Die eine Wahrheit
Die „Faktenchecker“ des Spiegel schwören ihre Leser auf die reine Lehre über die Zuverlässigkeit der PCR-Tests ein.
Wer es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, muss dies durch selbstbewusstes Auftreten kompensieren, durch andauernde Wiederholung von Un- und Halbwahrheiten und durch systematische Diffamierung abweichender Meinungen. Wir kennen dieses Spiel, kennen es unter anderem natürlich vom Flaggschiff der medialen Propagandaflotte bezüglich des Corona-Virus: dem Spiegel. Ein neuer Artikel des Gesundheits-Ressortchefs Holger Dambeck versucht noch einmal massiv PR für den PCR-Test zu machen. Dumm nur, dass schon die Grundannahme darin falsch ist: die Behauptung nämlich, der Test könne „Infektionen mit dem Virus SARS-CoV-2“ nachweisen.
Es wurde aber auch höchste Zeit, dass wieder Klarheit herrscht über den PCR-Test, dessen Qualität von zwielichtigen Figuren wie Dr. Wolfgang Wodarg infrage gestellt wurde. Der Ressortchef Wissenschaft beim Spiegel, Holger Dambeck, hat die Sache selbst in die Hand genommen.
Er eröffnet seine Expertise (1) so:
„Infektionen mit dem Virus SARS-CoV-2 werden mit sogenannten PCR-Tests nachgewiesen, die nach Gensequenzen des Erregers fahnden. Einzelne Mediziner und auch Corona-Skeptiker stellen die Qualität dieser Tests immer wieder infrage. Ein Vorwurf lautet: Der Test schlage auch bei anderen Coronaviren an, deshalb verzerrten massenhaft falsch positive Ergebnisse das Bild.“
Der erste Satz ist schon mal grundfalsch: PCR-Tests weisen keine infektiösen Viren nach, sondern eben nur ganz bestimmte Nukleinsäure-Genome, aber keine Infektionen. Eine Gesundheitsbehörde wie die amerikanische FDA (2) erklärt unzweideutig, „positive results … do not rule out bacterial infection or co-infection with other viruses. The agent detected may not be the definite cause of disease“ (3). Desgleichen die CDC (Centers for Disease Control and Prevention — eine Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums) oder das Schweizer Bundesamt für Gesundheit sowie etliche andere weisen darauf ausdrücklich hin.
Viele Hersteller solcher Tests betonen klar und deutlich: Nicht für diagnostische Zwecke geeignet. Auf der Gebrauchsanweisung des PCR-Tests der deutschen Firma creative diagnostics steht an erster Stelle, dass ihr Test auch bei anderen Viren anschlage, darunter „Influenza A Virus (H1N1), Influenza B Virus (Yamagata), Respiratory Syncytial Virus (type B), Respiratory Adenovirus (type 3, type 7), Parainfluenza Virus (type 2), Mycoplasma Pneumoniae, Chlamydia Pneumoniae“ (4).
Zwischendurch bemerkt: Allein ein Wort wie „Corona-Skeptiker“ sagt alles über den herrschenden Pandemiejournalismus.
In seinem Sinne widmet sich Dambeck sodann den teuflischen Thesen des Mediziners Wolfgang Wodarg:
„Die Fallzahlen in den vergangenen Wochen seien nur deshalb angestiegen, weil viel mehr Menschen getestet wurden.“
„Je mehr Tests, umso mehr auch falsch positive Ergebnisse“, erklärt Wodarg. Das hat aber nicht Wodarg erfunden, sondern diese Zahlen stammen aus einem Ringversuch von Instand — Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien e.V.. Ein Ringversuch ist eine „Methode der externen Qualitätssicherung für Messverfahren sowie Mess- und Prüflaboratorien. Grundsätzlich werden identische Proben mit identischen Verfahren oder mit unterschiedlichen Verfahren untersucht. Der Vergleich der Ergebnisse erlaubt es, Aussagen über die Messgenauigkeit generell beziehungsweise über die Messqualität der beteiligten Institute zu machen“ (5).
Es handelt sich dabei aber nicht um die Validierung des Tests selber, sondern um die Ausführungsgenauigkeit. In Auftrag gegeben wurde dieser Ringversuch vom Robert Koch-Institut. Die Durchführung hat das virologische Institut der Charité unter Leitung von Christian Drosten mit allen Mitteln unterstützt.
