Der totale Krieg

Auf seinen Rechnern simuliert und verliert das Pentagon den totalen Krieg gegen den Iran.

Der palästinensische Historiker Rashid Al Khalidi wurde 1948 in den USA geboren und wuchs — bis zur israelischen Besatzung 1982 — im Libanon auf. Khalidi verfügt über verschiedene wissenschaftliche und akademische Titel. Besonders stolz ist er auf die Edward-Said-Professur für Arabische Gegenwartsstudien an der Columbia Universität in New York/USA. Dort ist er gleichzeitig auch Direktor des Nahost-Instituts an der Fakultät für Internationale und Öffentliche Beziehungen. Jenseits der Universität investiert Khalidi viel Zeit in die Herausgabe des vierteljährlich erscheinenden Journals „Studien zu Palästina“. Zusätzlich begleitet er seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump als ausgewiesener Analytiker politisch und wissenschaftlich die Umwälzungen innerhalb des amerikanischen Establishments. Khalidi meint, dass der Atomvertrag mit Iran (JCPOA, Joint Comprehensive Plan of Action) von Trump vor allem deshalb aufgekündigt wurde, weil er sich davon einen weiteren Wahlerfolg verspricht. Trump sieht er als Mittelpunkt einer ideologischen Strömung innerhalb der US-Administration, für die der Sturz der Islamischen Republik Priorität hat. Ein Interview.

Auf seinen Rechnern spielt das Pentagon den totalen Krieg mit Iran – und verliert
von Mohammad Ballout und Walid Sharara

Herr Al Khalidi, ist die Aufkündigung des Atomvertrages mit dem Iran Teil einer Strategie? Welche Beweggründe gibt es dafür, welche Auswirkungen wird das auf den aktuellen syrischen Konflikt haben? Und gibt es innerhalb der US-Administration bei dieser Entscheidung Übereinstimmung?

Man sieht diese Entscheidung als Einlösung eines Wahlversprechens, das Trump seinen Anhängern gegeben hatte. Damit soll bewiesen werden, dass er sich an seine Versprechen aus dem Wahlkampf hält. Die Antwort auf die tatsächlichen Beweggründe hinter dieser Entscheidung ist die absolute Feindschaft gegenüber dem iranischen Regime. Weder durch die Ernennung von Mike Pompeo zum Außenminister noch durch die Einsetzung von John Bolton zum Nationalen Sicherheitsberater hat sich diesbezüglich die ideologische Haltung von Trump und von vielen der amerikanischen Führungskräfte geändert.

Es geht um eine 180-Grad-Kehrtwende der amerikanischen Strategie gegenüber dem Iran. Die Aufkündigung des erwähnten Vertrages beweist das. Was will man damit erreichen?

Es sieht aus, als solle der Druck auf den Iran erhöht werden, um das Regime in Teheran zu Fall zu bringen.

Mittel sind die Wirtschaftssanktionen und die Unterstützung/Organisation von Aktionen, die die innere Sicherheit des Landes bedrohen.

Das Ziel des Dreigespanns Trump-Pompeo-Bolton, mitsamt ihren Unterstützern in Israel und am Golf, ist also, die iranische Führung zu stürzen. Unklar bleibt: Wie werden sie sich verhalten, falls es zu einer totalen Konfrontation kommt? Bei so einem „großen Plan“ kann sich die Entwicklung leicht verschärfen.

Wichtige Gruppen innerhalb der amerikanischen Administration sind gegen einen totalen Krieg mit Teheran. Klar ist auch, dass Trump versucht, sich aus den Fesseln des so genannten „tiefen Staates“ in den Nachrichtendiensten, im Pentagon und bei der Nationalen Sicherheitsbehörde zu befreien. Vor sechs Monaten saßen noch vier Generäle auf den wichtigsten Posten der Nationalen Sicherheitsbehörde.

Jetzt haben wir John Bolton, einen Ideologen, der sich von der realexistierenden Welt gelöst hat. Der alles nur durch seine ideologische Brille und daher nichts von dem sieht, was wir sehen. Und wir haben Mike Pompeo, der aufgrund seiner langjährigen Arbeit in der Armee und bei den Geheimdiensten von seinen grenzenlosen Fähigkeiten überzeugt ist. Der Präsident hat mit den Einschätzungen dieses Duos viele Gemeinsamkeiten, wird aber nun doch häufiger zu Entscheidungen bei Themen gedrängt, von denen er keine Ahnung hat.

