Deutschland und seine „Friedenstüchtigkeit“
Die Israel-Politik der Bundesregierung und andere Fehlleistungen zeigen, dass sich diese zu einer Kraft entwickelt hat, die vermeintlich das Gute will und dabei das Böse schafft.
Gerade erlebten wir die Münchner (Un-)Sicherheitskonferenz, mit all ihren „kriegsgeilen Wertepolitikern“ und medialen Pressebeobachtern beziehungsweise Scharfmachern (1). Es scheint, als ob die „Kriegstüchtigkeit“ und die Macht der Waffen das Zepter übernommen haben. Frieden schaffen mit immer mehr Waffen, dieser Slogan ist so verlogen wie die gesamte westliche, US-geleitete, globale Einmischungspolitik. Europäische Schiffe, wie auch die deutsche Fregatte „Hessen“, befinden sich auf dem Weg ins Rote Meer, um mit dem Einsatz „Aspides“ (Wohlstandsallianz) als vorrangigem Ziel gegen angreifende Huthis aus dem Jemen vorzugehen, zur Sicherung der Handelsschifffahrt im Nahen Osten. Warum geht man nicht auf die Argumente der angreifenden Huthis ein, die ihre Angriffe so lange fortsetzen wollen, wie Israel seinen Völkermord in Gaza fortsetzt? Warum einen Einsatz im Roten Meer starten und keinen Einsatz gegen den Völkermord Israels in Gaza?
Auf NATO-Geheiß für Deutschlands Kriegstüchtigkeit trommeln
Endlich ist Deutschland auf dem Weg, dass NATO-Soll zu erfüllen und den Kriegs-Militärhaushalt auf den 2-Prozent-Stand zu bringen. „Kriegsminister“ Boris Pistorius trommelt für Deutschlands Kriegstüchtigkeit. Seine Logik: Wir müssen uns vor dem Russen schützen, der ja nichts anderes im Kopf hat, als uns in ein paar Jahren anzugreifen, nachdem er sich Polen und das Baltikum angeeignet hat. Hatten wir diese Rhetorik nicht schon einmal? Und was brachte sie: einen verlorenen Angriffskrieg nach einem „Tausendjährigen Reich“ und Millionen von Toten, darunter 27 Millionen Russen.
Was also sollte die Deutschen wieder antreiben, so kriegstüchtig zu werden, anstatt einmal ihre „Friedenstüchtigkeit“ zu bedenken? Es scheint, als ob dieser Gedanke so fern ist wie eine realistische, an deutsche Interessen gekoppelte Außenpolitik. Aber mit dieser mehr als intellektuell schwachen Personalbesetzung ist kein Staat zu machen!
Was befugt die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, zusammen mit dem Baltikum, nach dem Tod von Alexej Nawalny, der gerade zu Beginn der Münchner „Sicherheitskonferenz“ starb, wo auch — ganz „zufällig?“ — seine Ehefrau Nawalna weilte und eine glühende Hassrede gegen Wladimir Putin hielt, den russischen Botschafter einzubestellen und über die Todesumstände auszufragen. Ist das nicht eine Einmischung in russische interne Angelegenheiten? Warum bestellt Baerbock nicht den israelischen Botschafter ein, um ihn nach der Ermordung der vielen Zivilisten, Frauen und Kinder in Gaza auszufragen und endlich Sanktionen anstatt einer freundschaftlichen Zusammenarbeit einzuleiten? Oder vielleicht den britischen und US-Botschafter, um endlich das Leiden von Julian Assange zu beenden, dessen Freilassung anstatt Auslieferung zu fordern oder ihm in Deutschland Asyl anzubieten?
