Die wiedergefundene Menschlichkeit
Um uns aus einem lebensfeindlichen System zu befreien, müssen wir Zugang zu unserem innersten Selbst finden.
Unser destruktives Politik- und Wirtschaftssystem braucht den Menschen — zugleich ist er ihm lästig. Jedenfalls so, wie er tatsächlich ist, mit seinen Wünschen und Bedürfnissen, seiner teilweise chaotischen Natur. Daher unterliegen wir im autoritären Kapitalismus einem immensen Anpassungsdruck. Die Entfremdung des Menschen von seinem ursprünglichen Wesen ist diesem System inhärent. Anders könnte es sich gar nicht am Leben halten. Dieser Entfremdungsprozess fängt bereits im Kindesalter an, setzt sich bei Erwachsenen fort und präsentiert sich nun in verschärfter Form in der aktuellen Krise. Wir haben nur eine Chance, dieses menschenfeindliche System zu überwinden: zu unserer Quelle zurückzukehren und die vergessene Lebendigkeit zu reaktivieren. Sie ist der vitale Treibstoff für die Errichtung einer schöneren und lebensfreundlicheren Welt.
Als Fachkraft in einer Kita im U3-Bereich erlebe ich bei Kindern, mit was für einem vielfältigen Potenzial das sich entwickelnde Leben ausgestattet ist. Unbändige Neugier, Entdeckerdrang, lebensfrohe, bedingungslos liebende Kinder, die ganz selbstverständlich miteinander leben können.
Was ist aus dieser Grundausstattung, die wir alle in uns tragen, geworden? Wo ist sie geblieben?
Im Kitaalltag ist mit der Zeit eindrücklich wahrzunehmen, wie sich die Kinder ganz langsam, schleichend von ihrem Selbst trennen und im wahrsten Sinne des Wortes eingehen. Sie entwickeln sich zu Wesen, die immer mehr funktionieren und sich verlieren, die den Fokus nur noch im Außen haben und nicht mehr auf ihren Bedürfnissen und ihren vielfältigen Fähigkeiten. Die Anbindung an das jedem Menschen innewohnende Vertrauen und die tiefe Liebe zu sich selbst wie auch mit anderen Lebewesen im Miteinander leben zu wollen ist unter diesen Umständen kaum oder auch gar nicht möglich. Unsere gesellschaftliche Haltung zum Leben und frühkindliche Prägung entscheiden inzwischen, was sich wann wie entwickeln darf oder auch nicht.
Das Leben hat uns eine große Gabe geschenkt: die Fähigkeit, sich in lebensfeindlichen Umständen bis zur quasi totalen Selbstaufgabe anpassen zu können, um damit das Überleben zu sichern.
Wird dieser Anpassungsprozess chronisch notwendig, da kein Entkommen möglich ist, „vergisst“ das Leben, was es braucht, was es kann und was es ist.
Corona als Trauma-Turbo
Diesen auf allen Ebenen stattfindenden Anpassungsprozess an die immer monotoner, liebloser, lebloser, einsamer werdende, funktionierende, kontrollierende und trennende Gesellschaft nehme ich in den letzten Jahren bei vielen Menschen wahr. Unter Coronabedingungen wird diese frühkindlich prägende Erfahrung im Alltag noch deutlicher gelebt und erinnert. Die unter Fürsorge und Gesundheitsschutz angeordneten Maßnahmen verstärken die frühen, nicht bewussten Bindungstraumatisierungen in unserer Bevölkerung.
Ist der Mensch in die häusliche Isolation gezwungen, wird das Leben digital geparkt und er unfähig gemacht, selbstbestimmt leben und sich entwickeln zu können. Was für ein Finale in der gesellschaftlichen Entwicklung der letzten Jahrzehnte!
Mir mein Verhalten, meine Ängste bewusst zu machen, damit ich nicht in dieser strukturellen Gewalt des herrschenden Politik- und Finanzsystems meine Lebendigkeit, mein Vertrauen schleichend verliere, ist für mich gerade lebensnotwendig. Es ist eine Herausforderung, sich mit seiner eigenen anderen Wahrnehmung und seinem anderen Wissen auch bei Bedrohung, Bestrafung und Ausgrenzung treu zu bleiben.
Wer sich nicht dieser Zusammenhänge bewusst ist und seiner eigenen Wahrnehmung nicht vertraut, hat kaum eine Chance zu erkennen, welch einen Verlust an existenzieller Lebensgrundlage, Lebensvielfalt und Gesundheit wir hier gerade erleben und bereits in den letzten Jahren zunehmend und kaum bemerkt erlebt haben. Dass Normierungen und Vorgaben immer enger wurden und noch stets werden, die die natürliche und individuelle Entwicklung einschränken, verschwindet dabei aus unserem Bewusstsein.
