Entfreundet

In Corona-Zeiten ist der Bruch selbst langjähriger Freundschaften oft nur ein „falsches“ Wort entfernt.

Sag ich's ihm oder sag ich's lieber nicht? Wer zu Corona und den Regierungsmaßnahmen eine Meinung hat, die vom Lauterbach-Tagesschau-Narrativ abweicht, überlegt es sich meist gründlich, wem er wie viel dazu anvertraut. Natürlich: Grundsätzlich ist es immer besser, zu sagen, was man wirklich denkt. Aber der Preis dafür ist in Maßnahmen-Deutschland heute oft hoch. Jobs können durch die Wahrheit ebenso gefährdet sein wie langjährige Freundschaften. Und häufig läuft der Trennungsprozess nicht sanft ab. „Mainstreamer“ nehmen sich sehr oft das Recht heraus, verbal hart auszuteilen. Sie sind aufgehetzt, indoktriniert und felsenfest davon überzeugt, auf der Seite des Guten zu stehen. Dieser Brief der Autorin beschreibt den gescheiterten Versuch einer Freundschaft in Deutschland im Jahr 2020. Er ist ein Auszug aus dem Buch „Die Liebe im Jahr 2020“, einer Sammlung von Tagebucheinträgen, Briefen und anderen Texten über die Seuche der Spaltung, die das Land seit einem Jahr heimsucht.

Lauenburg, 20. August 2020

Guten Tag Andreas,

das war mal wieder eine interessante Begegnung.

Zeitweise hatte ich das Gefühl, dir sehr nahe gekommen zu sein. Was mir schon am Telefon gut gefallen hatte, war der Respekt, mit dem du meinen Grenzsetzungen wie mein Pseudonym „Judith“ erst einmal beizubehalten oder auch meinem Wunsch, nicht sofort auf WhatsApp zu kommunizieren, begegnet bist. Das ist nicht immer so im Kontakt mit Männern auf dieser „Börse“. Das hat mir sehr gut gefallen.

Als wir dann an der Elbe saßen, habe ich bemerkt, dass ich mich wohl mit dir fühle. Dass wir eine Sprache sprechen, obwohl wir eigentlich in sehr unterschiedlichen Welten leben. Auch hatte ich den Eindruck, du nimmst einige Eigenschaften an mir wahr, die nicht so verbreitet sind, mich aber im Wesentlichen ausmachen und die man mögen muss, wenn man mit mir zusammen sein will. Und außerdem ich hatte den Eindruck, dass es dir ähnlich ging, dass ich dir mit meinem Äußeren und meinem Wesen wirklich gut gefalle. Ansonsten hätten wir wohl auch kaum so lange zusammengesessen und so vertraulich miteinander gesprochen.

Aber nach vier Stunden kam dann die Stunde der Wahrheit.

Ich hatte in einer aktuell brennenden politischen Frage eine andere Meinung als du. Das war es dann! Einen Moment lang zögerte ich die Antwort hinaus. Doch ich wusste, dass ich keine andere Wahl hatte.

Auf eine direkte Frage von dir hatte ich bemerkt, dass ich keine der sogenannten Qualitätsmedien mehr konsumiere. Und ich sprach davon, dass ich Probleme damit habe, dass alte pflegebedürftige Menschen, die alleine nicht mehr handlungsfähig, also völlig hilflos sind, nun schon seit Monaten einsam und ohne ihre Liebsten in Heimen verrecken. Ich sprach von Kindern, die jetzt damit aufwachsen sollen, potenzielle Todesbringer für ihre Großeltern und für die gesamte Menschheit zu sein.

Wie du daraufhin aus allen Wolken fielst und dich mir gegenüber geäußert und verhalten hast, weißt du ja selber. Schade.

Wie sagtest du noch dazu? „Geistiger Dünnschiss“ oder so ähnlich. Und ich sei wohl auch so eine „Coronaleugnerin“. Eine, welche die sakrosankte Presse „Lügenpresse“ nennt.

Zu „Aluhutträgerin“, „Rechte“, „Nazi“, „Verschwörungstheoretikerin“ und was alles noch so täglich in deiner objektiven und sachlichen Fachpresse dem artigen Bürger als Denkanleitung und Einordnungsvorlage für Andersdenkende geliefert wird, kam es Gott sei Dank nicht mehr, weil du ja dann sehr schnell, maßlos enttäuscht und empört, weggerannt bist.

Enttäuscht von was und von wem eigentlich?

Hast du denn nicht in diesem Moment eine Ahnung davon bekommen, dass all diese oben genannten abwertenden und menschenverachtenden Bezeichnungen, die begeistert und eifrig von unseren Mitmenschen eingesetzt und um die Wette verbal geradezu verschleudert werden, das Ergebnis von purer Hetze und Verrat an deinen Mitmenschen sein könnten?

