Die Diktatur des Kapitals
Warum der Autoritarismus schon längst Realität ist. Eine Streitschrift für wirkliche Demokratie.
Anlässlich der Bundestagswahl im September und dem drohenden Gespenst des Autoritarismus, der zumindest in unseren Medien erst an der Ostgrenze Deutschlands beginnt, lohnt sich ein anderer Blickwinkel auf die Verhältnisse im sogenannten freien und demokratischen Westen. Dabei wird nur allzu schnell deutlich, dass eine Gesellschaft, in der Macht untrennbar mit Geld verbunden ist, den Kapitaleignern unterworfen ist und somit Demokratie nichts weiter sein kann als eine Inszenierung, um die Massen ruhig zu stellen.
Die Hysterie in Medien und Gesellschaft über den Aufstieg des Autoritarismus ist angesichts der Wahlerfolge rechter und nationalistischer Bewegungen in den Niederlanden, den USA, Polen, Ungarn, dem Brexit, und natürlich der täglichen Konfrontation mit den Lieblingsfeinden des freien Westens, Erdogan und Putin, groß. Da ging geradezu ein Stoßseufzer der Erleichterung durch das demokratische und werteorientierte Europa, als in diesem Jahr der charmante Emanuel Macron die faschistische Le Pen auf den zweiten Platz verwies. Die Demokratie hatte gesiegt, so der allgemeine Tenor.
Doch wie weit ist es her mit der Demokratie eines Macron, der sich in der Parlamentswahl eine deutliche Mehrheit für seine neu gegründete Partei En Marche sichern konnte, eine Partei, die, so erzählten es mir unlängst französische Freunde, kommunale Politiker aus ihren Reihen ernennt, und jeden, der nicht auf Parteilinie agiert, aus ihren Reihen verbannt? Seit seiner Wahl hat Macron, unterstützt durch die Mehrheit seiner Partei damit begonnen, den Sozialabbau nach dem Vorbild der deutschen Agenda 2010 einzuleiten, und damit einen Kurs gegen das Interesse seines eigenen Volkes eingeschlagen, begleitet von einem erneut verlängerten Ausnahmezustand, der Proteste und Widerstand kriminalisieren und somit ersticken soll.
Überraschenderweise hat seine Zustimmung in den vergangenen Wochen dramatisch abgenommen. Nun höre ich die einen oder anderen Stimmen sagen, dass das Volk ja die Wahl gehabt hätte, dass es nur in die Stimmkabine hätte gehen müssen, um eine andere Partei zu wählen, immerhin war die Wahlbeteiligung auf einem historischen Tiefststand. Doch ganz so einfach ist die Sache dann doch nicht. Zunächst hätte die Wahl einer starken Opposition dazu geführt, die Politik Macrons weitgehend zu blockieren, und so zu einem fünfjährigen Stillstand in unserem Nachbarland geführt, den Macron durch Präsidentenerlasse zu umgehen angedroht hatte, um somit einen strikt autoritären Kurs einzuschlagen. Ich höre schon die höhnischen Kommentare insbesondere des deutschen Besserwissertums, das sich über die Unfähigkeit der Franzosen mokiert hätte.
Immerhin, einen Grund für Beschwerden hat der Deutsche noch immer gefunden. Aber das eigentliche Problem ist ein anderes. Bei der Parlamentswahl gab es nämlich eines schlicht nicht: eine Wahl. Die ehemaligen sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien lagen ideologisch am Boden, hatten sich schon in den vorangegangenen Legislaturperioden gänzlich verkauft und ihre Ideale verraten, indem sie genau jene Politik betrieben, die Macron jetzt mit eiserner Faust durchzudrücken versucht. Die einzigen Alternativen, die den Wählern verblieben, waren somit der aufstrebende Linke Mélenchon sowie die rechtsgerichtete Le Pen. Beide jedoch wurden von den Medien konsequent in Grund und Boden geschrieben, als Europafeinde tituliert, ihre Inhalte kaum bis gar nicht thematisiert. Dass es Mélenchon gelungen ist, mit einem beeindruckenden Ergebnis auf dem dritten Platz zu landen, ist wohl der schwindenden Deutungshoheit der Medien zuzuschreiben.
