Die Opferbeschimpfung
Das NDR-Medienmagazin ZAPP beschönigt den Justiz-Krieg gegen Julian Assange und demütigt ihn öffentlich.
Nein, die öffentlich-rechtlichen Sender sind integer. Vehement verteidigen sie die Pressefreiheit und geißeln die Unterdrückung kritischer Inhalte. Zumindest, wenn es um das nicht-westliche Ausland geht, z.B. China. Das eigene Nest möchte man doch eher ungern beschmutzen. So nimmt sich das Medienmagazin ZAPP zwar nach längerem Wegschauen in großen Teilen der Öffentlichkeit des Themas Julian Assange an; doch lässt es eine klare Stellungnahme gegen das Justizverbrechen nach wie vor vermissen. Wo die Fakten nicht mehr ganz geleugnet werden können, wird gezielt Unsicherheit geschürt. So wird der Gesundheitszustands Assanges als nur „offenbar dramatisch“ bezeichnet, der manipulierte Vergewaltigungs-Verdacht wird nicht klar als solcher benannt und der Gefangene wird durch erniedrigendes Bildmaterial bloßgestellt. Noch immer wagen es die meisten deutschen Medien nicht, eindeutig gegen die Missachtung ihrer eigenen Rechte — der Pressefreiheit — aufzubegehren.
Am 19. Februar 2020 brachte das NDR-Medienmagazin ZAPP einen Bericht über Julian Assange, der selbst eine Medienkritik erfordert. ZAPP enthüllte einige derzeit diskutierte Fakten, die man bislang selten im Fernsehen erfuhr. Doch die Sendung ließ viel zu wünschen übrig und hinterlässt den faden Nachgeschmack einer Tendenz gegen den Angeklagten Assange.
Zuerst widmete sich das Medienmagazin China und der Unterdrückung von Inhalten und kritischen Bürgerreportern durch die chinesische Regierung — im berechtigten Brustton der Überzeugung, die Pressefreiheit zu verteidigen, mit Empörung, Bestürzung und Mitgefühl. Einen völlig anderen Tenor hatte der folgende Bericht über Julian Assange, den zu dem Zeitpunkt nur noch drei Tage von seinem Auslieferungsprozess in die USA trennten, wo ihm lebenslange Haft unter entsetzlichen Bedingungen oder sogar die Todesstrafe drohen. Bekundungen, dass Letztere nicht drohe, kann man glauben oder auch nicht.
Der ZAPP-Bericht beginnt so:
„Kennen Sie ihn noch? Julian Assange. Hier ein etwas älteres Bild, kurz nachdem er WikiLeaks gegründet hatte … Hier ein Rückblick … (es wird durch Meldungen gezappt) Die US-Regierung reagierte empört … verärgert … Gründer Julian Assange will nichts Geringeres als die Welt verändern … der Durchbruch kam für WikiLeaks 2010 mit dem berüchtigten Collateral Murder-Video, es zeigt, wie US-Soldaten im Irak aus der Luft auf Zivilisten schießen. Plötzlich steht auch er im Rampenlicht: Assange, der Aufklärer … kaum ein Jahr später geht Domscheit-Berg, auch wegen Assanges Führungsstil: Assange, der Rücksichtslose. 2016 gerät die Plattform erneut in Verruf: WikiLeaks veröffentlicht Tausende persönliche Mails des Wahlkampfmanagers von Hillary Clinton in der entscheidenden Phase des US-Wahlkampfs (Bilder von Clinton, dann Donald Trump).“
Schon der Auftakt zum 11-Minuten-Beitrag erscheint nicht wirklich neutral, sondern gegen Assange eingenommen. Der berühmte Kriegsreporter Robert Fisk sagte einmal, die Presse könne nie neutral sein, so eine lobenswerte Arte-Dokumentation, aber Fisk ergänzte: Sie solle immer Stellung beziehen für die Seite derer, die Unrecht erleiden, für die Opfer. Sieht ZAPP hier vordringlich die USA als Opfer, Hillary Clinton?
Positiv ist zu vermerken, dass ZAPP das Collateral-Murder-Video richtig kommentiert, wobei die Kennzeichnung als „berüchtigt“ etwas doppeldeutig bleibt. Die ARD-Tagesschau hatte die Bilder jüngst gesendet, ohne zu sagen, wessen Soldaten da auf Zivilisten schießen (1). Gut, ZAPP hätte noch erwähnen können, dass unter den Zivilisten auch Kriegsberichterstatter waren, dass der Kampfhubschrauber heimtückisch über den Opfern kreiste und auf eine Familie mit zwei Kindern feuerte, die den Verletzten zu Hilfe eilte. Aber man kann nicht über alles berichten.
