Die Weltherrschafts-Doktrin
Trumps Sicherheitsberater John Bolton möchte, dass die USA die Welt beherrschen.
Einst sollte gemäß der Monroe-Doktrin dem europäischen Kolonialismus auf dem amerikanischen Kontinent Einhalt geboten werden. Heute hat dieser Begriff, wie so viele, eine unheilvolle Umdeutung erfahren und heißt so viel wie: Entweder ihr tanzt nach der US-Pfeife oder ihr könnt was erleben!
Russland warnt Bolton: Die Äußerungen zur Monroe-Doktrin sind eine Beleidigung für Lateinamerika
Was ist die „Monroe-Doktrin“? Es handelt sich dabei, um es kurz zu fassen, um ein Dokument, das die gesamte westliche Hemisphäre als „Hinterhof“ der Vereinigten Staaten definiert. Es dient der ideologischen Legitimation des US-amerikanischen Neokolonialismus und rechtfertigt die dadurch ausgelösten grausamen Putsche sowie die offenen und verdeckten Interventionen der USA in der Karibik und in Zentral- und Südamerika.
Und jetzt verwendet der Nationale Sicherheitsberater John Bolton den Begriff in Verbindung mit Venezuela, Kuba und Nicaragua — zur Empörung derjenigen, die sich gegen die US-Außenpolitik in der Region stellen. Was Bolton meint, ist klar, auch wenn es nie so offen ausgesprochen wird: Den Ländern der westlichen Hemisphäre sollte man niemals erlauben, sozialistisch zu werden, vielmehr sollten sie daran gehindert werden, sich westlichen Diktaten zu widersetzen.
In Doha, Katar, brachte der russische Außenminister Sergei Lawrow seine Empörung darüber zum Ausdruck, dass Bolton sich zu einer Zeit, in der der Westen alles an den Sturz der demokratisch gewählten, linksgerichteten Regierung Venezuelas setze, auf die Monroe-Doktrin beruft: „Die Theorie und Praxis von ‚Hinterhöfen‘ ist im Allgemeinen beleidigend (…)“
Sergei Lawrow fügte außerdem hinzu: „Das Völkerrecht wird seit der Gründung der Vereinten Nationen im Jahr 1945 von dieser universellen und legitimen Organisation reguliert.“ Das sehen die USA offenbar anders. Vielleicht haben sie einen solchen Ansatz noch gar nie ernsthaft in Betracht gezogen.
Aber zurück zur „berüchtigten“ Monroe-Doktrin. Überraschenderweise beabsichtigte diese nicht immer, unabhängige und fortschrittliche lateinamerikanische Staaten einzuschüchtern und brutal zu behandeln. Gemäß dem US-Außenministerium strebte sie Folgendes an:
„In der Monroe-Doktrin wurde der politische Grundsatz einer Beendigung der europäischen Kolonialisierung auf dem amerikanischen Doppelkontinent festgelegt. Dieser prägte die US-amerikanische Außenpolitik seit 1823. Sie besagte, dass weitere Bestrebungen der europäischen Staaten hinsichtlich einer Rekolonialisierung der unabhängigen Staaten in Nord- oder Südamerika als ‚Ausdruck einer feindseligen Haltung gegenüber den Vereinigten Staaten‘ angesehen würden“.
Demzufolge hatte die Doktrin zumindest theoretisch das Ziel, die Expansionspolitik der europäischen Kolonialmächte zu bremsen. Heutzutage kann man sich das kaum noch vorstellen. Wie bedauerlich, dass sich die Monroe-Doktrin in der neueren Geschichte zu einem skrupellosen Werkzeug der Unterdrückung entwickelt hat!
Sie wurde von den USA, völlig im Widerspruch zu ihrer eigentlichen Bedeutung, dazu benutzt, mehr oder weniger alle patriotischen, fortschrittlichen und linksgerichteten Regierungen in der westlichen Hemisphäre zu stürzen — Regierungen, die sich den eigennützigen geopolitischen Interessen Washingtons oder den Interessen US-amerikanischer Konzerne widersetzten. Zu diesen Konzernen gehörte auch die berüchtigte United Fruit Company, die dafür bekannt war, praktisch alle zentralamerikanischen Staaten als ihr Privateigentum zu betrachten.