Dass er sein Ergebnis nicht in die Parlamentswahl überführen konnte, ist hingegen wohl Ausdruck der Verzweiflung oder der Desillusionierung seiner Wähler angesichts der Wahl Macrons zum Präsidenten. So wurde die Stichwahl wie auch die Parlamentswahl zu einer Wahl zwischen dem europafreundlichen Macron und der faschistischen Le Pen stilisiert, und somit zu einer Wahl zwischen Gut und Böse, die der ehemalige Banker Macron dazu nutzte, den Neoliberalismus demokratisch zu legitimieren. Nun regiert er mithilfe seiner Partei, die jeden Abweichler abstraft, konsequent entgegen des Willens der Franzosen, aber mit Unterstützung seiner Freunde aus der Finanzbranche, bei denen er sein ideologisches Handwerkszeug gelernt und unter deren Anleitung er seine Überzeugungen geformt hat.
Doch um Autoritarismus zu finden, muss man nicht einmal über die nahe Grenze blicken, es genügt ein kurzer Blick nach Berlin. Dort herrscht eiserner Fraktionszwang, der jedem Abweichler von der Parteilinie die konsequente Wiederwahl verwehrt. Kommt uns das bekannt vor?
Dort sitzt, mittlerweile in der dritten und einer sich abzeichnenden vierten Legislaturperiode, Angela Merkel im Kanzleramt und verwaltet vor sich hin, was sie vorfindet. Aber, aber, Merkel ist doch demokratisch gewählt!
Richtig ist, dass eine Wahl stattfand, und auch bald wieder stattfinden wird. Doch hier gilt dasselbe wie in unseren Nachbarland: Es fehlen die tatsächlichen Alternativen. Martin Schulz wird die Menschen nicht erretten, auch wenn er zu Anfang von vielen Medien als Sankt Martin bezeichnet, mittlerweile jedoch wieder fallen gelassen wurde, der Schulzzug hat ohnehin nur medial existiert. Demokratie, das bedeutet, dass alles bleibt, wie es ist, richtig? So sind 16 Jahre Angela Merkel der Inbegriff einer lebendigen, progressiven Demokratie. Nach dieser Definition ist auch Russland unter Putin eine progressive, funktionierende Demokratie.
Doch machen wir uns nichts vor, Angela Merkel wird für eine weitere Legislaturperiode in ihrem Amt bestätigt werden. Die Furcht vor der AfD oder den Linken wird auch dieses Mal die Menschen wieder in die Arme des Altbekannten treiben. Bloß keine Experimente, schon gar nicht links der Mitte, könnte ja sein, dass sich am Ende tatsächlich etwas zum Besseren ändert. An dieser Stelle kann ich Sie beruhigen: Das wird es nicht, unabhängig davon, wen Sie wählen. Um das festzustellen, muss man sich nur beispielshaft den Verlauf des Bündnis 90 die Grünen ansehen. Als ökologische Revoluzzer gestartet, sind sie nach nur wenigen Jahren so weit ins konservative Lager gerutscht, dass sie nun bequem auf Landesebene regieren können, ohne der Automobilindustrie gefährlich zu werden, ja sich sogar noch für ihren Erhalt einsetzen. Da kommt die Nachricht wenig überraschend, dass die Grünen-Abgeordnete Twesten im Landesparlament Niedersachsens kurzerhand in die CDU gewechselt ist. Wie ist das möglich?
Jede Partei, und sei sie noch so radikal und progressiv, kann nur innerhalb des Systems aus entkernter Demokratie und lobbygesteuertem Parlamentarismus existieren, das sie vorfindet. Es ist eine Notwendigkeit, dass sie sich zur Wahl stellt, um in dasselbe System einzutreten, das sie zu bekämpfen vorgibt. Keine Partei wird sich ernsthaft wählen lassen, um das System, in welchem sie gerade die Macht übernommen hat, abzuschaffen oder zumindest grundlegend zu verändern und dadurch ihre Macht einzuschränken. Macht verführt und ist stets auf den Selbsterhalt ausgerichtet.
