Die Scheinlösung
Auch Kryptowährungen werden das grundsätzliche Problem des Geldes nicht lösen.
Im Angesicht von Finanzkrise und immer weiter ausufernder staatlicher Überwachung setzen immer mehr Menschen auf Kryptowährungen. Unzählige selbst ernannte Experten schreiben zu diesem Thema Aufsätze, geben Anlagetipps in YouTube-Videos – und schwören auf Kryptowährungen als eine Art neues Gold. Diese Währungen werden als Lösung für eine Vielzahl von Probleme gepriesen, als intelligenter Weg, Zensur und Überwachung zu umgehen und anonym zu bezahlen. Und doch tasten all die Kryptofanatiker das grundlegende Problem nicht an, sondern zementieren es nur.
In diesen Zeiten der drohenden digitalen Diktatur, die uns eine digitale Identität aufnötigt, kombiniert mit einem Sozialpunktesystem in Form eines CO2-Budgets und einer digitalen Zentralbankenwährung, an deren Einführung fieberhaft gearbeitet wird und die jeden Menschen komplett gläsern macht, investieren viele in Kryptowährungen. Diese haben den Vorteil, dass sie vollkommen anonym und nicht programmierbar sind. Wer also dort gewisse Werte hat, dem können diese nicht einfach entzogen werden, Transaktionen können nicht überwacht und zurückverfolgt und damit auch nicht blockiert werden. Es sind digitale Währungen, die alle Vorzüge der Anonymität des Bargelds genießen.
Doch allein der Faktor des Digitalen macht Kryptowährungen angreifbar. So ist man für Transaktionen immer auf eine Internetverbindung angewiesen, und damit auch auf Elektrizität.
Im Falle eines größeren und längeren Blackouts, den ebenfalls viele kommen sehen, sind Kryptowährungen also vollkommen nutzlos. Auch Internetsperren oder ein Ausfall des Internets können Kryptowährungen nutzlos machen. Zudem ist man beim Bezahlen mit diesen Währungen darauf angewiesen, dass das Gegenüber diese auch akzeptiert, was nicht unbedingt selbstverständlich ist bei nicht anerkannten Zahlungsmitteln, deren Gebrauch vielleicht auch strafbewehrt sein könnte – denn wer weiß, was den Herrschenden noch alles einfällt, um die Zahlungsströme zu kontrollieren?
Schon unser jetziges Geld hat im Grunde keinen Wert. Scheine und Münzen sind nur als Tauschmittel einsetzbar, weil alle Menschen ihnen einen Wert zuschreiben. In Zeiten von Krisen jedoch verschwindet dieses Vertrauen oft relativ schnell, Inflation entwertet das Geld schleichend, mitunter aber auch sehr plötzlich. Doch das meiste Geld, das heutzutage kursiert, ist nicht einmal mehr in Form von Scheinen und Münzen im Umlauf. Es handelt sich lediglich um Bits und Bytes auf großen Servern der Banken, zentral gesteuert von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Es ist also faktisch nichts. Kryptowährungen hingegen sind noch viel weniger als das, weil sie nicht einmal von der breiten Mehrheit der Bevölkerung, der Geschäftsinhaber und Unternehmer anerkannt werden. Die Bits und Bytes auf den Servern der Banken haben außerdem den Vorteil, dass sie an Geldautomaten in Scheine und am Schalter auch in Münzen umgewandelt werden können, die zumindest ein handfesteres Zahlungsmittel darstellen. Beides ist mit Kryptowährungen nicht möglich.
Zudem handelt es sich beim Kryptomarkt um ein Spekulationsgeschäft. So kann der Wert einzelner Währungen schnell einbrechen, wie Bitcoin immer wieder beweist.
Der Wert einer einzelnen Währung ist also höchst spekulativ und damit wenig verlässlich. Auf diese Weise kann auch der Kryptomarkt beherrscht werden, indem er in konzertierten Aktionen zum Einsturz gebracht wird. Dann sind die „Werte“ mit einem Mal verschwunden und nicht mehr nutzbar.
In Zeiten von Krisen mögen Kryptowährungen eine Alternative sein, um sich innerhalb eines recht kleinen Kreises auszutauschen. Doch sobald der Strom oder das Internet abgeschaltet werden, sobald der Markt crasht, sind auch diese nicht mehr zu gebrauchen. Sie taugen allenfalls als Versuch, das zentralisierte Währungssystem auszuhebeln und zu dezentralisieren, um dadurch ein Stück der Macht über das Geld zurückzuerlangen. Doch damit ist das grundlegende Problem, das Geld mit sich bringt, nicht gelöst. Im Gegenteil, es wird nur fortgeschrieben.