ZAPP weiter:
„Kritiker unterstellen WikiLeaks eine politische Agenda. Doch während Donald Trump noch schwärmt (Einblendung Trump: ‚WikiLeaks, I love WikiLeaks!‘), verkündet der damalige CIA-Chef Mike Pompeo, was die US-Regierung wirklich über WikiLeaks denkt, Pompeo: ‚...ein feindlicher Geheimdienst!‘ Und er? (Bilder von Assange, am Ende mit dunkler Sonnenbrille) Ein Staatsfeind? Ein Aufklärer? Oder am Ende nur ein Hacker?“ Der ZAPP-Moderator: „Staatsfeind oder Held? Egal was man nun über die Person Assange denkt, fest steht, die sieben Jahre in der Botschaft haben den Menschen gezeichnet: Assange ist zu einem (weist auf ein Großbild, in dem der junge Assange zum heutigen mit weißem Vollbart und langen Haaren überblendet wird) alten Mann geworden. Wie hoch wird der Preis für ihn? ... Weil Assange sich zum Feindbild der USA gemacht hat, vermuten nun einige, dass an ihm ein Exempel statuiert werden soll, um weitere Leaks in Zukunft zu verhindern.“
Sicher, „einige“ vermuten das, doch sie bleiben hier anonym und ZAPP macht durch die Distanzierung klar: Wir gehören nicht zu diesen „einigen“ (wenigen?), die das vermuten. Warum diese Anonymisierung?
Den kompetentesten Experten, der ausdrücklich diese Exempel-statuieren-Wertung vertritt, zitiert ZAPP später herbei: Professor Nils Melzer, UN-Sonderberichterstatter zu Folter. Doch ZAPP pickt sich aus Melzers Aussagen gezielt heraus, was die eigene Darstellung stützt, anderes wird verschwiegen.
Diese Tendenz setzt sich immer stärker fort. Auch das Bild, das ZAPP von Assange inszeniert, wirkt nicht empört über das ihm angetane Unrecht, nicht bestürzt über die Folgen, nicht mitfühlend — alles Einstellungen, die im vorherigen Bericht zur Presseunterdrückung in China deutlich spürbar waren.
„Vergewaltigungsverdacht“? Oder Bezichtigung mit gefälschten Beweisen?
ZAPP setzt fort mit Bildern der Verhaftung, Kommentar dazu:
„Julian Assange wird im April 2019 aus der ecuadorianischen Botschaft gezerrt. Der Bart, die Haare lang, so hat man ihn zum letzten Mal gesehen: Das Bild des ungepflegten Einsiedlers geht um die Welt … Assange wird verfolgt …
In Schweden genießt er Heldenstatus … Mit zwei Frauen hat Assange in diesen Tagen Sex, mit und ohne Kondom. So steht es in den Vernehmungsprotokollen der schwedischen Polizei. Hierhin wenden sich die Frauen, sie wollen, dass Assange einen HIV-Test macht. Von einer Vergewaltigung sprechen sie nicht, doch das schwedische Strafrecht ist streng: So lange nicht klar ist, ob alle sexuellen Handlungen einvernehmlich waren, muss die Polizei ermitteln. Nur wenig später heißt es in den Medien: ‚Vergewaltigung‘. Assange streitet die Vorwürfe ab, doch die öffentliche Meinung wendet sich gegen ihn.“
„So steht es in den Vernehmungsprotokollen“? Nils Melzer hat dargelegt, dass die in Schweden protokollierten Aussagen der Zeuginnen — anonymisiert als A. A. und S. W. — manipuliert, die Beweise damit gefälscht wurden. Melzer hat genau und klar dargelegt, wie die schwedische Polizei und Justiz dabei vorgingen, wie die Briten Einfluss nahmen und dies mit Beweisen untermauert. Sollte der ZAPP-Redaktion dies entgangen sein?
