Die Welt von Morgen
Entwurf der Utopie für eine bessere Welt. Teil 7/7.
Dass wir nicht in der besten aller Welten leben, scheint immer mehr Menschen klar zu werden. Angesichts steigender Armut großer Bevölkerungsschichten, der Ausbeutung armer, aber rohstoffreicher Länder, sozialer Verwerfungen und der rasant fortschreitenden Umweltzerstörung offenbart das System immer offensichtlicher seine Unzulänglichkeiten. Viele sind sich einig: Der Kapitalismus ist eine Hauptursache für diese Entwicklungen, er hat sich überlebt und daher kämpfen immer mehr Menschen für eine bessere, eine gerechtere, eine andere Welt. Wie eine solche Welt konkret aussehen kann, ist dabei eine große Herausforderung. Wer allerdings keine Vorstellung davon hat, wohin die Reise gehen soll, tut sich schwer, sinnvoll für eine Veränderung einzutreten. In dieser Artikelreihe soll daher ein Vorschlag für eine alternative Gesellschaft skizziert werden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden die Notwendigkeiten eines neuen Systems dargelegt sowie Möglichkeiten präsentiert, wie ein solches aussehen könnte. Dabei wird auf alle wichtigen Bereiche gesellschaftlichen Zusammenlebens eingegangen.
In den ersten sechs Teilen dieser Serie haben wir uns mit der Notwendigkeit eines alternativen Gesellschaftssystems und mit dessen humanistischen Grundprinzipien beschäftigt. Wir haben ein politisches System entwickelt und darauf aufbauend eine alternative Form der Verteilung und Versorgung sowie der Produktion. Des Weiteren haben wir die Veränderungen der Gesellschaft untersucht. Abschließend bleiben noch einige restliche Fragen zu klären; insbesondere gilt es, den Prozess der Transformation zu beschreiben.
Die Frage der Überbevölkerung
Die Entdeckung und Nutzung des Erdöls hat zur Industrialisierung vieler Sektoren, insbesondere der Landwirtschaft geführt. Die Erfindung von Traktoren, welche die konventionellen Pflüge ersetzen und der Einsatz von Kunstdüngern, die auf Erdölbasis hergestellt werden, haben den Aufwand verringert und die Erträge maximiert. Allerdings ist die industrialisierte Landwirtschaft viel ineffizienter als die konventionelle, denn jede Kalorie, die industriell hergestellt wird, erfordert die Investition von sieben Kalorien Energie. Dieses Verhältnis war in der konventionellen Landwirtschaft genau umgekehrt.
Allein die große Masse der Produktion, die industriell möglich ist, hat die Erträge dermaßen erhöht, dass die Preise stark gefallen sind. Indem wichtige Grundnahrungsmittel immer erschwinglicher wurden, ist die Weltbevölkerung explosionsartig gewachsen: In kaum zwei Jahrhunderten stieg sie rasant um mehrere Milliarden Menschen an. Alle diese Menschen zu versorgen, funktioniert im Kapitalismus nicht — obwohl das von den Kapazitäten des Planeten her möglich wäre.
Doch das kapitalistische System hält die armen Menschen arm, um sie auszubeuten oder weil sie schlichtweg für den Erhalt des Systems überflüssig sind, während die wohlhabenderen Regionen der Erde auf Kosten der ärmeren leben, indem deren Bodenschätze ausgebeutet oder ganze Länder in Kornkammern des Westens umfunktioniert wurden. Gleichzeitig jedoch ist die wachsende Weltbevölkerung auch ein wachsender Markt, der mit Waren und Gütern geflutet werden kann, vorausgesetzt, die Menschen sind nicht zu arm für den Konsum.
Gerade in den armen Ländern steigt die Bevölkerung am stärksten an, während sie in den Industrieländern sogar rückläufig ist. Dies lässt sich dadurch erklären, dass Kinder für die Familien in den ärmeren Ländern eine Art Altersvorsorge sind, gleichzeitig jedoch auch Mittel zur Geburtenkontrolle fehlen. Zudem verbietet eine dogmatische Religion jede Verhinderung einer Schwangerschaft.
Um eine so große, stetig wachsende Zahl an Menschen zu versorgen, müsste der gesamte Planet in einen einzigen Acker umgewandelt werden, was dem Prinzip der Ökologie widerspricht und das Überleben aller Arten gefährdet. Ein Leben ist nur im Einklang mit der Natur möglich, nicht jedoch, indem der Mensch sie sich unterwirft.
