Die Russen kommen
Ein Beitrag von Radio Bremen wird zum Spiegel der neueren deutschen Geschichte in dem kleinen Polit-Biotop.
Anlass zu diesem Artikel ist ein Beitrag (1) des öffentlich-rechtlichen Senders Radio Bremen in dem TV-Regionalmagazin „Buten un binnen“. Gegen diesen Beitrag und gegen die Anmoderation zu diesem Beitrag haben Bremer Bürger beim Sender protestiert, sodass der Sender den Beitrag depublizieren musste. Der Autor des Artikels hat darüber hinaus gegen den Sendebeitrag eine Programmbeschwerde eingelegt, weil der Beitrag aus seiner Sicht gegen eine Vielzahl von landesverfassungsrechtlichen und anderen gesetzlichen und senderinternen Regelungen und Vorgaben verstößt.
von Andreas Tilling
In diesem Artikel wird versucht, diesen Vorgang in einen historischen und politischen Gesamtzusammenhang einzuordnen — und dies in einer stilistischen Form und mit einer kontrafaktischen und kontradiktorischen Sprache, die nach Ansicht des Autoren dem unsäglichen Ereignis angemessen ist. Vielleicht ist der Artikel an der einen oder anderen Stelle etwas zu böse oder zu polemisch geraten. Seien Sie aber versichert, dass der Autor im Grunde ein netter und sympathischer Mensch ist und aufrichtig versucht, nach dem Motto des unsterblichen Erich Mielke zu leben:
„Ich liebe—Ich liebe doch alle—alle Menschen—Na ich liebe doch—Ich setzte mich doch dafür ein!“
Geschichte wird gemacht — es geht voran
Insbesondere die Älteren unter uns kennen die Geschichtserzählungen, die nach dem Ende des sogenannten Zweiten Weltkriegs in deutschen Qualitätsmedien verbreitet wurden. Deutschland wurde von einem Dämon mit hypnotischen Kräften beherrscht, sodass den eigentlich friedliebenden deutschen Bürgern nichts anderes übrig blieb, als sich ergeben in die Wünsche dieses übermenschlichen Wesens zu fügen, die Länder insbesondere im Osten in Schutt und Asche zu legen und die Menschen dort entweder physisch zu entsorgen oder zu versklaven. Nachdem auswärtige Mächte — drei gute Mächte und eine abgrundtief böse Macht — dem Treiben des Dämons ein Ende gesetzt haben, entdeckten die deutschen Bürger ihre wahre, nämlich demokratische und friedliche Wesenheit.
Schnell und zügig wurden die zerstörten Städte und die zerstörte Infrastruktur mithilfe des sprichwörtlichen deutschen Fleißes wieder aufgebaut und man hatte sogar noch finanzielle Mittel übrig, um den bedauerlichen Verlust von 6 Millionen jüdischen Menschenleben wiedergutzumachen.
Diese deutsche Großzügigkeit wurde erleichtert durch das Londoner Schuldenabkommen von 1953, das zum Erlass eines erheblichen Teils der Schulden Deutschlands durch die drei guten Mächte führte. Es ist für jeden Einsichtigen verständlich, dass danach keine Mittel mehr für die Wiedergutmachung für 27 Millionen getötete sowjetische Menschen übrig waren — zumal die Überlebenden im Reich des Bösen hausten und das neue Deutschland die finanziellen Ressourcen sinnvollerweise in den Aufbau einer neuen Militärorganisation investieren musste, um sich gegen das Böse in der Welt zu verteidigen.
Die Demokratie kam nun richtig in Schwung. Man schuf eine Verteidigungsarmee gegen das Böse und besetzte die Führungsstellen mit erfahrenen, praxiserprobten Militärs. Auch die Führungspositionen in den Ministerien, Gerichten, Qualitätsmedien, Polizeien, Geheimdiensten und Verwaltungsapparaten wurden mit demokratisch verlässlichen Personen besetzt, die ebenfalls über viel Erfahrung auf ihrem Gebiet verfügten und dazu befähigt waren, das neue Deutschland als friedliche Vorzeigedemokratie der Welt vorzuführen. Und es ist ja auch nie von Nachteil, wenn gewisse Traditionen und Kontinuitäten bewahrt werden. Namen wie Hans Globke, Franz Josef Strauß, Theodor Oberländer, Reinhard Gehlen, Hans Carl Nipperdey und Kurt Georg Kiesinger bezeugen dies.
