Die Panikdemie
Die derzeitigen Corona-Maßnahmen und der Umgang der Bürger damit bilden die extreme Steigerungsform einer normopathischen Gesellschaft.
Im Interview mit Flavio von Witzleben erläutert der Psychotherapeut und Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz die psychischen Folgen der Corona-Krise in einer normopathischen Gesellschaft und kritisiert die einseitige Politik der Angst. Die Psychopathologie des „Normalen“ beschäftigte Maaz schon in früheren Büchern. In Zeiten der Corona-Krise gewinnt diese Thematik jedoch exponentiell an Bedeutung. Der Psychotherapeut kritisiert die Maßnahmen des „Social Distancing“, die Maskenpflicht sowie die Denunzierung kritischer Stimmen scharf. Die medial geschürte Urangst vor Krankheit und Tod dient als reichhaltiger Nährboden einer normopathischen Gesellschaft, in der Menschen nur noch in eine Richtung zu denken und zu handeln vermögen.
Die Tatsache, dass keine kritischen Stimmen und sogar wissenschaftliche Belege, die nicht dem geltenden Narrativ entsprechen, denunziert werden, stimmt auch den seit Jahrzehnten praktizierenden Psychotherapeut und Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz ratlos. Es scheint so, als wolle man die anfangs noch sehr unbekannte Situation nicht vollends klären, sondern die jetzt eingeschlagene Richtung durchsetzen.
Maaz erinnert die derzeitige Lage sehr an seine Zeit in der DDR zurück, in der die Meinungen der Partei nicht infrage gestellt wurden, auch wenn er selbst nie damit gerechnet hatte, nochmals solch eine Art von gesellschaftlicher Situation zu erleben. Die durch die Wort- und Bildwahl erzeugte mediale Panikmache kritisiert der Psychotherapeut stark und sieht dies als politisches Werkzeug, um die eingeführten Maßnahmen akzeptabel erscheinen zu lassen.
Die Furcht vor einem unbekannten Virus löst eine reale Angst aus. Zudem hat jeder Mensch eigene innerseelische Ängste, die jedoch durch die mediale Orientierung auf das Virus projiziert werden und somit eine kollektive Paranoia auslösen.
Die Soziale Distanz
Den Begriff „Social Distancing“ sieht Maaz als äußerst beunruhigend, da der körperliche Abstand bei akuter Krankheit legitimiert sein kann, jedoch der soziale, emotionale Abstand in jedem Fall negative Auswirkungen auf den Menschen hat.
Wenn es Kindern und Jugendlichen an sozialer Nähe fehlt, können diese unter einer schwerwiegenden Fehlentwicklung leiden, da es an der Spiegelung, Bestätigung und der zwischenmenschlichen Erfahrung fehlt. Auch bei Erwachsenen, vor allem älteren Menschen, kann dieser Zustand zu Einsamkeit und Depression führen.
Die emotionale Nähe ist für Menschen jeglichen Alters einer der wichtigsten Bestandteile des Lebens.
Wir können das Ausmaß und die erheblichen Folgeschäden des derzeitigen sozialen Kontaktverlustes, die noch auf uns zukommen werden, jetzt noch gar nicht überblicken.
Die Maskenpflicht
Abgesehen von der medizinischen Notwendigkeit der Maske, die in aktuellen Studien widerlegt wurde, ist die psychologische Wirkung einer solchen Mund-Nase-Bedeckung sehr bedenklich. Die Maske dient als Symbol der Gefahr. Wer eine Maske aufsetzt, demonstriert eine gefährliche Situation, vor der es sich zu schützen gilt. Mit der weiterhin bestehenden Pflicht wird diese Angst vor einer vermeintlichen Gefahr erfolgreich aufrechterhalten.
Wer Maske trägt, unterwerfe sich einer autoritären Entscheidung, und die, die über diese Maßnahmen entscheiden, merken, dass man Menschen nur Angst machen müsse, um sie der Freiheit zu berauben, so der Psychotherapeut.
Die Verschwörungstheoretiker
Die auffällige Tendenz, dass Fragen zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, den ökonomische Auswirkungen und der generellen Gefährlichkeit des Virus — obwohl notwendig, da (noch) nicht bekannt — nicht öffentlich gestellt und diskutiert werden können, stellt ein weitreichendes Problem dar. Der Begriff des Verschwörungstheoretikers hat wieder Hochkonjunktur.
