Die Metamorphose
Bernie Sanders ist keine Alternative, sondern Teil des Systems.
Für die Mehrheit der deutschen Linken ist Bernie Sanders noch immer der Kandidat, der es wagt, das Establishment herauszufordern. Der moderne Mythos, der den Senator von Vermont umgibt, brachte Sahra Wagenknecht vor kurzem dazu, sich einen wie ihn an die Spitze der SPD zu wünschen. Er unterstützt Alexandria Ocasio-Cortez, die neue sozialistische Hoffnung vieler Demokraten, und seiner Initiative ist es zu verdanken, dass Amazon für seine US-amerikanischen und englischen Angestellten einen erhöhten Mindestlohn einführte. Aber hält der Sanders-Mythos auch dem unerbittlichen Blick eines Journalisten wie Chris Hedges stand, der in der Machtanalyse geübt ist wie nur wenige andere?
Von Bernie Sanders gibt es zwei Versionen. Da ist der alte Bernie Sanders, der als demokratischer Sozialist eine an Don Quijote erinnernde Kampagne um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Demokraten führte, die Finanzierung durch Konzerngeld ablehnte und konzerngesteuerte Demokraten heftig angriff.
Und dann gibt es den neuen Bernie Sanders: Dieser hält pflichtbewusst die Spielregeln der Partei ein, hofiert Milliardäre, lehnte die Klage gegen das Democratic National Committee (DNC) wegen Manipulierung der Vorwahlen zu seinen Ungunsten ab und unterstützt demokratische Kandidaten, die ökonomische und politische Positionen vertreten, die er selbst einst anprangerte.
Sanders' Metamorphose begann im Dezember 2015, als er die zunehmende Unterstützung seiner Kandidatur wahrnahm und dachte, er könnte die Nominierung gewinnen. Er ließ die feurige sozialistische Rhetorik fallen, die seine Kampagne zunächst gekennzeichnet hatte – kurz nachdem er seine Kandidatur im Mai 2015 bekanntgegeben hatte, hatte er ganze Reden über den demokratischen Sozialismus gehalten.
Er stellte zum Establishment der Demokratischen Partei zählende Berater wie Tad Devine ein, der – ironischerweise – eine wichtige Rolle bei der Einführung von Superdelegierten gespielt hatte, welche Hillary Clinton zum Erfolg bei der Nominierung verhalfen. Von den 230 Millionen Dollar, die er während der Kampagne aufgebracht hatte, sollte er zweistellige Millionenbeträge für Berater ausgeben.
Als klar war, dass er verlieren würde, begannen Sanders und sein einflussreicher Kampagnenmanager Jeff Weaver, sich eng mit der Clinton-Kampagne abzustimmen. Bis zum Mai 2016 war Sanders in seiner Kritik an Clinton verstummt und hatte vor dem demokratischen Parteiapparat kapituliert. Seither ist er ein gehorsamer Diener des Partei-Establishments.
In den Armen der Demokraten
Sanders war immer eine problematische Gestalt. Seine Weigerung, den Imperialismus und die Rüstungsindustrie zu verurteilen – eine Verurteilung, die im Zentrum der Botschaft des Sozialistenführers Eugene V. Debs stand – bedeutete, dass sein Sozialismus eine Totgeburt war. Sozialismus ohne Anti-Imperialismus ist unmöglich. Aber zumindest sprach Sanders die Realität der sozialen Ungleichheit an, die vom Establishment der Republikanischen und der Demokratischen Partei negiert wurde. Er führte den politischen Diskurs zurück in die Realität. Und er stellte den guten Ruf des Sozialismus wieder her.
In den Wochen vor dem entscheidenden Parteitag bildeten Weaver und Clintons Kampagnenmanager Robby Mook eine De-facto-Allianz. Während des Auftakts des Parteitages deckte WikiLeaks den Nichtangriffspakt zwischen Clintons und Sanders' Wahlkampfteam auf. Viele der Sanders unterstützenden Delegierten waren wütend über den vom DNC organisierten Diebstahl und Betrug, als sie im Juli 2016 in Philadelphia zum Parteitag eintrafen. Debbie Wasserman Schultz, die DNC-Vorsitzende, die den Betrug organisiert hatte, trat zurück. Einige Mitglieder des DNC-Stabs wurden gefeuert.
