Die Herrschaft der Minderheit
Heutige Demokratien erfüllen die Prinzipien nicht, für die sie angeblich stehen, und erwecken nur den Anschein einer Möglichkeit zur Mitbestimmung.
In unserer heutigen Gesellschaft ist Kritik nur erlaubt, wenn sie nicht an den Grundfesten des Systems rüttelt. Jede tiefergehende Kritik wird als „antidemokratisch“ oder „staatsfeindlich“ bezeichnet, und man versucht sie abzuwerten. Dabei ist die Demokratie nur eine von vielen Formen, Gesellschaft zu gestalten, und nicht einmal die beste. Tatsächlich macht ihre derzeitige Ausprägung in Deutschland nur den falschen Eindruck, die Bevölkerung könne mitbestimmen, während im Hintergrund Eigentums- und Machtverhältnisse den politischen Alltag prägen. Grundlage dieser angemaßten Macht ist ein Staatswesen, das ein Konstrukt zur Unterdrückung der Bevölkerung darstellt und der Bereicherung weniger dient.
Protestierende und Andersdenkende als Demokratiefeinde zu bezeichnen, hat in diesem Land schon fast Tradition. Wann immer sich eine echte oder nur gefühlte Minderheit gegen herrschende Zustände ausspricht, wird sie früher oder später mit dem Label der „Demokratieverächter“ oder „Demokratiefeinde“ versehen. Man erklärt sie damit zu Feinden der Gesellschaft, des Staates und gleichermaßen aller Werte und Normen dieser Gesellschaft.
Es dauert nicht lange, bis obendrein die Bezeichnungen „rechts“, „Nazi“, „Antisemit“ hinzukommen, selbst wenn kein Zusammenhang besteht. Wahllos werden solcherlei abwertende Begriffe zusammengemischt – es entsteht eine braune Suppe der Denunziation. Der Zweck ist ganz klar: jede Kritik an Staat und Regierung, so legitim sie auch ist, zu denunzieren. Die Machthaber sichern sich auf diese Weise ihre Stellung und bekämpfen jeden, der ihr Herrschaftsprogramm gefährdet.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, in diesen Chor einstimmt und diejenigen Menschen, die gegen die Coronamaßnahmen protestieren, pauschal als Feinde des demokratischen Staates bezeichnet. Das Problem ist gar nicht einmal, dass er damit versucht, die Proteste weiter zu delegitimieren. Das ist ein alter Hut, der schon ganz abstoßend riecht und abgenutzt aussieht, weil ihn sich in den letzten zwei Jahren schon so viele verschiedene Funktionäre aufgesetzt haben.
Was jedoch immer mitschwingt, wenn Menschen als „Antidemokraten“ bezeichnet werden, ist, dass es sich bei ihren Positionen per se nicht um legitime Positionen handeln könne. Wer „Antidemokrat“ ist, der muss irgendwie ein Unmensch sein, ein Feind der Gesellschaft, irgendwie Nazi also. Im Umkehrschluss soll das bedeuten, dass es sich bei der Demokratie um die beste aller Gesellschaftsformen handelt, die Endstufe menschlicher Entwicklung, die jedem Menschen ein freies, selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Das ist jedoch ein Trugschluss.
Herrschaft der Minderheit
Denn betrachten wir mal die Entwicklung der Demokratie, so stellen wir fest, dass es sich dabei stets um die Herrschaft einer Minderheit über die Mehrheit handelte. Die Demokratie als, wörtlich übersetzt, „Herrschaft des Volkes“ verwirklichten die alten Griechen ansatzweise in einigen der damaligen Stadtstaaten.
Das Volk, von dem hier die Herrschaft ausging, beschränkte sich jedoch auf die wenigen Reichen, welche die Zeit und auch die finanziellen Mittel hatten, im Rat über die Belange der Polis zu diskutieren. Ihre Macht stützte sich auf Sklaven, die für sie im Haushalt und auf den Feldern arbeiteten. Diese waren natürlich kein Teil des Volkes und durften somit auch keine Entscheidungen treffen. Ausgeschlossen waren ebenfalls Frauen, Kinder sowie Handwerker und Bauern. Wer Bürger war, aber die Reise zu den Versammlungsorten nicht auf sich nehmen konnte, gab letztlich auch keine Stimme ab.