Aus der dynamischen Gruppentherapie kennt Maaz die Aufteilung der Gruppe in Anführer, Mitläufer und Außenseiter, auch Omega genannt. Oft werden Omegas beschimpft und aus der Gruppe gedrängt, obwohl sie Träger wichtiger Informationen sind, die von anderen aber nicht zur Kenntnis genommen oder akzeptieret werden wollen.
Somit ist es wichtig, den Außenseitern eine Möglichkeit zu geben, ihre Standpunkte mit der Gruppe zu teilen. Dabei betont er ebenfalls, dass auch Omegas nicht die absolute Wahrheit gepachtet haben, jedoch oftmals die Aspekte des Geschehens, die den anderen Gruppenmitgliedern unangenehm sind, sichtbar machen können.
Maaz sieht die Verschwörungstheoretiker als die Omegas in der derzeitigen Corona-Debatte.
Die normophathische Gesellschaft
Der Begriff Normopathie, den Maaz ausführt und über das er ebenfalls ein Buch „Das falsche Leben — Ursachen und Folgen unserer normopathischen Gesellschaft“ geschrieben hat, bezeichnet eine Persönlichkeitsstörung des Menschen, die die zwanghafte und überkonforme Anpassung an vermeintlich geltenden Normen und Regeln einer Gesellschaft mit sich bringt. In einer normopathischen Gesellschaft resultiert daraus , dass das Gestörte (Pathische) nicht mehr als Störung wahrgenommen wird. Vielmehr wird es in unserer Gesellschaft als normal angesehen. Normal, da offensichtlich die Mehrheit der Bevölkerung so denkt und handelt. Dies ist in der Geschichte an den Beispielen des Nationalsozialismus, Kommunismus und dem heutigen Narzissmus zu erkennen.
Die Normopathie wird von der Haltung der Mehrheit der Bevölkerung getragen, die in eine bestimmte Richtung denkt.
Als Ausgangspunkt einer solchen normopathischen Entwicklung stellt Maaz die frühe Entfremdung der Menschen dar. Wenn Menschen in ihrer Entwicklung nicht die Liebe und das Verständnis erhalten hatten, die sie benötigten, um einen gesunden Selbstwert zu entwickeln, weisen sie ein seelisches Defizit auf. Diese Entwicklung gepaart mit dem menschlichen Grundbedürfnis des „sozial eingebunden Fühlens“ birgt eine große Gefahr in Richtung überangepasster Gesellschaft. Derzeit erleben wir eine Symptomatik, in der sich Normopathie wieder ausbreiten kann und somit Mitläufer, die die Maßnahmen kritiklos annehmen, kreiert werden.
Durch die Urangst vor Krankheit und Tod bringt man die Menschen in eine Form von Abhängigkeit.
Obwohl das Ausmaß der Gefahr durch das Corona-Virus nicht real ist, wurde diese Urangst jedoch gepflanzt und wächst nun als normopathischer Wunsch des „Gerettetwerdens“ weiter.
Der Narzissmus
In seinem Artikel „Die Corona-Religion“ schreibt Maaz:
„Jetzt sind alle betroffen, und jetzt gibt es endlich einen benennbaren Feind, gegen den alle finster entschlossen und gemeinsam kämpfen können. Das ist die Massenpsychologie eines jeden Krieges. Das war die Massenpsychologie des Faschismus, des Stalinismus und wird zur Massenpsychologie des Narzissmus.“
Der Narzissmus stellt sich als eine Medaille dar, deren Seiten nicht unterschiedlicher sein könnten: Auf der einen Seite generieren Menschen ein größeres Selbst, das immer das Beste sein muss, und auf der anderen Seite generieren Menschen ein kleineres Selbst, das nur unter Abhängigkeit existieren kann.
Wenn an der Spitze narzisstische Eliten stehen, hat das Volk oft den Wunsch, geführt und gerettet zu werden.
Gerade in Ausnahmesituationen wie der Corona-Panikdemie wird dies deutlich, und die Menschen sehen ihre eigene Entfremdung ebenso wenig wie die uferlosen Folgen der Maßnahmen.