Eine andere Welt

So, wie es bisher lief, kann es auf keinen Fall weiter gehen. Damit es besser wird, müssen wir das Neue wagen.

Die Welt brennt: laut und lichterloh. Oder leise und schwelend. Manchmal auch unsichtbar und heimtückisch. Corona, Klima, ein Krieg nach dem anderen ... und was oder wer kommt wohl als Nächstes dran? Ängste beherrschen die Menschheit, Schwermut lähmt sie. Aus Ohnmacht jedoch kann sich hoffentlich konstruktive Wut befreien. Wir sollten uns vom Wandel befeuern lassen und für eine andere Welt gemeinsam neue Wege gehen: mit Mut und Zuversicht.

Turbulente Zeiten

Was wir heute draußen in der Welt sehen, sind Systeme, die über Jahrhunderte Bestand hatten und jetzt vor unseren Augen kaputt gehen. Dieser Prozess ist verbunden mit Veränderungen, die Angst machen können und bewirken, dass viele Menschen sich innerlich zurückziehen und auf bessere Zeiten warten, siehe „Es werde Licht!“ (1). Und es sind auch Veränderungen, die kommen mussten. Denn eines ist klar: weiter gehen wie bisher kann es unmöglich. Weil dieses auf ständiges Wachstum angewiesene, auf Aggression und Ausbeutung aufgebaute System final ausbrennt.

Es gibt Feuer des Lebens, so wie die Sonne: Sie ist das Feuer des Himmels, des Lichts und der Wärme. Aber immer mehr Menschen scheinen in einer Welt leben zu müssen, die im Feuer des Todes brennt. Warum lassen sich diese Feuer nicht löschen? Wer die Brandstifter sind, kann eigentlich jede und jeder wissen, die oder der es wissen will. Aber dies sind noch viel zu wenige, auch beispielsweise in der Schweiz. Vielleicht, weil zu viele insgeheim von den Bränden profitieren und sie deshalb weiter lodern lassen wollen?

Kein gutes Ruhekissen

Denn auch ich als Weltbürger, der in der Schweiz geboren ist und lebt, profitiere von einem gigantischen Reichtum, der auf Kosten anderer auf der Welt und unserer aller Umwelt geht. Daher habe ich ein fundamental schlechtes Gewissen: Es ist kein gutes Ruhekissen. Meine Versuche, anderen Mitverantwortlichen diese bodenlose Ungerechtigkeit bewusst zu machen, damit sie für ihr Handeln relevant wird, schlugen bis jetzt in der Regel kläglich fehl. Ob aus Dummheit, Gemeinheit, Gleichgültigkeit oder Schlauheit:

Eine Mehrheit ignoriert offensichtlich schlicht und einfach, was sie nicht wissen will. Unter anderem wahrscheinlich deshalb nicht, um eine sogenannte kognitive Dissonanz zu vermeiden, die unabdingbar zu einem anderen Handeln verpflichtet.

So verstehe ich beispielsweise nicht, warum sich die Schweiz nicht offen damit auseinandersetzen kann, soll oder will, was die Politik, die Wirtschaft, die Wissenschaft und die Medien aus und mit Corona gemacht haben? Ein solches Verhalten geht eigentlich wirklich nicht: Wann endlich bekommen verantwortlich Mächtige die rote Karte gezeigt, die anstatt alles, was in ihrer Macht steht, für ein friedvolles und gutes Leben für alle zu tun, die Gesellschaft noch mehr zerreißen?

Machenschaften mit Geld

Bombendrohungen wie beim EuroAirport in unserer Nähe gehören objektiv betrachtet zur neuerdings sogenannten Aufmerksamkeitsökonomie: Wie kann mit möglichst wenig Aufwand eine größtmögliche Aufmerksamkeit erzeugt werden? So wie dies beispielsweise auch Parteien tun, um Wahlen zu gewinnen. Oder wie es Medien tun, um beachtet zu werden. Oder wie es die Wirtschaft tut, um ihre Profite zu steigern. Nebenbei gefragt: Wie dumm und einfältig muss man sein in dieser Welt, um zu glauben, Geld-Machenschaften würden nur denen nützen, die es schon in Hülle und Fülle haben? All das und noch viel mehr ist ganz normal in einem System, das auf einer autoritär-hierarchisch-totalitär und industriell-militärisch-technokratisch begründeten „Zuvielisation“ (2) basiert.