Das durch deutschen Fleiß erzeugte Wirtschaftswunder begeisterte die Bürger und stärkte das Vertrauen in das neue gesellschaftliche System, von dem führenden Wertepartner als „freedom and democracy“ bezeichnet. Eine Konsum- und Fresswelle überzog das Land. Eisbeine und Hammelkeulen wurden in rauen Mengen verschlungen. Capri-Fischer lockten Reiselustige in ein Land mit neuen kulinarischen Hochgenüssen wie Spaghetti und Pizza. Später zog es die Deutschen in das schöne Franco-Spanien, wo die Garotten fleißig arbeiteten, und in das Griechenland der Obristen, die dem Komponisten Mikis Theodorakis im idyllischen Oropos eine neue Heimat zugewiesen hatten. Die deutsche Welt war wieder in Ordnung. Man hegte und pflegte die neue innige Freundschaft mit den Wertepartnern, insbesondere mit dem großen Bruder aus Übersee.
Das Glück wäre vollständig gewesen, wenn nicht das ehemalige Großdeutschland nach dem Krieg etwas kleiner geworden wäre und nicht ein Teil davon im Osten unter die Herrschaft des Bösen geraten wäre.
Nun ereignete sich aber ein bis heute unerklärliches Wunder im Reich des Bösen. Gute Kräfte erlangten dort vorübergehend die Macht und nutzten umgehend die Möglichkeit, das Reich des Bösen zu zerschlagen und zu filetieren. Später mutierte ein Vertreter der guten Kräfte, der im freien Deutschen Bundestag mit stehenden Ovationen gefeiert wurde, aus unerfindlichen Gründen zu einer neuen Art Dämon und herrscht seitdem mit grausamer Gewalt über das Land.
Zwischenzeitlich hatte es eine Wiedervereinigung der getrennten Teile Deutschlands gegeben. Jubelnde und „Wahnsinn“-rufende Menschenmassen stürmten in den Westen, um sich die Begrüßungsgelder zu sichern und bestaunten den Wohlstand. Die befreiten Ostgebiete wurden anschließend in blühende Landschaften verwandelt und alle Überbleibsel des Bösen wurden vernünftigerweise aussortiert und eliminiert.
Die verantwortungsbewusste politische Elite und die Qualitätsmedien im vereinten Deutschland erkannten sofort ihre neue weltpolitische Verantwortung für die Sicherung von Frieden, Freiheit und Wohlstand. Viele Länder auf diesem Planeten können das segensreiche Wirken des neuen Deutschlands bezeugen, zuletzt auch die Ukraine.
Auch die Kleinen wollen mitspielen
Bremen ist das kleinste Bundesland mit dem größten Bürgermeister (zwei Meter). Es würde nicht weiter im großen Deutschland auffallen, wenn nicht Werder Bremen entweder aus der Fußball-Bundesliga absteigt oder aufsteigt und wenn nicht mal wieder PISA-Ergebnisse die Vorstellungen vom Land der Dichter und Denker insbesondere aufgrund der Leistungen der Bremer Schüler beziehungsweise des Bremer Schulsystems schwer erschüttern würden. Im rot-grün-rot geführten Bremen werden Kinder weniger durch katholische Priester gefährdet als durch einsturzbedrohte und total verdreckte Schulgebäude.
Bremen war einmal eine politisch quicklebendige Stadt mit einer Vielzahl engagierter politischer Gruppierungen und mit einer starken friedenspolitischen Ausrichtung. Die Rekrutenvereidigung im Weser Stadion am 6. Mai 1980 unter Beteiligung des ehemaligen Nazis, des schneidigen Herrenreiters und seinerzeitigen Bundespräsidenten Karl Carstens und die massiven Demonstrationen dagegen, gelten vielfach als Auftakt für die deutsche Friedensbewegung der 1980er-Jahre. Davon ist nicht viel übrig geblieben. Der Herrenreiter soll übrigens als AA-Staatssekretär indonesischen Putschisten mithilfe des BND beim millionenfachen Massenmord an bösen Menschen geholfen haben. Wer sich gerne mit Massenmorden beschäftigt, der kann ja mal „Jakarta-Methode“ googeln. Aber dies nur nebenbei bemerkt.