Doch angenommen, die Politiker übernähmen ihre Ämter in genau dieser Absicht, so gibt es noch ein tiefer liegendes Problem, das sich auch beispielhaft mit einem Blick in die USA beobachten lässt. Donald Trump, angetreten, um den, wie er sagte, korrupten Sumpf trocken zu legen, um die Militärinterventionen der USA einzudämmen und gute Beziehungen zu Russland aufzubauen (alles durchaus legitime und erstrebenswerte Ziele), findet sich in einem Machtapparat wieder, dessen überwiegende Zahl an Mitgliedern sich keiner Wahl stellen muss. Geheimdienste, langjährige Berater und die Vielzahl an Beamten, die hinter den Kulissen die Gesetze vorbereiten und Entscheidungen fällen, werden nur gelegentlich ausgetauscht, jedoch nie demokratisch gewählt. Sie binden Trump die Hände, sind ihm an Erfahrung voraus, hegen gute Beziehungen untereinander, hat man sich doch in ThinkTanks und Lobbygruppen bereits ausgiebig beschnuppert und kennen gelernt.
Da passt ein Donald Trump, der das alte Feindbild Russland nicht länger aufrechterhalten sowie die fortwährende Einmischung in die Angelegenheiten anderer Länder unterbinden will, nicht so recht ins Konzept, sind damit doch einträgliche Geschäfte der Rüstungsindustrie wie auch der Ölkonzerne verbunden, und so legen sie ihm Steine in den Weg, wann immer es sich ihnen anbietet. So erklärt sich Trumps schlingernder Kurs, seine Taten, die seinen vorherigen Worten entgegenstehen, seine ständigen Personalwechsel, er ist gefangen zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin kein überzeugter Anhänger Donald Trumps. Viele seiner Ansichten sind schlicht rückwärtsgewandt, in Besinnung auf ein altes, besseres Amerika, das es so nie gegeben hat, und so war sein Wahlkampfgetöse in der Regel auch eher unerträglich, aber es war eben genau das: Wahlkampf.
Doch trotz aller Abneigung, die man zu Recht gegen Trump hegen kann, ist es schon auffällig, gegen welches mediale Sperrfeuer er anrennen musste, und noch immer muss. Ständig steht er unter Beschuss, wird aufmerksam beobachtet. Natürlich, könnte man jetzt sagen, die Medien haben nun einmal die Aufgabe, kritisch zu berichten. Doch in ihrer Kritik überspannen sie den Bogen maßlos und stellen selbst normale Vorgänge wie das Übermitteln von Geheimdienstinformationen an „den Russen“, welche lediglich die Bekämpfung des Terrors zum Gegenstand hatten, als Verrat westlicher Werte dar. Dabei wäre eine gemeinsame Linie der beiden Supermächte in dieser Angelegenheit durchaus wünschenswert, wenn man nicht riskieren möchte, dass sich zwischen ihnen versehentlich ein Konflikt entzündet. Interessant ist überdies, dass Trumps Amtsvorgänger Obama von denselben Medien nie so übermäßig genau unter die Lupe genommen wurde. Vielleicht liegt es an seinem charismatischen Lächeln.
Ein anderer Grund könnte sein, dass sich alle großen Medienhäuser in den Händen weniger wohlhabender Menschen konzentrieren, die ihre handfesten, geschäftlichen Interessen durch die Politik gesichert wissen wollen.
Dasselbe kann auf den deutschen Bundestag übertragen werden. Zwar sind es Abgeordnete, welche die Entscheidungen treffen, doch wer wählt eigentlich die Kandidaten für die Wahlen aus? Mittlerweile ist bekannt, dass die Politik von sogenannten ThinkTanks sowie Lobbygruppen durchdrungen ist. Parteien finanzieren sich zu einem nicht unerheblichen Teil über Großspenden, die nicht selten geheim gehalten werden. Von den bekannten Spenden kommt ein großer Teil aus Konten der Wirtschaft und des Finanzwesens. Es gehört sehr wenig Fantasie dazu, sich auszumalen, dass mit diesen Spenden Interessen und Erwartungen verbunden sind. Parteien finanzieren sich überwiegend aus diesen großen Spenden und so ist ein zentrales Ziel jeder Partei, den konstanten Fluss dieser Spenden aufrechtzuerhalten. Zu diesem Zweck ist es natürlich hinderlich, wenn man jene Mitglieder zu Spitzenkandidaten macht, die den Interessen der Spender entgegenstehen. Hilfreicher ist es, jene zur Wahl zu stellen, die zuvor in ThinkTanks auf Linie gebracht wurden, oder am besten gleich aus der Wirtschaft kommen. Lobbygruppen erledigen dann die Vorbereitungen von Gesetzesentwürfen, welche von den Abgeordneten nur noch abgenickt werden müssen. Weiterhin locken für das Ende der Amtszeiten, nach treuem Dienst am Kapital, lauschige Plätzchen in Aufsichtsräten großer Unternehmen, verbunden mit großzügigen Entgelten. Korruption? Bei uns doch nicht.
