Die vergessenen Opfer

Deutsche Regierung und Medien lassen die Menschen im Donbass-Krieg aus ideologischen Gründen allein.

Der linke Politiker Andreas Maurer war im November als Beobachter bei den Wahlen in Donezk und Lugansk. In Hannover berichtete er nun über seine Erlebnisse in den ostukrainischen Städten. Vor allem der Kriegsalltag und dessen Folgen für die Menschen beschäftigen Maurer. Die deutsche Regierung leistet keine humanitäre Hilfe. Zudem war immer wieder sein tiefer Frust über die schlechte Arbeit deutscher Medien im Ukraine-Konflikt herauszuhören.

„Der Donbass ist eine Kriegsregion.“ Andreas Maurer betont diesen Fakt gegenüber deutschem Publikum ausdrücklich. Oft hört man das hierzulande nämlich nicht. Auch er selbst musste diese Einsicht erstmal sacken lassen. So richtig hat Maurer es erst zu Hause gemerkt, wo er keine Geschosseinschläge hört und wo es keine frischen Massengräber gibt.

Der Lokalpolitiker aus der niedersächsischen Kleinstadt Quakenbrück berichtete in Hannover bei der Initiative „Frieden mit Russland“ über die alltäglichen Folgen des bewaffneten Konflikts zwischen der Kiewer Regierung und den Volksrepubliken Donezk und Lugansk. Die professionellen Berichterstatter von den Leitmedien ignorieren diesen Krieg in Europa größtenteils — und wenn sie berichten, dann meist einseitig, phrasenhaft und manipulativ im transatlantischen Sinne.

Eigentlich war Maurer als Wahlbeobachter in dem umkämpften Teil der Ostukraine. In den 2014 ausgerufenen aber international nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk fanden im November 2018 Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Beide Kleinstaaten hatten die Abgeordneten zahlreicher nationaler Parlamente und des EU-Parlaments eingeladen, um als Wahlbeobachter zu fungieren. Doch erschienen waren nur wenige. Dazu später mehr.

Die Menschen schlafen in Kellern

Zuerst berichtete Maurer von den Lebensbedingungen in den belagerten Regionen. Er besuchte ein Kinderkrankenhaus in der „Frontstadt“ Gorlowka. 2015 hatten die linken Bundestagsabgeordneten Wolfgang Gehrke und Andrej Hunko Medikamente in die schwer beschädigte Klinik transportiert und die notwendigen Reparaturen organisiert. Beides wurde aus Spendengeldern bezahlt, die zuvor in Deutschland gesammelt wurden.

In Gorlowka herrscht bis heute große Anerkennung für die Leistung der beiden Politiker, berichtete Maurer. Das medizinische Personal arbeite jedoch weiterhin mehr aus helfender Motivation — die Löhne sind nur minimal. „Herr Maurer, wir arbeiten hier nicht für Geld“, erklärte ihm eine Krankenschwester.

Während seines Besuches wurden ein Kind und ein älterer Mann schwer verwundet in die Klinik eingeliefert. Sie waren auf Anti-Personen-Minen getreten. „Das sind geächtete Waffen und nur dazu gedacht, Menschen zu verletzen“, sagte Maurer empört. Die Tretminen seien aus US-Produktion. Da sie aus Gummi seien, ließen sie sich durch herkömmliche Minendetektoren nicht aufspüren. „Kiew will die Menschen im Donbass bestrafen“, betont er. Kiew hätte gern den Donbass, aber ohne die Bewohner.

Die Menschen dort sind des Krieges müde. Sie haben den ständigen Beschuss satt. Besonders in den frontnahen Gebieten müssen viele Bewohner aus Angst vor der ukrainischen Artillerie bis heute in Kellern schlafen, sagte Maurer. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte dies schon im Jahr 2014 angekündigt:

„Unsere Kinder werden zur Schule gehen, in den Kindergarten. Deren Kinder werden im Keller sitzen. (…) Auf diese Art werden wir den Krieg gewinnen.“

Warum schaut der Westen weg?

