Die Magie des Lebens

Gibt es eine Formel für Glück?

Was ist Glück und wie entsteht es? Mit dieser grundlegenden Frage beschäftigt sich die Menschheit seit Urzeiten. Doch das Ergebnis, das die Wissenschaft uns bietet, ist nicht befriedigend. Einige Menschen, die alles haben, sind unglücklich, während andere, die vom Schicksal erschüttert wurden, wahres Glück empfinden. Wie kann das sein? Nach unserem derzeit gelebten Konzept von Glück müsste doch derjenige, der nach den Maßstäben der Gesellschaft erfolgreich ist, auch dauerhaft und rundum glücklich sein. Warum ist das nicht so? Schließlich tun wir doch alles dafür, in eine erfolgreiche Position mit materiellem Reichtum zu gelangen.

Weil das wahre Glück ein anderes ist und sich nicht so einfach offenbart. Weil wir eine falsche Vorstellung von Glück leben, eine, welche ausschließlich dem Konzept des Materialismus dient. Ein Glück, das uns unfrei macht, ein Glück, für das wir uns versklaven, Verpflichtungen eingehen, die kein übergeordnetes Ziel, sondern nur finanziellen Ertrag kennen. Doch die gute Nachricht dabei ist:

Wahrhaftiges, ehrliches, sinnstiftendes Glück kennt weder arm noch reich. So ein Glück ist ein Zustand, den wir aus unserer inneren Einstellung dem Leben gegenüber jederzeit abrufen können, wenn wir unser Verständnis vom Leben grundsätzlich neu ausrichten und einen spirituellen Mechanismus entdecken, der uns dabei hilft.

Ein solcher Mechanismus ist zum Beispiel die Rückverbindung mit der Natur. Die Erkenntnis, wie fantastisch unser Leben auf diesem Planeten organisiert ist, die Wiederentdeckung von Achtsamkeit für die kleinen und die großen Wunder des Lebens, die wir in unserem hektischen Alltag nicht mehr sehen. Würden wir jeden Morgen mit einer kleinen positiven Nachricht geweckt werden, die uns genau daran erinnert, wie einzigartig und voller berührender Momente unser Leben ist, unsere Welt wäre schlagartig eine andere.

Wir würden endlich mit offenem Herzen durchs Leben gehen und das wahre Glück in Situationen erkennen, in denen wir es mit unserem heutigen Blick nicht vermuten. So eine Situation erlebte ich Anfang September 2017, es war die Nacht, in der mein Vater starb. Es war eine besonders klare Nacht und für mich der emotionalste Moment in meinem bisherigen Leben. Ich war ruhig und gefasst, weil der Tod sich lange angekündigt hatte. Die Traurigkeit über das, was mir bevorstand, hatte sich in ein Gefühl bedingungsloser Bewunderung dem Leben gegenüber aufgelöst.

In keinem anderen Augenblick habe ich je mehr über das Wunder des Lebens erfahren dürfen als in diesen Stunden.

Ich war erfüllt davon, bei meinem Vater sein zu dürfen, zu sehen, wie sich sein schmerzverzerrter, von schwerer Krankheit geprägter Gesichtsausdruck, in ein friedliches Lächeln verwandelt hatte. In diesem Moment habe ich zum ersten Mal fühlen können, dass mit dem Tod das Leben nicht beendet ist, dass es auf einer anderen lichtvollen Ebene weitergeht, die wir mit unserem begrenzten Verstand niemals werden begreifen können.

Ich habe neben der tiefen Traurigkeit in dieser Septembernacht tatsächlich so etwas wie Glück empfunden, Glück darüber, meinen Vater in eine andere Dimension begleitet haben zu dürfen, Glück darüber, dass mein Vater nicht mehr leiden musste, Glück darüber, dass der Tod mir ein unerwartet anderes Gesicht gezeigt hat, ein gnädiges, ein erlösendes, gar ein befreiendes. Der Tod meines Vaters hat in dieser Nacht mein Herz noch stärker geöffnet für das Wunder des Lebens. Aber was für eine Art von Glück ist das eigentlich, das man selbst in schwersten Momenten empfinden kann?