Übrig blieb also eine kleine Elite, die über alle Angelegenheiten der Polis entschied. Dabei ging es nicht selten um die Frage, ob ein Krieg begonnen werden sollte oder nicht. In diesen Krieg zogen die Entscheider dann natürlich auch nicht selbst, sondern sie schickten Soldaten, Handwerker und Bauern – also eben jene, die über den Krieg gar nicht mitentscheiden durften.
Wie der Blick zurück in die Geschichte deutlich macht, hat sich seit der damaligen Zeit an dem Prinzip der Demokratie im Großen und Ganzen nicht viel geändert. Auch heute noch entscheidet eine kleine Minderheit über das gesamte Land, beschließt Kriege, Steuern, Regeln und Vorschriften, denen alle anderen unterworfen sind. An diesen Entscheidungen darf das Volk in keiner Weise mitwirken. Anregungen für neue Gesetze oder deren Änderung kann eine Partei ins Parlament einbringen, die dann jedoch keinerlei Kontrolle mehr über den Erfolg oder Misserfolg hat. Im Parlament kann jede Partei nach eigenem Gutdünken entscheiden, ohne dass das Volk sie kurzfristig abwählen könnte.
In Deutschland gibt es zudem noch den Fraktionszwang. Das heißt, obwohl in Artikel 38 des Grundgesetzes ausdrücklich steht, dass jeder Abgeordnete nur seinem Gewissen unterworfen ist, besteht in der Regel der Zwang, so abzustimmen, wie der Fraktionsvorsitz es vorgibt.
Der einzige Unterschied zur griechischen Demokratie ist in der heutigen Zeit, dass das Volk Abgeordnete als seine „Vertreter“ wählen darf. Diese Vertreter müssen jedoch mit ihren Wählern keine Rücksprache halten, sondern lediglich innerhalb ihrer Partei. Das Volk hat somit keinerlei Kontrolle über die von ihm gewählten „Vertreter“.
Die Parteien bestimmt voll und ganz das politische Geschehen und nehmen damit eine Bedeutung ein, die ihnen dem Grundgesetz nach gar nicht zukommt. Denn hier heißt es in Artikel 21, dass Parteien an der politischen Willensbildung mitwirken. Demnach sollen Parteien nicht das einzige Mittel der Willensbildung sein. Das ist aber faktisch heute der Fall. Berücksichtigt man dann noch den Lobbyismus, die Parteienfinanzierung durch Konzerne, die Abhängigkeiten von der Wirtschafts- und Finanzindustrie sowie bezahlte Berichterstattung, kann man nur konstatieren: Auch heute ist die Demokratie lediglich die Herrschaft einer kleinen Elite über die Mehrheit des Volkes.
Illusion der Mitbestimmung
Das ist kein Zufall oder nur eine unglückliche Entwicklung. Rainer Mausfeld erklärt in seinem Buch „Warum Schweigen die Lämmer?“ sowie diversen auf YouTube einsehbaren Interviews, dass genau diese Situation von Anfang an intendiert war. Denn nachdem die Demokratie nach dem Untergang der griechischen Blütezeit für Jahrhunderte vergessen wurde, erlebte sie erst in der Neuzeit eine Renaissance. Nach dem erfolgreichen Kampf der damaligen britischen Kolonien in Amerika um ihre Unabhängigkeit suchten sie nach einer gemeinsamen Verwaltungsform. Erklärtes Ziel war es dabei, dass durch die Neuordnung der Gesellschaft die Eigentums- und Machtverhältnisse nicht angetastet wurden.