Sanders‘ Unterstützter wurden am Vorabend des Parteitags von Benachrichtigungen durch das Sanders-Team überschwemmt: Sie sollten sich respektvoll verhalten, den Nominierungsprozess nicht stören und Clinton unterstützen. In vielen Fällen stellte sich dann heraus, dass diese Nachrichten von Clinton-Angestellten wie Mook geschrieben und dann unter Sanders‘ Namen versendet worden waren. Sanders agierte wie ein pflichtbewusster Hütehund, der seine verärgerten Anhänger in die Umarmung des demokratischen Parteiapparates trieb.
Das Ausmaß des Betrugs bei den Vorwahlen war haarsträubend. Donna Brazile, die die Führung des DNC übernahm, nachdem Wasserman-Schultz entlassen worden war, legte später offen, dass eine gemeinsame Fundraising-Vereinbarung zwischen dem DNC, dem Hillary Victory Fund und Hillary for America existierte.
„Die Abmachung – unterzeichnet von Amy Dacey, der ehemaligen Geschäftsführerin des DNC, und Robby Mook, mit Kopie an Marc Elias, legte fest, dass Clinton dafür, dass sie Geld sammelte und in den DNC investierte, die Kontrolle über die Parteifinanzen, die Strategie und alle Spendengelder erhalten würde“, schrieb Brazile. „Ihr Wahlkampfteam hatte das Recht, einen zur Wahl stehenden Kommunikationsleiter abzulehnen und auch endgültige Entscheidungen hinsichtlich des übrigen Stabs zu treffen. Außerdem war das DNC angehalten, sich mit dem Wahlkampfteam über alle übrigen Personalangelegenheiten, Budgetfragen, Daten, Analytik und Mail-Aktionen zu beraten.“
Sanders wandte sich nicht an seine Anhänger, obwohl er spätestens im September 2016 wusste, dass der Prozess manipuliert war. Er war ein stillschweigender Komplize der Vertuschung. So blieb die Aufdeckung des Betrugs Brazile überlassen, die selbst mit dahintersteckte. Aber da war es schon zu spät.
Mangel an erhabenem Wahnsinn
Sanders' Kapitulation angesichts der erdrückenden Beweise für die Manipulation des Nominierungsprozesses war politische und moralische Feigheit. Er verpasste seinen historischen Moment, in dem die Öffentlichkeit ihn als denjenigen hätte erleben sollen, der die korrupte, Konzern-dominierte Partei-Elite denunziert, um eine Drittpartei-Kandidatur auf die Beine zu stellen.
Sanders wird sich politisch nie mehr erholen. Um in die Zukunft zu schauen, muss er nur den Blick auf die Kampagnen-Veranstaltungen lenken, die er für Clinton nach ihrer Nominierung abhielt. Sein Publikum schrumpfte von Tausenden zu wenigen Hundert, nachdem er Clinton seine Unterstützung zugesichert hatte.
Daten, die in einer Harvard-Harris-Umfrage erhoben wurden, bestätigten die Abwärtsspirale seiner Beliebtheitswerte, seit er dem Establishment der Demokratischen Partei gegenüber immer unterwürfiger wurde. Seine Präsidentschaftskampagne 2020 wird nur ein blasses Abbild von 2016 sein. Sein Slogan von einer „politischen Revolution“ ist als weiterer leerer Public-Relations-Trick entlarvt worden.
Wenn wir der Macht der Konzerne, welche zur Grausamkeit neigen, wenn sie sich bedroht fühlt, die Stirn bieten wollen, dann brauchen wir Anführer mit der inneren Stärke, den Angriffen standzuhalten. Eugene V. Debs verkaufte sich nie. 1919 wurde er ins Gefängnis gesteckt und kandidierte 1920 von seiner Gefängniszelle aus für die Präsidentschaft. Wenn wir nicht bereit sind, diesen Preis zu bezahlen, sollten wir das Spiel lieber nicht spielen.
„Es gibt nur eine Sache, über die du dir Sorgen machen solltest und zwar, dich unerschütterlich an die Prinzipien der internationalen sozialistischen Bewegung zu halten“, sagte Debs in einer Rede am 16. Juni 1918 in Canton, Ohio, die dazu führte, dass er wegen des Verstoßes gegen das Spionage-Gesetz zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. „Nur wenn du beginnst, Kompromisse zu machen, fängt der Ärger an. Was mich betrifft, ist es mir egal, was andere sagen mögen oder denken oder tun, so lange ich sicher bin, dass ich im Reinen bin mit mir selbst und der Sache. Es gibt so viele, die sich in großen Fragen auf die populäre Seite schlagen. Als Sozialist habe ich längst gelernt, allein zu stehen.“
Diejenigen, die Sanders' Kapitulation mitsamt seinen teuren Establishment-Beratern unterstützen, werden argumentieren, dass es in der Politik um Kompromisse und das Machbare geht. Das ist wahr. Aber Politikspielen in einem System, das nicht demokratisch ist, bedeutet ein Teil der Farce zu werden.