Bereits am 2. Mai 2020 veröffentlichte Instand ein Zwischenergebnis auf der Basis der Auswertung von 112 Laboratorien (6). Ein update erfolgte Anfang Juni auf der Basis von über 400 teilnehmenden Laboren. Die Ergebnisse sind fast identisch. Die ermittelten Werte besagen, dass die Tests zwischen 1,4 und 2,2 Prozent falsch positive Ergebnisse anzeigten. Von 100 Getesteten werden fast 2 als „infiziert“ identifiziert, obwohl sie es nicht sind. Übrigens wurden in diesem Ringversuch auch nicht alle Positiven richtig erkannt. Nicht nur weil Wodarg sich auf diese Zahlen bezieht, müssen sie falsch sein, sondern weil Holger Dambeck jetzt selbst zu rechnen beginnt.
„Laut der wöchentlichen Teststatistik des RKI waren in der 28. Kalenderwoche, also vom 6. bis 12. Juli, nur 2.992 von insgesamt 510.551 Tests positiv. Das entspricht 0,59 Prozent. Damit steht fest, dass die Falsch-Positiven-Rate in Deutschland keinesfalls oberhalb von 0,59 Prozent liegen kann. Denn selbst wenn es in der 28. Kalenderwoche unter den 510.551 Getesteten keinen einzigen Infizierten gegeben haben sollte, sind ja nur 2.992 Tests positiv ausgefallen — das sind 0,59 Prozent.“ Damit sind Wodarg und Instand klar widerlegt. Bestätigt auch Peter Bauer, Professor für Genomik an der Universität Tübingen: „Wenige Labors, die nicht optimal arbeiteten, würden das statistische Ergebnis der etwa 400 teilnehmenden Labors als Ausreißer stark beeinflussen.“
Woher weiß Bauer das? Genau die Ergebnisse solcher Labore oder da, wo man offensichtliche Zuordnungsfehler nachweisen konnte, wurden laut Protokoll von Instand bei der Gesamtrechnung nicht berücksichtigt. Bei dem Versuch ging es schließlich auch um die Zertifizierung der teilnehmenden Labore.
In Wahrheit haben einige der Test-Kits auf jeweils eine von insgesamt sieben zu analysierenden Proben nicht 100-prozentig reagiert. Das heißt aber nicht, dass man einfach ein paar Kits aus dem Rennen nimmt und dann stimmt wieder alles. Die meisten dieser Tools haben unterschiedliche Qualität für unterschiedliche Aufgaben. Das RKI hat infolge der Ergebnisse keinem der Tools die Zulassung entzogen. Woraus wir schließen dürfen, Professor Bauer hat sich nie besonders genau mit den Protokollen des Versuchs auseinandergesetzt — aber der Spiegel hat eine Auskunft bekommen, die seine Leser leicht schlucken können (7).
Bewundernswert, wie Holger Dambeck im Handumdrehen nicht nur Wodarg und den komplexen und aufwändigen Ringversuch von Instand widerlegt, sondern den Großmeister des PCR-Tests selbst: Professor Christian Drosten. Der hatte nämlich schon früh eingeräumt, dass sein Test nichts für die Fläche ist, sondern nur bei Verdachtsfällen einigermaßen zuverlässige Hinweise bringt. Deshalb lehnt er größere Stichproben ab.
„Das können wir schon allein deswegen nicht machen, weil Laborprozeduren auch falsch positive Ergebnisse liefern“ (8).
Es gäbe viele Erklärungen für Dambecks Rechenmodell. Doch die interessieren Dambeck nicht. Ihn treibt nur eine Sorge: Sollten die Ergebnisse des Ringversuchs nicht stimmen, „wären die Statistiken des Robert Koch-Instituts nicht zu gebrauchen“. Die stimmen aber aus ganz anderen Gründen nicht, weil sie positive Testergebnisse mit nachgewiesenen Infektionen gleichsetzen, „Genesene“ als symptomatisch Erkrankte zählen, und Tote mit positivem Test als an Covid-19 Verstorbene kumulativ addieren.
Andererseits zelebriert der Spiegel gerne die angeblich neuen „Infektionszahlen“, vergisst dabei aber regelmäßig, diese Zahlen zur immensen Ausweitung der Testerei in Beziehung zu setzen. So gesehen werden Dambecks Darlegungen unversehens zum Gegenbeweis: Wenn bei über 500.000 Tests nur 0,59 Prozent „positiv“ ausfallen, während etwa in der 14 Kalenderwoche 9,01 Prozent aller Getesteten positiv waren, dann sagt das alles über das klinisch völlig haltlose Geschwätz von der 2. Welle. Und dann bliebe da noch die wirklich wichtige Frage, die Dambeck & Co. nie zu stellen pflegen: Wie viele von den positiv Getesteten sind wirklich deutlich symptomatisch krank und wären also infektiös? Das wäre der Goldstandard für den PCR-Test.