Jene, die in dieser Zeit bereits zu wohlhabenden Großgrundbesitzern geworden waren, wollten diesen Umstand gerne beibehalten. Man bediente sich dabei der Ideen der französischen Revolution. Auch in Frankreich hatte eine Minderheit von einflussreichen, reichen Kaufleuten, Bankiers und anderen Kapitalisten für die Absetzung der Aristokratie gesorgt, mittels einer angeblich aus „dem Volk“ entsprungenen Revolution. Ziel war es, die eigene Vormachtstellung gegenüber dem Adel zu behaupten, auszubauen und für die Zukunft abzusichern. Und so erfand man eine parlamentarische Demokratie, in der die „demokratische“ Beteiligung des Volkes einzig auf die Wahl reduziert ist.
Diese, so Mausfeld, ist in der Demokratie eigentlich ein unbedeutender Akt. Es handelt sich dabei lediglich um die Ultima Ratio der Entscheidungsfindung, also das letztmögliche Mittel. Diese Wahl wird in den heutigen Demokratien jedoch mit einer religiösen Demut zelebriert und mit einer Bedeutung aufgeladen, die ihr nicht zukommt. Sie wird zum Inbegriff – und zum einzigen Akt – der Demokratie und somit zur Verpflichtung jedes verantwortungsbewussten Staatsbürgers verklärt, obwohl sie letztendlich vollkommen bedeutungslos ist. So ist nach der Wahl auch keinerlei Mitbestimmung der Bürger in gesellschaftlichen Belangen möglich, große, umwälzende Änderungen wurden durch eine Wahl noch nie herbeigeführt, denn keine Wahl hat jemals irgendetwas an den Eigentums- und Machtverhältnissen geändert.
Machtsicherung
Das hat den einfachen Grund, dass schon vor der Abstimmung, also vor der Wahl, eine Selektion stattfindet. Denn zur Wahl stehen nur solche Parteien, die das System toleriert, die also die herrschenden Verhältnisse von Oben und Unten, Reichtum und Macht stabilisieren. Innerhalb dieser Parteien werden nur jene in die Wahlliste der Kandidaten aufgenommen, die eben diese Konformität am besten verkörpern und sich dem herrschenden Kapital als am dienstbarsten erweisen. Grundlegende Änderungen an den Macht- und Eigentumsverhältnissen sind deswegen nicht möglich, weil das System sich selbst stabilisiert, indem die Strukturen die Grenzen der möglichen Änderungen selbst festschreiben.
Denn die vordringlichste Aufgabe eines Staates ist der Schutz von Eigentum, Macht und Hierarchie. Alle anderen Funktionen, die er noch ausübt, sind diesen Zielen untergeordnet.
So übernimmt der Staat den Bau von Straßen, um die für den kapitalistischen Warentransport nötige Logistik zu ermöglichen, von welcher Konzerne profitieren, ohne aber selbst für Bau und Instandhaltung zahlen zu müssen. Der Staat richtet Schulen ein, um die Wirtschaft mit willigen Arbeitssklaven und Konsumenten zu versorgen. Auch die Sozialversicherungen wurden von Bismarck nur eingeführt, um eine Revolution gegen die herrschenden Zustände zu verhindern.
In Demokratien besteht daher, wie in jeder anderen Staatsform auch, eine ganz klare Hierarchie. Oben steht das Kapital, unten „das Volk“. Dazwischen stehen Parlament und Regierung, nicht etwa um zwischen beiden zu vermitteln, sondern in der Regel um den Entscheidungen und Zwangsmaßnahmen, die von oben verordnet werden, einen legitimen Anstrich zu verleihen, indem sie in Gesetze und Verordnungen gegossen werden. Gleichzeitig dienen sie als Blitzableiter für den unter Umständen sich erhebenden Volkszorn. Dieser trifft dann nur die Figuren in vorderster „Front“, zielt aber nicht auf Veränderung der tatsächlichen Machtverhältnisse.
