Die verratene Generation

Erwachsene verweigern den Jüngeren jenen Halt, den sie bräuchten, um sich gegen die Zumutungen der Politik zu wehren.

„Die Jugend ist zu unpolitisch“, hört man oft von im politischen Kampf mehr oder auch weniger erfahrenen Senioren. „Wäre ich in dem Alter, würde ich mir das nicht bieten lassen.“ Mag ja sein, aber so einfach können es sich Ältere nicht machen. Sie haben oft mehr Macht und Einfluss, den sie nutzen sollten, um die schlimmsten Fehlentscheidungen der Politik zu korrigieren. Der Stellvertreterkrieg gegen Russland zum Beispiel könnte sofort gestoppt und damit ein Dritter Weltkrieg verhindert werden. Die Elterngeneration vermittelt ihren Kindern häufig keinen Halt mehr, stattdessen versucht sie deren Willen durch einen autoritären Führungsstil zu brechen und ihre noch frischen Kräfte in Kriegen oder auf dem Arbeitsmarkt zu verheizen. Viele Jugendliche randalieren, oder ― was in Deutschland weitaus häufiger passiert ― sie resignieren und haben ihre Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft aufgegeben. Alle Generationen müssen sich jetzt am Riemen reißen und gegen den gefährlichen Unfug aufstehen, der ihnen von der Politik zugemutet wird.

Das Vorbild unserer Generation nach zwei Weltkriegen

Die Zeit ist wieder „aus den Fugen“ (Shakespeare) wie vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Und es scheint so, als ob wir Bürger wiederum nicht wissen, was in dieser brandgefährlichen Situation zu tun ist. Vor allem die Intellektuellen unter uns haben eine viel größere Verantwortung, als man gemeinhin wahrhaben möchte, denn es wäre ihre Pflicht, für die anderen Menschen zu denken und mit der Freiheit des Denkens die Freiheit überhaupt zu proklamieren.

Kleinmut und Unentschlossenheit gut informierter Erwachsener sowie die Uneinigkeit bezüglich geltender Werte in der Kultur wirken sich vor allem auf die heimatlose Jugend extrem negativ aus. Sie findet dadurch bei Eltern, Lehrern und Ausbildern keine Orientierung und keinen emotionalen Halt.

In einem Spiegel-Artikel vom 8. Juli 2023 heißt es:

„Bei uns haben sich die Kinder von der Zukunft verabschiedet“ (1).

Der Artikel beschreibt das veränderte Land Frankreich nach dem tödlichen Polizeischuss auf Nahel M. Es geht um Wut und Zerstörung der jungen Generation, für die das Wort „Égalité“ wie Hohn klingt und die sich fragt, was zur Hölle hier eigentlich passiert.

Doch diese verzweifelte Stimmung lässt sich auch auf die Jugend anderer Länder übertragen. Anstatt dass wir Erwachsenen dafür sorgen, dass dieser verheerende Krieg in der Ukraine gestoppt und kein neuer Weltkrieg ausgelöst wird, halten wir als Eltern und Erzieher an einem strengen bis autoritäre Erziehungsstil fest, der bei den Heranwachsenden Ängste vor den Mitmenschen auslöst und sie daran hindert, sich mit ihnen zu assoziieren. In der Schule wird keine psychologische Bildung vermittelt, die die Heranwachsenden lehrt, wie sie leben sollen und können.

Hinzu kommen Irritationen, die Bürgerinnen und Bürger sprachlos machen. Zum Beispiel wird die Freigabe psychodelischer Drogen diskutiert, die das Bewusstsein der Menschen verändern. Empfohlen wird auch die Einrichtung abgeschotteter „Körpererkundungsräume“ für Dreijährige sowie die Masturbation und Homosexualität bei kleinen Kindern (Weltgesundheitsorganisation WHO) (2).

Dass sich diese abartigen Empfehlungen auf die spätere Einstellung des Erwachsenen zum anderen Geschlecht auswirken, ist keine Frage: Starke Verunsicherung, Perversionen aller Art, Neurosen oder gänzliche Zurückgezogenheit vom anderen Geschlecht einschließlich Einzelgängertum können die Folge sein.