Fakt aus meiner Sicht hingegen ist: Während alle Parteien von links über die Mitte bis rechts vorne auf der Bühne mit ihren Machtk(r)ämpfen mediengeil Demokratie spielen, bestimmen hinter den Kulissen gefühllose Mächtige mit ihrem Geld und mit ihrer schweiz- und weltweit grandios und allgegenwärtig angelegten Propaganda, wo's in Tat und Wahrheit lang gehen soll.

Insbesondere Politikerinnen und Politiker, die Probleme mit Spaltung lösen wollen und auf keinen Fall zu 100 Prozent gemeinsam mit der ihr anvertrauten Gesellschaft, führen diese in eine Sackgasse. Existenziell bedrohlich und extrem schlimm wird und ist es vor Ort für die Bevölkerung mit und in einem Krieg, wo Armeen gegeneinander kämpfen und Menschen sterben müssen, während herrschsüchtig kranke Brandstifter und geldgierige Nutznießer davon profitieren.

Weil es an echter Aufklärung mangelt, herrscht vielfach Orientierungslosigkeit. Immer mehr Medien verbreiten immer mehr Informationen — mit immer weniger Relevanz und Substanz. Ein Paradox. Zudem: Was Ideologie und Propaganda ist und was Protest und Widerstand, ist oft kaum mehr auseinander zu halten. Schwierig wird es hinsichtlich der Absichten und der Hintergründe. Ganz zu schweigen von den Wirkungen: Auch diese sind oft nicht so, wie eigentlich kommuniziert oder offiziell gewollt. Häufig scheint es für viele Beteiligte, egal ob Medienvertreter oder Politiker, ein Hauptzweck, Aufmerksamkeit zu erlangen und Ablenkungsmanöver zu inszenieren: womit und wozu auch immer. Aktiv zu lügen, ist dabei die eine Seite der Medaille. Passiv nicht die Wahrheit zu sagen, die andere, eher noch schlimmere.

Hurt People

Eine Hypothek aus der Vergangenheit sind verwundete Seelen. Und wenn es so weitergeht wie bisher, werden es immer noch mehr. Millionen, wenn nicht Milliarden Menschen auf unserer Erde sind Opfer von Katastrophen, Kriegen und anderen Nöten. Verwundete Seelen schreien nach Erlösung. Wenn sie nicht erhört und mit einer heilsamen Wirkung beachtet werden, geben sie ihr Leid weiter. Es hört nicht von selbst auf — oft noch über Generationen nicht.

In ihrem Lyric Video (3) dreht sich Ann Vriend mit im Kreis verwundeter Seelen, die weitere Seelen verwunden. Verwundete Seelen leiden: individuell, kollektiv, kulturell. Nicht geheilt befeuern sie ihre Welt mit ihren Traumata. Und machen sie zu einem Höllenfeuer, wo die Teufel der Angst und des Todes kreisen. Beispielsweise konkret in Gestalt von Gewalttaten, Kriegen, Terror und Zerstörung.

Immer wieder eine ganz schwierige Frage ist für mich: Wie kann ich meinen Weg finden in einer Welt, wo im Kleinen wie im Großen immer noch mehr Öl ins Feuer gegossen wird? Insbesondere auch von Verantwortlichen, die ihre Macht missbrauchen, indem sie unter anderem die Spaltung der Menschheit zu ihrer Geschäftsgrundlage machen. Einerseits leiden dann immer noch mehr Menschen — körperlich und seelisch. Und andererseits wollen Gewinn- und Herrschsüchtige, rücksichtslos immer noch mehr zerstören. Es sind beziehungsunfähige und herzlose Menschen, die weder gemeinschafts- noch wirklich zukunftsfähig sind.

Mit unseren verwundeten Seelen leben wir alle in einem brennenden Haus. Diesem Taifun der Wahrheit ins Auge zu schauen, ist für niemanden einfach.

Hinzu kommt, dass Traumata nicht nur meist unbewusst wirken, sondern auch noch schwer zu heilen sind. Aber wenn wir nicht alles für diese Heilung tun, wird die gesamte Weltensituation immer noch schwieriger. Ob es wohl weltweit genügend autonome, mutige und resiliente Menschen gibt, die gemeinsam mit anderen eine andere Welt aufbauen wollen und das schaffen werden?