Wenn man sich ein neues Auto kauft oder eine schöne Reise bucht, dann ist das auch eine Form von Glück, ein kurzes Glück, ein Glück, das schnell verflogen ist.

Wenn man aber bei der Geburt eines Kindes dabei ist oder einen alten Menschen beim Sterben begleitet, dann ist das ein nachhaltiges, ein berührendes Glück, ein Glück, das uns reifen lässt, das uns dem Sinn des Lebens näher bringt. Und genau darum geht es doch, nicht um jeden Preis das kurze, materielle, flüchtige Glück zu suchen, sondern das große wahre Glück, das uns Erkenntnisse über den Sinn des Lebens verschafft. So eine Erkenntnis hatte ich in dieser Nacht:

Nicht vor dem Tod sollten wir uns fürchten, sondern vor dem ungelebten Leben.

Umso erstaunlicher ist es doch, wenn ich jüngste Entwicklungen sehe, die unsere Gesellschaft immer weiter weg von den wirklichen, glücklich machenden Herzensdingen bringt, eine Gesellschaft, die verlernt hat, empathisch den anderen als gleichwertig und nicht als Konkurrenten oder Feind zu betrachten. Eine Gesellschaft, die sich denaturiert, die Dankbarkeit und Demut ausschließlich für esoterische Konzepte hält, eine Gesellschaft die glaubt, Glück könne man kaufen, wenn man nur fleißig und stark genug ist, wenn man nur lange genug mit in diesem wahnsinnigen Hamsterrad läuft.

Ich möchte dafür werben, sich dem Wunder des Lebens wieder zu öffnen. Sich die guten Nachrichten anzuschauen und nicht die schlechten, die uns ängstigen und uns gar in eine Depression führen können.

Neulich hörte ich von einer Schule in den USA – und seien wir mal ganz ehrlich, die erste Assoziation bei den Wörtern Schule und USA ist sofort die eines erneuten Amoklaufs – nein, in diesem Fall hörte ich von einer Grundschule in Baltimore, in der die Schüler zur Strafe nicht mehr nachsitzen, sondern meditieren müssen. Und das Ergebnis: Diese Schüler haben sich komplett gewandelt, sie sind friedlicher, empathischer, glücklicher geworden. Wie geht es Ihnen, wenn Sie eine solche Nachricht lesen?

Oder folgende Nachricht aus dem Buch: „Hilfst du heute mir, helf ich morgen dir“, die mich ebenfalls sehr berührt hat:

Ein Entwicklungshelfer kommt in ein sehr armes Dorf in Afrika und ruft die Kinder zu sich. Er hat einen großen Korb mit frischem Obst und Süßigkeiten dabei und stellt diesen unter einen 100 Meter entfernten Baum am Dorfrand. Er sagt zu den Kindern, dass das Kind den Korb mit den Köstlichkeiten bekommt, welches am schnellsten auf sein Kommando den Baum erreicht. Als er das Startsignal gibt, fassen sich alle Kinder bei den Händen und gehen gemeinsam zu dem Baum. Der Entwicklungshelfer ist sehr erstaunt und fragt, warum die Kinder das gemacht hätten. Sie antworteten, dass sich doch keiner alleine daran erfreuen könnte, wenn alle anderen Kinder leer ausgingen.

Derlei Nachrichten gibt es millionenfach und wir selbst können entscheiden, ob wir sie hören wollen oder nicht. Stell Dir vor, jemand druckt eine Bildzeitung, aber niemand liest sie, genau das ist die Macht, die wir als Konsumenten haben. Erst wenn wir uns ändern, wird sich auch der Rest verändern, auf den Messias, der uns alle glücklich macht und uns den Weg zur Zufriedenheit zeigt, können wir lange warten. Er steckt in jedem von uns.

Denn wahrhaftiges Glück erleben wir nur, wenn wir das Konzept von Mitgefühl, Würde, Gleichmut, Vergebung, Dankbarkeit, Bescheidenheit, Integrität, Gerechtigkeit, Güte und Liebe verstehen und leben.