Aber nicht nur die Jugend ist von der offensichtlichen Hilflosigkeit der Erwachsenenwelt betroffen, auch viele ältere Zeitgenossen selbst können die salbungsvollen und beschwichtigenden Kommentare in den regierungsnahen Medien nicht mehr hören und sehen.

Es kann doch nicht allen Ernstes behauptet werden, dass dieser Stellvertreterkrieg der US-NATO gegen Russland in der Ukraine, der Hekatomben von Menschenleben fordert, nicht sofort beendet und damit ein Dritter ― höchstwahrscheinlich atomarer ― Weltkrieg verhindert werden kann. Vielleicht gibt es noch die eine oder andere Großmutter, die glaubt, dass das anstehende Problem eines Tages vom amerikanischen, russischen oder chinesischen Präsidenten ― oder von jemandem „ganz oben“ ― gelöst und das eigene Land dabei verschont wird.

Eine friedliche Welt entsteht einzig und allein durch menschliche Entschlüsse

Die wissenschaftlichen Ergebnisse der historischen, soziologischen und psychologischen Forschungen, die im Anschluss an die vergangenen Weltkriege in die Wege geleitet wurden, dürften doch inzwischen in allen guten Stuben angekommen sein ― nicht nur bei den Intellektuellen. Dadurch wissen wir, dass Kriege allein von machtbesessenen Herrschern aller Couleur angezettelt und geführt werden, weil sie ein gutes Geschäft sind.

Eine Welt ohne Gewalt, ohne Waffen und Kriege kann einzig und allein durch den Entschluss der Menschen realisiert werden, durch ein Denken und Handeln, das sich am Ideal des Friedens und der Gerechtigkeit orientiert.

Und diese Reduzierung der Gewalt muss noch heute erfolgen. Die Geschichte strebt durch ihr Eigengesetzlichkeit nicht selbst zum Frieden ― quasi über unsere Köpfe hinweg.

Wenn das Volk, das sich nichts sehnlicher wünscht, als in Frieden und Freiheit zu leben, aus nachvollziehbaren Gründen nicht gefragt wird, dann müssen sich die verantwortungsvollen Bürger dieses Volkes mutig und möglichst mit einer Stimme selbst zu Wort melden. Noch immer wählen wir Jahr für Jahr Politiker, die im Namen ihrer Auftraggeber gegen souveräne Staaten Krieg führen (3). Dabei ist uns bekannt, dass in der Regel die gewalttätigsten, sittenlosesten und vor allem die größten Lügner unter ihnen gewählt werden (Lew Tolstoi).

Also ― wie wollen wir es halten? Wollen wir warten, bis das Undenkbare eintrifft und große Teile der Menschheit ausgelöscht werden? Oder wollen wir bereits heute dem aufkommenden Faschismus entschieden und mit vereinten Kräften entgegentreten?

Dass der Mensch unbewusste Gefühle hat und Verhaltensweise zeigt, die ihm selbst und der gesamten Gesellschaft Schaden zufügen können, wissen wir seit Siegmund Freud. Dieser Umstand darf jedoch nicht als Entschuldigung dienen, dass wir nicht entschieden „NEIN!“ sagen zu jeglichem Wahnsinn wie dem Krieg.

Unsere unbewussten Gefühle können jederzeit durch eine Psychotherapie bewusst gemacht werden, damit wir einen realistischen Blick auf uns selbst, auf unsere Mitmenschen und auf die gesamte Gesellschaftsordnung bekommen (4).


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.spiegel.de/ausland/frankreich-das-land-nach-dem-toedlichen-polizeischuss-auf-nahel-m-a-baefOedfq-1203-4f2a-bd75-bd1cc56Oe6c4
(2) https://www.focus.de/politik/ausland/brasiliens-praesident-bolsonaro-attacke-who-foerdert-masturbation-und-homosexualitaet-bei-kleinen-kindern_id_11944595.html
(3) https://www.manova.news/artikel/der-selbstgewahlte-untergang
(4) https://www.manova.news/artikel/das-seelenstethoskop