Der große Bürgermeister hat sich dafür engagiert, eine Komponentenproduktion des US-Atombombers F 35 A nach Bremen zu holen und niemand in der bremischen Politik hat dagegen opponiert, diese Völkermordwaffe, die im Rahmen der nuklearen Teilhabe gegen das Reich des Bösen eingesetzt werden soll, in der laut Landesverfassung dem Frieden und der Völkerverständigung verpflichteten Stadt produzieren zu lassen. Es stört in den maßgebenden Kreisen in Bremen auch niemanden, dass Deutschland damit gegen den völkerrechtlich verbindlichen Atomwaffensperrvertrag verstößt.
Der große Profiteur des Massensterbens in der Ukraine, Rheinmetall, hat sich zwischenzeitlich zum großen Bedauern der Bremer Politik gegen den sehnlichen Wunsch des großen Bürgermeisters entschieden und wird die Komponentenproduktion anderswo aufnehmen. So sehr sich der große Bürgermeister für den Atombomber eingesetzt hat, desto entschlossener kämpfte der aufrechte Sozialdemokrat gegen die Einrichtung einer Gedenkstätte auf einem Gelände im Ortsteil Oslebshausen, auf dem menschliche Überreste russischer Kriegsgefangener gefunden wurden. Völkerrechtlich handelt es sich hier um eine geschützte Kriegsgräberstätte. Nun wird hier eine Bahnwerkstatt des Konzerns Alstom gebaut.
Apropos Ukraine: Am Bremer Rathaus, dem Arbeitsplatz des großen Bürgermeisters, hing monatelang die Flagge eines Staates, der Denkmäler für Massenmörder an Juden, Polen und Russen errichtet und in dessen militärischen Verbänden faschistische Gruppen integriert sind, die häufig als Sperrtruppen für zurückweichende reguläre Soldaten der ukrainischen Armee die Front stabilisieren sollen und unsere westlichen Werte gegen das Böse verteidigen. In diesem Land sind die Medien gleichgeschaltet, linke Parteien und die größte Oppositionspartei verboten und frisches Kanonenfutter wird auf den Straßen in Menschenjagden eingefangen.
In Babyn Jar wurden am 29. und 30. September 1941 mehr als 33.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder gequält und ermordet. Diese infernalischen Taten wurden von SD, Sonderkommandos, SS-Einsatzkommandos und ukrainischen Hilfspolizisten begangen. Wer in Kiew aus den östlichen Stadtteilen nach Babyn Jar gelangen will, hat die Möglichkeit, über den nach den bereits erwähnten Massenmördern und Nazi-Kollaborateuren (Stepan Bandera, Roman Schuchewytsch) benannten Avenues das Ziel zu erreichen.
Aber nicht nur am Bremer Rathaus hingen beziehungsweise hängen Flaggen dieses freiheitsliebenden Staates, sondern insbesondere auch an kirchlichen Gebäuden als Zeichen der christlichen Nächstenliebe und als Unterstützung der Politik der nationalen Evangelischen Kirche, die für Waffenlieferungen von Panzern, Panzerhaubitzen und Bombenflugzeugen eintritt und sich dadurch, so nimmt der Autor an, eine Vertiefung des Verständnisses für die aktualisierte Neuinterpretation des 5. Gebots in den Gemütern der folgsamen Glaubenslämmer erhofft. Der Autor weiß nicht, ob die Bremer Linken vor ihren Parteibüros auch ukrainische Flaggen gehisst haben, auf jeden Fall tragen sie diese Flagge tief in ihren Herzen.
Es ist öffentlich nicht bekannt, wie hoch die von Bremen dem Rüstungsunternehmen Rheinmetall versprochenen Zuschüsse für den Atombombenträger gewesen waren. Es fragt auch niemand bei der Wirtschaftssenatorin der Linken nach. Vielleicht hätten die eingesparten Zuschüsse ja für die Rettung des Krankenhauses Links der Weser gereicht, dessen Schließung kurz nach der Bürgerschaftswahl im September 2023 von der Linken-Gesundheitssenatorin verkündet wurde.