Des Weiteren hasst der Kapitalismus Kinder, trotz gegenteiliger Bekundungen. Schwangere fallen als Arbeitskräfte lange aus, können somit an der Produktionsmaschinerie nicht mitwirken und diesen Effekt nur durch den gesteigerten Konsum der für das Kind notwendigen Dinge kompensieren. Weiterhin werden Kinder — sobald es opportun erscheint — in Kindertagesstätten betreut und somit von ihren Eltern getrennt, auf deren Bindung sie angewiesen sind. Das alles geschieht nur, damit die Eltern ihre Funktion als Produzenten oder Sachwalter des produzierenden Systems wahrnehmen können. In vollkommen ungeeigneten Schulen wird ihr Wille gebrochen und sie werden schon früh auf ihre Rolle als Produzenten und Konsumenten reduziert. Es gibt keinerlei Wertschätzung der persönlichen Individualität.
In einer neuen Gesellschaft wird das exponentielle Bevölkerungswachstum aufhören. Dadurch, dass jeder Mensch die grundlegende Versorgung mit allem Notwendigen erhält, fällt der Zwang, Kinder als „Altersversorgung“ bekommen zu müssen, weg. Hinzu kommt, dass Bildung und Aufklärung für jeden zugänglich werden. Auf diese Weise wird es den Menschen ermöglicht, die Folgen des exponentiellen Bevölkerungswachstums zu erkennen. Ferner legt es den Menschen den Wert der ihm umgebenden Natur nahe, sodass sie schon im Kindesalter lernen, ihr mit Wertschätzung zu begegnen. Auf diese Weise wird der Gedanke der Nachhaltigkeit und der Liebe zur Natur schon Kindern nahegebracht.
Im Kapitalismus ist es die westliche Lebensweise, welche die größte Zerstörung in der Natur anrichtet. So lebt nur ein kleiner Teil der Menschheit nach diesen westlichen Standards, verschlingt aber den größten Teil der Ressourcen. Durch den Wandel des Lebensstandards, weg von besinnungsloser Produktion und Konsum, hin zu einer umweltverträglichen, nachhaltigen Lebensweise, wird in einer neuen Gesellschaft eine wachsende Weltbevölkerung weniger Probleme mit sich bringen, als im Kapitalismus.
Hinzu kommt das Prinzip der lokalen Versorgung. Dieses verhindert ein Ungleichgewicht der Lebensstandards in unterschiedlichen Regionen der Welt, sowie eine daraus resultierende Ausbeutung ferner Regionen, die in diesen zu Armut, Verelendung, Hunger und schließlich zur Flucht führen.
Kollektive Erziehung
Damit sich Kinder vollumfänglich entwickeln und entfalten können, sollen sie in nachbarschaftlichen oder kommunalen Kollektiven mit anderen Kindern in Kontakt kommen und spielen können. Die Eltern beaufsichtigen die Kinder in wechselnden Schichten und unternehmen mit ihnen Ausflüge, vor allem in die Natur, um ihnen deren Wunder und Schönheit nahezubringen. Ferner gehört es zu den Aufgaben der Eltern, den Kindern die grundlegenden Werte gesellschaftlichen Zusammenlebens zu vermitteln. Zu diesem Zweck schließen sich die Eltern einer Kommune zu einem Elternrat zusammen, in dem sie die Erziehung der Kinder diskutieren und abstimmen, immer begleitet von Wissenschaftlern, insbesondere Psychologen.
Weiterhin entsenden die Eltern ein Ratsmitglied in den Kommunalrat, der dort die Angelegenheiten der Eltern und Kinder vertritt. Die hierarchischen Systeme alter Zeiten werden aufgelöst, um jedem Menschen ein freies, selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dies beginnt bereits mit der Kindererziehung. Es ist hier wichtig, die richtige Balance zwischen nichtautoritärem Erziehungsstil und der Vermittlung der wichtigen, gesellschaftlichen Werte zu finden.
Sobald die Kinder 14 Jahre alt sind, können sie als Mitglieder im Jugendrat sitzen, der wiederum ein Mitglied in den Kommunalrat entsendet, damit auch dort die Anliegen der Jugend vertreten sind. Ab dann werden sie nicht mehr von ihren Eltern vertreten.
