Die Caesar-Lüge
Historiker wissen, dass der altrömische Machthaber nicht von Verschwörern ermordet wurde — und es in der Geschichte sowieso nie Verschwörungen gab.
Die Verbreitung von Verschwörungstheorien aller Art ist zu einer ernsthaften Bedrohung unserer Freiheit geworden. Mehr und mehr Bürger verabschieden sich aus dem zulässigen Meinungsspektrum unserer jungen, lebendigen Demokratie und suchen sich ihre eigenen „Wahrheiten“ in den dunklen Abgründen des Internets, verführt von zwielichtigen Rattenfängern. Das Satire-Magazin MamM (Markscheid am Mittwoch), stets der Objektivität und der Fairness verbunden, setzt jetzt mit einer neuen Serie dagegen, die auch dem bescheuertsten und uneinsichtigsten Bürger verdeutlichen soll, dass es keine Verschwörungen gibt und auch nie welche gab.
Zu den ältesten und hartnäckigsten Verschwörungstheorien gehört die Behauptung, einflußreiche Senatoren und sonstige Angehörige der römischen Elite hätten im Jahre 44 vor Christus einen Mordanschlag auf Julius Caesar verübt. Diese absurde Theorie ist heute als sogenannte „Caesar-Lüge“ bekannt. Wir sprachen darüber mit Professor Doktor Drostenmüller von der „Historischen Gesellschaft Markscheids“:
MamM: Herr Professor Doktor Drostenmüller, was versteht man unter der Caesar-Lüge?
Drostenmüller: Die Anhänger dieser verrückten Idee glauben, mehr als achtzig hochrangige Exponenten der politischen Klasse Roms hätten sich heimlich verschworen, um Julius Caesar am 15. März 44 vor Christus (an den sogenannten Iden des März; Anmerkung der Redaktion) mitten im Senat zu erdolchen. Gaius Cassius und Marcus Iunius Brutus seien die Anführer dieses Unternehmens gewesen.
Julius Caesar auf einem der wenigen bekannten Fotos
Das klingt ziemlich absurd. Wie beurteilen sie diese kruden Schwurbeleien?
Ich nenne alle die, die solchen Unsinn verbreiten, schon lange nur noch Caesioten (lächelt breit und aufrichtig; Anmerkung der Redaktion). Es beginnt schon mal damit, ausgerechnet Brutus als möglichen Attentäter zu nennen. Dieser Mann gehörte zu den stärksten Anhängern Caesars.
Von 46 bis 45 vor Christus machte dieser ihn zum Statthalter der Provinz Gallia cisalpina. Und für das Jahr 44 erhielt Brutus sogar die Prätur als praetor urbanus. Und der soll geplant haben, Julius Caesar zu ermorden? Den gleichen Caesar, der Gerüchten zufolge sogar sein Vater gewesen sein soll? Lächerlich!
Der ganze Wahnsinn solcher Verschwörungstheorien entlarvt sich aber erst, wenn man mal eine Sekunde über die faktische Unmöglichkeit eines solchen Mordanschlages nachdenkt. Achtzig angebliche Verschwörer aus den höchsten gesellschaftlichen Kreisen! Jeder von denen hatte eine Vielzahl von Hausangestellten und -sklaven, hatte einen breit aufgestellten Mitarbeiterstab und zahlreiche Familienangehörige.
Eine solche Verschwörung gegen Caesar, der seit dem Februar 44 Diktator auf Lebenszeit war, hätte sich doch bei einer derart großen Zahl an Mitwissern niemals verheimlichen lassen.
Halten wir also kurz fest, daß Julius Caesar an einem epileptischen Anfall gestorben ist und alle anderen Behauptungen jeder realen Grundlage entbehren.
Wir danken für das Gespräch und versprechen, nicht nachzulassen, bis auch noch die letzte Verschwörungstheorie unter der Last der Wahrheit zusammengebrochen ist.
Quellen und Anmerkungen:
Dieser Text erschien unter dem Titel „Die Caesar-Lüge“ zuerst auf Markscheid am Mittwoch.