Der Kern der Sache
Denn das grundlegende Problem ist das Geld selbst. Geld wird uns zwar immer als reines Tauschmittel verkauft, das dazu dient, Waren zu erwerben, die ansonsten miteinander getauscht werden müssten, was unter Umständen sehr lästig sein kann. Diese Funktion erfüllt Geld zwar, doch ist es nicht darauf beschränkt. Es war eine praktische Ergänzung in einer Zeit, als der größte Teil der Menschheit noch weitestgehend autark seine eigenen Nahrungsmittel angebaut und Werkzeuge hergestellt hat. Geld diente dann dazu, einige Waren, wie beispielsweise Kleidungsstücke, die nicht unmittelbar selbst hergestellt werden konnten, zu erwerben. Doch so lebt heute in der westlichen Welt niemand mehr.
Mit dem Wegfall der eigenen Nahrungsmittelversorgung ist Geld zum einzigen Versorgungsfaktor geworden. Nun sind Menschen auf Geld angewiesen, um sich ihr Leben leisten zu können, und damit auf jene, die das Geld haben und es verteilen, nämlich als Gegenleistung für geleistete Arbeit.
Geld ist damit ein Herrschaftsmittel, mit dem Menschen in Abhängigkeit gehalten werden. Denn wer sich nicht dem Kapitalisten unterwirft und ihm seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, der bekommt eben kein Geld und darf dann in letzter Konsequenz auch nicht mehr leben. Nun haben wir heute einen sogenannten Sozialstaat, der diese Abhängigkeit allerdings nicht aufhebt, sondern nur an den Staat knüpft. Auch hier wird man drangsaliert und gegängelt mit unsinnigen Maßnahmen und dem Zwang, sich wieder der ökonomischen Gewalt des Kapitaleigners zu unterwerfen.
So ist Geld auch der Grund, der uns im Hamsterrad hält. Wir brauchen es immer wieder, wie ein Süchtiger seine Droge, um überhaupt leben zu können. Denn alles – Essen, Wohnen, Trinken, Wärme, Kleidung, Strom, Mobilität – kostet Geld, und wir alle sind täglich darauf angewiesen, es zu verdienen, indem wir uns unterwerfen und versklaven lassen. Denn die Produkte der geleisteten Arbeit, sie kommen hauptsächlich den Kapitalisten zugute, die davon große Profite einfahren und diejenigen, welche die tatsächliche Arbeit geleistet haben, mit einem kümmerlichen Entgelt abspeisen. Es herrscht zwar kein direkter, rechtlicher Zwang, bei diesem Spiel mitzuspielen, aber ein impliziter, ökonomischer Zwang ist durchaus vorhanden. Deswegen konnten Sklaverei und Leibeigenschaft auch offiziell abgeschafft werden, denn die ökonomischen Mechanismen halten Menschen weiterhin in Abhängigkeit und Unterwerfung. Der „Arbeitgeber“ ist der Sklavenhalter und Feudalherr von heute, und wenn er nur reich genug ist, dann kann er sogar seine eigenen Gesetze schreiben.
Geld wird bereitgestellt über Arbeitsplätze. Um allen Menschen der Bevölkerung Geld bereitzustellen, damit sie überhaupt leben können, sind also Arbeitsplätze vonnöten. Dieses Argument rechtfertigt jedes Verbrechen. Denn es ist vollkommen egal, welche Arbeitsplätze geschaffen werden, Hauptsache ist, es gibt sie. Mit dieser Begründung wird die Rüstungsindustrie, die tödliche Waffen produziert, ebenso verteidigt wie die massiven Umweltzerstörungen überall auf der Welt, die für den immer weiter ausufernden Hunger nach Rohstoffen angerichtet werden. Ob Menschen sterben oder Arten aussterben, ob Kinder in Coltanminen kriechen oder Krieg geführt wird: Alles kann mit dem Arbeitsplatzargument zementiert werden, und damit letztlich mit der Abhängigkeit aller von Geld. Geld ermöglicht damit die größten Verbrechen überall auf der Welt.
Der Gewohnheitseffekt
Geld ist aber auch der Grund, warum wir selbst im Angesicht drohender Katastrophen nicht aktiv werden und die Situation grundlegend zu ändern versuchen. Denn jeder ist darauf angewiesen, jeden Tag weiter zur Arbeit zu gehen, ganz unabhängig von der Situation in der Welt. Krieg, Umweltkatastrophen, soziale Unruhen, Diktatur und Totalitarismus berühren den Einzelnen nicht, da er einfach weiterhin zur Arbeit „dackeln“ und sein Geld verdienen will oder muss.