Selbstverständlich wird es weiterhin Schulen geben. Diese sind aber — wie bereits in einem vorherigen Teil dieser Serie beschrieben — den Bedürfnissen der Kinder angepasst, sodass sie ihnen ein optimales Lernumfeld bieten.
Die Schüler werden nicht von Anfang an auf einen bestimmten Beruf hin gedrillt, sondern ihnen wird eine möglichst große Bandbreite an Wissen und Fähigkeiten vermittelt mit dem Ziel, dass sie — ihren Interessen folgend — ihre Kenntnisse in bestimmten Gebieten vertiefen können. Weiterhin müssen sie nicht ihr ganzes Leben lang einen einzigen Beruf ausüben. Dadurch, dass sie Einsicht in möglichst viele Bereiche der Gesellschaft erhalten und ihnen die Bildung in ihrem gesamten Leben offensteht, können sie ihren Beruf im Laufe des Lebens mehrfach nach ihren sich verändernden Interessen wechseln.
Auf diese Weise soll gesellschaftlicher Druck von ihnen genommen und ihnen die Möglichkeit eröffnet werden, sich ihrem eigenen Wesen nach frei zu entfalten. Von Anfang an werden Kinder vollumfänglich gefördert und kollektiv erzogen, sodass sie sich zu selbstbewussten, starken und gebildeten Menschen entwickeln, die gefühlvoll miteinander und mit der Umwelt umgehen.
Die Frage der Dritten Welt und der arabischen Länder
Unter dem Diktat des Kapitalismus werden die Länder der sogenannten dritten Welt als reine Rohstoffquellen und Ackerflächen für den globalen Norden betrachtet. Über den Kolonialismus bis hin zum Neokolonialismus, in dem einzelnen Staaten Souveränität vorgespiegelt wird, werden sie den Zwängen des Marktes unterworfen und mithilfe örtlicher Diktatoren durch Großkonzerne ausgebeutet. Dabei spielen die einzelnen Menschen keinerlei Rolle, sondern werden höchstens als billige, ersetzbare Arbeitskräfte betrachtet, die in den Rohstoffminen oder auf den industrialisierten Anbauflächen ihr Leben gegen einen Hungerlohn riskieren müssen, um ihre Familien zu ernähren.
Die Zerstörung der Umwelt, die zur Desertifikation oder Verseuchung ganzer Landstriche führt, wird dabei billigend in Kauf genommen. Dies führt dazu, dass die lokale Bevölkerung allzu oft ihre Lebensgrundlage verliert und — mangels Alternative — den Weg in den Norden antritt, wo sie als Wirtschaftsflüchtlinge abgewehrt und in ihre ursprüngliche Heimat zurückgebracht werden, falls sie den gefährlichen Weg überleben. Die Länder des reichen Nordens wollen die Folgen ihrer zerstörerischen Wirtschaftsweise nicht vor Augen geführt bekommen und trachten dementsprechend danach, Flüchtlinge und Migranten — notfalls mit Zäunen, Mauern und Gewalt — in den verelendeten Landstrichen zu halten.
Ein besonderes Verhältnis haben die Länder des Westens zur arabischen Welt. Im Bestreben, die dortigen fossilen Rohstoffe optimal für den westlichen Markt auszunutzen, wurde der gesamten arabischen Welt kollektiv der Krieg erklärt. Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung werden ganze Länder zerbombt oder von innen heraus destabilisiert, der Islam als das neue Feindbild aufgebaut, das sich bei jedem Terroranschlag im Westen erneut zu bestätigen scheint. Dass diese Attacken nur die natürliche Antwort auf die westliche Macht- und Interventionspolitik sind, lässt man geflissentlich außer Acht, nutzt sie vielmehr als Bestätigung des eigenen Handelns.
Jene arabischen Länder, die nicht in Schutt und Asche gebombt wurden, beteiligen sich an den Interventionen des Westens, indem sie sogenannte terroristische Organisationen aufbauen und unterhalten, welche die anderen Länder, die gemeinhin als Feind abgestempelt wurden, von innen heraus destabilisieren sollen. Dass sich diese nur allzu oft der Kontrolle durch ihre Finanziers entziehen, hat entweder mit Vorsatz oder mit grober Fahrlässigkeit zu tun. Auf diese Weise lassen sich die Kriege gleichzeitig als Orwell‘sche „Ewige Kriege“ im Äußeren instrumentalisieren.