Gerade in der heutigen Zeit werden diese Verhältnisse immer deutlicher. Weil das globale Wirtschaftssystem kollabiert, werden mit aller Macht neue Märkte erschlossen. Konzerne wollen sich den Zugriff auf den menschlichen Körper als nächsten großen Absatzmarkt sichern. Ein Beispiel dafür sind die Geninjektionen. Diese sollen unbedingt an den Mann und die Frau, sogar das Kind gebracht werden. Die Staaten setzen dies mit aller Macht, bis hin zum Zwang, durch. Der Mensch wird also zum Konsum der Produkte gezwungen, die mancher vehement ablehnt. Gleichzeitig werfen die Staaten den Konzernen Milliarden in den Rachen, um überhaupt erst die Entwicklung der Produkte zu ermöglichen, und kaufen dasselbe Produkt dann für weitere Milliarden bei diesen Konzernen auf, weit über jeden realistischen Bedarf hinaus.
So hat Deutschland bereits jetzt 8 Dosen Geninjektion pro Bundesbürger eingekauft, trotz fehlender Wirkung, gravierender Gesundheitsschäden und nicht abzusehender Langzeitfolgen. Zudem spricht der Staat die Konzerne von jeglicher Haftung frei, erteilt ihnen somit einen absoluten Freifahrtschein.
Der Gewinn durch den Zwangskonsum steht an erster Stelle, sogar um den Preis der Gesundheit und des Todes großer Teile der Menschheit. Das Gleiche gilt für alle anderen Maßnahmen, seien es die nutzlosen Masken oder Lockdowns, die Millionen von Existenzen zugunsten der großen Konzerne vernichten. Das Kapital strebt nach der absoluten Macht und der totalen Marktbeherrschung, und die Regierungen der Länder unterstützen es dabei. Das Volk spielt dabei keine Rolle. Selbstbestimmung des Volkes und Selbstlegitimation in Demokratien sind damit lediglich eine Illusion.
Systemische Diskriminierung
Der Demokratie ist eine Diskriminierung zudem schon systemisch inhärent. Denn wenn auf einem Staatsgebiet eine einheitliche Politik durchgesetzt werden muss, dann ist es notwendig, eine einzige Meinung umzusetzen. Das führt jedoch immer zu einer Diskriminierung anderer Meinungen. Minderheitendiskriminierung ist damit eines der wesentlichen Merkmale der Demokratie. Diese Minderheiten werden dann der Mehrheit unterworfen, und das, wenn nötig, mit aller Gewalt. Auch das kann derzeit wieder gut beobachtet werden.
Die Verantwortlichen in der Politik treffen Entscheidungen für alle Menschen, egal, ob diese das wollen oder nicht, denn sie werden gar nicht erst gefragt. Das ist totalitär. Dieser totalitäre Aspekt ist jeder Demokratie zu eigen, insbesondere dann, wenn sie kapitalistisch gesteuert ist.
Welche Meinung sich als herrschende herausbildet, ist zudem ebenfalls eine Frage wirtschaftlicher Macht. Denn diejenige Meinung, die große Medienkanäle verbreiten und die Lobbyisten direkt den Abgeordneten oder Ministern vermitteln, wird letztlich eher zur herrschenden als diejenige, die vielleicht die Mehrheit vertritt, die sich aber nicht so machtvoll Gehör verschaffen kann. Über Macht verfügt in einer Demokratie damit letztlich derjenige, der die Diskurshoheit hat. Diese wird zudem errungen mit Mitteln der Propaganda, die seit über einem Jahrhundert entwickelt und angewendet werden. Die herrschende Meinung ist damit in der Regel die Meinung einer Minderheit.
Die Macht in Demokratien liegt damit letztlich bei den Konzernen und Finanzinstitutionen. Diese wiederum sind nicht demokratisch organisiert, sondern streng autoritär, ja geradezu diktatorisch. Eine Gesellschaft, in denen diktatorische Zellen die Machtzentren darstellen, kann nie demokratisch im eigentlichen Sinne sein. Sie ist stets eine autoritäre Oligarchie oder Kleptokratie.
Fehlerhaftes Fundament
Doch schon die grundlegende Idee, ein größeres Land mitsamt seiner Bevölkerung unter ein einheitliches System zu zwingen, jene Grundidee also, die das Fundament der Staatsidee darstellt, ist eine Illusion. Denn Bedürfnisse und Wünsche können nie so homogen sein, dass ein einheitliches Staatsgefüge sie ausreichend erfüllen könnte. Auch kulturelle oder sprachliche Unterschiede innerhalb eines Staates bringen unterschiedliche Erfordernisse mit sich. Der Staat ist von vornherein der falsche Denkansatz, um Gesellschaft zu organisieren. Denn Staat an sich ist lediglich ein Mittel zur Unterdrückung der Menschen und Durchsetzung der Interessen weniger.