Mit anderen Worten, das Verständnis des Präsidenten für die Außen- und Sicherheitspolitik ist sehr begrenzt?

Hier muss ich differenzieren: Dem Präsidenten geht es bei seinen Entscheidungen darum, seine Wähler zufrieden zu stellen.

Als Präsident denkt er vor allem an die nächsten Präsidentschaftswahlen 2020, er denkt nicht über die Krise in Nordkorea nach oder über den Iran.

Es sei denn, es geht um seine Wiederwahl 2020. Es kann sein, dass er sich etwas um Nordkorea kümmert oder sich Gedanken über den Umsturz im Iran macht, kann sein.

Aber das, was ihn absolut und umfassend interessiert, ist seine Wiederwahl und die Demokraten daran zu hindern, bei den Halbzeit-Wahlen (englisch: Midterm Elections) im Herbst dieses Jahres im Senat eine 2/3-Mehrheit zu bekommen. Denn sollten die Demokraten das erreichen, wäre das sein Ende. Und ja, Trump verfügt nicht einmal über ein Mindestmaß an Verständnis für die Fragen von politischer Strategie und Sicherheit. Darum werden solche Fragen – und die Verantwortung dafür – von Experten in seiner Umgebung übernommen.

Viele meinen, Trump wäre zu schroff und beleidigend in seiner Sprache. Dennoch ist seine Popularität unter den Amerikanern mit 40 Prozent sehr hoch und wird wohl ausreichen, um ihm weitere vier Jahre im Weißen Haus zu sichern.

Trump ist innenpolitisch sehr erfahren, besonders was die Spielregeln bei den Wahlen betrifft. Er versteht davon viel mehr, als die meisten Experten in der Republikanischen Partei. Man muss ihn als Politiker ernst nehmen. Man darf nicht den Fehler machen und ihn ignorieren oder für einen Witzbold halten, wie manche meinen. Seine Anhänger verehren und bewundern ihn und diese Klientel ist stark und einflussreich. Sollte es ihm gelingen, nach den kommenden Halbzeit-Wahlen die Mehrheit im Senat zu behalten, dann ist seine Wiederwahl zum Präsidenten 100-prozentig sicher.

Welche Ziele verfolgen die Amerikaner mit der Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran? Es geht ja nicht nur um Trump, Pompeo und Bolton und die Institutionen des „tiefen Staates“ in den USA. Der Präsident allein verfügt über die weitreichende Befugnis, die USA an den Rand eines Krieges zu führen. Werden die Institutionen ihm widerspruchslos folgen?

Die Institutionen werden ihm mehrere Alternativen vorlegen und Szenarien aufzeigen. Sie werden ihn natürlich nicht darauf aufmerksam machen, dass manche Entscheidungen zu seinem Sturz führen könnten. Dazu gehört auch die Entscheidung, die USA in einen totalen Krieg gegen den Iran stolpern zu lassen.

Wenn sie allerdings ein Szenario präsentierten, das einen Sieg im Falle eines totalen Krieges gegen Iran für unmöglich hielte, dann würde er sich das wohl überlegen. Dann würde er den Herren Pompeo, Bolton, Gadi Eisenkot (Leiter des Generalstabs der Israelischen Armee), Benjamin Netanjahu, Avigdor Lieberman und den Brüdern am Golf sagen, dass er den Krieg nicht will, weil er seine Wiederwahl nicht gefährden will. Er wird ihnen ganz klar sagen: Bringt mich nicht in eine Lage, die das Volk nicht will. Erinnern wir uns an seine Amtsantrittsrede, als er dem amerikanischen Volk erklärte: Der Einmarsch in Afghanistan und Irak war falsch.

Bekannt ist, dass die Falken in der Administration, die Neokonservativen und die Israel-Lobby allesamt für einen Krieg gegen Iran sind. Viele in der amerikanischen Elite befürworten einen Krieg …

Das amerikanische Volk will weder den noch schwelenden Krieg im Irak, noch den Krieg, der in Afghanistan tobt.

Die Amerikaner haben bis heute 1,5 Millionen Jahre Kriegsdienst an beiden Kriegsschauplätzen geleistet. Das heißt, jeder amerikanische Soldat hat bisher das Dreifache des Militärdienstes geleistet, der unter normalen Umständen vorgeschrieben ist. Sie haben die Nase voll.