Sie werden dazu genutzt, die Menschen in den Ländern des Westens hinter dem Staat zu vereinen und ihre Zustimmung für den Aufbau der Überwachung und die zunehmende Militarisierung der Welt zu erschleichen.
Kooperation auf Augenhöhe
In einer neuen Gesellschaft wird keine Region der Erde mehr eine andere als reines Rohstofflager betrachten können. Der absurde Rohstoffverbrauch wird schon durch die Abschaffung des Überflusses eingedämmt. Benötigte Ressourcen verteilt dann der Globalrat gleichmäßig dorthin, wo sie benötigt werden.
Doch für ein friedliches Miteinander ist es zunächst notwendig, alte Feindschaften aufzulösen. Dies zu erreichen, wird ein schwieriger, viele Jahre dauernder Prozess. Allerdings ist es unerlässlich, die Menschen global auszusöhnen. Am Wichtigsten hierbei ist der Friedensschluss zwischen der westlichen und der arabischen Welt. Die Organisation findet im Globalrat statt und wird erleichtert durch den Wegfall aller Rohstoffkriege.
Doch Feindbilder verschwinden nicht einfach aus den Köpfen. Der erforderliche langsame, aber stetige Prozess der Annäherung kann auch zu Rückschlägen führen, muss diese aber überwinden. Denkbar ist eine Kooperation auf globaler Ebene, zum Wiederaufbau der durch den Westen zerstörten Städte und Dörfer. Darüber hinaus müssen die Menschen durch interkulturelle Begegnungen für die Hintergründe der jeweils anderen Welt sensibilisiert werden. Dies kann dadurch erreicht werden, dass sie für eine Weile in dem jeweils anderen Kulturkreis leben, arbeiten oder lernen.
Darüber hinaus ist eine gemeinsame und vollständige Aufarbeitung der Geschichte notwendig. Diese soll zum gegenseitigen Verstehen führen. Bildung und (inter-)kulturelle Veranstaltungen dienen dazu, allen Menschen dieses Wissen zugänglich zu machen und Verständnis zu wecken. Hier stehen insbesondere die Medien in der Verantwortung, waren sie doch auch maßgeblich für den gegenseitigen Vertrauensverlust der Völker und den Aufbau der Feindbilder verantwortlich.
Jene Regionen der Erde, die durch die westliche Wirtschaftsweise verwüstet und verelendet wurden, müssen für die örtliche Bevölkerung durch die ökologische Erdreinigung, Wiederaufforstung und Hilfe zur Selbsthilfe für eine nachhaltige Landwirtschaft und Lebensweise wieder bewohnbar gemacht werden. Dieser Prozess wird viele Jahre in Anspruch nehmen, und so lange ist die lokale Bevölkerung durch Verteilung von Lebensmitteln und Werkzeugen zu unterstützen.
Migrationsströme aus hoffnungslos verlorenen Landstrichen müssen in geordnete Bahnen gelenkt und gleichmäßig auf bewohnbare Regionen verteilt werden, dürfen aber auf keinen Fall abgewehrt werden, da auf diese Weise nur die gegenseitige Abneigung und der Hass wachsen.
Die neue Welt wird also durch gegenseitiges Verständnis und Kooperation der Völker geprägt sein und somit zu einem friedlichen Zusammenleben führen.
Militär, Kriege und Rüstungsindustrie
Im Kapitalismus führen die Industriestaaten hauptsächlich in den Ländern Krieg, die sie zur der Gewinnung von Rohstoffen benötigen, an deren Tropf vor allem die westliche Welt hängt. Demzufolge dient das Militär eben nicht primär der Verteidigung der einzelnen Länder, sondern der schnellen Intervention, wenn der Nachschub billiger Rohstoffe behindert zu werden droht.
Dies hat den Nebeneffekt, dass die Rüstungsindustrie massiv gefördert wird und satte Gewinne einstreichen kann. Die Aufrüstung ist von Materialien beziehungsweise von Ressourcen abhängig, die zu erbeuten Ziel jedes Krieges ist. So entsteht ein absurder Kreislauf, in dem Militär aufgerüstet wird, um Rohstoffe zu erbeuten, wobei die Aufrüstung wieder Rohstoffe erforderlich macht, die wiederum erbeutet werden müssen und so weiter und so fort.