Aber die Bremer Politik hat noch andere große und beeindruckende Ziele. Ein, neben dem Atombomber, Lieblingsprojekt des großen Bürgermeisters ist das Stadtmusikantenhaus, dass den Bremer Steuerzahler über 14 Millionen Euro kosten wird und den Besuchern Märchen über die Bremer Stadtmusikanten erzählen soll. Wenn man dem Bremer Journalisten und Germanisten Gerrit Reichert glauben darf, dann bezieht sich der Name „Bremer Stadtmusikanten“ auf den in der Nähe des Schlosses von Haxthausen in Ostwestfalen gelegene „Bremer Berg“. Die Bremer Stadtmusikanten haben mit Bremen also rein gar nichts zu tun, was aber in Bremen nicht weiter stört. Denn schließlich nennt man das in Bremen liegende Stahlwerk ja auch „Hütte am Meer“ und die Bremer Linke nennt sich Linke.
Diese Linke hat sich in die Ukraine regelrecht verliebt. Kein Anton Hofreiter, keine Marie-Agnes Strack-Zimmermann, kein Norbert Röttgen, kein Roderich Kiesewetter und kein Michael Roth kann das unbändige Streben der Bremer Linken nach Waffenlieferungen und Kriegsausweitung überbieten.
Es ist nicht bekannt, wie viel hunderttausende Tote und Verletzte sich die Bremer Linke als stopp-limit gesetzt hat. Der Autor wäre nicht überrascht, wenn demnächst die Bremer Linken Freiwilligenverbände für den Freiheitskampf in der Ukraine aufstellen würden — sozusagen nach dem Vorbild der Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg. Dies würde auch der historischen Forderung der Linken nach der Einheit von Theorie und Praxis entsprechen. Die rückkehrenden verletzten linken Freiheitskämpfer könnten zwar nicht mehr im Krankenhaus Links der Weser versorgt werden, aber es gibt ja auch noch andere Krankenhäuser — falls die Gesundheits-Koryphäe und der Virenschreck Karl Lauterbach zwischenzeitlich nicht einen flächendeckenden Krankenhaus-Kahlschlag durchgesetzt hat.
Es gibt in Bremen eine politische Grundsatzregel: Die Sozialdemokraten führen die Landesregierung. Dies ist zwar nicht in der Landesverfassung festgeschrieben, aber historische Realität. Und dies seit Ende des sogenannten Zweiten Weltkrieges. Es spielt für Bremer Verhältnisse auch keine Rolle, ob die Sozialdemokraten 55,3 Prozent (1971) oder 24,9 Prozent (2019) der Stimmen bei Bürgerschaftswahlen erhalten. Wie kann man sich das als Bürger von zum Beispiel Oer-Erkenschwick erklären?
Wie bereits oben beschrieben, spielen in Bremen Kategorien wie Schein und Sein, Wesen und Erscheinung, Realität und Vorstellung, Wille und Wahn keine Rolle. Es vermischt sich hier alles. Sozialdemokraten bezeichnen sich zwar als Sozialdemokraten, haben aber mit der ursprünglichen Idee der Sozialdemokratie eines August Bebel, Karl Liebknecht, einer Rosa Luxemburg oder eines Karl Kautsky nichts mehr zu tun. Es ist zu vermuten, dass sozialdemokratische Parteimitglieder aus altersbedingten Gründen sich nicht mehr erinnern können und die jungen Mitglieder Opfer des Bremer Schulsystems sind.
Die Sozialdemokraten in Bremen sind die eigentliche Staatspartei und haben sich in den letzten Regierungsdezennien in alle möglichen gesellschaftlichen Bereiche hineingebohrt. Diese machtverwöhnten Sozialdemokraten verfügen bei schlechten Wahlergebnissen über erhebliche Machtressourcen, um eine eventuell gefährdete Regierungsmacht aufrechterhalten zu können. Grüne und insbesondere die Bremer Linke sind willfährige Lückenfüller und können von der Sozialdemokratie bei Bedarf zu niedrigen Preisen eingekauft und nach Verschleiß wieder ausgeschieden werden. Und im Notfall wird auch mit der Christenunion koaliert. Das Pilot-Projekt für eine Ampelkoalition ist in Bremen 1995 an einer Piepmatz-Affäre gescheitert.
Das kleinste Bundesland beherbergt mit Radio Bremen den kleinsten öffentlich-rechtlichen Sender. Mit dieser Anstalt sind viele prominente Namen verbunden, wie zum Beispiel Loriot, Rudi Carell, Hape Kerkeling, Jan Böhmermann, Maren Kroymann, Uschi Nerke und der Talkmaster und Chefredakteur der Zeit , Giovanni di Lorenzo, in dessen Qualitätszeitung der gebildeten Gutmenschen seinerzeit darüber diskutierte wurde, ob man die Flüchtlinge aus Afrika nicht einfach im Mittelmeer ersaufen lassen solle. Wie man sieht, hat sich Radio Bremen im Verlauf der Zeit Kompetenzen innerhalb des ARD-Senderverbunds im Bereich der Komik und des Grotesken aufgebaut.