Auch ist es für die Interessengruppen der Wirtschaft hilfreich, diejenigen Beamten, die sich keiner Wahl unterziehen müssen, aber dennoch Aufgaben von großer Bedeutung übernehmen, auf ihre Linie zu bringen. Geschieht dies? Ich weiß es nicht, jedoch ist es naheliegend, und allemal ein Gedankenspiel wert.
Doch was hat das nun mit Diktatur zu tun?
Gerade in diesem Jahr hat der Bundestag einige gravierende Entscheidungen getroffen, allen voran wurden das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz sowie der Bundestrojaner beschlossen, Gesetze also, die es den Behörden erlauben, jeden beliebigen Bürger auszuspähen. Damit wird jedoch nur legalisiert, was BND und NSA schon seit Jahren machen. Aber es ist ein Glück, dass eine Stasi bei uns nicht mehr existiert. Denn die Stasi war ein unterdrückerischer Apparat, der Andersdenkende aus dem Verkehr gezogen hat, wohingegen unsere Geheimdienste demokratisch und im Sinne des Rechtsstaates zum Schutze der Bürger handeln. Das können Ihnen alle Opfer des NSU, bei dessen Entstehung und Handeln der Verfassungsschutz, also unser Inlandsgeheimdienst, eine mehr als fragwürdige Rolle spielte, bestätigen. Oder halt, können sie nicht. Sie sind tot. Auch die zahlreichen linksgerichteten Bewegungen, die seit Jahren überwacht und mit Spionen durchsetzt werden, wissen ein Lied anzustimmen auf die Demokratiefreundlichkeit und Rechtsstaatlichkeit westlicher Geheimdienste.
Und das Kapital? Sichert sich wie beschrieben über die Beeinflussung der Politik durch ThinkTanks und durch Lobbyismus seine Macht.
Aber Diktatur? Ist das nicht übertrieben? Wir Deutschen wissen, wie eine Diktatur aussieht. Ich hingegen darf doch frei meine Meinung äußern, darf mich frei bewegen und mein Leben frei gestalten.
Nun, jein. Die Einschätzung, in einer freien Welt zu leben, rührt daher, dass die Diktatur nahezu unsichtbar geworden ist. Das liegt zum einen Teil daran, dass sie nur subtil und über Umwege ihre Herrschaft sichert, zu einem sehr großen Teil aber auch daran, dass sie sich als Alternativloses System präsentiert, welches das Etikett „Demokratie“ trägt und sich selbst zur Normalität gemacht hat.
Diktaturen zeichnen sich durch fehlenden Pluralismus in Gesellschaft und Medien aus. Berücksichtigt man, dass auch in Deutschland, ähnlich wie in den USA, alle Medien in den Händen weniger, wohlhabender Menschen konzentriert sind, man nenne hier beispielsweise nur Frau Springer, sollte man sich schon die Frage nach dem Pluralismus stellen. Es ist nur natürlich, dass diese Menschen ihre Medien auf eine Linie bringen, die ihren eigenen Interessen nicht entgegensteht. So wird ein Medium, das in den Händen eines Vertreters der Rüstungsindustrie ist, mit Freuden Werbung für einen Krieg machen, und kritische Stimmen unterdrücken.