Die Maßnahmen werden dann ganz anders wahrgenommen und als sinnvoll anerkannt, fürsorglich erlebt und kritiklos umgesetzt. Das ist ein großes Dilemma und hat tiefe Zerwürfnisse und Spaltungen in unserer Gesellschaft zur Folge. Die einen verstehen die anderen nicht mehr.
Dem Leben entfremdet
Die internationale Wissenschaft macht uns seit Jahren auf ein rasantes Artensterben in der Natur aufmerksam, einen immensen Verlust an Lebensvielfalt. Aus meiner Sicht gibt es dazu in unserem Menschsein und -werden, im Miteinanderleben eine parallele Entwicklung.
Alle internationalen wissenschaftlichen und sonstigen Hinweise auf diese Verluste und die fortschreitende Zerstörung von Lebensformen werden von den Verantwortlichen in leitenden Positionen und von Teilen der Bevölkerung ignoriert. Menschen, die darauf aufmerksam machen, werden ausgegrenzt, stigmatisiert, und eine wachsende Anzahl erlebt den Verlust der wirtschaftlichen Existenz.
Im Jahr 2020 konnten wir eindrücklich erleben, wie das derzeitige Politik- und Finanzsystem auf die Menschheit mit immenser struktureller Gewalt Einfluss nimmt und wirkt. Es hat sich seit Jahren gut darauf vorbereitet. Es ist ihm gelungen, den größten Teil der Menschheit von sich abhängig zu machen. Die aufgebauten Gewaltstrukturen sind fähig, unser Leben immer weiter einzuschränken und anzupassen, das zeigen sie uns eindrücklich. Es gibt keine Bereitschaft, sich im Dialog mit anders Wahrnehmenden und Wissenden auszutauschen. Massiv wird die Verbreitung von Informationen dieser „Andersdenker“ verhindert. Sie wollen Anpassung, Gehorsam, Unterwerfung und uns glauben machen, dass ihre Weltanschauung die einzig richtige für unser aller Leben ist.
Alternative Strukturen errichten!
Neben der rechtlichen Auseinandersetzung, dem besonnenen Informieren, dem Widerstand ist es aus meiner Sicht an der Zeit, sich von diesen zerstörerischen Machenschaften zu trennen. Auch wenn dieses Ohnmachtssystem mich glauben machen will, es gebe keine Alternativen. Ich sehe für mich zahlreiche Möglichkeiten, mein Leben in die Hand zu nehmen, es zu gestalten, und dafür braucht es gelebtes Miteinander.
Es braucht Zufluchtsorte, Lebensinseln auf der Welt, in denen die Menschen unabhängig von diesem strukturellen Gewaltsystem leben und sich erinnern können.
Es braucht gelebte Alternativen an der Basis. Es braucht Menschen, die bereit sind, im Miteinander ihre Fähigkeiten und Gaben zu teilen, um sich so wieder ein gelingendes Leben zu ermöglichen. Wir brauchen kleine dezentrale, vielfältig miteinander kommunizierende, arbeitende Lebenseinheiten, die sich vernetzen und austauschen mit anderen Lebensorten.
In der Natur gibt es dazu viel zu entdecken. Jeden Tag erlebe ich, wie sich durch den Zusammenschluss von individuellen Lebensformen das Leben unterstützt und schützt. Unser Körper ist ein Meisterwerk dieser lebensnotwendigen, kommunizierenden und praktizierten Zusammenarbeit. Fein aufeinander abgestimmte Fähigkeiten lassen unseren Körper und unsere Identität lebendig werden und gedeihen.
Mit Blick auf diese universelle wissende Lebenskraft möchte ich ein kleines Lebensprojekt gründen und mitgestalten. Unabhängig zu werden vom derzeitigen lebensfeindlichen Finanz- und Politiksystem ist mein Anliegen, im Miteinander mit allem Leben das vielfältige Wissen und unsere individuellen Fähigkeiten zum gelingenden Leben auf dieser Erde im Alltag zu teilen.
Dazu braucht es einen guten Platz und Menschen, die bereit sind, ohne Konkurrenz und in wachsender Eigenmacht ein freudiges und angstfreies Leben in Tiefe führen zu wollen.
Es braucht ein Erinnern an das und Verbinden mit dem, was wir bereits verloren haben, was uns zur Verfügung steht und was uns lebendig und gesund macht.
Sich mit Lebendigkeit und Mut anzustecken ist eine gelungene Lebendimpfung in diesen Zeiten.
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