Radio Bremen hatte in schon lange vergangenen Zeiten einen sehr anspruchsvollen Kultur-Kanal — Radio Bremen II -, in dem sogar alte kommunistische Betriebsräte der AG Weser in ausführlichen Dokumentationen zur regionalen Geschichte zu Wort kommen durften. Das ging dann doch zu weit und so wurde dieses Programm durch ein Sendeschema mit einem wunderbaren und kulturvollen Klangteppich abgelöst.
Und natürlich hat Radio Bremen auch eine eigene TV-Regionalsendung, die sich „buten un binnen“ nennt und seit 1980 produziert wird. Für Nicht-Bremer: buten un binnen bedeutet in hochdeutscher Sprache soviel wie „draußen und drinnen“. Dies ist ein Teil des historischen bremischen Kaufmannsmottos, das am Sitz der Handelskammer Bremen — gegenüber dem Rathaus — über dem Rundbogen des Schütting-Portals eingemeißelt ist: „Buten un binnen/wagen un winnen“. Also ein plattdeutsches Motto der historischen Raffzähne und Pfeffersäcke als Titel für ein öffentlich-rechtliches Regionalmagazin. So etwas ist nur in Bremen möglich.
Nun werden sich sicherlich auswärtige Leser fragen, was es denn aus dem kleinen Stadtstaat täglich an Aufregendes zu berichten gibt. Nun, es gibt lustige Wettermeldungen, Werder Bremen, Unwetterereignisse — zu warm, zu kalt, zu trocken, zu nass —, hitzige Debatten in der Bürgerschaft über Parkordnungen und Brötchentasten, Mord- und Totschlag. Hier eine kleine statistische Auswertung nur der ersten Seite der buten un binnen-Mediathek vom 6. März 2024: 13 mal Sport und 7 mal andere Themen. Man sieht, die GEZ-Gelder sind gut angelegt und der Provinzfürst in Bayern sollte nun mal aufhören mit seinem ständigen Gemeckere über das unnütze Radio Bremen.
Es kann aber nicht bösartig behauptet werden, dass buten un binnen eine Sportsendung oder eine unpolitische Sendung wäre. Im Gegenteil. Das Redaktionsteam von buten un binnen besitzt einen missionarischen Eifer, um dem Bremer Publikum die korrekte Sichtweise auf die von den politischen und medialen Eliten vorgegebenen strategischen Narrative wie Corona, Klima, Antisemitismus, Fake News und Ukraine-Krieg eindringlich zu vermitteln. Und dies mit großem Erfolg beim Bremer Publikum.
Ein Beispiel: Am 21. Januar 2024 demonstrierten in Bremen ungefähr 50.000 Menschen unter Beteiligung des großen Bürgermeisters und seines Polizeisenators gegen die AfD. Aufgerufen hierzu hatten zwei Privatpersonen, davon ein SPD-Mitglied, dessen Bundeskanzler in einem Spiegel-Interview vom 20. Oktober 2023 das Motto und politische Ziel der Bundesregierung bekannt gegeben hat: „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben.“
Unterstützt wurde der Aufruf von allen möglichen Organisationen und Parteien der Bremer Gesellschaft — und natürlich hoch motiviert von buten un binnen. Die Redaktion von buten un binnen war von ihrem historischen Mobilisierungserfolg so euphorisch und begeistert, dass sie noch tagelang nach diesem Ereignis Beiträge zu diesem Thema im Regionalmagazin gesendet hat.
Zwei Wochen später fand eine zweite Demonstration gegen Rechts statt. Aufgerufen hierzu hatten Gruppen wie Seebrücke, Ende Gelände, Flüchtlingsrat und die Basisgruppe Antifaschismus. Nun war für die Redaktion von buten un binnen Schluss mit dem Kampf gegen Rechts und AfD und Rassismus. Man hatte wohl vorher als treuer und verantwortungsbewusster Staatsbürger noch einmal in die Standardlektüre für öffentlich-rechtliche Redakteure, den Verfassungsschutzbericht 2022 geschaut, und mit Schaudern und Entsetzen festgestellt, dass der Demo-Aufruf auch von linksextremistischen Gruppen — was und wer das im politisch sedierten Bremen auch immer sein mag — unterstützt wird. Von einem verlässlichen Professor ließ man sich dies auch noch politikwissenschaftlich bestätigen — „Linke Gruppen versuchen, die Bewegung zu kapern“.