Wir sind daran gewohnt, den Staat mit Ordnung gleichzusetzen. Wo kein Staat sei, da herrsche Chaos. Der Mensch müsse in gewisser Weise unterdrückt werden, damit ein Zusammenleben möglich sei. Wohin man auf dieser Welt jedoch blickt, sieht man Chaos. Obwohl genug Lebensmittel produziert werden, um alle Menschen dieser Welt zu ernähren, müssen immer noch 11 Prozent der Menschen Hunger leiden.
An vielen Orten der Welt, sei es Syrien, die Ukraine, Irak, zahlreiche Länder Afrikas, finden Krieg und Gewalt statt. Staaten rüsten in einem irrsinnigen Wettlauf gegeneinander auf, provozieren Kriege und riskieren die nukleare Vernichtung. Der Planet, auf dem wir leben, wird immer weiter ausgeplündert und zugemüllt, was das gesamte Leben zunehmend erschwert. Immer weniger Menschen konzentrieren immer mehr Reichtum in ihren Händen, wobei der Rest der Menschheit in Armut und Abhängigkeit versinkt. All dies und noch viel mehr geschieht in und durch Staaten. Doch trotz dieser offensichtlichen „Mängel“ unterwerfen sich alle Menschen mehr oder weniger freiwillig einem solchen System.
Ein Grund für diese Bereitwilligkeit ist, dass uns dieses System täglich als normal verkauft wird. Die Propagandamaschinerie legitimiert das staatliche System einerseits und diffamiert seine Kritiker andererseits.
Sie bietet zudem gute Kanäle, um den ganz normalen Zorn abzuleiten, der bei den durch den Staat unterdrückten Menschen naturgemäß aufkommt. So werden Sündenböcke präsentiert, auf die sich dieser Zorn richten kann. Momentan sind dies die Ungeimpften.
Zum anderen versprechen sich viele vom Staat auch Sicherheit. Denn wer, wenn nicht der Staat, bietet eine Sozialversicherung? Wer sorgt für mich, falls ich mal arbeitslos werde? Wer bezahlt die Rente? Das Problem dabei ist, dass der Staat diese Funktionen nicht freiwillig erfüllt. Denn all diese Ideen und Sicherungssysteme sind in der Bevölkerung entstanden. Sozialversicherung, Rente und viele andere Aspekte, die das menschliche Leben ein Stück weit sicherer und angenehmer machen, sind aus zahlreichen Kämpfen der Gesellschaft mit Staat und Kapital hervorgegangen. Der Staat hat sie dann in Herrschaftsinstrumente umgemünzt, indem er Abhängigkeiten von ihm und seinen Leistungen geschaffen hat. In dem Maße, wie die Herrschaftsgewalt zunehmend auf das Finanzkapital übergeht, werden auch diese Instrumente nach und nach auf dieses verlagert.
Rente wird abgebaut und privatisiert, Versicherungskonzerne sind wirtschaftende Unternehmen, das System, das Arbeitslose unterstützen sollte, ist zu einem Zwangssystem geworden, um sie in die Maschinerie des Kapitalismus zu pressen. Im Gegenzug zu seinen angemaßten Leistungen plündert der Staat den Großteil der Bevölkerung aus. Er erhebt Steuern und Abgaben, verlangt für jede seiner Dienstleistungen extra Gebühren. Das meiste davon betrifft aber nicht Konzerne oder Großverdiener. Diese kennen Mittel und Wege, all das zu umgehen. Gleichzeitig lassen sie sich noch üppige Subventionen bezahlen, profitieren von staatlich finanzierter Forschung und Infrastruktur.