Das Pandemie-Theater hat gezeigt, wie sehr sich Menschen unterwerfen, und zwar aus der Angst heraus, ihren Job zu verlieren, in dem sie zwar unterdrückt und ausgebeutet werden, der ihnen aber ihr Einkommen sichert.
Geld, beziehungsweise die Abhängigkeit davon, hält die Menschen still und gefügig.
Zentralbanken, Vermögensverwalter, Großkonzerne: Sie alle üben über den ökonomischen Hebel massive politische Macht aus. Das geht zum einen über Bestechung, die in jedem Staat gang und gäbe ist, wie die Warburg-Affäre, der Cum-Ex- oder Wirecard-Skandal beweisen. Gleichzeitig können Großkonzerne und Vermögensverwalter immer mit dem Abzug ihres Kapitals und ihrer Produktionsstätten drohen, ein Faktor, der für einen Staat von entscheidender Bedeutung ist. Denn fehlen Geld und Arbeitsplätze, bedeutet das Armut für die Menschen und einen massiven Einbruch der Steuern für den Staat. Revolten und Aufstände drohen. Auch durchsetzen die großen Kapitaleigner immer mehr die Regierungen der Länder mit ihrem eigenen Personal. Geld ist also ganz real Macht, wobei die ökonomische Macht viel bedeutsamer ist als die politische.
Geld ist auch Teil einer Teile-und-herrsche-Strategie. Denn es erschafft innerhalb der Bevölkerung künstliche Gegensätze, etwa zwischen Mieter und Vermieter, Käufer und Verkäufer. Alle sind auf ihren größtmöglichen Profit aus. So vermietet der Vermieter auch die hinterletzte Bruchbude zu horrenden Preisen, wenn er weiß, dass ohnehin Wohnungsknappheit herrscht. Der Verkäufer verkauft qualitativ minderwertige Waren, um einen größtmöglichen Profit zu erwirtschaften. Gleichzeitig wird noch Preisdumping betrieben, bei dem die Bauern dazu gezwungen werden, ihre Erzeugnisse zu absurd niedrigen Preisen weiter zu verkaufen.
Geld hat außerdem die Illusion geschaffen, Waren könne ein objektiver Wert zugeschrieben werden. So werden die Preise für viele Rohstoffe, auch Nahrungsmittel, auf einem ominösen Weltmarkt festgelegt. Dieser ist jedoch nur ein Zusammenschluss windiger Spekulanten, die sich anmaßen, global über einen Preis entscheiden zu können. Das hat zur Folge, dass die Menschen in ärmeren Ländern regelmäßig Hunger leiden, weil sie sich die festgelegten Preise nicht mehr leisten können.
Es ist jedoch eine reine Illusion zu glauben, objektive Preise festlegen zu können. Denn die Objektivität endet bereits in dem Moment, in dem jemand oder etwas diesen Preis festlegt.
Wer am Verhungern ist, für den wird ein Laib Brot einen viel größeren Wert besitzen als für jemanden, der vollgefressen vor einem Berg Kuchen und Brot sitzt. Geld ist damit auch ein Faktor, der Menschen in Armut hält und zu Hungerkrisen führt. Keiner Ware kann ein Preis objektiv zugeschrieben werden.
Welt ohne Geld
So vorteilhaft die Anonymität der Kryptowährungen auch ist, diese zentralen Probleme können sie nicht beheben. Auch mit Kryptos sind wir weiterhin davon abhängig, Geld zu erhalten, nun sogar noch darauf angewiesen, dass wir auch in Kryptos bezahlt werden. Diese Abhängigkeit von Geld bleibt also bestehen, mit allen damit verbundenen Problemen. Kryptos machen uns damit letztlich nicht wirklich frei, wie das viele behaupten. Sie erweitern nur die enge Schlinge etwas, die uns allen um den Hals liegt, aber immer mit der Gefahr, dass sie sich jederzeit wieder zuzieht.
Freiheit kann uns nur ein System bringen, das vollkommen ohne Geld funktioniert. Wäre es nicht schön, in einer Welt zu leben, in der sich jeder frei bewegen, frei entfalten und frei entscheiden kann? Und das ist nur möglich, wenn der Zwang, Geld zu verdienen, wegfällt.
Denn erst wenn man nicht mehr darauf angewiesen ist, sich sein Leben „verdienen“ zu müssen, hat man wirklich die Freiheit, über sein Leben zu entscheiden. Dies wäre möglich, indem eine Gesellschaft geschaffen wird, in der für alle Grundbedürfnisse des Menschen gesorgt wird. Jedem wird alles zur Verfügung gestellt, was er zum Leben benötigt.