Die Berichte von buten un binnen waren im Vorfeld der zweiten Demonstration nun demobilisierend, die folgsamen Bremer haben den Wink verstanden und am Demonstrationstag zogen dann nur noch 16.500 Menschen durch die Bremer Straßen.
Demonstrationsteilnehmer mussten sich vor laufender buten un binnen-Kamera dafür rechtfertigen, dass sie an dieser „linksextremistischen“ Demonstration teilgenommen haben. Seitdem ist der Volkskampf in Bremen gegen Rechts und AfD und Rassismus wieder beendet und die Bremer Demokraten widmen sich wieder den Kohlfahrten. Ich bitte die Leserin und den Leser um Verständnis, dass ich den Begriff „Kohlfahrten“ und die metaphysische Bedeutung dieser kulturellen Tradition für die indigene Bevölkerung an dieser Stelle einem auswärtigen Normalbürger nicht erklären kann. Dies würde den vorgegebenen Rahmen des Artikels sprengen.
Wie an anderer Stelle bereits beschrieben, lassen Bremer Schüler aufgrund des ineffizienten und unterfinanzierten Bremer Schulsystems gewisse kognitive Mängel erkennen.
Diese Problematik hat auch Radio Bremen beziehungsweise buten un binnen gesehen und intuitiv die damit verbundene Gefahr geahnt, dass unschuldige Bremer Schüler leichte Opfer für Fake News werden könnten beziehungsweise schon längst geworden sind. Nein, lieber Leser und liebe Leserin, hier sind nicht die Fake News von Radio Bremen gemeint, sondern die Fake News von sozialen Medien und sonstigen Streuern von bösen Informationen. Seitdem engagiert sich Radio Bremen beziehungsweise buten un binnen ganz tüchtig für die Aufklärung der Kids und bringt ihnen die Verhütung von schädlichen Informationen bei. Und dies ist natürlich in Zeiten des Ukraine-Krieges verständlicherweise nötiger denn je, denn hinter jedem harmlos aussehenden Instagram-Account könnte ja zum Beispiel ein Dämon aus dem Reich des Bösen auf nichts ahnende, gutgläubige und schlecht geschulte Bremer Kids lauern.
Wie bringt man die Bevölkerung auf Trab?
Kann man dem Bremer Bürger erzählen, dass Bremen kurz vor einem Zangenangriff zweier Panzerarmeen des Dämons aus dem Osten aus Richtung Buxtehude und aus Richtung Schwaförden steht? Oder dass U-Boote aus dem Reich des Bösen in den Bremer Getreidehafen einlaufen und Sondereinsatzkommandos dann das Bremer Rathaus erobern? Oder dass böse Fallschirmjäger im Weser Stadion abgesetzt werden und dann in Richtung Bürgerschaft marschieren und unterwegs die Bremer Bratwurst- und Dönerbuden plündern?
Noch nicht — …hofft der optimistische Autor! Man arbeitet aber daran und robbt sich in Tarnkleidung Stück für Stück an dieses Ziel heran.
An einem trüben und feuchten Samstag, dem 6. Januar 2024, sendete buten un binnen einen vom Sender mittlerweile depublizierten Beitrag über die in einem Roman verarbeitete Fluchtgeschichte aus einem „beschaulichen Ostseefischerdorf am Frischen Haff“ im Februar 1945. Gegen die Anmoderation und gegen den Filmbeitrag hat der Autor eine Programmbeschwerde (2) eingelegt, die sich auf Verstöße gegen 24 verfassungsrechtliche und anderen gesetzlichen und senderinternen Regelungen gründet:
„In der Anmoderation wird behauptet, dass der aktuelle Ukraine-Krieg und der Völkermord- und Vernichtungskrieg beziehungsweise der Versklavungskrieg des faschistischen Deutschen Reichs gleichzusetzen ist, da hier, so die geschichtsverfälschende Behauptung der Moderatorin, eine historische Wiederholung vorläge und damit beide Vorgänge gleichzusetzen sind. Es werden, so lässt sich schlussfolgern, schon wieder unschuldige, harmlose und sympathische Menschen (so wie sie dann auch im Videobeitrag dargestellt werden) anlasslos und grundlos, wie während des faschistischen Angriffskrieges, von „den Russen“ bedroht und zur Flucht aus ihrem Idyll gezwungen.