Wie viele der Soldaten wurden zur Drogensucht verdammt, sind chronisch krank oder sind Invaliden?! Wie viel wird jeder Einzelne den Staat kosten und zwar bis zu seinem Lebensende? Vielleicht interessiert sich die Mehrheit der Trump-Wähler nicht für die Außenpolitik, aber sie interessieren sich für das Schicksal ihrer Kinder, die in den Kriegen von Afghanistan und im Irak kämpfen oder gekämpft haben. Das sind Invaliden, chronisch Kranke, Drogensüchtige oder Arbeitslose. Das beeinflusst ihre Ansichten und ihre Wahlentscheidungen.

Wenn wir über amerikanische Entscheidungen über Krieg reden, meinen wir allerdings nicht die Wählerschaft von Trump oder Trump persönlich, sondern wir meinen die Institutionen. Die Armee, das Pentagon, die Geheimdienste, das Außenministerium. Sie alle wollen keinen Krieg und darüber hinaus, was ist mit der Öl- und Flugzeugindustrie?

Das ist richtig. ExxonMobil kann einen totalen Krieg verhindern, auch wenn es einen gewinnbringenden Anstieg des Ölpreises bedeuten würde. Aber ihre operativen Produktionsanlagen würden mitten im Kriegsgebiet liegen. Auch Boeing könnte sich gegen den Krieg aussprechen, um seine Marktposition zu erhalten. Das alles bedeutet, wenn wir hier in den USA einen Beschluss über einen Krieg mit Iran zu fassen haben, ist das ein übergreifender Diskurs.

Involviert ist erstens der direkte, enge Kreis um den Präsidenten und zweitens gibt es eine Debatte, in der die Gefahren des „totalen Krieges“ behandelt werden. Und dabei zeichnen sich keine klaren Aussichten ab. Heute kann man unmöglich voraussehen, wie ein gegen den Iran entfesselter Krieg beendet werden könnte. Möglich ist, einen Krieg zu beginnen und zu führen, es gibt vielleicht auch schon Planungen dafür. Vielleicht haben sie eine Liste von Zielen zusammengestellt, um die Ölexporte aus dem Iran zu stoppen.

Aber was passiert am Tag danach, oder eine Woche, einen Monat, ein Jahr nach der Amtszeit von Trump? Der Präsident kümmert sich nicht um solche Überlegungen, aber die Armee und die Nachrichtendienste tun es. Und niemand weiß heute, wie sich die USA, nicht nur der Präsident, sondern der Staat, die Wirtschaft und auch die Eliten im Falle eines totalen Krieges gegen den Iran verhalten werden.

Reden wir über Israel: Welche Ziele verfolgt Israel mit einem Krieg gegen den Iran? In diesem Jahr hat sich die Einschätzung des israelischen Militärs und der Geheimdienste zu einem möglichen Krieg gegen Iran wesentlich verändert. Interne Streitigkeiten wurden offensichtlich beigelegt, um Einigkeit über den gegen Iran zu führenden Krieg zu erreichen. Dazu beigetragen hat die Einsicht, eine Chance verpasst zu haben, als man sich während der Hariri-Krise (1) nicht darauf einigen konnte, den Saudis und Emiraten zu folgen, die einen Krieg gegen Iran wollten.

Der israelische Ton ist rauer geworden, das betrifft nicht nur die Politik, sondern auch das Militär und die Geheimdienste. Diese Entwicklung muss man ernst nehmen, denn sie bereiten sich offensichtlich auf eine Konfrontation vor. Wenn sie über Syrien reden, hat man den Eindruck, sie wollten lediglich Iran aus Syrien vertreiben. Ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht auch den Libanon ins Visier genommen haben.

Die Richtung, in der Israel sich entwickelt, wirft Fragen auf. Denn Israel trommelt ganz klar für ein Hineingleiten der USA in einen totalen Krieg gegen den Iran.