Alles andere ist kein wahres Glück. Wir erkennen wahres Glück daran, dass es bleibt, dass es uns tief befriedigt, dass es uns dabei begleitet, das zu werden, für das wir auf dieser Erde vorgesehen sind. Materielles Glück dagegen geht schneller, als es gekommen ist, und bringt uns in eine Abhängigkeit, die unsere Lebensenergie für Dinge, die wir eigentlich gar nicht tun wollen, aufsaugt wie ein Schwamm. Die oben genannten 10 Konzept-Punkte aus dem Buch „Der Neurochirurg, der sein Herz vergessen hatte“, sind eine gute Hilfestellung im Alltag, um jeweils zu überprüfen, ob wir auf dem richtigen Weg sind.

Warum aber tun wir uns so schwer damit, uns von unserem materiellen, auf Erfolg getrimmten Verstand zu lösen und die Welt durch die Augen eben dieses Wunders des Lebens zu betrachten? Weil unser Ego sich dann eingestehen müsste, dass das Streben nach Geld niemals der Sinn des Lebens sein kann. Wir müssten uns dann die Frage nach dem eigentlichen Sinn unserer Existenz stellen und erkennen, dass der Kapitalismus uns zu Süchtigen gemacht hat und unsere eigentliche Lebensaufgabe hinter der materiellen Wand jämmerlich verkümmert. Wir müssten uns eingestehen, dass wir einen Großteil unserer bisherigen Lebenszeit für ein System geopfert haben, das sich vom eigentlichen Sinn des Lebens, der Rückverbindung mit der Natur, immer stärker entfernt.

Genau das erträgt unser Verstand aber nicht, weil er sich Fehler nicht eingestehen mag und Niederlagen schon gar nicht. Deswegen bleiben wir lieber dauerhaft unglücklich und ertragen das damit verbundene Leid, statt mutig einen neuen, einen selbstbestimmten, freien, erfüllenden Weg zu gehen. Verrückt oder? Wir wissen das alles, aber wir bleiben Gefangene unserer eigenen Fehler. Sie gemacht zu haben, war ja sogar wichtig, aber aus deren Erkenntnis ziehen wir leider kaum Konsequenzen für die Zukunft.

Wenn ich mit fremden Menschen über solche Themen spreche, und das mache ich nahezu bei jeder sich bietenden Gelegenheit, beim Taxi fahren, im Schwimmbad, im Ferienflieger oder in der Warteschlange der KFZ-Zulassungsstelle, dann erhalte ich für meinen Ansatz, dass in unserem heutigen Verständnis, das Leben zu leben, etwas grundlegend schiefläuft, breite Zustimmung. Die Sehnsucht sich selbst zu entdecken, zu verwirklichen abseits jeglicher gesellschaftlichen Zwänge, ist immens groß, der Mut, dies zu tun, jedoch bei den meisten Menschen nur zaghaft vorhanden.

Dennoch bin ich zutiefst davon überzeugt, dass es nie zu spät ist, damit zu beginnen. Oft höre ich die Frage: „Das klingt ja alles schön und gut, aber ich bin jetzt Mitte 50, soll ich mein Leben noch einmal komplett auf den Kopf stellen?“ Die klare Antwort lautet: "Ja". Wenn wir damit beginnen, die über Jahrzehnte gelebte Verdrängung (das gelebte Muster) aufzulösen und neue Schritte zu wagen, werden wir vom Leben belohnt.

Der Erfolg eines Menschen hängt nicht von seiner Intelligenz ab, sondern von seiner Fähigkeit mit Niederlagen umzugehen.

Wer mit Niederlagen umgehen kann, wer sie nicht als Bedrohung, sondern sogar als Bereicherung empfindet, wer erkannt hat, dass man nur aus Fehlern wirklich klug wird, dem wird das Leben Glück bescheren, denn den Mutigen und authentisch lebenden Menschen gehört auch zukünftig die Welt.

Und gibt es eine Glücksformel?

Die Erkenntnis, dass wir für Glück nichts Materielles benötigen, dass auch der Schmerz zum Glück dazugehört, dass wir auch in den schwersten Momenten Glück empfinden können, wenn wir im universellen Vertrauen bleiben, dass das Geschehene einen größeren Plan hat, dann kommen wir dem wahren Glück sehr nahe. Darin liegt für mich die Magie des Lebens, die jedem von uns offensteht.


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