Das Militär und die Rüstungsindustrie wurden so zu einem Moloch, der viele wertvolle Ressourcen verschlingt, die besser zu friedlichen Zwecken eingesetzt werden könnten. Befeuert wird diese Spirale durch den massiven Einfluss der Rüstungskonzerne auf politische Entscheidungen, auch durch den Besitz großer Medienkonzerne, die der Rüstungsindustrie als Sprachrohre ihrer Propaganda dienen.
Die Kriege wiederum wurden meist unter dem Deckmantel begonnen, „Demokratie“ in die betreffenden Länder zu exportieren. Bemerkenswerterweise ist die Demokratie offenbar nur in Staaten notwendig, die über kostbare Rohstoffe verfügen, und dies auch nur, wenn der örtliche Despot oder Machthaber nicht bereit ist, mit dem Westen zu kooperieren.
Somit lässt sich sagen: Krieg dient dazu, den Kapitalismus anzuheizen, indem im Rüstungssektor künstliches Wachstum erzeugt und der Fluss an Ressourcen aufrechterhalten wird. Ein für das System erfreulicher Nebeneffekt ist, dass die zerstörten Länder nach Beendigung der Kriege jeweils wieder aufgebaut werden müssen — eine willkommene Gelegenheit für den Kapitalismus, weiteres Wachstum zu generieren.
So schafft Krieg auch immer wieder Märkte zum Wiederaufbau, ohne die der Kapitalismus, der von ständigem Wachstum abhängig ist, schon viel früher in sich kollabiert wäre, hat er doch im Übrigen jeden möglichen Markt mit seiner Warenflut geradezu übersättigt.
Weiterhin haben Krieg und Rüstung der Umwelt massiv geschadet. Nicht nur die Emissionen bei der Herstellung und im Betrieb der Fahr- und Flugzeuge, sondern auch die Zerstörung durch explosive, teilweise kerntechnische Waffen wirken sich sichtbar sowie unsichtbar fatal auf die Umwelt aus.
Gesellschaft ohne Krieg
In einer neuen Gesellschaft wird die Rüstungsindustrie als überflüssig abgeschafft. Waffen sind nicht notwendig, um das Überleben der Menschheit zu sichern, sondern zur Erfüllung dieses Ziels sogar eher hinderlich. Die verbliebenen Bestände an Fahr- und Flugzeugen werden recycelt und für friedliche Zwecke genutzt. Dies gilt auch für einen großen Teil der Schusswaffen. Ein kleiner Restbestand wird zurückbehalten.
Da das Militär in einer zukünftigen Gesellschaft überflüssig ist, werden die Soldaten anderweitig eingesetzt, beispielsweise als Katastrophenhelfer an der Seite der Zivilbevölkerung oder für die ökologische Erdreinigung. Nur ein kleiner Teil wird weiterhin Waffen tragen, um die Straftäter in den Camps zu bewachen. Jedoch muss dort ein ständiger Wechsel dafür sorgen, dass sich niemand an das Tragen einer Waffe gewöhnt, und auch um etwaige Verbindungen zwischen den Straftätern und den Soldaten auszuschließen.
Natürlich ist mit Einführung der neuen Gesellschaft nicht jeder Konflikt sofort beendet. In der Übergangsphase muss daher ein Kontingent an Soldaten für den Fall einer Aggression zur Verfügung stehen. Die Transformation wird in den verschiedenen Regionen unterschiedlich schnell ablaufen, insbesondere in Konfliktregionen stehen die feindlichen Haltungen dem Prinzip der Mitmenschlichkeit und Zusammenarbeit im Weg. Daher ist es notwendig, Regionen, welche die Transformation bereits vollzogen haben, übergangsweise in einer defensiven Militärallianz zusammenzuschließen, die über den Globalrat gesteuert wird.
Nach Abschluss der Transformation wird diese Allianz abgeschafft, das restliche Militär entwaffnet und anderen Aufgaben zugeführt, abgesehen allein von den bereits erwähnten Wärtern der Straftäter. Deren Anzahl würde im Laufe der Jahre jedoch stetig sinken, da es keine systemimmanente Gewalt mehr gibt, die sich entladen muss, weshalb auch die Zahl der Straftäter sinken wird.
Die bereits transformierten Regionen sind dazu angehalten, auf Konfliktregionen deeskalierend einzuwirken und diesen beim Aufbau der neuen Strukturen zu helfen. Dies wird durch den Prozess der Aussöhnung und der Bildung unterstützt, kann jedoch eine lange Zeit in Anspruch nehmen.