So sagt Melzer im Interview mit der Republik am 31. Januar 2020:
„Die bewusste Böswilligkeit der Behörden wurde aber spätestens dann offensichtlich, als sie die sofortige Verbreitung des Vergewaltigungsverdachts über die Tabloidpresse forcierten, und zwar ohne Befragung von A. A. und im Widerspruch zu den Aussagen von S. W.; und auch im Widerspruch zum klaren Verbot im schwedischen Gesetz, die Namen von mutmaßlichen Opfern oder Verdächtigen in einem Sexualstrafverfahren zu veröffentlichen. Jetzt wird die vorgesetzte Hauptstaatsanwältin auf den Fall aufmerksam und schließt die Vergewaltigungsuntersuchung einige Tage später mit der Feststellung, die Aussagen von S. W. seien zwar glaubwürdig, doch gäben sie keinerlei Hinweise auf ein Delikt. (…) Nun schreibt der Vorgesetzte der einvernehmenden Polizistin eine Mail: Sie solle die Aussage von S. W. umschreiben.“
Professor Melzer beziehungsweise Republik.ch legen dazu das Faksimile schwedischer Dokumente vor, die seine Aussagen bestätigen. Ebenso für seine Aussage, dass die Briten in die Strafverfolgung von Julian Assange intervenierten:
„Als die Schweden den Engländern mitteilen, dass sie das Verfahren möglicherweise einstellen müssten, schrieben die Briten besorgt zurück: ‚Don’t you dare get cold feet!!‘ Kriegt jetzt bloss keine kalten Füsse.“
Eigenwillige ZAPP-Interpretationen
Im ZAPP-Bericht äußert der Zeuge Donald Boström:
„Über Nacht wurde er (Assange) vom Rockstar zum Arschloch. Und das für alle in Schweden. Die Meinung war, niemand sollte sich so gegenüber Frauen verhalten.“
Boström glaubt nicht an eine Verschwörung, aber dass es für die USA eine Gelegenheit war, den Staatsfeind zu kriegen … Boström:
„Ich glaube nicht, dass es eine Sexfalle der CIA war, aber als es passierte, ergriffen sie die Gelegenheit.“
Hier verdreht ZAPP die Aussage des Zeugen Boström: Er sagt, es gab keine Sexfalle. ZAPP macht daraus: Er glaube nicht an eine „Verschwörung“.
Boström sagt aber, dass die CIA „die Gelegenheit“ ergriffen habe — wieso soll das keine Verschwörung sein? Es kann doch nur heißen, dass die CIA in den sich auf Basis zufälliger sexueller Beziehungen ergebenden Strafprozess eingegriffen habe. Das wäre ebenso eine Verschwörung zur Manipulation der Justiz.
ZAPP weiter:
„Assange erhielt die Erlaubnis, Schweden zu verlassen und reiste nach London. Boström: ‚Ich habe überall gelesen, dass er davonlief wie ein Feigling, aber das war nicht der Fall, er blieb noch fünf Wochen ...‘“
„In London arbeitet er an seinem nächsten Scoop, nach Schweden will er nicht zurück. Aus Angst vor einer Auslieferung an die USA. Assange flüchtet in die ecuadorianische Botschaft.“
Hier hätte ZAPP die Dokumentation von Nils Melzer erwähnen können, die eindeutig aufzeigt, wie man Assange erst vorsätzlich unmotiviert hinhielt, seine Ausreise nach Wochen genehmigte und dann praktisch über Nacht, nachdem er das Land verlassen hatte, Haftbefehl gegen ihn erließ. Ein Haftbefehl ist, das sei angemerkt, durchaus als Teil einer Rufmord-Kampagne zu bewerten. Zumal wenn er, wie hier laut Professor Melzer, so unmotiviert ist 1. durch die Fakten der Beweislage wie 2. auch die Geringfügigkeit des behaupteten Delikts, für das sich 3.weder damals noch später Beweise finden ließen, die 4.darüber hinaus durch manipulierte Aussageprotokolle erst gefälscht wurden. Für diese Beweisfälschung hat Melzer Beweise vorgelegt. Hat ZAPP das nicht verstanden? Konnte man das nicht im Web mit wenigen Klicks recherchieren? Oder wollte man gezielt ein falsches Bild von Assange aufrechterhalten?