Auf dem Weg zu Meinungsfreiheitsverbot und Demokratie-Verhinderung
Was also macht diese Ampel? Sie versucht abzulenken von ihrer Unfähigkeit, ordentliche Gesetze einzubringen, die nicht ständig geändert werden müssen, wenn sie von Gerichten zu Fall gebracht werden, also eine vernünftige und nachvollziehbare Politik zu machen, die von Bürgern mitgetragen werden kann. Weit gefehlt! Also verzettelt man sich im wirtschaftlichen Chaos, angezettelt durch grün-rote, ideologisch besetzte Industrie- und Verbotspolitik — mit Gendern und Cannabisfreigabe —, während der Bundestag weiter die Reform des Sterbegesetzes ablehnt, trotz Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Alte und Kranke, Kinder und Pflegepersonal, Wohnungsbau, Rentner sind Nebensache. Hauptsache ist, ukrainischen Flüchtlingen und der Ukraine geht es gut. Als die Ampel merkte, mit dieser Art der Politik kommt „beim Volk“ immer mehr Unmut auf, war schnell eine Lösung gefunden. Das mehr als fragwürdige „Correctiv“ und ein Demokratieförderungs-(verhinderungs-)Gesetz wurden aus dem Hut gezaubert.
Wird in Zukunft „Majestätsbeleidigung“ wieder ein Straftatbestand sein? Es scheint, als ob ein „Meinungsfreiheit-Verbot-Gesetz“ ausgedacht wurde.
Es scheint, als ob auch das Denkvermögen davon betroffen ist. Ziehen wir uns warm an, wenn Innenministerin Nancy Faeser und der Verfassungsschutz im Anmarsch sind. Wer weiß, was sie sich noch alles ausdenken, um unser Denken zu sanktionieren. Merke: Es lohnt immer wieder, sich zu erinnern — an Rosa Luxemburg: „Die Freiheit ist auch immer die Freiheit der Andersdenkenden“ oder Noam Chomsky:
„Wir glauben nicht an die Meinungsfreiheit, wenn wir sie nicht auch den Leuten zugestehen, die wir verachten.“
Es wird mir schon etwas mulmig, wenn ich die Menschenmassen sehe, die für „Vielfalt und Toleranz“ demonstrieren, eine Art politisches Happening, ein „Betriebsausflug“ der besonderen Art, das mich immer mehr an eine Massenhysterie erinnert — an eine staatliche Inszenierung, aufgerufen von „allen Demokraten“, Kirchen, Verbänden, Gewerkschaften und jetzt auch noch Konzernen wie VW. Klar VW braucht ausländische Arbeiter mit Migrationshintergrund. Das ist natürlich allemal besser als „Zwangsarbeiter“, die VW einmal beschäftigte.
Wenn der Begriff Rasse missbraucht wird
Auch der Zentralrat der Juden und sein Präsident Josef Schuster scheinen sehr zufrieden, ist es ihnen doch gerade gelungen zu erreichen, dass der Begriff „Rasse“ — entgegen den Vorstellungen der Bundesregierung — nicht aus dem Grundgesetz Artikel 3 gestrichen wird. So kann Schuster weiter mit dem Begriff der „Rasse“ operieren, wenn er an die Verfolgung und Ermordung von Millionen von Menschen — vor allen Dingen Juden — und die Schrecken des Holocaust erinnert.
Inzwischen wissen wir, dass es den Begriff der Rasse gar nicht gibt, aber er gerade wieder — diesmal von Juden und einem „jüdischen Staat“ — missbraucht wird, um das palästinensische Volk rassistisch und kolonialistisch zu vertreiben und zu ermorden. Also sollten sich Bürger, wenn sie schon gemeinsam demonstrieren, nicht von Politikern für ihre durchsichtigen Ziele vereinnahmen lassen, sondern sich lieber einsetzen für eine NATO- und Atomwaffen-freie Welt, gegen Waffenlieferungen an Ukraine, Israel und Krisengebiete, für ein Friedensabkommen mit Russland und ein freies Palästina als selbständiger Staat.