In einer Gesellschaft, die auf Mitmenschlichkeit, Liebe und Zusammenarbeit ausgerichtet ist, um die zukünftigen Probleme der Menschheit zu bewältigen, kann es keine Kriege mehr geben. Menschen, die in bedingungsloser Liebe zu sich selbst und zu ihren Mitmenschen verbunden sind, ziehen nicht in den Krieg. Da Rohstoffe auf globaler Ebene fair verteilt werden und die überflüssige Produktion ohnehin abgeschafft wird, sind Verteilungskämpfe nicht mehr notwendig, denn jeder Mensch bekommt genug für ein gutes Leben.
Religion und Spiritualität
Im Kapitalismus hat die Religion längst an Bedeutung verloren. Der Mensch wurde auf sein irdisches Leben reduziert und jede spirituelle Vorstellung als Relikt der Vergangenheit betrachtet. Gleichzeitig wurden die großen Weltreligionen zur Machtausübung instrumentalisiert und dazu genutzt, die Menschheit untereinander zu spalten.
So wurden unter dem Deckmantel der Religion Kriege und bewaffnete Aufstände geschürt, die einzig dem Zweck dienten, den Machtbereich insbesondere westlicher Staaten in andere Teile der Welt auszudehnen, indem sie Vorwände für militärische Interventionen lieferten. Die großen Weltreligionen sind in dogmatischen Institutionen verankert, die versuchen, möglichst vielen Menschen ihre Ansichten aufzuzwängen. Dadurch erreichen die Religionen eine geradezu freiwillige Unterwerfung der Gläubigen unter ihre Zwänge und häuften im Laufe der Jahrhunderte massive Vermögen an. Vertreter eines freien Spiritualismus werden verlacht und diffamiert, da sie sich den Machtverhältnissen entziehen.
In der neuen Gesellschaft ist Religion Privatsache. Religiöse Institutionen werden aufgelöst, ihre Macht beendet und ihre Besitztümer der Allgemeinheit zurückgegeben. Selbstverständlich steht es jedem Menschen frei, seine Religion weiterhin auszuüben. Diese jedoch anderen aufzuzwingen, widerspricht der Religionsfreiheit. Auch darf Religion nicht mehr dazu ausgenutzt werden, Hierarchien und Machstrukturen zu bilden, denen sich Menschen unterwerfen.
Zudem wird jede Form der Spiritualität unterstützt. Menschen sollen in die Lage versetzt werden, sich nicht nur als biologische Maschine zu sehen mit einer bestimmten Funktion im System, sondern als höheres, geistiges und geistliches Wesen. Zudem wird eine Spiritualität gefördert, die die Verbindung von Mensch und Natur sowie jedes einzelnen Lebewesens miteinander betont. Auf diese Weise soll der Mensch mit seiner Umwelt und mit seinen Mitmenschen verbunden werden und bleiben. Religionsfreiheit bedeutet aber auch die Freiheit von Religion. Niemand wird zu Religiosität oder Spiritualität gezwungen.
In einer neuen Gesellschaft erfüllen Religion und Spiritualität also die Funktion, den Menschen zu vervollkommnen und seinem Leben einen Sinn zu verleihen — außerhalb seiner Funktion innerhalb der Gesellschaft.
Traditionelle Lebensweisen
Der Kapitalismus hat die traditionellen Lebensweisen indigener Völker nach und nach verdrängt, die Menschen zugunsten industrialisierter Landwirtschaft aus den Gebieten ihrer Väter und Vorfahren vertrieben und versucht, ihnen die kapitalistische Lebensweise aufzuzwingen. So sind indigene Völker Opfer auf dem Weg zur Profitmaximierung und Erschließung von Märkten. Auf Ebene des Völkerrechts wurden zwar Sicherungsmittel in Form besonderer Verträge zugunsten indigener Völker geschaffen, die aber unzuverlässig und viel zu langsam, das heißt oft erst nach der Vertreibung, Wirkung entfaltet haben.
In einer neuen Gesellschaft werden die traditionellen Lebensweisen der indigenen Völker respektiert. Da diese Menschen — im Gegensatz zur kapitalistischen Gesellschaft — schon immer im Einklang mit der sie umgebenden Natur gelebt haben, ist es nicht zwingend notwendig, sie in die ökologische Rätedemokratie einzugliedern. Sie können in ihren traditionellen Gebieten wieder in Freiheit und nach ihrer Art leben.
