Einseitiges Engagement
Wer für eine gesunde Natur eintritt, darf über den größten Umweltverschmutzer nicht schweigen: den Krieg.
Das Demonstrieren für eine gesunde Umwelt muss auch und immer mit dem Protest gegen Krieg verwoben werden, argumentiert Rubikon-Leserin Ekaterina Rehder. Denn Krieg bedeutet nicht nur Brutalität gegen Menschen. Nirgends wird Natur schlimmer zerstört und nachhaltiger verseucht.
von Ekaterina Rehder
Liebe Freunde,
ich danke Euch, dass Ihr so wach seid! Ich finde es empörend und erbärmlich, wenn man Euch Schulschwänzen vorwirft. Dass Ihr sogar in Euren Ferien hier seid, zeigt ganz deutlich, auch für den Letzten, der es nicht wahrhaben will, dass es Euch nicht um Schulschwänzen geht und es Euch ernst ist mit der Forderung, die Naturvernichtung zu stoppen.
Wenn wir das wirklich wollen, können wir nicht vom Krieg schweigen. Denn Krieg vernichtet alles. Nirgends ist die Zerstörung der Natur brutaler und allumfassender als im Krieg. Wir haben es vor Augen, dass im Krieg Menschen sterben, zu Krüppel geschossen werden, fliehen. Dasselbe gilt für die Tiere. Da, wo Bomben gefallen sind, wächst lange, lange nichts. Der Verbrauch von Ressourcen und die Belastung der Mitwelt mit den schlimmsten Schadstoffen kommen dazu.
Ihr hört ständig, es gebe kein Geld für unsere Forderungen. Warum ist für panzergerechte Autobahnen und für weitere Aufrüstung immer Geld da? Ihr seht: Wenn wir eine Zukunft haben wollen, die nicht vergiftet, nicht zerstört, nicht voller Leid ist, müssen wir genau so ernst auch für den Frieden eintreten.
1989 lebte ich noch in einem damals sozialistischem Land, war 18, wir hatten die Akademien und die Uni besetzt und einen Hungerstreik angefangen, weil wir nicht mehr eingesperrt sein wollten. Als wir unser Ziel erreicht hatten – die Regierung wurde gestürzt, es gab zum ersten Mal echte Wahlen – dachten wir, jetzt wird alles gut für das Leben aller, für Mensch und Natur. Wir badeten ein paar Jahre in Euphorie, dann noch ein paar Jahre in Hoffnung, dann in Zuversicht, dass alles doch noch gut wird. Und auf einmal sind dreißig Jahre vergangen.
In dieser Zeit ist das genaue Gegenteil dessen passiert, was wir wollten: Viel mehr Regenwald wurde abgeholzt, mehr Erde versiegelt, mehr Ressourcen verbraucht, die Meere vermüllt. Millionen Menschen sind durch Krieg vernichtet, gigantische Flächen durch Atombombentests und Uranmunition für ewig radioaktiv verseucht worden.
Heute stehe ich mit Euch auch am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und für das richtige Ziel – das Lebendige in den Menschen und in der Natur zu erhalten und zu schützen. Und dieses Mal sollten wir ganz genau beobachten, was hinter unserem Rücken beschlossen wird und uns nicht mit schönen Versprechen zufriedengeben! Keine Kriege und keine Zerstörung der Lebensgrundlagen mehr dulden!
Wer über Krieg spricht, kann nicht über Macht schweigen. Macht bedeutet heute, viel Geld zu besitzen. Die Geldmächtigen entscheiden, wo Kriege angefangen, wo riesige Felder mit Monokultur angelegt werden, alles.
Ich habe eine "Straßenaufgabe" für Euch: Macht Euch jeden Freitag, wenn Ihr streikt, auch Gedanken über die Fragen:
- Wie könnte eine Welt ohne Geld und ohne Krieg aussehen?
- Wer hätte dann die Macht?
- Gäbe es überhaupt Macht in so einer Welt?
Die Antworten, die Ihr hierauf findet, werden Euch stärker machen – da sind wir uns sicher.