Wir müssen das System umstürzen, anstatt ihm entgegenzukommen. Eine Revolution ist fast immer ein zum Scheitern verurteiltes Unternehmen. Erfolg hat es nur deshalb, weil seine Anführer das Machbare meiden und mit dem ausgestattet sind, was der Theologe Reinhold Niebuhr „erhabenen Wahnsinn“ nennt.
Sanders fehlt dieser erhabene Wahnsinn. Diese charakterliche Qualität machte Debs aus. Und aus diesem Grund ist Sanders moralisch und veranlagungsmäßig untauglich, diesen Kampf zu führen.
„Ich habe nie viel Vertrauen in die Führer gehabt“, sagte Debs. „Ich bin eher dazu bereit, fast jede andere Aufgabe zu übernehmen als die, ein Anführer zu sein. Ich bin Anführern gegenüber misstrauisch, besonders gegenüber denen der intellektuellen Sorte. Für die breite Masse bin ich jederzeit zu haben.“
„Wenn man nach Washington geht und die Seiten des Kongressverzeichnisses durchsieht, wird man feststellen, dass fast alle diese Konzernanwälte und feigen Politiker, Kongressmitglieder und falschen Vertreter der Massen behaupten, von ganz unten zu Positionen von Ansehen und Bedeutung aufgestiegen zu sein. Ich bin heilfroh, dass ich das von mir nicht behaupten kann. Ich würde mich schämen zuzugeben, dass ich aus den unteren Klassen aufgestiegen bin. Wenn ich aufsteige, wird es mit den unteren Klassen sein und nicht aus ihnen.“
Reinigung der Partei
Heather Gautney ist die Autorin von „Crashing the Party: From the Bernie Sanders Campaign to the Progressive Movement“ und außerordentliche Soziologie-Professorin an der Fordham Universität. Sie hat die zahlreichen Tricks genau beschrieben, die das Establishment der Demokratischen Partei benutzte, um Sanders die Nominierung zu verwehren.
Diese Vorgehensweisen beinhalteten die Ernennung von 718 Superdelegierten – demokratischen Senatoren, Gouverneuren und Kongressmitgliedern, Partei-Offiziellen, Dutzenden registrierter Lobbyisten oder „Schatten-Lobbyisten“ und reichen Spendern aus Konzernen. Mehr als 400 von ihnen hatten Clinton eine Zusage gegeben, bevor Sanders seine Kampagne ankündigte.
Außerdem untersagte die Partei bei vielen Vorwahlen denen, die als unabhängige Wähler registriert waren, die Teilnahme an der Wahl, obwohl die Vorwahlen ja aus Steuergeldern finanziert werden. Sie organisierte den Stimmenraub bei Vorwahlen wie der in Nevada. Und sie begrenzte die Anzahl der Debatten, um Sanders die Darlegung seines Anliegens zu verwehren. Brazile gab die CNN-Debatten-Fragen im Voraus an das Clinton-Wahlkampfteam weiter.
„Ein Drittel der Wähler unter dreißig – Sanders' Kernwählerschaft – waren in keiner politischen Partei registriert“, schreibt Gautney in einem Guardian-Artikel. Und als sie in den Wahllokalen ankamen, wurden sie weggeschickt. In der New Yorker Vorwahl, merkt sie an, „wurde drei bis vier Millionen Wählern, die sich noch nicht auf eine Partei festgelegt hatten, das Wahlrecht entzogen. Dies geschah aufgrund eines Statuts, das die Festlegung auf eine Parteipräferenz 25 Tage vor der allgemeinen Wahl fordert.“
Die Demokratische Partei in New York fordert für die anstehende Vorwahl, dass unabhängige Wähler sich 11 Monate vor dem Ereignis als Demokraten registrieren lassen, eine Bedingung, die die progressive Kandidatur Cynthia Nixons als Gouverneurin lahmlegen wird. Sanders, der sich den Forderungen der Partei-Elite beugt, hat es abgelehnt, Nixons Bewerbung gegen Gouverneur Andrew Cuomo zu unterstützen.