Auf diese Weise wird ein Rahmen abgesteckt, der die volle Entfaltung der Menschen ermöglicht. Das würde dazu führen, dass jeder Mensch sich voll auf seine eigene Entwicklung konzentrieren kann und sich nicht mehr für Geld unterdrücken lassen und anpassen muss. Schon dadurch trägt jeder Einzelne auch etwas zur Gemeinschaft bei. Denn wer sich voll im Einklang mit sich selbst befindet, seine Potenziale voll entfalten und ausleben kann, der ist nicht nur glücklicher im Leben und trägt damit zu einer glücklicheren Gesellschaft bei, in der die Lebensqualität insgesamt steigt. Die Potenziale jedes Einzelnen liefern auch immer einen Beitrag zur Gesellschaft, und zwar viel mehr, als das im derzeitigen kapitalistischen System der Fall ist, wo alles unter der Bedingung der Verwertbarkeit steht.
Eine Welt ohne Geld ermöglicht auch eine Welt ohne Macht. Denn was sollen all die Superreichen Oligarchen mit ihrem Geld noch anfangen, wenn sich niemand mehr für Geld interessiert? Das System der Oligarchen funktioniert nur so lange, wie sie sich Menschen kaufen können, die ihre Befehle ausführen. Gibt es diese Menschen nicht mehr, gibt es auch keine Macht mehr. Denn warum sollte ein Mensch einem anderen Gewalt antun, ihn vielleicht sogar einsperren oder Schlimmeres, wenn er davon nicht einmal etwas hat? Eine Welt ohne Geld wäre sehr bald eine Welt ohne Macht.
Das gäbe uns die Gelegenheit, über unsere Angelegenheiten selbst zu entscheiden. Wir könnten – auf lokaler Ebene angefangen – alle wichtigen Entscheidungen in Abstimmungen selbst treffen, und zwar unter Einbezug von jedem, der von der Entscheidung betroffen ist. Es wäre möglich, so lange zu überlegen und diskutieren, bis alle mit der Entscheidung einverstanden sind. Zudem wird es nach einer gewissen Zeit gar nicht mehr so viel zu organisieren geben. Wenn die lokale Gesellschaft erst einmal eingerichtet ist, dann wird sie auch von alleine funktionieren.
In einer Welt ohne Geld würden auch viele unnütze und gefährliche Jobs wegfallen. Waffen und Krieg? Brauchen wir nicht, wozu auch? Umweltzerstörung? Ist dann keine gute Idee, wenn man weiß, wie sich das auf die eigene Lebensmittelsicherheit vor der Haustüre auswirkt, und auf die Qualität des Trinkwassers. Management, Verwaltung, Personalabteilung – all dieser überflüssige Unsinn fällt dann einfach weg, und die Menschen könnten sich um sinnvollere Dinge kümmern. Die wirklich wichtige anfallende Arbeit, beispielsweise der Anbau der Lebensmittel, kann gerecht auf alle verteilt werden, sodass jeder Einzelne relativ wenig Zeit damit verbringen muss. Zudem kann sich auch eine solche Gesellschaft spezialisieren. Freiwillige könnten sich zu verschiedenen Zwecken zusammentun und eine Ware herstellen oder einer Tätigkeit nachgehen, für die ein Bedarf entsteht.
Überfluss ist damit aber auch nicht mehr notwendig. Sobald der Bedarf an einer Ware gedeckt ist, kann die Produktion erst einmal eingestellt werden, denn es besteht kein Zwang zur Expansion, zum Wachstum, zum Profit. Man kann sich dann darauf verlegen, qualitativ hochwertige Waren herzustellen, die lange halten und sich reparieren lassen. Betriebe werden nicht mehr hierarchisch geführt, sondern von Freiwilligen, die sie gemeinschaftlich gründen, und sie stehen stets offen für neue Interessierte.
Erst eine Gesellschaft ohne Geld kann eine wahrlich freie Gesellschaft sein. Denn erst wenn Menschen in Gemeinschaft autark leben, unabhängig von großen Geldgebern und Kapitalisten oder staatlicher Wohlfahrt, sind sie unabhängig von anderen. Wirtschafts- und Finanzkrisen können auf diese Weise niemanden mehr erschüttern, denn im Idealfall gibt es sie schlicht nicht mehr. Eine solche Gemeinschaft gibt Menschen auch ihre Würde zurück, die ihnen heutzutage überall genommen wird. Denn Würde kann nur ein Mensch haben, der in Übereinstimmung mit seinen inneren Werten und Überzeugungen seine Potenziale entfalten kann, und nicht zum Objekt von Kapitalinteressen und Machtansprüchen wird. Genau das passiert aber heutzutage ständig und kann nur beendet werden, wenn wir eine Welt ohne Geld schaffen.
Und nie zuvor hatten wir eine solche Krise wie jetzt, die uns ein Fenster der Möglichkeiten bietet, genau das zu tun.