Es findet bezüglich des faschistischen Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion durch diese Gleichsetzung eine Täter-Opfer-Umkehr statt. Die sich gegen die deutschen Mordbrenner verteidigenden Völker der Sowjetunion werden dadurch verhöhnt. 27.000.000 Millionen Tote und eine ungezählte Anzahl von Verletzten, Millionen von verwaisten und heimatlos herumstreunenden Kindern und eine völlig zerstörte Infrastruktur werden unsichtbar gemacht. Diese Geschichtsverdrehung trifft auf eine Zuhörerschaft, die in den letzten zwei Jahren insbesondere auch von öffentlich-rechtlichen Anstalten darüber unterrichtet wurden, dass ‚die Russen‘ (massen)morden, Frauen vergewaltigen, Kinder schänden und verschleppen, foltern, stehlen, desertieren und natürlich feige sind.
Im Beitrag wird durchgehend der Begriff ‚Russen‘ verwendet. Diese völkische Verwendung des Begriffs in Bezug auf den faschistischen Vernichtungskrieg und auch in Bezug auf den Ukraine-Krieg ist sachlich falsch. Die damalige Sowjetunion und die heutige Russländische Föderation beherbergen eine Vielzahl von Völkern, wobei die russische Bevölkerung den größten Anteil stellt. Richtig in diesem Zusammenhang wäre zum Beispiel die Verwendung der Begriffe ‚Rote Armee‘ oder ‚Sowjetarmee‘ gewesen. Hier liegt deutlich erkennbar die Absicht vor, negative Gefühle wie Wut und Hass auf ein Volk — ‚die Russen‘ — zu lenken. Es wird auch unterschlagen, dass Millionen Ukrainer in der Roten Armee und in den Partisanenabteilungen gegen die faschistische Wehrmacht gekämpft haben. Moderatorin, Buchautorin und Redakteurin subsumieren anscheinend auch die Ukrainer unter ‚Russen‘.
Es entsteht der Eindruck, dass Radio Bremen politische Zielsetzungen propagandistisch unterstützend begleiten will. Die Absicht der politischen Führung dieses Landes wurde deutlich formuliert: Russland ruinieren (Außenministerin) und unser Land ‚kriegstüchtig‘ machen (Verteidigungsminister). Darüber hinaus wähnt man sich bereits im Krieg gegen Russland (Außenministerin). Ein kriegstüchtiges Land setzt eine kriegsbereite und -willige Bevölkerung voraus und für eine kriegsbereite und -willige Bevölkerung benötigt man ein Feindbild, auf das Hass, Wut und Verachtung der Bürger gelenkt werden können. Also klassische und traditionelle deutsche russophobe Feindbildpropaganda.
(…) Die im beanstandeten Beitrag vorgenommen Geschichtsverdrehungen (siehe oben) und das vollkommene Fehlen jeglicher historischer Einordnung beziehungsweise Hinweise auf Ursache-Wirkung-Beziehungen und die damit verbundene Verharmlosung der Nazi-Herrschaft können bei Zuhörern Ansichten erzeugen, die zu einer Wiederbelebung, Verherrlichung oder Rechtfertigung des faschistischen Gewaltregimes führen. Der Beitrag vermittelt per Wort und per Bild und über kitschig-gefühlsduselige Hintergrundmusik den Eindruck, dass der Wohnort der Buchautorin ein Idyll gewesen sei. Kein Wort fällt zu Aktivitäten der Machthaber in diesem Ort. Hat es dort keine Juden gegeben, keine Zwangsarbeiter, keine russischen Gefangenen, keine politischen Verfolgungen?
(…) Durch die sachlich nicht gerechtfertigte Verwendung des Begriffs ‚die Russen‘ (siehe oben) werden den Völkerschaften der damaligen Sowjetunion und der heutigen Russländischen Föderation ihre nationalen und kulturellen Identitäten abgesprochen. Ganz bewusst wird auf die korrekte Bezeichnung ‚Sowjetbürger‘ und ‚Russländer‘ verzichtet. Für die Verantwortlichen des Beitrags sind Nenzen, Nogaier, Juden, Abasinen und viele andere ‚die Russen‘ und wie ‚die Russen‘ einzuschätzen sind und wie sie von den öffentlich-rechtlichen Medien insbesondere in den letzten zwei Jahren stigmatisiert, gebrandmarkt und geächtet werden, habe ich bereits oben geschildert.