Sieht man sich diese deutschen Medien nun inhaltlich an, wird man feststellen, dass sie sich in wesentlichen tagespolitischen Punkten und Ansichten einig sind. Sie alle hassten und hassen noch immer Trump, Putin und Erdogan, welche sie gerne zu einer neuen Achse des Bösen aufbauen. Alle loben Merkel für ihre herausragende Arbeit (was auch immer sie damit meinen), und sind sich einig, dass Putin die Krim anlasslos annektiert und damit das Völkerrecht gebrochen hat.
Das Buch - 240 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-85371-425-6 - ist im Buchhandel erhältlich und kann beim Promedia-Verlag auch online bestellt werden. Weitere Informationen zum Buch finden Sie hier.
Terror ist dann auch stets das Ergebnis eines radikalen Islam und unfähiger, für Demokratie nicht bereite Völker, hat aber auf keinen Fall etwas mit westlicher Machtpolitik und Neokolonialismus zu tun. Natürlich gibt es auch abweichende Meinungen in den Leitmedien. Diese bewegen sich jedoch nur in einem sehr engen Meinungskorridor und dienen auch mehr dazu, die Illusion einer Pluralität aufrecht zu erhalten. Sobald echte Kritiker sich zu Wort melden, die beispielsweise die Interventionskriege des Westens in zahlreichen Gebieten der Erde als völkerrechtswidrig bezeichnen, die offizielle Darstellung des 11. September 2001 auch nur in Frage stellen, und sei es noch so gut begründet, oder einfach allgemein für alternative Wirtschafts- und Gesellschaftsformen eintreten, wird medial auf diese Personen eingedroschen. Kampfbegriffe wie Neurechte oder Verschwörungstheoretiker werden bis ins Lächerliche überdehnt, um jede wirklich abweichende Meinung zu unterdrücken. Natürlich dürfen Sie Ihre Meinung sagen, und werden (zumindest noch) nicht dafür eingesperrt. Jedoch müssen Sie sich unter Umständen mit medialer und gesellschaftlicher Ächtung abfinden.
Betreiber alternativer Medien, die sich, wie zum Beispiel auch der Rubikon, um tatsächliche Meinungspluralität bemühen, erleben dies immer wieder, werden in den etablierten Medien angegriffen und denunziert, was vermutlich zum Teil, aber nicht nur, auch daran liegt, dass diese Medien um ihre Deutungshoheit fürchten.
Hinzu kommt, dass nicht wenige der bekannten Journalisten zusammen mit ihren amerikanischen Kollegen Mitglieder derselben ThinkTanks sind, die auch die Spitzenpolitiker auf beiden Seiten des Atlantiks hervorgebracht haben. Ist das eine gute Grundlage für kritische Berichterstattung? Ist das Ausdruck einer gesunden Demokratie?
Diktaturen zeichnen sich weiterhin durch eine Monopolisierung der Staatsgewalt aus. Spätestens hier wird die Subsumption unter den Begriff der Diktatur doch scheitern müssen.
Nun, Nein. In einer Gesellschaft, in welcher der Grundkonsens durch wenige ThinkTanks und Medien, die in den Händen weniger Wohlhabender konzentriert sind, fabriziert wird, ist es gar nicht notwendig, die Staatsgewalt tatsächlich in die Hände einiger weniger zu legen. Diese Wenigen haben über Jahrzehnte die öffentliche Meinung und damit die Meinung der potenziellen Volksvertreter geformt und auf Linie gebracht. Störende, alternative Denkansätze und Sichtweisen sind so weitgehend aus der öffentlichen Debatte verschwunden und damit aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit.
Daher konzentrieren sich die Möglichkeiten des Denk- und Sagbaren auf einen schmalen Korridor. Wer die Meinungen kontrolliert, kontrolliert auch die Menschen. Eine direkte Machtausübung ist somit nicht notwendig, wenn indirekte Machtausübung viel bequemer, da unsichtbarer ist. Diejenigen kritischen Geister, die der Medien- und Konsensmaschinerie entgehen, werden über das Parteiensystem, das von Spenden eben jener Wohlhabenden und Lobbyorganisationen lebt, die auch die Medien in ihren Händen halten, ausgesiebt oder organisieren sich in kleineren Parteien, die konsequent medial niedergeknüppelt werden. So fällt die Berichterstattung über eine Partei wie die Linke überwiegend negativ aus. Sie wird als ein chaotischer Haufen idealistischer Spinner abgetan, der, um regierungsfähig zu sein, sich inhaltlich der konservativen Mitte annähern müsste. Eine solche Gleichmacherei erstickt jede Demokratie im Keim, konserviert stattdessen den Status Quo, bis auch er in eine offensichtliche Autokratie abgleitet, wofür in diesem Jahr weitreichende Grundlagen gelegt wurden.