Demütigende Bilder von Assange
Statt diese Hintergründe zu berichten, bringt ZAPP anschließend jene durch unethische Bespitzelung zustande gekommenen Videos von Julian Assange, mit denen der WikiLeaks-Gründer seit Jahren öffentlich gedemütigt wird: Assange tigert barfuß im engen Gang auf und ab, kratzt sich. ZAPP dazu:
„Interne Berichte der Botschaft zeigen, wie die Haftbedingungen Assange zu schaffen machen. 2013 zertrümmert er einen Schrank (Fotos vom kaputten Schrank), die Ecuadorianer vermerken: Der Gast ist aufbrausend, wirkt sehr gestresst. 2016: Der Gast ist ängstlich. 2017: Dem Gast geht es nicht gut. Ein Psychologe kommt, um ihn zu untersuchen. 2018: Der Gast ist nervöser als sonst.“
ZAPP zeigt Bilder von Assange in Unterwäsche, bei Yoga-Übungen, von seinem nur halbbedeckten Hinterteil. ZAPP dazu:
„Der UN-Sonderberichterstatter spricht von gezieltem Rufmord.“
Dazu eine Frage an ZAPP: War es hier wirklich nötig, die rufmörderisch demütigenden Bilder von Assange erneut zu senden, um den Rufmord zu dokumentieren? Oder wird hier nicht eigentlich die Grenze überschritten, sich mit dem Bericht eigentlich wieder an der Rufmord-Kampagne zu beteiligen? Aber „Rufmord“ war ja nicht die eigene Bewertung von ZAPP, sondern wurde nur von Professor Melzer zitiert, über dessen vollumfängliche Reputation und Kompetenz ZAPP die Zuschauer in Unkenntnis lässt.
Wie kam es wirklich zum Haftbefehl gegen Assange?
ZAPP weiter:
„Das Vergewaltigungsverfahren geht in all dieser Zeit nur schleppend voran. Botschaftsdokumente zeigen: Weder ist die schwedische Staatsanwaltschaft bereit, nach London zu kommen, noch will sie Assange garantieren, ihn nicht an die USA auszuliefern, falls er für eine Aussage nach Schweden kommt.“
Wenn man das so einfach stehen lässt, scheint es nicht weiter dramatisch: Die Schweden wollten eben nicht. Pech gehabt. Doch Nils Melzer, Professor für internationales Recht und erfahren im Umgang mit Auslieferungsverfahren und Zeugenvernehmungen über Grenzen hinweg, stellt den Vorgang ganz anders dar: Als außergewöhnliche Benachteiligung von Julian Assange:
„Die Anwälte sagen, sie hätten den schwedischen Behörden während der fast sieben Jahre, in denen Assange in der ecuadorianischen Botschaft lebte, über dreissig Mal angeboten, dass Assange nach Schweden komme — im Gegenzug für eine Zusicherung der Nichtauslieferung an die USA. Die Schweden weigerten sich mit dem Argument, es gebe ja gar kein Auslieferungsgesuch der USA. (…) Solche diplomatischen Zusicherungen sind in der internationalen Praxis alltäglich. Man lässt sich zusichern, dass jemand nicht an ein Land weiter ausgeliefert wird, wo die Gefahr schwerer Menschenrechtsverletzungen besteht, und zwar völlig unabhängig davon, ob bereits ein Auslieferungsgesuch des betreffenden Landes vorliegt oder nicht. Das ist ein politischer, kein rechtlicher Prozess“ (2).
Melzer zeigt, ganz anders als ZAPP, den Vorgang als Teil der juristischen Drangsalierung eines zu Unrecht Angeklagten und folgert:
„Es ist Schweden nie um die Interessen der beiden Frauen gegangen. Assange wollte ja auch nach der Verweigerung einer sogenannten Nichtauslieferungszusicherung immer noch aussagen. Er sagte: Wenn ihr nicht garantieren könnt, dass ich nicht ausgeliefert werde, stehe ich euch in London oder über Videolink für Befragungen zur Verfügung (…) Es gibt genau für solche Justizfragen ein Kooperationsabkommen zwischen Grossbritannien und Schweden, welches vorsieht, dass für die Einvernahme von Personen schwedische Beamte nach England reisen oder umgekehrt. Oder dass man eine Vernehmung per Video macht. Das wurde in jenem Zeitraum zwischen Schweden und England in 44 anderen Verfahren so gemacht. Nur bei Julian Assange hat Schweden darauf bestanden, es sei essenziell, dass er persönlich erscheine“ (3).
Die Darstellung von ZAPP scheint dagegen einseitig zu Lasten von Julian Assange Fakten wegzulassen, Hintergründe nicht aufzuklären. Dabei hätten sie durch Nils Melzer alle nötigen Fakten und Erklärungen zur Hand gehabt, einen Klick im Netz entfernt. „Man kann nicht über alles berichten“ wirkt als Rechtfertigung immer unglaubwürdiger.
