Der verirrte Kontinent
Im Rubikon-Exklusivgespräch diskutiert Walter van Rossum mit dem Philosophen Matthias Burchardt, der Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot und der Dramaturgin Gabriele Gysi über die Zukunftsfähigkeit Europas und seiner Nationalstaaten.
Das Thema könnte im Angesicht des grassierenden Schreckens ein wenig abseitig oder gar akademisch wirken. Ist es aber nicht. Um das an einem aktuellen Beispiel zu illustrieren: In der Ukraine wütet gerade ein — vorsichtig gesagt — reichlich primitiver Nationalismus, der die Ukraine von allem Russischen befreien will, um das Land alsdann den Regeln der EU zu unterwerfen und zum gefährlichen Vorposten eines militärischen Bündnisses, der NATO, zu machen. Überall lauern große Machtblöcke.
Angesichts der geostrategischen Machtverhältnisse fragt sich, ob der Nationalstaat überhaupt überlebensfähig ist. In ihrem Buch „Endspiel Europa“ (zusammen mit Hauke Ritz) beschreibt Ulrike Guérot, warum die EU in ihrer bisherigen Form gescheitert ist und warum es dennoch nötig ist, über ein neues Europa nachzusinnen. Allein aus sicherheitspolitischen Erwägungen und um sich von der amerikanischen Dominanz zu befreien.
Aber es geht ihr auch um eine gemeinsame europäische Seele, während Gabriele Gysi und Matthias Burchardt eher für den Nationalstaat plädieren — selbstverständlich ohne völkischen Nationalismus —, der Nationalstaat bewahre das Eigene und schütze es vor einem leeren Universalismus.
Walter van Rossum im Gespräch mit Matthias Burchardt, Ulrike Guérot und Gabriele Gysi