Da Industrie und Landwirtschaft in Folge der schrumpfenden Bevölkerung ebenfalls abnehmen, werden ihre Gebiete gar nicht für solche Zwecke benötigt. Jedoch können sie, wenn sie es wünschen, Vertreter in die Kommunal- oder Regionalräte ihrer jeweiligen Kommune oder ihrer Region entsenden, sodass ihre Bedürfnisse bei politischen Entscheidungen berücksichtigt werden. Die Ökologische Rätedemokratie zwingt sich somit den indigenen Völkern nicht auf, sondern ist nur ein Mittel, das Zusammenleben der sogenannten zivilisierten Welt zu organisieren.
Transformation
Nun liegt das Konzept einer neuen, globalen Ordnung vor. Es bleibt die Frage, wie die Transformation ablaufen soll. Dafür sind theoretisch drei Arten denkbar.
Abzulehnen ist der Weg der gewaltsamen Revolution, da Gewalt in der neuen Gesellschaft keine Rolle mehr spielen soll. Die Geschichte lehrt, dass gewaltsame Revolutionen in den wenigsten Fällen die bestehenden Verhältnisse nachhaltig geändert haben. Vielmehr wurden stets nur Führungspersonen ausgetauscht, während die grundlegenden Verhältnisse unangetastet blieben. Oft wurden sie sogar auf ebensolche gewaltsame Art und Weise rückgängig gemacht. Zudem basiert auch der Kapitalismus auf Gewalt. Um ein solches System zu beenden, kann folglich nicht ebenfalls Gewalt eingesetzt werden.
Eine neue Gesellschaft in den vorhandenen Systemen zu etablieren, erscheint unrealistisch. Die bestehenden Systeme sind starr und starr auf ihren Selbsterhalt ausgerichtet. Wer ein solches System von innen heraus verändern will, müsste zunächst eine hohe Position innerhalb des Systems erringen. Doch das erscheint unwahrscheinlich, entweder weil das System ihn nicht in die angestrebte Position gelangen lässt oder weil er als Teil des Systems nicht länger an dessen Abschaffung interessiert sein wird, wofür es unzählige Beispiele gibt. Das System erhält sich schließlich durch Propaganda und materielle Anreize selbst.
Noch utopischer ist eine Änderung über die bestehenden Systeme in Ländern mit Diktatoren. Kein Diktator wird seine Macht freiwillig aufgeben. Zu beachten ist weiterhin das Interesse der Industrie- und Finanzwirtschaft, die in den meisten Ländern die Politik faktisch in ihren Händen hält. Auch diese vom kapitalistischen System bestens versorgten Mächte werden an einer Abschaffung des Systems kein Interesse haben. Vielmehr werden sie eine Abschaffung des Systems mit allen Mitteln verhindern wollen.
Bleibt also nur noch die dritte Option. Dabei müssen im Kleinen neue Strukturen aufgebaut werden, die sich dann langsam auf die oberen Ebenen ausdehnen. Auf diese Weise werden Fakten geschaffen, die weder die Politik noch die Wirtschaftslobby ignorieren kann. So müssen bestehende Ansätze autarken Lebens genutzt und verbessert werden, ohne dabei materielle Anreize zu verfolgen. Weiterhin müssen die Landwirte dafür gewonnen werden, sich in Kooperativen zusammenzuschließen, sich gegenseitig zu unterstützen. Das Ziel ist eine nachhaltige, vielseitige Landwirtschaft, die von externen Saatgutproduzenten unabhängig ist und alte, resistente Sorten ohne Einsatz von Pestiziden oder Kunstdüngern anpflanzt.
Diese Kooperativen müssen eng mit den sonstigen Alternativen gemeinschaftlichen Lebens und Handelns zusammenarbeiten und dürfen ebenfalls keinen materiellen Gewinn anstreben, sondern müssen für alle auf den Aufbau einer neuen Gesellschaft gerichteten Strukturen eine unentgeltliche Grundversorgung bereitstellen. Am Anfang ist dies zum Beispiel im Wege der solidarischen Landwirtschaft zu erreichen. Sind jedoch erst einmal Strukturen gegenseitiger Unterstützung und Solidarität geschaffen, werden finanzielle Mittel immer unwichtiger.