Anschließend lässt ZAPP wieder Boström zu Wort kommen:
„Die Staatsanwaltschaft zeigte wenig Initiative, den Fall voranzutreiben … Warum das so war, kann ich nicht sagen, aber es ist merkwürdig.“
ZAPP:
„Nach neun Jahren wird das Verfahren in Schweden im vergangenen Herbst eingestellt. Die oberste Staatsanwältin lehnt jede Äußerung zum Fall Assange ab.“
Warum zitiert ZAPP an dieser Stelle Boström? Melzer hat wiederum viel deutlicher und stichhaltiger dazu Stellung genommen:
„Nach Wiederaufnahme der Vergewaltigungsvorwürfe lässt Assange wiederholt durch seinen Anwalt ausrichten, dass er dazu Stellung nehmen will. Die zuständige Staatsanwältin wiegelt ab. Mal passt es der Staatsanwältin nicht, mal ist der zuständige Polizist krank. Bis sein Anwalt drei Wochen später schreibt: Assange müsse nun wirklich zu einer Konferenz nach Berlin. Ob er das Land verlassen dürfe? Die Staatsanwaltschaft willigt schriftlich ein. Er dürfe Schweden für kurzfristige Abwesenheiten verlassen … Der Punkt ist: An dem Tag, an dem Julian Assange Schweden verlässt, wo noch gar nicht klar ist, ob er kurzfristig geht oder langfristig, wird gegen ihn ein Haftbefehl erlassen. Er fliegt mit Scandinavian Airlines von Stockholm nach Berlin. Dabei verschwinden seine Laptops aus seinem eingecheckten Gepäck“ (4).
Gesundheitszustand nur „offenbar“ dramatisch?
ZAPP:
„Inzwischen haben die USA seine Auslieferung beantragt. Auch deshalb sitzt er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London. Sein Gesundheitszustand offenbar dramatisch.“
Warum eigentlich nur „offenbar“ dramatisch? Danach folgt eine Aussage von Professor Melzer, dass der Inhaftierte alle Anzeichen jahrelanger psychologischer Folter zeige. Ist der seit Jahrzehnten bei der Aufklärung von Folter im Dienste der UNO erfahrene Jura-Professor Melzer für ZAPP nicht glaubwürdig genug, um die Relativierung „offenbar“ hier wegzulassen? Über diese von Melzers Glaubwürdigkeit zeugenden Attribute informiert ZAPP seine Zuschauer wohlweislich nicht.
Unser Fazit:
ZAPP bietet seinem speziellen, medienkritischen Zuschauerkreis einige Details aus den Melzer-Publikationen. Aber die brisantesten Fakten werden weiterhin verschwiegen: Dass Aussagen manipuliert und damit Beweise gefälscht wurden, um Assange das Stigma des „Vergewaltigungsverdachts“ anhängen zu können.
Dass dahinter sehr wohl eine Verschwörung steckt — Polizisten wurden von oben angewiesen, die Protokolle zu manipulieren. Dass man den Interpol-Haftbefehl inszenierte. Dass man rechtswidrig wiederholt und über Nacht die Presse informierte, so dass Julian Assange von der Vergewaltigungsbezichtigung erst aus der Zeitung erfuhr. Kurzum: Dass es sich offensichtlich um eine Rufmord-Kampagne handelte, was ZAPP aber als Schlussfolgerung nicht selber zieht, sondern nur von Professor Melzer zitiert. Das ist nicht das, was wir von einem „Medienmagazin“ erwarten, das uns eigentlich über Fake News mit maximaler Recherchegenauigkeit informieren sollte.
Quellen und Anmerkungen:
ZAPP-Das Medienmagazin, Mittwoch 19.2.2020, 23:20 bis 23:50
(1) Hannes Sies: Die Abwiegler. Zur ARD-Tagesschau, Rubikon.news 19.1.2020
(2) „Vor unseren Augen kreiert sich ein mörderisches System“ Interview mit Prof. Nils Melzer, UN-Sonderberichterstatter für Folter, Republik.ch, 31.1.2020
(3) Ebenda
(4) Ebenda
Weitere Literatur:
- Daniela Lobmueh: Der Fall Omran: Macht sich ZAPP zur Kriegspartei in der Medienschlacht um Aleppo? Jasminrevolution 14.7.2017
- Daniela Lobmueh: Von ARD&Co. übersehen? US-Parlament fordert Kontrolle der US-Kriegsführung, Nachdenkseiten, 20. Mai 2014
- Hannes Sies: Anti-WikiLeaks-Film ‚West of Liberty‘: ZDF soll sich bei Assange entschuldigen! Scharf-links.de, 18.2.2020
- Hannes Sies: Kriminelle Propaganda: Anti-Wikileaks Tatort ‚Elefant im Raum‘, Rubikon.news 8.11.2019