Nach allem, was Sie bisher zu der Situation in den USA gesagt haben, dürfte gerade das – ein Hineingleiten der USA in den totalen Krieg gegen Iran – schwierig sein, schon allein wegen der immensen Kosten. Und die mit einem Krieg verbundenen Risiken machen auch die israelischen Pläne undurchsichtiger. Erinnern wir uns an die Amtszeit Obamas zurück. Damals wollte Ehud Barak die iranischen Atomanlagen angreifen und zerstören. Wie hat er sich bemüht, die USA in einen totalen Krieg gegen den Iran zu drängen, doch sowohl die amerikanischen als auch die israelischen Militärs und Geheimdienste waren strikt dagegen. Auch Präsident Obama war dagegen, er lehnte es kategorisch ab, über solche Drohungen nur nachzudenken. Damals war in der israelischen Presse von einer starken Opposition gegen solche Drohungen die Rede …

Aber wie sieht es heute mit den Plänen von Netanjahu und der Gruppe um ihn herum aus? Wie verhält sich heute die israelische Armee und wie die Geheimdienste zu den Versuchen, die USA in einen totalen Krieg gegen den Iran zu drängen? Da gibt es Unklarheiten. Und bei einem solchen Krieg werden US-militärische Anlagen zu Vergeltungszielen, es ist mit Anschlägen zu rechnen. Das betrifft auch die Ölförderanlagen im südlichen Teil des arabischen Golfes und das gilt auch für die amerikanische Marine (die dort stationiert ist, Übers.).

Sollte es bei amerikanischen Flottenteilen oder den Streitkräften zu Verlusten kommen, kämen die Pläne von Präsident Trump für seine Wiederwahl natürlich unter Druck. Seine einzige Sorge gilt der Frage, ob er wiedergewählt wird oder nicht.

Der israelische Partner hat zur Kenntnis genommen, dass die amerikanische Öffentlichkeit in Sachen „Krieg gegen Iran“ gespalten ist. Der Riss geht durch beide Parteien, sowohl die Republikaner als auch die Demokraten sind gespalten. Die Demokraten sind zudem sehr aufgebracht über Netanjahu, was sich an einer veränderten Einstellung der Basis der Demokraten feststellen lässt, zugunsten der Palästinenser. Vielleicht übertreibe ich diese Entwicklung, aber es gibt bereits Veröffentlichungen und es sind Stellungnahmen im Umlauf, die einen Stimmungswandel zugunsten von Palästina markieren.

Es gibt da eine Öffnung, Veränderungen an der Basis der Demokraten und selbst auf der Führungsebene. Nehmen wir Chuck Schumer, ein Zionist und Chef der demokratischen Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Er hat sich gegen die Ziele von Netanjahu ausgesprochen und Trump kritisiert. Mit anderen Worten:

Die Konfrontation zwischen Israel und Iran ist zu einer Streitfrage unter den amerikanischen Parteien geworden. Das ist eine völlig neue Entwicklung, auf so etwas musste Israel früher nie Rücksicht nehmen.

Für Netanjahu gilt einzig, dass Präsident Trump die Mehrheiten in beiden Kongresskammern hat. Das will er auszunutzen, um seine Ambitionen durchzusetzen. So „einfach“ macht es sich Israel, um die USA in einen Krieg gegen Iran zu verwickeln.

Aber es ist sehr schwer, einen Sieg im Krieg gegen den Iran vorauszuberechnen: Das Pentagon hat auf eigenen Rechnern einen Kriegsverlauf gegen Iran geplant und durchgespielt mit dem Ergebnis, dass es schwerste Verluste geben wird. Die israelische Armee kann das selber auch durchspielen mit dem gleichen Ergebnis: Auch sie wird den Krieg verlieren. Einen verlustreichen Krieg zu beginnen und die USA noch mit hineinzuziehen, würde die Stellung Israels in den USA dauerhaft beschädigen.

Bei der Entfesselung des Irak-Krieges 2003 war für die US-Bevölkerung die israelische Rolle nicht eindeutig. Ich selbst bin kein Anhänger der Idee, dass Israel hinter dem Irak-Krieg 2003 stand. Für mich waren es (der damalige Vizepräsident, Übers.) Dick Cheney und (der damalige US-Verteidigungsminister, Übers.) Donald Rumsfeld, die den Krieg planten und dafür die Unterstützung Israels und der zionistischen Lobby erhielten. Es ging um amerikanische Strategie mit dem Ziel, den afro-asiatischen Raum unter absolute Herrschaft zu bringen.

Wie gesagt, die Rolle Israels im Irakkrieg (2003) war nicht eindeutig, aber im Falle eines Krieges gegen den Iran ist der israelische Part ganz klar zu sehen. Und die Ergebnisse eines solchen Krieges werden Israel sehr belasten und Trump den Kopf kosten …

Über einen Punkt möchten wir noch sprechen: Wie wird die Antwort des Iran, von Syrien und der Hisbollah sein? Wie wird die arabische Öffentlichkeit reagieren, was wird in Ägypten, Saudi-Arabien, Irak und überhaupt im Orient und in Nordafrika im Falle eines Krieges gegen den Iran geschehen?