Die Menschen im Donbass stellten Maurer immer nur die eine Frage: „Warum seht ihr im Westen unser Leid nicht?“ Doch dieser Vorwurf stimmt nur für das offizielle Deutschland. Ja, die Bundesregierung leistet keine humanitäre Hilfe, kritisierte Maurer. Und auch die großen deutschen Medien — ideologisch streng auf transatlantischer Linie — haben alles andere im Sinn, als Mitgefühl für die Kriegsopfer der ukrainischen Armee und rechtsradikaler Bataillone zu wecken (1). Doch in der deutschen Zivilbevölkerung gebe es sehr viele Menschen, die Pakete für den Donbass packen oder Geld spenden.

Andreas Maurer versucht, das Leid der Menschen vor Ort fotografisch nach Deutschland zu transportieren. Doch in einem Fall verbot er sich selbst, auf den Auslöser seiner Kamera zu drücken. An einer völlig zerschossenen Lugansker Grenzbrücke zur Ukraine quälen sich alte invalide Menschen hin und her, weil sie noch eine kleine offizielle Rente in der Ukraine erhalten. Dafür müssten sie aber persönlich dort vorstellig werden. Die einsturzgefährdete Holzbrücke könne lange repariert sein, die Spendengelder lägen vor, doch Kiew verweigere dies mit der Begründung, es könnten dann russische Panzer darüber rollen.

Einen russischen Soldaten traf Maurer tatsächlich. Im Hotel habe dieser dem deutschen Politiker gesagt, dass er Offizier der Reserve in der russischen Armee sei. Doch er sei hier nicht auf Befehl Moskaus, sondern verteidige seine Heimat. Mitten in der Nacht habe der Soldat den deutschen Politiker mitgenommen und ihm sein Geburtshaus bei Donezk gezeigt. Als junger Mann in der Sowjetunion sei er zum Militärdienst nach Sibirien abkommandiert worden und dort geblieben, erzählte der Soldat. Heute komme er zurück, um sein Geburtshaus vor westukrainischen Faschisten zu schützen. Genauso sei es auch mit anderen Russen, die hier kämpfen — eine Erbe der Sowjetunion.

Schlimmer als im Zweiten Weltkrieg

Viele Betroffene im Donbass sagen, die jetzige Kriegssituation sei katastrophaler als im Zweiten Weltkrieg. Maurer hielt diese Aussage zuvor für übertrieben. Doch gerade alte Bewohner, die die Nazibesatzung noch selbst erlebt hatten, äußerten diese Einschätzung immer wieder. „Es ist heute schlimmer als damals.“ Die Besatzungszeit durch Wehrmacht und SS dauerte in der Region rund zwei Jahre. Der aktuelle Krieg läuft jedoch schon mehr als doppelt so lang.

Maurer wurde zu einem Massengrab bei Lugansk geführt, in dem rund 1.500 Leichen Einheimischer liegen, die durch den Angriff der aus Kiew befohlenen Truppen im Jahr 2014 starben. Direkt gegenüber liegt das Massengrab ermordeter Zivilisten während der Nazibesatzung.

Wegen Seuchengefahr mussten die Toten vor viereinhalb Jahren eilig bestattet werden. Eine Kinderleiche, von der man genau wusste, wo sie liegt, wurde dort kürzlich exhumiert und würdevoll begraben, so Maurer. Fast die ganze Stadt Lugansk habe an der Beerdigung teilgenommen. „Die Trauer schweißt zusammen.“

Es wird sehr schwierig werden die Regionen Donezk und Lugansk wieder mit der restlichen Ukraine zu vereinen, glaubt er. In Kiew werden die rechtsradikalen Freiwilligen, die für viel Leid im Donbass verantwortlich sind, wie Helden gefeiert — genauso wie ihre faschistischen historischen Vorgänger. „In der Ukraine werden Straßen nach Bandera benannt und die UPA wird verehrt.“ Erst kürzlich ließ sich Poroschenko mit Fallschirmjägern fotografieren, von denen einer das Wappen der SS-Division „Totenkopf“ trug (2).