Gautney spricht von einem kaputten System, aber es funktioniert genauso, wie es konzipiert wurde. Seit den Präsidentschaftswahlen haben die Partei-Eliten die Mechanismen und Ausschluss-Regeln verfeinert und reinigen die Partei von progressiven Mitgliedern. So stellen sie sicher, dass ein rebellischer Kandidat wie Sanders niemals die Chance auf eine Kandidatur haben wird.
Zweifellos denkt Sanders, er könne diese Hindernisse überwinden, indem er der Parteispitze Gehorsam erweist. Das ist eine katastrophale Fehleinschätzung.
In einem Staat nach dem anderen – Gautney beschreibt dies detailliert – wurde Sanders systematisch beraubt. Er und jeder andere Rebell darf 2020 die gleiche Behandlung erwarten. Ja, die Partei hat eine dreigeteilte Reform-Kommission, die Unity Reform Commission, aus Vertretern des Clinton- und des Sanders-Wahlkampfteams gegründet, um die Regeln zu überprüfen.
Aber die Reform-Kommission ist nur Kosmetik. Sie kann keine Änderungen der DNC-Regeln veranlassen, nur Empfehlungen aussprechen, die vom Komitee für Regeln und Statuten und den Mitgliedern des DNC genehmigt werden müssen.
Das Komitee für Regeln und Statuten sowie das DNC quellen vor Lobbyisten, Beratern, Establishment- und Clinton-Getreuen und Menschen wie Brazile über, die die Wahl gegen Sanders manipulierte. Sie behalten die Kontrolle über jede Veränderung der Regeln. Die Öffentlichkeit hat kein Mitspracherecht. Es gibt nicht einen Sanders-Anhänger im Komitee.
Die abschließenden Empfehlungen, die von der Kommission eingereicht wurden, erwähnten mit keinem Wort die Hauptquelle der Korruption, in deren Griff sich die Demokratische Partei befindet: das Geld der Konzerne und Milliardäre. Ebenso unerwähnt blieb eine Reform der Kampagnenfinanzierung. Jeder Versuch einer Reform ist sinnlos, so lange die Konzerne und Milliardäre nicht aufhören, die Partei zu finanzieren.
Schimäre der Konzerne
Die Demokratische Partei ist weder demokratisch noch im eigentlichen Sinne eine politische Partei. Sie ist eine Schimäre der Konzerne. Die Basis kann bestenfalls vorgenehmigte Kandidaten wählen und in der Choreographie des Parteitags als Statist mitspielen. Die Wähler haben keinerlei Einfluss auf die Parteipolitik.
„Ich werde nie vergessen, wie ich die Auszählung der Vorwahl-Stimmen für Michigan erlebte, einen der Schlüsselstaaten, die die Wahl 2016 entschieden“, schrieb Gautney im Guardian. „Die Anzahl der Sanders verpflichteten Delegierten – welche die Anzahl der Stimmen aus der demokratischen Basis widerspiegelte – übertraf diejenigen Clintons um vier. Aber nachdem die Superdelegierten ihre Stimmen abgegeben hatten, wurden 76 Stimmen für Clinton und 67 für Sanders registriert.“
„In Indiana gewann Sanders die Wahl mit 44 zu 39 Stimmen, aber nachdem die Superdelegierten am Zuge gewesen waren, wurden Clinton 46 Delegierte zugestanden gegenüber 44 für Sanders“, schrieb sie. „In New Hampshire, wo Sanders die Wahl mit erstaunlich deutlichem Abstand gewann – 60 zu 38 Prozent – und einen Allzeit-Rekord hinsichtlich der Anzahl an Wählerstimmen aufstellte, konnte man auf dem Bildschirm lesen: ‚16 Sanders, 16 Clinton‘.“
Sanders, der sich selbst als unabhängig bezeichnet, stimmt wie ein Demokrat ab. Die Demokratische Partei bestimmt, wofür Sanders sich im Senat einsetzt.
Der New Yorker Senator Chuck Schumer, der von der Wallstreet kommende Kampagnenspenden an demokratische Kandidaten überwacht, bot Sanders an, ihn zum Leiter des Budget-Komitees des Senats zu machen, wenn er als Senator von Vermont Clinton und die kriegstreiberischen, konzerngesteuerten, neoliberalen demokratischen Kandidaten für das Repräsentantenhaus und den Senat unterstützen würde.