Staat ist somit ein Unterdrückungsinstrument der Bevölkerung. Er erfüllt diese Funktion einerseits mittels Abhängigkeiten, andererseits durch puren Zwang. So bedroht er jeden, der ihn allzu sehr infrage stellt, mit Strafe, verfolgt Menschen mit Waffengewalt.
Das alles dient der Aufrechterhaltung der Eigentums- und damit der Machtverhältnisse. Schon im 19. Jahrhundert schrieb Pierre Joseph Proudhon geradezu prophetisch:
„Regiert sein, das heißt unter polizeilicher Überwachung stehen, inspiziert, spioniert, dirigiert, mit Gesetzen überschüttet, reglementiert, eingepfercht, belehrt, bepredigt, kontrolliert, eingeschätzt, abgeschätzt, zensiert, kommandiert zu werden durch Leute, die weder das Recht noch das Wissen noch die Kraft dazu haben. (…)
Regiert sein heißt, bei jeder Handlung, bei jedem Geschäft, bei jeder Bewegung notiert, registriert, erfasst, taxiert, gestempelt, vermessen, bewertet, versteuert, patentiert, lizensiert, autorisiert, befürwortet, ermahnt, behindert, reformiert, ausgerichtet, bestraft zu werden. Das heißt, unter dem Vorwand der öffentlichen Nützlichkeit und im Namen des Allgemeininteresses ausgenutzt, verwaltet, geprellt, ausgebeutet, monopolisiert, hintergangen, ausgepresst, getäuscht, bestohlen zu werden; schließlich, bei dem geringsten Widerstand, beim ersten Wort der Klage unterdrückt, bestraft, heruntergemacht, beleidigt, verfolgt, misshandelt, zu Boden geschlagen, entwaffnet, geknebelt, eingesperrt, füsiliert, beschossen, verurteilt, verdammt, deponiert, geopfert, verkauft, verraten und obendrein verhöhnt, gehänselt, beschimpft und entehrt zu werden. Das ist die Regierung, das ist ihre Gerechtigkeit, das ist ihre Moral.“
Keine Legitimation
Bei allen Verteidigern des Staatswesens herrscht der Irrglaube, die Vertretung des in ihm vereinten Volkes legitimiere all dieses Vorgehen. Gerade in Demokratien wird von einer Selbstlegitimation des Volkes durch Parlament und Regierung ausgegangen. Dabei soll, weil die Mehrheit ja zugestimmt habe, jedes staatliche Handeln gerechtfertigt sein. Diese sogenannte „Vertretung“ ist jedoch eine angemaßte. Eine echte Wahl, ob sich das Volk überhaupt vertreten lassen will, hat es nicht. Es kann sich höchstens noch mit der Frage auseinandersetzen, wen es gerne als Vertreter hätte, und selbst hier ist eine echte Wahl aufgrund der vom System selbst gesteckten, engen Grenzen nicht gegeben. Doch die Idee, durch Übertragung der Rechte Einzelner auf staatliche Institutionen fände eine Legitimation statt, ist von vornherein falsch.
Man stelle sich Folgendes vor: Ein einzelner Mensch geht in einem Dorf umher und verlangt in regelmäßigen Abständen Geld von seinen Nachbarn und stellt nach seinem eigenen Interesse Regeln auf. Er droht, wenn sie nicht zahlen, mit Gewalt oder sperrt sie in kleine Käfige. Er schlägt andere Menschen nieder oder erschießt sie, weil sie sich nicht an seine aufgestellten Regeln halten und sich seiner Anmaßung erwehren, oder heuert ein paar Menschen an, stattet sie mit Uniformen und Waffen aus und lässt sie dies tun. Absurd? Absurd!
Kein einzelner Mensch hat von sich aus das Recht, andere Menschen zu unterdrücken, Gewalt gegen sie anzuwenden oder sie zu bestehlen. Man würde diese Menschen Diebe nennen, Räuber, Wegelagerer, Mörder, Mafiosi. Da aber kein Mensch dieses Recht hat, kann auch eine Vielzahl von Menschen dieses Recht nicht haben. Folglich kann dieses Recht auch nicht auf eine staatliche Instanz mittels Wahl, oder in welcher Form auch immer, übertragen werden. Denn dieses Recht bestand ja von Anfang an nicht. Woher nimmt also der Staat plötzlich dieses Recht, das er noch dazu Gewaltmonopol getauft hat?