Während des Kalten Krieges stützte sich die Außenpolitik gegenüber Lateinamerika dann auf den Glauben, man müsse die Monroe-Doktrin aktivieren, um die Ausbreitung des von der Sowjetunion unterstützten Kommunismus in der Region zu verhindern. Das Ergebnis dieser Politik ist bekannt: Massaker in Zentralamerika, brutale Putsche und faschistische Diktaturen in Chile, Argentinien, Brasilien, Uruguay, Paraguay und anderen Ländern. Zehntausende „verschwundene“ Männer, Frauen und Kinder. Todesschwadronen, die überall mordeten, vergewaltigten und folterten, von Guatemala und El Salvador bis Argentinien und Chile.
Der Kampf um die US-amerikanische Hegemonie wurde ironischerweise als „Kampf für die Demokratie“ bezeichnet, Sklaverei als „Freiheit“ deklariert. Die Monroe-Doktrin wurde zum Synonym für die Operation Condor, für monströse Folterkammern und für Menschen, die lebendig aus Helikoptern ins Meer geworfen wurden.
Jetzt setzt die Trump-Regierung diese alten und brandgefährlichen Kämpfer des Kalten Krieges wieder ein und befördert sie in hohe Positionen. Es handelt sich um genau die Leute, die mordeten, Verschwörungen planten und Attentäter bejubelten. Die Liste gleicht einem Schwerverbrecherkatalog: Elliott Abrams, Michael Pompeo und natürlich John Bolton. Diese Individuen sind sich selbstverständlich keiner Schuld bewusst. Erst kürzlich erklärte John Bolton:
„In dieser Regierung haben wir keine Angst davor, den Begriff ‚Monroe-Doktrin‘ zu verwenden. Dies ist ein Land in unserer Hemisphäre, und seit Ronald Reagan haben die amerikanischen Präsidenten es sich zum Ziel gesetzt, eine vollständig demokratische Hemisphäre zu schaffen.“
Er sprach natürlich von Venezuela.
So wurde der fast 200 Jahre alten Monroe-Doktrin wieder neues Leben eingehaucht, und einmal mehr beginnt sie ihr tödliches Werk. Die Zeitung Daily Star berichtete Folgendes:
„Mr. Bolton sagte, die Regierung von Donald Trump ‚habe keine Angst, den Begriff ‚Monroe-Doktrin‘ zu verwenden‘, als er gefragt wurde, warum diese Venezuela im Visier habe, während gleichzeitig enge Beziehungen zu Gewaltregimen wie Saudi-Arabien bestünden. Die auf die 1820er Jahre zurückgehende Doktrin erhob den Anspruch einer Vormachtrolle der USA in der gesamten westlichen Hemisphäre.“
Es ist offensichtlich, dass Boltons Vorstellung der Monroe-Doktrin nichts mit dem Kampf gegen den europäischen Kolonialismus gemeinsam hat. Vielmehr handelt es sich um eine martialische, „moderne“ Auslegung derselben — eine Rechtfertigung des westlichen Imperialismus gegenüber der gesamten Hemisphäre, wenn nicht sogar der ganzen Welt.
Sergei Lawrow hatte Recht, als er Boltons Äußerungen als „beleidigend“ bezeichnete. Mehr noch sind sie auch tödlich und ein Anzeichen dafür, in welche Richtung die westliche Außenpolitik sich unaufhaltsam bewegt, nämlich zurück zur radikalsten Form des Expansionismus.
Die USA schlossen sich dem, was sie vor circa 200 Jahren vermutlich verhindern wollten, irgendwann an und brachten es zur „Perfektion“. Jetzt versuchen sie, es ins Extreme zu treiben.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Russia Warns Bolton: Monroe Doctrine Remarks are Insulting to Latin America“. Er wurde von Nadine Müller aus dem ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.