Die sektiererische Sprache, die von Saudi-Arabien in der Region verbreitet wird, ist gescheitert. Ein Beweis dafür ist das Ergebnis der libanesischen Parlamentswahlen Anfang des Monats (2). Und wenige Tage später wiederholte sich das bei den Parlamentswahlen im Irak. Manche Staaten werden sich an der Seite Israels einreihen, andere lehnen es kategorisch ab mit Israel gegen ein arabisches Volk Partei zu ergreifen. Und es gibt natürlich auch Araber, die Israel ermuntern, Krieg gegen andere Araber zu führen. Trotz allem gibt es noch immer die arabische Öffentlichkeit, trotz all der Hetze gegen Syrien.

In dieser aktuellen Zuspitzung erleben wir die Eröffnung der amerikanischen Botschaft in Israel auf palästinensischem Boden in Jerusalem. Die Parteinahme der USA für Israel ist nicht neu, aber dieser demonstrative Schritt könnte schwere Folgen haben. Von der Anerkennung der völkerrechtswidrigen Annexion des besetzten Ost-Jerusalems mit den Vororten und deren illegal von den Besatzern erbauten Siedlungen bis hin zur zwangsweisen Ausweitung des israelischen Staatsgebietes. Dass so ein gefährliches Vorgehen auch auf andere von Israel besetzte Gebiete Syriens und des Libanon übertragen werden könnte, liegt auf der Hand.

Heute meldeten die USA den Beschuss von Israel auf dem Golan. Der Golan ist aber nicht israelisches sondern syrisches Territorium. Doch die USA betrachten die Golanhöhen als israelisch. Die Verlegung der Botschaft ist ein Indiz, ein radikales Indiz für eine veränderte Grundhaltung der USA gegenüber dem internationalen Völkerrecht und damit für alle von den USA mit getragenen Entscheidungen auf der Grundlage dieses Völkerrechts.

Wir haben anscheinend noch immer nicht die gesamte Tragweite der völkerrechtlichen Bedeutung verstanden, die die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem mit sich bringt.

Andererseits erweist sich Trump in vielen seiner Handlungen als revolutionär, insbesondere mit Nordkorea. Die gesamten bisherigen US-Aussagen über Nordkorea verurteilte er als „leeres Geschwätz“ und erklärte, die US-Streitkräfte aus Südkorea abziehen zu wollen. Er wies das Pentagon an, die US-Streitkräfte in Südkorea zu reduzieren und erklärte seine Bereitschaft, dort alle militärischen Übungen mit Uran abgereicherter Munition zu stoppen. Das geschehe im Interesse beider Landesteile, so Trump. Solche Erklärungen waren seit 1953 ein Tabu in der Politik des amerikanischen Establishments.


Redaktioneller Hinweis: Rubikon bedankt sich für die Genehmigung der Autoren, den Artikel in deutscher Übersetzung exklusiv zu veröffentlichen. Die Übersetzung des Textes erfolgte durch Issam Haddad, die deutsche Bearbeitung durch Karin Leukefeld.


Quellen und Anmerkungen

(1) Hariri-Krise: Am 4.11.2017 erklärte der libanesische Ministerpräsident Saad Hariri in Riad (Saudi Arabien) überraschend seinen Rücktritt. Er werde bedroht und fürchte um sein Leben, verantwortlich sei der Iran. Später stellte sich heraus, dass Hariri gegen seinen Willen in Riad festgehalten wurde und aller Wahrscheinlichkeit nach zu der Erklärung gezwungen worden war. Saudi Arabien wollte vermutlich mit dem Coup einen Krieg gegen den Iran, möglicherweise im Libanon, entfachen. Einen Monat später – nachdem ihm durch die Vermittlung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron die Ausreise nach Frankreich ermöglicht worden war – nahm Hariri den Rücktritt zurück.
(2) Bei den libanesischen Parlamentswahlen am 6. Mai 2018 gewann das Bündnis um die libanesische Hisbollah die meisten Sitze im Parlament. Bei den Wahlen im Irak am 12. Mai 2018 gewann das Bündnis um den Prediger Muktada Sadr.