„Mit dieser Ukraine wollen wir nichts zu tun haben“, sagten ihm die Menschen im Donbass, so Maurer. „Und wenn man am Massengrab in Lugansk steht, kann man das auch nachvollziehen.“ Zudem gebe es zahlreiche Schikanen der Ukrainer. So würden etwa harmlose Zivilisten aus dem Donbass bei ihren Gängen in die Ukraine verhaftet und wie Kriegsgefangene gegen ukrainische Soldaten ausgetauscht.

Russland könnte viel mehr helfen

„Die Menschen im Donbass werden seit fünf Jahren alleingelassen“, kritisiert der Linkenpolitiker. Sie lebten wie unter einer Blockade. Sie hätten gern mehr Kontakte ins Ausland — besonders die Schüler und Studenten. Maurer kritisierte auch Russland. Das große Nachbarland hat beide Volksrepubliken bis heute nicht anerkannt und könnte weitaus mehr Unterstützung geben. Bis heute verteile es — anders als im Westen manchmal behauptet — auch keine russischen Pässe in den kleinen Volksrepubliken.

Deren zuvor bereits geschäftsführende Präsidenten Denis Puschilin in Donezk und Leonid Pasetschnik in Lugansk hatten ihre Wahlkämpfe beide mit der Forderung einer Wiedervereinigung mit Russland gewonnen. Das habe man in Moskau jedoch gar nicht gern gehört. Dort herrsche ein gewisser Unwillen, sich noch mehr westliche Sanktionen aufzuhalsen.

Alle waren eingeladen, fast nur Rechtspopulisten kamen

Maurer war bei den Wahlen sowohl in Lugansk als auch in Donezk als Beobachter dabei. Er war damit einer der wenigen Politiker, die die Einladung angenommen hatten. Obwohl Einladungen an alle nationalen und supranationalen Parlamente Europas gegangen seien, waren insgesamt gerade mal gut 40 Wahlbeobachter angereist, sagte Maurer. Viele von ihnen Vertreter rechter Parteien. „Wir Linke dürfen die Themen Russland und Donbass nicht den Rechtspopulisten überlassen“, unterstreicht er. Ähnliches geschehe eben auch, wenn Russland westliche Politiker zu verschiedenen Anlässen einlade (3).

Bei der Tagesschau heißt es dann zu den Wahlen im Donbass: „Unter den Wahlbeobachtern sind ausschließlich Abgeordnete aus Russland oder Angehörige rechter europäischer Parteien“ — eine erwartbare „Einordnung“, die hinsichtlich Maurers Anwesenheit zudem eine eindeutige Falschinformation darstellt.

Die erste Stelle, die die Menschen im Donbass ausgerufen hatte, sich den Wahlen zu verweigern, war Maurer zufolge das NATO-Hauptquartier. Als Zweiter folgte der US-Botschafter in Kiew. Der Westen wollte diese Wahlen nicht, damit in den beiden Volksrepubliken niemand ist, mit dem man verhandeln kann, sagte Maurer. Ukrainische Faschisten hätten zudem angekündigt, die Wahlen zu sabotieren.

Deshalb hatten die Verantwortlichen der Volksrepubliken eine hohe Sicherheitsstufe für die Wahlen ausgerufen. Dies sei gerechtfertigt gewesen, denn immerhin ist die Region Kriegsgebiet und der bis dahin amtierende Donezker Präsident Alexander Sachartschenko war erst einige Wochen zuvor bei einem Bombenanschlag ermordet worden.

Deutsche Weihnachtsmärkte sind noch stärker gesichert

ARD-Journalisten vom Magazin „Kontraste“, die einen diffamierenden Beitrag über Maurer produzierten (4), hatten ihn argwöhnisch gefragt, warum Soldaten bei der Wahl so präsent waren. Maurer verwies auf den Krieg und vorangegangene Drohungen. Und er ergänzte:

„Die Sicherheitsstufe auf deutschen Weihnachtsmärkten ist noch höher. In Berlin habe ich eine Bratwurst gegessen und neben mir standen drei Polizisten mit Maschinenpistolen.“

Bei den Wahlen im Donbass waren auch Kamera-Teams von ARD und ZDF anwesend. Bei der Hauptpressekonferenz sei das ZDF im Gegensatz zu anderen TV-Teams ohne Kamera gekommen, berichtete Maurer. Sie wollten nur mal kurz hineinhören, hätten ihm die ZDF-Leute erklärt.