Im Laufe der Zeit haben viele Philosophen dieses Recht in irgendeiner Form konstruiert, sei es durch den Leviathan oder einen Gesellschaftsvertrag. Doch auch all diese Philosophen lebten nicht im luftleeren Raum, sondern in ebensolchen Staaten, und ihre Schriften sind damit wohl eher als Dienst an der herrschenden Macht anzusehen, denn als echte Rechtfertigung.
Wer also Staat und Demokratie ablehnend gegenübersteht, der ist ganz sicher kein Unmensch, kein an Diktatur und Unterdrückung interessierter Nazi, sondern er tut dies womöglich, weil er sich bessere Arten vorstellen kann, Gesellschaften zu gestalten.
Möglicherweise ist er an einer Gesellschaft interessiert, die mehr Gerechtigkeit bietet, mehr Entfaltungsmöglichkeiten, mehr Vielfalt, weniger Unterdrückung und Leistungsstress, dafür Mitbestimmung und Einbeziehung aller.
Dass Demokratie die einzig denkbare Gesellschaftsform sein soll, ist eine relativ neue Entwicklung. Davor gab es Zeiten, wo in der Gesellschaft viele Denkansätze nebeneinander existierten, diskutiert und auch gelebt wurden. Ein Beleg dafür ist ein fiktiver Dialog, den Pierre Joseph Proudhon um 1840 niederschrieb:
„Sind Sie Republikaner?“
„Republikaner ja, aber dieses Wort ist mir zu ungenau. Res publica, das sind die öffentlichen Belange. Die Könige sind auch Republikaner.“
„Nanu, Sie sind Demokrat?“
„Nein.“
„Was, Sie wären Monarchist?“
„Nein.“
„Konstitutionalist?“
„Gott behüte!“
„Dann sind Sie Aristokrat?“
„Ganz und gar nicht.“
„Sie wollen eine gemischte Regierung?“
„Viel weniger.“
„Was sind Sie also?“
„Ich bin Anarchist.“
Diese Vielfalt ist aus dem heutigen gesellschaftlichen Diskurs verschwunden. Heutzutage darf man nur noch Demokrat sein, alles andere ist tabuisiert – zum Teil mit guten Gründen. Doch es ist eine Gesellschaft der Alternativlosigkeit entstanden, die sich lediglich das derzeit herrschende System als denkbare Möglichkeit vorstellen kann. Auch das dient der herrschenden Macht als Sicherung. Denn wer sich keine Alternative vorstellen kann, der sieht die Missstände der Welt, in der er lebt, viel weniger und ist schon gar nicht in der Lage, sich für eine Alternative einzusetzen. Das minimiert die Gefahren für diejenigen, die vom gegenwärtigen System profitieren.
Vielleicht sollten wir also die selbst auferlegten Denkverbote abstreifen und uns wieder mit denkbaren Alternativen beschäftigen. Machbar ist dabei, was vorstellbar ist. Warum nicht eine Gesellschaft gestalten, die gleichberechtigt, gerecht, vielfältig und hierarchiefrei ist? Warum nicht die Macht über uns und unsere Leben wieder in die eigenen Hände nehmen, anstatt sie von der einen in die andere Hand zu legen in der Hoffnung, dass diese Hand ein wenig liebevoller regiert? Denn jede Macht ist eine Anmaßung und findet keinerlei Rechtfertigung.
Wir können uns selbst verwalten, gemeinsam mit den uns umgebenden Menschen, jedoch nicht gegen oder über sie. Wir können uns zusammenschließen, unsere Interessen formulieren und gemeinschaftlich Mittel und Wege finden, sie zu erfüllen. Gerade jetzt ist die Zeit für ein Umdenken auf gesellschaftlicher Ebene gekommen. Nutzen wir sie. Wenn wir es nicht tun, wird über uns entschieden, und das kann ein an Freiheit interessierter Mensch nicht wollen.