Meinen die Bürger wirklich, wenn sie so wahllos demonstrieren — gegen die AfD, die ich schon nach Gründung heftig kritisierte und dafür gescholten wurde — liegen sie richtig? Nein, liebe Mitbürger, da hilft es nicht, zu demonstrieren und sich dabei gut zu fühlen. Um die AfD oder andere kommende rechtsextreme Gruppierungen zu schwächen und klein zu halten, hilft es nur, diese Parteien nicht zu wählen. An der Wahlurne haben wir die Wahl. Mit einer Protestwahl hat eine Wahl der AfD nichts mehr zu tun. Jeder, der diese Partei wählt, muss wissen und weiß inzwischen, was er wählt. Glücklicherweise gibt es doch Alternativen: vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bis Todenhöfer und Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch ( DAVA)… Die Auswahl ist groß.
Erinnerungen der schlimmsten Art werden wach
Alles aber läuft — „wie das Laufen der Lämmer“ — selbstgefällig grinsend und demokratisch, wenn Scholz und Baerbock Hand in Hand marschieren, Einigkeit demonstrierend, im Kampf für die Demokratie und danach an den Kabinettstisch, zur Tagesordnung und in die Niederungen der rot-grün-gelben Ampel-Streitpolitik zurückkehren.
Also alles gegen Rechte und für das Recht. Was für eine ekelhafte und verlogene Selbstzufriedenheit eines Kanzlers der „Zeitenwende“, der — wie es scheint — diese mit „Rückwende“ verwechselt, wenn er „Heil der Ukraine“ ruft, der Ukraine „unbefristete“ Hilfe solange als nötig zugesagt hat und mit Wolodymyr Selenskyj eine neue Männerfreundschaft zelebriert.
Wenn der deutsche Kanzler von einem „historischen Schritt“ spricht, nachdem er einen langfristigen Sicherheitspakt mit der Ukraine abgeschlossen hat, der weitere Waffen von rund 1,1 Milliarden Euro für den Kampf gegen Russland zugesagt hat, dann fühle ich mich immer mehr an ein Déjà-vu der schlimmsten Art, eine Geschichtsvergessenheit erinnert, die ich nie wieder erleben möchte.
Werden wir demnächst auch deutsche Soldaten in der Ukraine sehen? Russland meldete ja schon, dass nach der Einnahme von Awjedejewka tote Soldaten mit westlichen Abzeichen entdeckt wurden. Zudem setzt die Ukraine jetzt auch US-Chemiewaffen gegen russisches Militär ein. Sollte auch noch die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern stattfinden und würden diese dann auf russischem Staatsgebiet eingesetzt werden, sieht es wirklich düster aus mit dem „Weltfrieden“. Wie schrieb Heribert Prantl in der SZ vom 9. Februar 2024:
„Das Grundgesetz ist keine pazifistische Verfassung, aber es ist friedliebend. Seit Mitte der Fünfzigerjahre lässt es Rüstungspolitik ausdrücklich zu, aber die Schranken setzt das Friedensgebot.“
Sind jetzt die letzten Schranken gefallen, nachdem wieder von Führungsanspruch, Aufrüstung, Kriegstüchtigkeit und Atomteilhabe fantasiert wird, nachdem Putin in westlichen Medien schon lange dämonisiert wird, „er geht über Leichen“ … Befände er sich damit nicht in bester Gesellschaft mit „Kollegen“ der westlichen „Wertepartner“, unter Führung der USA?
Weiter bis zum „Endsieg“?
Mit dem „Nie Wieder“ ist das so eine Sache, wenn der Kanzler nur einen Platz Deutschlands an der Seite Israels sieht und dem Land seine volle Unterstützung zusichert und erklärt, dass Israel das völkerrechtlich verbriefte Recht habe, sich und seine Bürger gegen den barbarischen Angriff zu verteidigen. Dann frage ich immer wieder: Was ist mit dem völkerrechtlich verbrieften Recht der Palästinenser, sich gegen jahrzehntelange barbarische Angriffe, ethnische Säuberung und gegen einen „jüdischen Besatzerstaat“ zu verteidigen? Denn nur dieses Recht von Besetzten gegen Besatzer ist das gültige und verbriefte Recht.