Absolut beschämend ist aus Maurers Sicht der Tagesthemen-Bericht über die Wahlen gewesen. Die Journalisten vom Ersten seien nur in ein einziges Wahllokal gegangen und dann wieder in ihr Hotel zurückgekehrt. Sie behaupteten, sie hätten nur dort drehen dürfen, doch das sei nicht wahr, schildert Maurer in Hannover. Natürlich hatten sie militärische Begleiter, doch diese seien aus Schutzgründen dabei gewesen, und keine „Aufpasser“.

Im Gegensatz zu anderen westlichen TV-Teams hätten die ARD-Leute sich nicht mit den Menschen vor dem Wahllokal unterhalten. „Die Holländer haben das gemacht. Warum kann die ARD das nicht?“ (5). Stattdessen erzeugte der Tagesthemen-Bericht den Eindruck, als wären die Menschen nur wegen günstiger Lebensmittel zum Wahllokal gekommen. Es ist aber schon seit Sowjetzeiten so, dass am Rande der Wahlen Waren verkauft werden, erläuterte Maurer. Das sei gar nichts Besonderes.

Die konkreten Wahlergebnisse thematisierten ARD und ZDF ebenfalls nicht. Sie erweckten lediglich den Eindruck, die Sieger seien bereits zuvor in Moskau festgelegt worden. Andreas Maurer berichtete, dass gut jeder zweite Abgeordnete in den Parlamenten Gewerkschafter sei. In beiden Republiken seien zu den Wahlen keine Parteien zugelassen worden, sondern jeweils zwei Wahlbündnisse angetreten. Auch Kommunisten konnten sich über die Wahlbündnisse aufstellen lassen und einige seien so in die Parlamente eingezogen.

Politisches Klima ohne Fakten

Neben den Medien stellte Maurer auch der deutschen Außenpolitik ein schlechtes Zeugnis aus. Heiko Maas und Kollegen machen sehr viel in den deutsch-russischen Beziehungen kaputt, kritisierte er. Diejenigen, die erstmal fordern, dass die Krim wieder Teil der Ukraine werden muss, bevor man verhandelt, wollen eigentlich keine Lösung des Konflikts. Erster Schritt müsse vielmehr eine bindende Erklärung der NATO sein, dass die Ukraine niemals Mitglied werden wird, unterstrich er. „Das wäre ein Türöffner.“

Die NATO muss nicht jedes Land aufnehmen, das sich andient. Nach ihren eigenen Statuten dürfen Länder im Kriegszustand auch gar keine Mitglieder werden, unterstrich Wolfgang Gehrke (Die Linke). Der langjährige Bundestagsabgeordnete war bei der Veranstaltung in Hannover ebenfalls anwesend und sprach über den derzeitigen Konflikt des Westens mit Russland.

Die aktuelle ukrainische Regierung agiert aus Gehrkes Sicht wie ein Dauerprovokateur. „Immer wenn eine diplomatische Frage geklärt scheint, kommt wieder ein Querschläger aus Kiew.“ Nicht Moskau blockiere die Umsetzung des Minsker Vertrages, sondern Kiew. Die deutsche Regierung müsste endlich die Ukraine auffordern, ihre Provokationen zu unterlassen. Wenn Deutschland es wollte, könnten die Sanktionen sofort aufgehoben werden.