Am nächsten Morgen habe ich mich gefragt, ob dir nicht jetzt, einen Tag später, ein wenig mulmig ist bei der Erinnerung an deine eigene Reaktion mir gegenüber, die ich dir doch überhaupt nichts angetan hatte, außer eine andere Meinung zu haben. Nein?

Ist dir nicht aufgefallen, wie du vor mir weggerannt bist, nach deinen Beschimpfungen und Beleidigungen, als hätte ich einen Massenmord gestanden oder sei eine Pestverseuchte?

Erkennst du nicht die unsichtbaren Wände, die zwischen uns allen stehen und eine Verständigung unmöglich machen, weil unsere Sprache mittlerweile vergiftet ist?

Woher kommt dieses Gift, woher diese Wände, diese Käfige?

Wer hat sie erbaut?

Und warum?

Seit wann gibt es bei jeder Frage die uns begegnet, nur noch eine erlaubte Wahrheit?

Spätestens seit 2015 weiß ich sehr gut, wie sich das Leben in Deutschland 1933 angefühlt haben muss. Und damals hätte der auslösende Satz für so ein jämmerliches Benehmen wie deines vermutlich geheißen: „Ich bin eine Jüdin.“

Aber kommen wir zurück zum Jahr 2020, Andreas!

Glaubst du wirklich, dass ich und all die anderen Menschen, die täglich mehr werden, aufbegehren, weil sie plötzlich nicht mehr ganz dicht sind?

Oder weil sie es toll finden und angenehm, in dieser Art beschimpft, ausgegrenzt, beleidigt, existenziell bedroht und kriminalisiert zu werden und mit Rufmord belegt? Warum wohl nehmen sie all das auf sich?

Ich weiß sehr gut, warum ich denke und sage, was nicht mehr möglich zu sagen ist, will man nicht so behandelt werden, wie du es mir und dir selber am Sonntagabend eindrücklich vorgeführt hast. Ich tue es für mein Kind und mein Enkelkind. Ja, ich tue es auch für deine Kinder und deine kommenden Enkel. Ich tue es für alle Kinder, für die Zukunft meines Landes. Für meine Liebsten und weniger Liebsten. Aus Liebe zu den Menschen überhaupt, aus Liebe zum Leben und zur Wahrheit. Und so nicht zuletzt auch für mich selber.

Und aus dem Wissen heraus, dass ich mitverantwortlich bin für alles, was geschieht, wenn ich wegschaue und schweigend hinnehme, was die Mächtigen mit uns treiben.

„So eine Frau kann ich nicht brauchen“, hast du gerufen.

Klar! Du kannst offensichtlich nur eine brauchen, die mit dir Hand in Hand bis zur allerletzten Sekunde diese Farce weiterspielt. Bloß nicht aufwachen! Bloß keine Unbequemlichkeiten noch in den letzten paar Jahren, nicht wahr? Der schöne Traum von deiner heilen Welt muss um jeden Preis weitergehen!

Ja, es stimmt. Es könnte sonst auch schrecklich werden, ich weiß! Das Erwachen aus dieser Täuschung könnte furchtbar und äußerst schmerzhaft sein. Es würde womöglich den Verlust all dessen bedeutet, womit man aufgewachsen ist und woran man sein Leben lang geglaubt hat. Es würde bedeuten, einer wahrlich unvorstellbaren Lüge aufgesessen zu sein. Ich habe mich all diesen Fragen und Ängsten gestellt und zahle den Preis, wie all die anderen, die es mir gleichtun.

Weißt du übrigens, was ich beobachtet habe? Der Vorteil an materieller Armut ist, dass man sich selber nicht so leicht etwas vorgaukeln kann. Die Dinge sind immer sofort hautnah da und schmerzlich spürbar.

Diese Worte habe ich geschrieben an dich, Andreas, als Mensch, nicht als Mann. Ich mache sie dir zum Geschenk. Vielleicht bist du immerhin in der Lage, wenigstens das zu erkennen. Mach damit, was du willst und kannst.

Mach‘s gut, Andreas.
Katharina

PS: Theoretisch könntest du mich mit diesem Brief jetzt sogar denunzieren, denn du kennst ja nun meinen wahren Namen. Das Denunziantentum hat ja wieder Hochkonjunktur in Deutschland. Dazu wird schon seit Monaten von höchster Stelle aufgerufen, es wird durch die Presse verkündet und entsprechend befeuert. Eines der vielen sichtbaren Anzeichen eines totalitären Systems.

Aber dass du das tun wirst, das kann ich mir von dir nicht vorstellen.


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