Doch was hat der Ausbau der Überwachung mit dem Kapital zu tun?
Auch der Ignoranteste wird festgestellt haben, dass die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wächst. Beispielshaft war das beim diesjährigen G20 Gipfel in Hamburg zu sehen. Abgesehen von den wenigen Krawallmachern mit fragwürdigen Zielen und ungeklärter Herkunft, gab es eine Reihe friedlicher Proteste, an denen sich hunderttausende Menschen beteiligten. Hier trat der Unmut der Menschen deutlich zu Tage. Auch die Kapitaleigner haben aus der Geschichte gelernt, wissen, dass der Unmut eines ganzen Volkes sich irgendwann mit unschönen Folgen Bahn brechen kann. Da die deutsche Bevölkerung jedoch eher träge ist, wird dieser Ausbruch noch auf sich warten lassen. Dennoch werden die Grundlagen gelegt, um einen solchen Ausbruch möglichst im Ansatz zu verhindern. So wird die Massenüberwachung legalisiert und ausgebaut. Wie immer wird hierfür der sogenannte Terror als Begründung herangezogen. Doch wer kann heute vorhersehen, wie sich die Definition von Terror morgen schon verändert haben kann? Was heute noch Opposition ist, kann schon morgen Terrorismus sein, die oppositionellen Türken und Kurden wissen, wie dehnbar diese Definition ist. Wenn man nun bedenkt, dass schon heute linke Bewegungen, die alternative Gesellschaftsformen anstreben, überwacht werden, und dass nach dem angeblich linken Terror in Hamburg der Ruf nach Überwachung lauter wird, kann man sich ausmalen, worauf wir zusteuern.
Ich hoffe, Sie erinnern sich an das, was unter der Großen Koalition im Laufe dieser Legislaturperiode beschlossen wurde, und fallen nicht erneut auf die Versprechen des Wahlkampfes herein.
Das Problem ist, dass auch eine Partei, die für einen Wandel steht, wie es beispielsweise die Linke tut, sich darum bemüht, in das bestehende System gepresst zu werden und sich dabei an dieses wird angleichen müssen. Der Prozess der Angleichung hat schon längst begonnen, nicht umsonst wird die Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht auch parteiintern immer wieder scharf angegriffen. Wie in jeder Partei gibt es auch in dieser Mitglieder, denen Posten und Macht über Ideale gehen, und die sich so an das System angleichen lassen. Ein echter Wandel ist also auch mit dieser Partei unmöglich und das, obwohl sie nach eigenen Angaben noch keinen einzigen Euro an Spenden aus Wirtschaft und Finanzwesen angenommen hat.
Und die AfD? Ist eine Partei, die sich als Vertreter der kleinen Leute ausgibt, interessanterweise jedoch auch viel Unterstützung aus der Industrie erfährt. Ihr gesamtes Programm, von ihrem Steuermodell bis zu der Idee, Kommunen pleite gehen lassen zu können, um Einrichtungen dann zu privatisieren, ist auf die Zementierung der Diktatur des Kapitals ausgerichtet. Dass sie dabei exklusive bis rassistische Töne anschlägt, stört das Kapital dabei nicht.
Bleibt die Frage, was zu tun ist. Die Beantwortung dieser Frage wird uns aber von keiner vorhandenen Partei abgenommen werden können. Es muss das Ziel sein, alternative Ansätze in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Dabei muss es jedoch erst einmal erlaubt sein, die Missstände zu benennen, was jedoch in den öffentlichen Medien kaum möglich ist. Erst wenn die Missstände allen bekannt und offenbar werden, können Lösungen erarbeitet oder bestehende Ansätze weiterentwickelt und implementiert werden, welche den Begriff der Demokratie wieder seiner ursprünglichen Bedeutung annähern: Die Herrschaft des Volkes.