“ sollte sich jeder feiernde Jude einmal so fühlen, wie es den Menschen in Gaza geht. Erst dann wäre das Pessach-Fest ein Fest! Noch ein persönlicher Wunsch: Ich hoffe sehr auf die SPD-Basis und dass diese sich nicht nur mit vielen, sondern auch klaren Sinnen gegen diese Koalition mit der Merz-CDU/CSU ausspricht und es zu Neuwahlen kommt, die das BSW und Sahra Wagenknecht, der einzig verbliebenen Friedenspartei, nochmals eine gerechte Chance gibt. Allen christlichen und andersgläubigen oder ungläubigen Lesern der Hochblauen-Seite wünsche ich ein angenehmes Osterfest! Zionistischer Völkermord darf nicht zur neuen Realität werden.
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Redaktionelle Anmerkung: Dieser Beitrag erschien zuerst unter dem Titel „Zionistischer Völkermord die neue Realität – Das ‚Fest der Freiheit‘ gilt nur für Juden“ in der 845. Ausgabe der Neuen Rheinischen Zeitung vom 17. April 2025.