Er kritisierte, dass die Bundesregierung keine humanitäre Hilfe für die Ostukraine leistet, sondern nur für Kiew. „Es ist sehr fragwürdig, wenn humanitäre Hilfe politisch sortiert wird.“ Heiko Maas hält er für den schlechtesten Außenminister, den er in seiner Karriere erlebt hat. Dieser sei ein „ungebildeter Scharfmacher“. Zudem zeigte sich Gehrke über das politische Klima gegen Russland sehr betrübt. „Das ist ein Klima ohne Fakten. Man braucht keine Beweise mehr für irgendwas. Putin ist einfach immer schuld.“

Deutsche Russlandpolitik ist „beschämend“

Gehrke empfahl der SPD sich auf ihre frühere Annäherungspolitik gen Osten zu besinnen. Doch das Verhalten der allermeisten deutschen Politiker gegenüber Russland sei beschämend. „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass die Bundeswehr mal an der Westgrenze Russlands stationiert wird.“

Grundsätzlich haben wir es hierbei mit einer moralischen Frage zu tun, betonte Gehrke. Die Regierenden sollten sich erinnern, was Deutschland den Russen im Zweiten Weltkrieg angetan hat. Ein besonderes Verhältnis wie zu Israel bräuchte es hierzulande auch für Russland.

Doch davon ist die deutsche politische Elite weit entfernt. Den vielen historisch schlecht gebildeten Bundestagsabgeordneten erscheine Putin als unberechenbarer Machtpolitiker. Sein Vorgänger Jelzin, der einen lupenreinen Putsch in Russland durchführte und später als schwerkranker Alkoholiker die Kontrolle über das russische Atomwaffenarsenal hatte, galt hingegen nie als „unberechenbar“, erklärte Gehrke. Dämonisiert werden russische Präsidenten erst, seitdem Russland wieder eine eigenständige Außenpolitik betreibt.
Opfer westlicher Machtpolitik

Für all das können die Menschen in Donezk und Lugansk nichts. Sie sind Opfer westlicher Imperial- und Geopolitik, die aus dem Blickfeld der westlichen Öffentlichkeit verschwunden sind. Wie lange dieser Zustand anhalten wird, ist nicht absehbar. Andreas Maurer hat die Menschen im Donbass immer wieder gefragt, was er in Deutschland von ihnen berichten soll. „Was wollt ihr?“ Die Antwort lautete immer gleich: Wir wollen Frieden.


Quellen und Anmerkungen:

Die Initiative „Frieden mit Russland“ lädt am 25. Januar um 19 Uhr nach Hannover zum Vortrag „Aufmarschgebiet Baltikum“ ins Freizeitheim Linden. Referent wird der Militärexperte und Buchautor Uwe Markus sein.