Bei diesem Prozess wird es keine zentralen Führungsfiguren geben. Jede Initiative ist ihr eigener Herr, kann sich aber mit anderen Initiativen vernetzen und Räte gründen, in denen die Zusammenarbeit koordiniert wird. Ist auf diese Art die Grundversorgung durch die Landwirtschaft gesichert, werden sich diesem neuen Prozess weitere Menschen, beispielsweise Handwerker, die in der neuen Gesellschaft verstärkt benötigt werden, sowie der abgehängte und unterdrückte Teil der Bevölkerung anschließen.
Unabhängig von nationalen Parlamenten können Räte schon in einem frühen Stadium gegründet werden, in denen das weitere Vorgehen abgesprochen und gegenseitige Unterstützung organisiert wird. Weiterhin ist eine Vernetzung aller bestehenden Ansätze alternativer Gestaltung der Gesellschaft vonnöten. Die neue Gesellschaft ist keine dogmatische Ideologie und kann mit anderen Ansätzen kombiniert und verbessert werden. Wichtig ist allein, dass eine ökologisch nachhaltige und bedingungslose Grundversorgung aller Menschen erreicht wird und dass alternative, tatsächlich demokratische Strukturen geschaffen werden, die das alte System ersetzen und auf den Grundwerten der Liebe, Ökologie und Mitmenschlichkeit fußen.
Möglich ist es, solche Initiativen auf kommunaler Ebene politisch zu unterstützen. Wenn also Parteien in Stadtparlamenten oder gar auf Landesebene Mehrheiten haben, die eine solche Transformation gutheißen, können sie diese auf ihre Art und Weise unterstützen. Es wäre zum Beispiel wichtig, landwirtschaftliche Subventionen aus der industriellen Landwirtschaft abzuziehen und den ökologischen Kleinbauern oder anderen Projekten zuzuführen, die am Aufbau einer neuen Gesellschaft arbeiten. Auch eine Steuer für CO2-Emissionen der Unternehmer, oder generell für die Umwelt schädigende Verhaltensweisen durch die Industrie und industrielle Landwirtschaft, ist denkbar.
Ist die Grundversorgung mit allen lebenswichtigen Dingen gesichert, kann die Menschheit in einen globalen Generalstreik treten. Dieser wird durch den totalen Stillstand kapitalistischer Produktion einen Kollaps des Finanzsektors zur Folge haben und das alte System in den Abgrund reißen. Die alternativen, vom Kapitalismus unabhängigen Strukturen, die bis dahin aufgebaut und vernetzt wurden, fangen die Auswirkungen der Krise auf die Menschen ab. Das wird die Akzeptanz und Unterstützung der neuen Gesellschaft fördern. Der Fall des alten Systems gleicht somit dem Abriss eines alten, maroden Gebäudes inmitten einer blühenden und neuen Stadt.
Die starke Gegenwehr des Systems im Laufe des Prozesses muss und kann gemeinschaftlich überwunden werden. Für die Etablierung einer neuen, gerechteren und umweltverträglicheren Gesellschaft darf kein Hindernis zu groß sein. Es ist eindeutig, dass ohnehin massive Veränderungen auf die Menschheit zukommen werden. Die Frage ist nur, ob wir sie selbst in die Hand nehmen, solange wir sie noch beeinflussen können, oder ob wir die Welt in Chaos, klimatischer Apokalypse, Gewalt und Hunger versinken lassen, obwohl wir das hätten aufhalten können.
Der Autor ruft somit zu einem tiefgreifenden, gesellschaftlichen Wandel auf, der zu einer Verbesserung der Lebensumstände aller führt und auf den Erhalt der Umwelt als Versorgerin der Menschheit ausgerichtet ist. Mit der Transformation sollte umgehend begonnen werden, denn die zerstörerischen Auswirkungen des Kapitalismus treten jeden Tag deutlicher zutage und werden bei ungestörtem Fortgang schon bald die Leben von Milliarden Menschen massiv gefährden und verändern.
Dass eine alternative Gesellschaft möglich ist, wurde ausreichend dargelegt. Das Argument, der Kapitalismus sei alternativlos, zählt also nicht mehr. Ein Wandel kommt. Die Frage ist nur, ob mit den Menschen oder gegen sie — und wie wir darauf reagieren.