Die rote Fahne

An der Börse mehren sich die Anzeichen einer schweren Rezession.

Es kommt selten vor, dass die Börsianer die kurzfristigen Risiken höher bewerten als die langfristigen. Jedes Mal war eine Rezession die Folge. Nach 13 Jahren ist dies nun erstmals wieder der Fall. Wie die Rezession diesmal bewältigt wird, ist offen. Die Mittel für eine grossflächige Enteignung sind jedenfalls in Position.

Wie entwickelt sich die Wirtschaft? Das interessiert fast alle, ganz besonders die professionellen Anleger. Die Börsianer haben Dutzende von Indikatoren entwickelt, die mehr oder weniger zuverlässige Prognosen ermöglichen. Einer ragt dabei heraus. Er hat in den letzten 50 Jahren zuverlässig jede Rezession angekündigt und lag kein einziges Mal falsch: das Verhältnis der Erträge zwischen dreimonatigen und zehnjährigen US-Staatspapieren.

Liegt der Ertrag der Treasury-Bills, US-Staatsanleihen mit dreimonatiger Laufzeit, über demjenigen der zehnjährigen Treasury-Bonds, hat sich jeweils eine Rezession entwickelt, und dies ist seit Freitag, dem 22. März 2019, erstmals seit 13 Jahren wieder der Fall (CNBC). Die letzten sogenannten Inversionen ereigneten sich 1989, 2000 und 2006, jeweils gefolgt von zunehmend heftigeren Wirtschaftskrisen.

Normalerweise liegen die Zinsen für die kurzfristigen — und daher weniger risikobehafteten — Papiere tiefer. Jetzt ahnen die Börsianer, dass etwas im Busch ist und preisen ihre Erwartungen ein. Die Risiken in näherer Zukunft liegen offenbar höher als die in der ferneren.

Wie die Politik und die Zentralbanken als wichtigste Player in diesem Spiel mit dieser Situation umgehen, ist offen. Die Antwort auf die Rezession der frühen 1990er Jahre lag in einer gigantischen Deregulierung unter Präsident Bill Clinton — unter anderem mit der Aufhebung des Trennbankensystems —, die ihrerseits zur Dotcom-Blase führte. Als diese im Jahr 2000 platzte, halfen die Kriege gegen den Terror, gegen Afghanistan und den Irak sowie erleichterte Massenkredite für ärmere Hausbesitzer der Wirtschaft aus der Talsohle. Als auch diese Blase 2008 in der sogenannten Finanzkrise platzte, begannen die Zentralbanken im großen Stil, Aktien sowie Staats- und Firmenanleihen zu kaufen, was vorher tabu war.

Von dieser Blase aus billigem Geld der Zentralbanken lebten die Börsen in den letzten zehn Jahren ganz ausgezeichnet. Viele meinen, die Zentralbanken hätten mit Zinsen um die Null Prozent ihr Pulver nun verschossen und könnten einen größeren Knall nicht mehr verhindern. Aber sicher ist das nicht. Seit der Kündigung der geldpolitischen Nachkriegsordnung von Bretten Woods, mit dem Gold-gebundenen Dollar als Leitwährung durch Präsident Nixon 1971 haben die Leute an den geldpolitischen Machthebeln noch immer ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert, mit dem das Spiel eine Runde weiter lief.

Wenn ich im Finanzolymp säße und den Glauben an die Götter des Geldes sichern müsste, würde ich dosierten Zwang ausüben und die Zinsen merklich unter Null drücken, mit verschärfter Kontrolle die Profite den Mega-Multis zuleiten und die Welt mit ein bisschen Säbelrasseln gefügig machen. Lösungen sind das natürlich nicht. Aber ich würde ein bisschen Zeit gewinnen und könnte die Kräfte für den unvermeidlichen Showdown sammeln. Denn alles hat ein Ende (nur die Wurst hat zwei).


Quellen und Anmerkungen:

Quelle: Wall Street Red Flag (Zero Hedge)