(1) Allein der Vergleich zwischen der monatelangen Medienkampagne zum Beschuss Ost-Aleppos und der gefühlten Nachrichtensperre über den jahrelangen Beschuss des Donbass‘ zeigt, dass die Leitmedien solche Fälle nicht aus einer Position unverhandelbarer ethischer Maßstäbe heraus beurteilen, sondern rein ideologisch-instrumentell. Empörungskampagnen wie zu Aleppo sind demnach nicht humanitär, sondern vor allem politisch motiviert. Ansonsten müsste der Beschuss der ostukrainischen Zivilbevölkerung ebensolche Empörung bei deutschen Medienmachern auslösen.
(2) Auf eine abscheuliche Art bemerkenswert ist die Reaktion des FAZ-Korrespondenten Gerhard Gnauck auf das Foto. Bei Twitter schrieb er: „Dann ist wohl jeder Chemiker, der auf giftigen Flaschen einen Totenkopf hat, ein Nazi. Ein Chemie-Nazi eben.“ Traurig, dass ein studierter Historiker (!) wie Gnauck den Unterschied zwischen dem unverwechselbaren Symbol einer SS-Division und einem stilisierten Warnhinweis auf einer Chemikalie nicht erkennen will. Selbst in solchen eklatanten und offensichtlichen Nazi-Vorfällen sind ideologisch motivierte Journalisten wie Gnauck charakterlich nicht in der Lage, berechtigte Kritik am ukrainischen Faschismus zu üben, sondern waschen diesen noch weiß. Ein Twitter-Nutzer schrieb: „Eine solche Verharmlosung der Nazi-Verbrechen macht mir Angst. Das ist ja fast schon Holocaustleugnung. Und das von jemandem, der andere Menschen informieren soll.“ Gnaucks unsachlich-projektive Antwort darauf: „Troll Dich!“ Viele andere Twitter-Nutzer kritisierten Gnauck ebenfalls heftig für seine Äußerung. Entschuldigt hat er sich nicht. Stattdessen schrieb Gnauck triumphierend ein paar Tage später, das Twitter eine Beschwerde eines „Kreml-Mediums“ in diesem Fall zurückgewiesen habe. Würden die FAZ-Verantwortlichen nach festen ethischen Kriterien handeln, müsste Gnauck nach solch einer skandalösen öffentlichen Äußerung mindestens mit einer Abmahnung, eher noch mit seiner Entlassung als Korrespondent dieser großen deutschen Tageszeitung rechnen. Tatsächlich darf er triumphierend weiterwirken.
(3) Bei Gesprächen mit Abgeordneten des russischen Föderationsrates höre Maurer oft: „Wir wollen die Rechtspopulisten nicht hofieren. Aber von allen anderen kommt ja niemand.“ Als Maurer einmal Gregor Gysi angeboten habe, auf die Krim zu reisen, um sich die Situation vor Ort anzusehen, habe dieser abgelehnt. Gysi wolle der Krimbevölkerung diesen Gefallen nicht tun.
(4) Das ARD-Magazin konstruierte in dem Beitrag eine Querfront zwischen linken und rechten „Kreml-Helfern“, vor genau der Maurer ja in Wirklichkeit warnt. Ebenso wie die Tagesthemen verschweigt Kontraste, dass auch Politiker aller anderen Parteien als Wahlbeobachter eingeladen waren. Der Beitrag dämonisiert zudem völlig legitime politische Forderungen Maurers wie die Aufhebung der Anti-Russland-Sanktionen und skandalisiert mit reichlich tendenziöser Wortwahl allein schon den Kontakt zu (pro-)russischen Medien und Politikern. Die ARD-Journalisten konstruieren dabei permanent eine große russische Medienverschwörung. Aber als Maurer dem deutschen Medien-Mainstream vorwirft, einen Informationskrieg zu betreiben und viel mehr „Märchen“ zu erzählen als Russlands Medien, reagieren die Kontraste-Journalisten weinerlich und heuchlerisch. Zitat: „Die große westliche Medienverschwörung. Der Linke Maurer ist da ganz nah an den Lügenpresserufen der Rechten, die ebenfalls in den russischen Staatsmedien hofiert werden.“ Kontraste wirft Anderen vor, was es in diesem Beitrag selbst durchgehend tut: Medienverschwörungen zu behaupten. Der Bericht diffamiert Maurer als Demokratiefeind, Wahlbetrüger und „nur Provinzpolitiker“, statt ihn neutral als Lokalpolitiker vorzustellen. Kontraste verschweigt Maurers humanitären Einsatz im Donbass und suggeriert, er habe sich selbstherrlich zum Wahlbeobachter dort aufgeschwungen. Seine Position zum Osnabrücker Gerichtsurteil gegen ihn wegen Wahlfälschung darf er nicht darlegen. Zudem dient Anton Shekhovtsov in dem Beitrag als wissenschaftlicher Experte. Dieser wird als „Russlandkenner und Politikwissenschaftler“ vorgestellt, obwohl der Ukrainer ein eifriger NATO-Unterstützer, Putinfeind und Maidanfreund ist, der von westlichen Mainstream-Medien gern „hofiert“ wird — um die Wortwahl das Kontraste-Beitrags einmal aufzugreifen. Kontraste arbeitet also auch hier erneut genauso manipulativ, wie das Magazin es den russischen Medien vorwirft.
(5) Tatsächlich gab es am Tag der Wahlen jedoch im ARD-Europamagazin einen Bericht über die Situation in der Republik Lugansk, für den die ARD-Leute auch mit Einwohnern sprachen — allerdings nicht an den Wahllokalen.