Raus aus der Schlaraffenland-Falle

Vorerst einmal droht eine Mehrheit, in selbst gemachten, perfekten Fallen stecken zu bleiben. Alles, wozu viele bereit zu sein scheinen, sind großartig angelegte, kleine Kurskorrekturen im Sinne von Reformen des Bestehenden. Mit der Hoffnung auf eine wenigstens kleine Beruhigung im großen Schlamassel.

Reformen sind nicht mehr mein Ding. Bestehendes kritisch zu hinterfragen, um dann schlussendlich doch neuen Wein in alte Schläuche zu füllen, ist nicht mehr mein Ding. Dies habe ich Jahrzehnte lang erlebt: als extrem aufwendig und teuer sowie immer wieder bis zu der bitteren Erkenntnis, bis zum „Geht-dann-doch-nicht-mehr“. Und wie ich es mittlerweile als radikaler „Nicht-mehr-Mitmacher“ überall in meinem politischen und wissenschaftlichen Umfeld erlebe: als immer noch gängig und normal.

Kinder und Jugendliche zu schulen auf der Basis von Konkurrenz und als Zwang gehört zu den vielen falschen Systemen, von denen sich eine Mehrheit, auch in meinem Umfeld, ihren Alltag und ihre Ängste bestimmen lässt. Schule erlebe, sehe und verstehe ich als einen Teilbereich der „Zuvielisation“. Eine ihrer Eigenarten: Es findet keine Auseinandersetzung mit anderen Gesellschaftsmodellen statt, weder fachlich noch politisch. Daher selbstverständlich auch nicht mit Bildungsmodellen, die zu einer anderen Gesellschaft führen. Diesem Taifun der Wahrheit ins Auge zu schauen, ist auch für mich noch nicht immer einfach!

Und wenn es nur noch brennt?

Ich gehe davon aus, dass die Systeme der „Zuvielisation“ zusammenbrechen werden: Das ist grundsätzlich eine gute Nachricht. Sorge bereitet mir allerdings, dass eine große Mehrheit davor die Augen verschließt und im Prinzip wie gehabt immer noch weiter in die Sackgassen fahren will. Obwohl eigentlich jeder sehen kann, dass die alte Welt brennt: laut und lichterloh — oder leise und schwelend. Was im Rahmen dieser „Zuvielisation“ in ganz großem Stil und mit extrem schnellem Tempo möglich ist.

Wer innehält, bekommt von innen Halt. (Laotse)

Mindestens im Dunkeln ist den meisten bewusst, dass sehr viele Menschen noch viel zu wenig imstande sind, aufzuhören mit so vielem, was sie eigentlich lassen müssen. Es scheinen erst wenige, die ehrlich sind und wissen, dass vieles in der bestehenden Welt nach einem radikalen Aufhören ruft. Und wenn das tatsächlich geschieht, ist die nächste Frage: Wie wird es gelingen, die Kunst des Aufhörens auch angemessen in die Praxis umzusetzen? Helfen wir uns gegenseitig, bevor gar nichts mehr geht.

Echte Demokratie ist möglich, wenn alle Menschen sich so, wie sie sind und mit dem, was ihnen wichtig ist, wahrgenommen fühlen und wirksam erleben können. Wichtig im Hinblick auf die Gemeinschaftsbildung für und in einer anderen Welt ist es zudem, dass Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die Bevölkerung in ihrer naturgegebenen Vielfalt zusammenhalten und nicht — noch weiter — spalten.

Unterwegs bin ich mit Liedern ...

Bei allen, die uns einladen, fundamental anders zu denken und andere Wege zu gehen, bin ich gerne mit Herz, Kopf, Hand und Fuß mit von der Partie. — So beispielweise beim „StimmVolk“ mit seinen Liedern Wo wei mer hi? (Wo wollen wir hin?) und S isch itz Zyt! (Es ist jetzt Zeit!) (4).

... und jeden Tag mit folgender Meditation:

Mögen wir in unseren Herzen wohnen.
Mögen wir unseren inneren Frieden finden.
Mögen wir uns selbst genügen und glücklich sein.
Mögen wir uns gesund und geborgen fühlen.
Mögen wir unbeschwert und friedvoll unterwegs sein.
Mögen wir aus und mit Liebe leben.

Schlusswort

„Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört, mich nach einem anderen Leben zu sehnen. Und ich konnte sehen, dass alles um mich eine Einladung zum Wachsen war.“ (Charlie Chaplin)