Auch wenn Kanzler Scholz Israel angesichts einer geplanten Bodenoffensive zur „Einhaltung des Völkerrechts“ mahnt, ist das unglaubwürdig — ebenso wenn die EU den Druck erhöht, sich besorgt zeigt und Israel auffordert, sich zu zügeln. Solange Israel nicht ernste Konsequenzen und Boykotte zu fürchten hat, wird es weitermachen bis zum „Endsieg“.
Schlimmer noch der frühere israelische Kriegsminister Benjamin Gantz, der damit droht, diese Offensive zu Beginn des Ramadan, also am 10. März, zu starten, sollten bis dahin nicht alle Geiseln frei sein. Was für eine mörderische Politik, die nur noch den endgültigen Tod und Verzweiflung bringt. Deutschland ist schon wie zuvor in Afghanistan „strategisch gescheitert“, mit seinen Kriegseinsätzen zur „friedensfördernden, Demokratie bringenden Wertepolitik“.
Blinde Unterstützung Israels umgehend beenden!
Wenn Deutschland sich endlich seiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft stellt, dann gibt es nur eine Möglichkeit: Die blinde Unterstützung Israels inklusive Staatsräson und Assoziierungsprozess sofort beenden und zusammen mit den westlichen Verbündeten dafür sorgen, dass der Völkermord gestoppt wird, und sich nicht weiter mitschuldig machen.
Im Angesicht des Holocaust an den Juden durch die Nazis, der nur gelang, weil westliche Staaten schwiegen und nichts unternahmen, können wir jetzt gemeinsam etwas unternehmen und nicht schweigen zu der Endlösung der kollektiven Ausrottung des palästinensischen Volkes.
Nicht mehr unterstützend zusehen bei einer „Anti-Hamas-Operation“, die nur als Vorwand dient, den Rachegelüsten — angeführt von Benjamin Netanjahu und seinem rechtsextremistischen Regime — nachzukommen. Nur auf diese Weise kann Deutschland seine „Friedenstüchtigkeit“ unter Beweis stellen.
Kriegslied
Von Erich Mühsam
Sengen, brennen, schießen, stechen,
Schädel spalten, Rippen brechen,
spionieren, requirieren,
patrouillieren, exerzieren,
fluchen, bluten, hungern, frieren …
So lebt der edle Kriegerstand,
die Flinte in der linken Hand,
das Messer in der rechten Hand,
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.
Aus dem Bett von Lehm und Jauche
zur Attacke auf dem Bauche!
Trommelfeuer, Handgranaten,
Wunden, Leichen, Heldentaten,
bravo, tapfere Soldaten!
So lebt der edle Kriegerstand,
das Eisenkreuz am Preußenband,
die Tapferkeit am Bayernband,
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.
Stillgestanden! Hoch die Beine!
Augen gradeaus, ihr Schweine!
Visitiert und schlecht befunden.
Keinen Urlaub. Angebunden.
Strafdienst extra sieben Stunden.
So lebt der edle Kriegerstand.
Jawohl, Herr Oberleutenant!
Und zu Befehl, Herr Leutenant!
Mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.
Vorwärts mit Tabak und Kümmel!
Bajonette, Schlachtgetümmel.
Vorwärts! Sterben oder Siegen,
Deutscher kennt kein Unterliegen.
Knochen splittern, Fetzen fliegen.
So lebt der edle Kriegerstand.
Der Schweiß tropft in den Grabenrand,
das Blut tropft in den Straßenrand,
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.
Angeschossen, hochgeschmissen,
Bauch und Därme aufgerissen.
Rote Häuser, blauer Äther,
Teufel! Alle heiligen Väter!
Mutter! Mutter!! Sanitäter!!!
So stirbt der edle Kriegerstand,
in Stiefel, Maul und Ohren Sand
und auf das Grab drei Schippen Sand,
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Deutschland und seine ‚Friedenstüchtigkeit‘“ auf dem Blog „Sicht vom Hochblauen“