Sanders, der seinen letzten Stolz hinunterschluckte, ist nun ein treuer Partei-Apparatschik und verspielt so sein eigenes Vermächtnis und seine Integrität. Routinemäßig ruft er dazu auf, Gelder für von der Partei ausgewählte Kandidaten aufzubringen, zu denen auch Katie McGinty in Pennsylvania, Maggie Hassan in New Hampshire, Ted Strickland in Ohio und Catherine Cortez Masto in Nevada gehören, die alle 2016 demokratische Senatskandidaten waren. Pauschal unterstützte Sanders jeden Demokraten, der bei der Wahl 2017 kandidierte, auch die schlimmsten konzerntreuen Demokraten.
Ein treuer Demokrat
Aus der Sanders-Kampagne waren ungefähr 6 Millionen Dollar übrig geblieben, die genutzt wurden, um im August 2016 eine Organisation mit dem Namen „Our Revolution“ zu gründen. Die Organisation wurde vorgeblich aufgebaut, um progressive Kandidaten zu finanzieren und zu unterstützen.
Sie wurde schnell von Weaver übernommen, der sicherstellte, dass sie nicht als Political Action Committee (PAC) registriert wurde - diese Art von Vereinigung darf Gelder direkt in den Wahlkampf investieren. Sie wurde stattdessen als gemeinnützige Organisation des Typs 501 (c) (4) aufgebaut – eine Vereinigung, der es verboten ist, direkten Kontakt zu Kandidaten zu haben und den Kandidaten auf direktem Wege Spenden zukommen zu lassen. Der 501 (c) (4)-Status erlaubte die Annahme und Verschleierung von Spendengeldern reicher Spender wie Tom Steyer.
Sanders' Entscheidung, unauffällig Zuwendungen von den milliardenschweren Oligarchen zu erbitten, die die Hillary Clinton-Kampagne finanzierten und die Demokratische Partei kontrollieren, bedeutet einen Verrat am Kernversprechen seiner Kampagne. Und selbst als er schon diesen Mechanismus erschaffen hatte, der es ihm erlaubte, Geld von reichen Spendern anzunehmen, schrieb er weiterhin unter jede seiner E-Mails den Satz „Bezahlt von Bernie Sanders, nicht von den Milliardären“.
Acht der 13 Mitarbeiter bei „Our Revolution“ schieden unter Protest aus. Zur Organisation ist nun doch noch ein PAC hinzugekommen.
Indessen hat das DNC-Komitee für Regeln und Statuten eine Regel empfohlen, nach der jeder Kandidat, der an einer Vorwahl teilnimmt, beweisen muss, dass er oder sie ein ‚treuer‘ Demokrat ist. Das DNC wird diese Regeländerung im August prüfen. Dieser absichtlich vage gehaltene Loyalitätstest gibt dem DNC die Macht, Kandidaten auszuschließen und zu verhindern, dass ihr Name auf dem Stimmzettel erscheint. Wenn die Parteielite sich bedroht fühlt, kann sie jede Kandidatur, auch die von Sanders, auslöschen, ehe sie überhaupt begonnen hat.
(Nicht) gegen das System
Die Elite der Demokratischen Partei würde in einem offenen Prozess und ohne die Unterstützung der Konzerne nicht an der Macht sein. Sie ist ein Produkt des konzerngesteuerten Staates. Sie ist nicht im Begriff, Reformen zuzulassen, die ihren eigenen Sturz bedeuten würden.
Ja, die Taktik der Wahlmanipulation und die Untertänigkeit gegenüber den Konzernen wird Donald Trump vielleicht eine zweite Amtszeit und den Wahlerfolg ihm treu ergebener Außenseiter vom extremen Rand des politischen Spektrums sicherstellen. Aber die demokratischen Eliten würden das Staatsschiff eher sinken lassen, als ihre Erste-Klasse-Kabinen aufzugeben.
Die Demokratische Partei hat genauso viel Schuld am Erfolg Donald Trumps wie die Republikaner. Sie ist ein vollwertiger Partner bei der Fortsetzung unseres Systems legalisierter Bestechung, das einhergeht mit der Deindustrialisierung des Landes, mit Austeritätsprogrammen, sozialer Ungleichheit, Masseneinkerkerungen und dem Angriff auf grundlegende Bürgerrechte.
Sie dereguliert die Wall Street. Sie unterstützt endlose und sinnlose Kriege, die das Staatsbudget schrumpfen lassen. Wir müssen unabhängige politische Bewegungen organisieren und unsere eigenen Parteien gründen, um die demokratischen und republikanischen Eliten beiseite zu fegen, oder wir werden die Mitschuld tragen an der Zementierung einer Konzerntyrannei. Sanders wird uns nicht helfen. Das hat er klargestellt. Wir müssen es ohne ihn schaffen.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Et Tu, Bernie“. Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.