Das Skandalöse an solchen Texten wie dem vom Spiegel Ressortchef liegt ganz woanders — mal abgesehen von dem unverzeihlichen Blödsinn, dass ein PCR-Test Infektionen diagnostiziere.
Wie ist es möglich, dass ein Test oder ein Test-Modell, von dem gewissermaßen das globale Schicksal abhängig gemacht wird, vor seiner Zulassung nie validiert wurde und im Laufe der vergangenen Monate jeder Versuch dazu unterblieben ist?
Wie aussagekräftig ist das molekularbiologisch getunte Bohren nach ein paar Nukleinsäuresequenzen?
Das Ergebnis des Ringversuchs von Instand bestätigt verdammt gute Laborarbeit. Aber sollte Dambeck tatsächlich entgangen sein, dass es etliche Studien gibt, die verheerende Ungenauigkeiten des Tests nachweisen — davon kann man sogar im Deutschen Ärzteblatt (9) lesen oder im Britisch Medical Journal (10). In einer als Preprint online veröffentlichten Studie (11) des British Medical Journal gehen die Autoren über das Spiel mit geschätzten Zahlen hinaus. Bei einer systematischen Überprüfung von über 12.000 ursprünglich negativ Getesteten entdeckten sie eine dramatische Fehlerquote:
„Conclusions: There is a substantial and largely unexplained heterogeneity in the proportion of false-negative RT-PCR results. The collected evidence has several limitations, including risk of bias issues, high heterogeneity, and concerns about its applicability. Nonetheless, our findings reinforce the need for repeated testing in patients with suspicion of SARS-CoV-2 infection given that up to 54 percent of COVID-19 patients may have an initial false-negative RT-PCR (certainty of evidence: very low)“ (12).
Dass es Hunderte von Berichten gibt, denen zufolge Menschen alle paar Tage mal positiv, mal negativ getestet wurden, kann selbst dem Spiegel nicht entgangen sein.
Es ist weithin bekannt, dass es aus den verschiedensten Gründen Probleme mit dem PCR-Test gibt — von denen weltweit ein paar hundert Modelle in Umlauf sind —, wäre auch nicht so schlimm, wenn man damit umzugehen versteht und die Ergebnisse richtig interpretiert. Doch vermutlich geht es Journalisten wie Holger Dambeck nur darum, ihren Pandemiefetisch, das Dashboard mit den hübsch übersichtlichen Kategorien „Infizierte“ — „Genesene“ — „Verstorbene“, von allem zersetzenden Zweifel frei zu halten, denn darauf gründet ihre apokalyptische Botschaft.
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/coronavirus-faktencheck-wie-zuverlaessig-ist-der-pcr-test-a-57224ed0-8c87-42b1-9016-223b165d980b
(2) Food and Drug Administration, die amerikanische Behörde für Lebensmittelüberwachung und Arzneimittel.
(3) https://www.fda.gov/media/136151/download
(4) https://www.creative-diagnostics.com/sars-cov-2-coronavirus-multiplex-rt-qpcr-kit-277854-457.htm
(5) https://de.wikipedia.org/wiki/Ringversuch
(6) https://www.instand-ev.de/System/rv-files/340%20DE%20SARS-CoV-2%20Genom%20April%202020%2020200502j.pdf
(7) https://www.instand-ev.de/System/rv-files/340%20DE%20SARS-CoV-2%20Genom%20April%202020%2020200502j.pdf
(8) Coronavirus-update, Folge 7.
(9) https://www.aerzteblatt.de/archiv/214370/PCR-Tests-auf-SARS-CoV-2-Ergebnisse-richtig-interpretieren
(10) https://www.bmj.com/content/369/bmj.m1808
(11) Arevalo-Rodriguez I, Buitrago-Garcia D, Simancas-Racines D, et al. False-negative results of initial RT-PCR assays for covid-19: a systematic review. medRxiv 20066787. 2020 doi:10.1101/2020.04.16.20066787%
(12) „Schlussfolgerungen: Es gibt eine beträchtliche und weitgehend unerklärliche Heterogenität im Anteil der falsch-negativen RT-PCR-Ergebnisse. Die gesammelte Evidenz hat mehrere Einschränkungen, darunter das Risiko von Verzerrungsproblemen, eine hohe Heterogenität und Bedenken hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit. Nichtsdestotrotz bekräftigen unsere Ergebnisse die Notwendigkeit wiederholter Tests bei Patienten mit Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion, da bis zu 54 Prozent der COVID-19-Patienten eine anfänglich falsch-negative RT-PCR haben können (Beweissicherheit: sehr gering).“