Es ist ungeheuerlich und widerwärtig, sowjetischen Juden, die in der Roten Armee oder in den Partisanenabteilungen gegen die verbrecherischen Horden gekämpft haben und dabei umgekommen sind, nachträglich noch die Identität zu nehmen und sie als ‚die Russen‘ zu titulieren, die friedliche, unschuldige und freundliche deutsche Bürger in Ostpreußen bedrohen. Es ist ungeheuerlich, dass ausgewanderte und in Bremen lebende russländische Juden, die selbst oder deren Eltern und Großeltern gegen ihre Vernichtung und Ermordung gekämpft haben, diese Art von öffentlich-rechtlichem Rundfunk zwangsfinanzieren müssen.
(…) Der Beitrag verzichtet vollständig darauf, Informationen, Hintergründe und Zusammenhänge verständlich darzustellen. Während zum Zeitpunkt, auf den sich der Beitrag bezieht (Februar 1945), schwerste Kämpfe an allen Fronten toben und hunderttausende Menschen sterben, während gerade Auschwitz von der Roten Armee befreit wurde, während ganze Städte und Dörfer in Schutt und Asche gelegt werden, um doch noch den Endsieg zu erreichen, während die faschistischen Gewaltherrscher weiter massenhaft morden und foltern lassen, zeigt der Beitrag ein wahrhaftes Idyll in diesem Inferno.
In diesem Beitrag kommen in Bild und Ton weder die Begriffe beziehungsweise Symbole bezüglich Weltkrieg, Zerstörung, Nazis, SS, Juden, Wehrmacht, Panzer, Massenmord, Judenvernichtung, Kommissarbefehl und so weiter vor. Man sieht kein Hakenkreuz oder sonst irgendeine NS-Symbolik. Nur ein idyllisches Häuschen und einen Frachtkahn und eine gut aufgelegte Buchautorin, die von ihren Eltern ‚ganz viele‘ Bücher, die sich mit der Flucht beschäftigen, geerbt hat und diese nach eigenem Bekunden auch gelesen hat. Es entsteht der Eindruck, dass die Redakteurin bei der Konzeption des Beitrags sich von den Geschichten um Asterix und Obelix hat inspirieren lassen.
Es wird weder berichtet, was zum Beispiel die Eltern der Buchautorin für Funktionen in dem Ort ausübten, noch was der Frachtkahn im Krieg befördert hat. Hat es in dem Ort Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter oder Juden oder politisch Verfolgte gegeben? Gab es vielleicht sogar Widerstandsaktionen von Teilen der Bevölkerung? Der Beitrag interessiert sich für solche Fragen nicht. Wichtig für die Redakteurin scheint die Botschaft gewesen zu sein, dass ‚die Russen‘ dieses sympathische und friedliche ‚gallische Dorf‘ bedrohen. O-Ton Buchautorin: ‚Man hörte so langsam, wie gefährlich das war, wenn man von den Russen überrollt wurde, wie man das so sagte.‘“
Conclusio oder Die letzte Warnung
Ist der Autor naiv oder warum hat er eine Programmbeschwerde eingelegt?
Natürlich weiß der Autor, dass keine im Kriegsrausch sich befindende öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt dieser Programmbeschwerde stattgeben wird. Es ist aber für die Zukunft wichtig, diese Vorgänge zu dokumentieren und Verantwortlichkeiten zu benennen.
Die Apokalyptischen Reiter satteln ihre roten und fahlen Pferde. Wir wissen nicht, wie die gegenwärtige allumfassende Krise in der Welt und der Kampf des Wertewestens für seine Hegemonie ausgehen werden. Vielleicht gibt es noch eine Chance, das Schlimmste zu verhüten. Dies wird jedoch nur möglich sein, wenn alle friedliebenden Kräfte sich zusammenschließen und gemeinsam gegen die Kriegstreiber und -hetzer kämpfen. Es ist ein Kampf gegen ein gewaltiges Imperium der Lügen, der Manipulation und der Heuchelei.